Mami Bestseller Staffel 4 – Familienroman. Jutta von KampenЧитать онлайн книгу.
stellte er sein Glas zurück. »Es sind Geschwister, und ich werde alles daransetzen, daß man sie nicht auseinanderreißt!« Sein Blick traf den ihren. »Ich habe nicht sehr viel Zeit. Kennst du ein Mädchen, das als meine Frau in Frage käme?«
Zunächst schien sie verblüfft, dann sehr nachdenklich.
»Allerdings kenne ich eine Frau, die ich mir an deiner Seite vorstellen könnte. Aber ihren Namen werde ich dir nicht verraten, lieber Henry.«
»Warum nicht, Doris? Komm mir bitte nicht mit kleinlichen Eifersüchteleien! Das paßt nicht zu dir, meine Liebe!«
Mit flammenden Augen warf Doris den Kopf zu ihm herum. Sie waren nun wieder in der Diele angekommen, was Henry gar nicht recht war. Aber es gab nun für Doris von Ulstett kein Halten mehr. Sie maß Olsen mit erbitterten Blicken und sprudelte heraus:
»Du bist wirklich ein Ungeheuer, lieber Henry. Du willst, daß ich dir den Namen verrate? Niemals! Und weißt du auch, warum? Weil du so… so ohne Herz die Sache angehst. Die armen Kinder können einem nur leid tun, die dir in die Hände geraten. Weiß der Himmel, warum du auf diese Idee gekommen bist. Solltest du alt werden, Henry? Daran denken, daß du keine Erben hast?
Na schön! Ich kann dich von deinen Plänen nicht abhalten, aber ich fürchte, du wirst scheitern. Irgendwie wirst du an deiner eigenen Gefühlskälte scheitern. Suchst eine Frau, auf dem schnellsten Wege. Bedauerst es, daß mein Ruf nicht der beste ist. Deiner ist noch um einiges schlechter, lieber Freund. Ich fürchte, du wirst deine Pläne wohl begraben müssen. Die Fürsorgerin wird dir die lieben Kleinen rasch wieder abnehmen.«
Nun hielt Olsen es für angebracht, einzuschreiten. Er zog die aufgeregte junge Dame rasch zur Haustür hinaus, warf einen letzten Blick zur Treppe hoch und bemerkte, daß oben auf der Galerie einige Aufregung entstanden sein mußte.
Mal guckte Heike über das Geländer, dann wiederum war der blonde Haarschopf von Kai flüchtig sichtbar. Dazwischen klang ein leises Knurren von Bimbo auf.
Und alle drei schienen sie höchst ungehalten über das Gespräch der beiden Erwachsenen.
Ich werde dem Spuk ein Ende bereiten, nahm Henry Olsen sich vor, während er Doris von Ulstett zum letztenmal beschwor, ihm den Namen der tugendhaften Person zu verraten.
»Finde es selber heraus!« rief Doris ihm empört ins Gesicht, und schon saß sie am Steuer ihres Sportwagens.
»Verabschiedet man sich so von seinem besten Freund?« Olsen wollte retten, was doch schon verloren war.
Denn Doris von Ulstett hob schnippisch die hübsche kleine Nase und meinte: »Das hast du dir selber zuzuschreiben, Henry. Du bist zwar ein aufregender Mann, zugegeben, aber nun scheint bei dir eine Sicherung durchgebrannt zu sein. Zwei Kinder adoptieren wollen! Ausgerechnet du! Und das in deinem Alter!«
Sie ließ den Motor aufröhren, und Olsen blieb nichts anderes übrig, als sich mit einem gewaltigen Sprung zur Seite zu retten.
Er konnte ihr gerade noch zornig hinterherrufen: »Alter? Mit zweiundvierzig Jahren ist man schließlich noch kein Greis!«
Mißmutig starrte er der Staubwolke nach und ließ in Gedanken alle weiblichen Wesen vor seinen Augen Revue passieren, mit denen er irgendwie zu tun hatte.
Aber es wollte ihm nicht gelingen, die rechte herauszufinden. Es war einfach keine darunter, die er sich als seine Frau vorstellen konnte. Und erst recht keine, die er sich als Mutter für Kai und Heike wünschte.
Aber die Zeit drängte. Die Polizei würde gewiß bald hier auftauchen. Fragte sich nur, was man dazu sagte, daß er, Henry Olsen, wohlhabender Reeder aus Hamburg, die vermißten Kinder bei sich verborgen hielt.
Die sperren mich glatt in eine Zelle, dachte Henry, während er ins Haus schritt.
Flüchtig blickte er zur Galerie hoch, ehe er sich ins Wohnzimmer begab und den Telefonhörer abnahm.
»Sind Sie’s, Bruns?« fragte er ungeduldig.
