Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
bekam einen roten Kopf. »So viele Umstände wird man sich deinetwegen nicht machen, kleiner Frechdachs.«
»Natürlich soll Manuela uns besuchen, Frau Cortez«, warf Nick ein. »Sie müssen dann mitkommen und werden sehen, dass Magda wirklich Torten bäckt. Wenn sie gewusst hätte, dass Sie und Ihr Mann heute kommen würden, hätte sie bestimmt auch etwas Besonderes vorbereitet.«
Nun, Manuelas Eltern fanden das Essen ohnehin schon festlich. Als Nachspeise gab es die ersten Gartenhimbeeren mit frischer Sahne, von den Kindern mit lautem Jubel begrüßt.
In dem Augenblick, als Frau Rennert die Tafel aufhob, erschien Denise von Schoenecker. Mit ausgebreiteten Armen ging sie auf Maria Cortez zu und zog sie an sich. »Welche große Freude, liebe Frau Cortez. Und das ist Ihr Mann? Ich hörte schon, dass Sie wieder ganz wohlauf sind, Herr Cortez.«
Die Spanier wollten sich bedanken, doch Denise ließ sie nicht zu Worte kommen »Ich denke, wir trinken zusammen ein Tässchen Kaffee. Sie müssen mir erzählen, wie es Ihnen ergangen ist.«
»Wir machen Ihnen viele Mühe«, stammelte Maria verlegen. »Dominik hat uns aufgefordert, im Schulbus mitzukommen. Jetzt sind wir schon zum Essen eingeladen worden. Wir wollten ja nur Manuela abholen.«
»Haben Sie denn solche Eile? Es ist doch Samstag«, entgegnete Denise lächelnd. »Ich meine, Sie sollten sich Sophienlust gründlich ansehen, damit Sie nachher genau wissen, wovon Manuela spricht, wenn sie Ihnen dies und jenes erzählt. Es ging damals, als Sie abreisen mussten, alles viel zu schnell. Nun sollten wir nichts übereilen.«
Diese aus dem Herzen kommenden Worte nahmen Maria und Fernando die Schüchternheit. Sie folgten Denise durch die Halle ins Biedermeierzimmer und ließen sich ehrfürchtig auf den seidenbezogenen Biedermeiersesseln nieder. Manuela hatte sich mit vielen Küssen für das vorgeschriebene Mittagsschläfchen verabschiedet.
Pünktchen erschien mit einem großen Tablett und bot Kaffee an. Sie betrachtete Maria Cortez noch immer in gewisser Weise als ihren besonderen Schützling.
»Hab’ ich nicht recht gehabt, Frau Cortez?«, fragte das Mädchen mit den lustigen Sommersprossen. »Es war die einzig richtige Lösung, dass Manuela zu uns gekommen ist.«
»Ja, Angelina, das stimmt. Ich war so schrecklich unglücklich, dass ich eure Geschichte nicht glauben konnte.«
Pünktchen strahlte sie an. Sie war so stolz, als habe sie Sophienlust persönlich erbaut und gegründet.
Denise wartete, bis Pünktchen wieder gegangen war. Dann erkundigte sie sich fürsorglich, ob es mit den Arbeitsplätzen keine Schwierigkeiten gebe, und erfuhr, dass sie diesen fleißigen, tapferen Menschen nicht zu helfen brauchte.
»Wir haben Manuela liebgewonnen. Sie wird hier eine Lücke hinterlassen. Vergessen Sie bitte nicht, dass sie hier jederzeit willkommen ist, falls sich einmal die Notwendigkeit ergeben sollte.«
»Danke, Frau von Schoenecker. So viel Freundlichkeit darf man nicht ausnutzen. Sie haben uns sehr geholfen. Nun wollen wir das Kind mitnehmen. Hoffentlich ist es Manuela jetzt bei uns nicht zu eng. Hier ist alles so großzügig und weit. Wir haben ja nur das eine kleine Zimmer.« Fernando machte ein besorgtes Gesicht.
Denise hob die Hand. »Ein Kind braucht Liebe, Herr Cortez. Nicht überall kann es so sein wie hier in Sophienlust. Trotzdem wird Manuela sich bei Ihnen wieder wohlfühlen. Davon bin ich fest überzeugt. Aber sie kann uns immer besuchen.«
»Warum sind Sie so gut zu uns, Frau von Schoenecker? Sie haben uns nicht einmal gekannt und waren doch gleich bereit, Manuela hier aufzunehmen.« Fernando Cortez trank von seinem Kaffee und sah Denise dabei bewundernd an.