Ja, es war sein Sekretär.
»Hören Sie zu, Bruns, ich habe schon mit meinem Anwalt telefoniert, Sie können Genaueres von ihm erfahren. Von Ihnen erwarte ich folgendes: Beschaffen Sie mir auf dem schnellsten Weg eine Frau mit einem ausgezeichneten Leumund. Ja, Sie haben völlig richtig verstanden, ich beabsichtige in aller Kürze zu heiraten. Wie alt? Ist mir doch egal, ich will sie schließlich nicht heiraten. Ähm – natürlich will ich sie heiraten. Bruns! Sie bringen mich total durcheinander mit Ihren Fragen. Eine nette Person aus gutem Hause. Dürfte ja nicht schwer sein, so was zu finden. Ich selber, Mann, haben Sie eine Ahnung, was ich am Hals habe!«
Olsen stieß ein gereiztes Stöhnen aus und wandte sich halb um.
Im nächsten Moment knallte er den Hörer auf die Gabel und lief zur Tür, wo gerade Kais Blondschopf auftauchte.
»Kai! Junge! Jetzt ist’s genug!«
Aber Kai und Heike störten sich nicht daran und wollten die Treppe hinaufstürmen.
Aber diesmal kriegte Olsen sie zu fassen. Kai unter dem rechten und Heike unter dem linken Arm, schritt er die wenigen Stufen wieder hinab.
Bimbo zerrte an seinen Hosenbeinen, und Kai trommelte mit beiden Fäusten auf seinem Rücken, während Heike vor Schreck in ein leises Wimmern ausbrach.
»Loslassen! Sofort loslassen!« schrie Kai mit sich überschlagender Stimme.
Das tat Olsen dann auch. Er ließ die beiden auf die Couch plumpsen und baute sich vor ihnen in voller Größe auf.
»So, ihr beiden, nun seid mal vernünftig. Wir hatten unsern Spaß an dem Versteckspiel, aber nun wird’s leider ernst.«
Sosehr Olsen sich auch um Gelassenheit bemühte, angesichts der beiden kleinen Gestalten, die sich instinktiv dicht aneinandergeschmiegt hatten und ihn furchtsam betrachteten, schwankte seine Stimme doch bedenklich.
»Und wir glaubten schon, du stündest auf unserer Seite!« wisperte Kai, und sein Blick, der über Olsen hinwegstreifte, zeigte deutliche Verachtung.
»Ja«, piepste Heike scheu, und ihre Augen füllten sich mit Tränen, »ich… ich hab’ dich sogar ein bißchen liebgewonnen. Es… es war doch ganz prima so. Wir haben doch auch gar nicht gestört.«
Das war nun kaum noch zu ertragen, und Olsen wurde die Brust eng.
»Natürlich bin ich auf eurer Seite«, bekannte er und nahm gleichfalls auf der Couch Platz. In der anderen Ecke versteht sich, denn er wollte die beiden nicht noch mehr einschüchtern. Das waren sie bereits genug. Bei Gott, das waren sie, die Fürsorgerin hatte recht. Der Schock über den Tod der Eltern saß tief in ihnen.
Leider hatte bislang niemand verstanden, den Kindern ein wenig Wärme und Geborgenheit zu vermitteln.
So klang Olsens Stimme nun sehr behutsam, als er fragte: »Sagt mal, wieso seid ihr bei eurer Flucht ausgerechnet auf das Olsenhaus verfallen? Ihr mögt mich doch gar nicht besonders.«
Kai und Heike warfen sich einen verlegenen Blick zu, ehe Kai zögernd meinte: »Weil unsere Mami doch auch immer gern hier war. Wir wußten doch gar nicht, wohin wir sonst gehen sollten. Zu Hause waren doch die Verwandten, die uns schrecklich fremd sind und die uns überhaupt kein bißchen liebhaben.«
Und Heike fügte tapfer hinzu: »So böse bist du eigentlich gar nicht, Onkel Henry. Ich… ich fürchte mich gar nicht mehr vor dir. Aber du willst uns jetzt ja auch nicht mehr!«
»Du hast uns verraten!« stieß Kai zornig hervor und warf Old Henry einen finsteren Blick zu. »Die Frau hat gesagt, die Fürsorgerin käme uns bald abholen. Also hast du ihr von uns erzählt. Aber sie kriegt uns nicht! Lieber hauen wir wieder ab.«
Das schien Heike erneut Furcht einzuflößen, denn nun kullerten ihr dicke Tränen über die ohnehin recht blassen Wangen.
»Aber wohin? Ich will zu meiner Mami!«
Sie zog Bimbo näher an sich heran, als suche sie Schutz und Wärme. Ihr Anblick schnitt Olsen