»Keines unserer Kinder kannten wir vorher. Schauen Sie das Bild der alten Dame da an der Wand an! Sie hat meinem Sohn Nick Sophienlust hinterlassen und bestimmt, dass daraus eine Zuflucht für in Not geratene Kinder oder auch Erwachsene werden soll. Nick war erst fünf Jahre alt, als ihm dieses Erbe zufiel. So übernahm ich es, das Vermächtnis seiner Urgroßmutter nach besten Kräften zu erfüllen. Wenn Sie also durchaus einen Dank abstatten wollen, dann wenden Sie sich an das Gemälde.«
»Es gibt sehr gütige Menschen«, flüsterte Maria Cortez andächtig. »Was hätte ich ohne Ihre Hilfe tun sollen?«
»Ich wäre nicht wieder gesund geworden ohne meine Maria«, fügte Fernando hinzu.
Denise lenkte behutsam von den traurigen Erinnerungen ab. Sie stellte ein paar Fragen nach den Lebensverhältnissen und Zukunftsplänen des jungen Paares.
»Leicht ist es nicht für Sie«, stellte sie fest. »Aber ich sehe schon, dass Sie Ihr Ziel eines Tages erreichen werden. Manuela kann stolz auf ihre Eltern sein. Wenn Sie wollen, behalten wir sie noch eine Weile hier«, versetzte Denise tastend. »Mit dem Schulbus besteht ja täglich eine Verbindung nach Maibach. Sie wären also nicht vollkommen voneinander getrennt.«
Maria schüttelte mit unerwarteter Heftigkeit den Kopf. »Danke, Frau von Schoenecker. Manuela gehört jetzt wieder zu uns. Sie würde es nicht verstehen, wenn wir sie länger hierlassen wollten. Es wäre auch nicht richtig. Sie sagten, dass dieses Haus für Kinder bestimmt ist, die in Not sind. Manuela ist nicht mehr in Not. Wir sind hier und können wieder für sie sorgen.«
Denise sah sie an. Die Haltung der jungen Frau gefiel ihr. »So meine ich es nicht, Frau Cortez«, äußerte sie begütigend. »Ich denke eigentlich mehr an eine junge Freundin von mir, für die der Abschied von Manuela schmerzlich sein wird.«
»Ist es die Dame, die nicht zum Essen kam? Manuela nennt sie Tante Reni.«
»Ja. Sie hat einen sehr tragischen Verlust erlitten. Ihr einziges Kind ist gestorben. Mit diesem schrecklichen Ereignis kann sie sich noch immer nicht abfinden. Manuela hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem verstorbenen kleinen Mädchen. So ist diese Zuneigung leicht zu erklären.«
Maria standen Tränen in den dunklen Augen. »Sie tut mir leid, Frau von Schoenecker«, flüsterte sie. »Jetzt verstehe ich das, was Manuela mir erzählt hat. Die Dame nennt sie mit dem Namen des anderen Kindes. Gitti, glaube ich.«
»Ja, das tut sie wohl manchmal heimlich. Es ist wie ein Spiel, doch für meine arme Freundin bedeutet es wohl viel mehr als das. Ich dachte an sie, als ich die Frage aussprach, ob Sie Manuela noch für einige Zeit bei uns lassen würden.«
Maria zog ihr Taschentuch hervor und trocknete sich die Augen. »Ich kann nicht, Frau von Schoenecker. Ich war zu lange getrennt von meinem Kind. Jetzt will ich Manuela wieder jeden Abend zu Bett bringen und am Morgen in ihre blanken Augen schauen.«
Denise senkte die Lider. »Ich kann Sie verstehen«, gab sie zu. »Es hat eine Zeit gegeben, da war ich von Nick getrennt und musste das Geld für unseren Lebensunterhalt selbst verdienen. Die Arbeit habe ich gern getan. Aber die Trennung von dem Kind hat uns beiden fast das Herz gebrochen. Es war unbedacht, diesen Wunsch auch nur auszusprechen. Meiner Freundin wäre ja auch mit einem Aufschub kaum geholfen.«
»Ich fürchte mich ein bisschen vor ihr, Frau von Schoenecker«, fuhr Maria Cortez fort. »Es erscheint mir ein wenig unheimlich, dass die Dame Manuela einen anderen Namen gegeben hat. Das möchte ich nicht.«
»Maria hat recht«, fügte Fernando hinzu. »Wir sind gekommen, um unser Kind zu holen. Daran soll sich nichts ändern. Bitte, halten Sie uns deswegen nicht für undankbar.«
»Nein, nein, gewiss nicht«, versicherte Denise rasch. »Würden Sie mir dennoch eine kleine Bitte erfüllen?«
»Wenn es möglich ist, gern.«
»Ich habe versucht, den Arzt meiner Freundin zu erreichen. Leider ist er nicht zu Hause. Ich konnte nicht erfahren, wann er zurückkommt. Würden Sie bis morgen bleiben, damit Manuela und meine Freundin richtig Abschied voneinander nehmen können? Es wäre vielleicht ein Schock für sie, wenn das Kind plötzlich nicht mehr da wäre.«
»Wir wollten eigentlich so schnell wie möglich zurück. Wir haben auch kein Gepäck mitgebracht.«
»Es macht nicht viele Umstände. Wir haben ein Gästezimmer und können Ihnen auch mit Nachtzeug aushelfen.