Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
sie sogar sehr schön, Pieter. Ich ….«
»Mutti … Nein, Tante Julia«, verbesserte sich der Junge mit einem schelmischen Blinzeln, sodass sie den Verdacht hatte, dass er sie absichtlich Mutti genannt habe.
»Ja?«, fragte sie glücklich.
»Tante Julia, kannst du mir denn nicht verraten, ob ich doch einen Hund …«
»Nein, Pieter, ich verrate nichts«, erwiderte sie amüsiert. »Sonst wäre es ja keine Überraschung mehr für dich.«
»Wenn es doch nicht mehr so schrecklich lange dauerte bis heute Abend.« Pieter stieß einen herzerweichenden Seufzer aus.
Aber auch diese Zeit verging, wie alles vergeht. Mit Lottes Hilfe hatte Julia die bis zum Plafond reichende Silbertanne geschmückt. Nun zündete Enno die Kerzen an. Als sie brannten, läutete Julia mit der silbernen Glocke.
Pieter stürmte ins Weihnachtszimmer. Seine Wangen glühten vor Aufregung wie im Fieber. »Wo ist denn mein Gabentisch?«, fragte er erregt.
»Dort, mein Junge.« Enno deutete auf das mit Sachen überhäufte Tischchen. Doch Pieter sah sie kaum. »Oh«, flüsterte er enttäuscht, als er keinen Hund zwischen seinen Geschenken erblickte. »Vati, aber …« Seine Augen füllten sich mit Tränen.
»Ach ja!«, rief Enno und schmunzelte. »Das hätte ich ja fast vergessen. Vor ein paar Minuten ist der Weihnachtsmann noch einmal zurückgekommen und hat ein Körbchen für dich abgegeben.« Damit öffnete er die Tür zum Nebenzimmer.
Pieter kniete schon vor dem flachen Weidenkorb und jauchzte vor Glück. »Ein kleiner Barri. Er ist noch so winzig! Ob er mich schon kennt?«
»Frage ihn doch«, rief sein Vater lachend. »Nimm ihn nur hoch.«
Vorsichtig umfasste der Junge den winzigen Hund mit beiden Händchen und hob ihn hoch. »Oh, Vati, er läuft ja aus«, stellte er dann fest und betrachtete betreten den nassen Fleck auf seinem Pullover.
Julia und Enno brachen in herzliches Lachen aus.
Pieters Seligkeit kannte an diesem Abend keine Grenzen mehr. Er trennte sich keine Minute von seinem Hund, der den Namen Bella erhielt, denn es war ein kleines Hundemädchen. Und Bella schien sich recht wohl bei ihrem kleinen Herrn zu fühlen.
Vorsichtig trug Pieter dann sehr viel später das Körbchen mit dem Hund hinauf in sein Zimmer. Obwohl er kaum noch die Augen offenhalten konnte, holte er noch ein Schüsselchen mit Wasser aus dem Badezimmer, um es neben den Korb zu stellen.
»Schlaf’ gut, mein kleiner Liebling«, sagte Julia, als sie Pieter zudeckte.
»Du auch, Mutti«, erwiderte er und sah sie unschuldig an.
»Du kleiner Schelm.« Sie küsste ihn und verließ dann das Zimmer.
Enno brachte Julia noch heim. Alles geschah genau so, wie sie es sich ausgemalt hatte. Er kam noch zu ihr hinauf. Sie zündete die Kerzen an dem Minibäumchen an und holte die eisgekühlte Sektflasche aus dem Kühlschrank.
»Enno, was würdest du denn sagen, wenn wir zum nächsten Weihnachtsfest zu viert wären?«, fragte sie, als sie mit ihm anstieß.
»Zu viert? Wie meinst du das?« Erstaunt sah er sie an.
»Ist das denn so schwer zu erraten?« Ihr Lächeln vertiefte sich.
»Soll das heißen, dass du … dass wir …«
»Ja, Enno, das soll es heißen. Ich bekomme ein Kind.«
»Julia …« Er sprang auf und zog sie vom Sessel hoch. »Julia, sag’ das noch mal«, bat er voller Zärtlichkeit.
»Wir bekommen ein Kind, Enno«, wiederholte sie glücklich.
»Ach, Julia …« Dann sagte er nichts mehr, sondern küsste sie.
»Ich hoffe, dass es ein Sohn wird. Ein Sohn, den du dir so sehr gewünscht hast«, sagte sie sehr viel später.
»Und ich wünsche mir, dass es ein Mädchen wird, ein kleines Mädchen mit deinen Augen und deinem Lachen. Einen Sohn habe ich ja schon. Pieter ist mein Sohn, Julia.«
»Ich bin so froh, dass du ihn noch immer so liebst wie vorher.«
»Wie könnte ich ihn nicht lieben, Julia?«, fragte er fast verwundert. »Pieter wird mein Haupterbe. Ich hoffe nur, dass er sich später auch für das Werk interessiert.«
»Das wird er gewiss tun, Enno.« Julia schmiegte sich an ihn. »Ich möchte noch viele Kinder haben. Buben und Mädchen.«
»Eines nach dem anderen«, erwiderte er fröhlich und küsste sie mit glücklichen Augen.
»Regine, du hast bei deinen enthusiastischen Berichten über Sophienlust wirklich nicht übertrieben. Wenn Frau von Schoenecker nichts dagegen hätte, würde ich gern noch den Rest meines Urlaubes hierbleiben.«
Renate Hagen, fünfundzwanzig Jahre alt, mit auffallend schönen braunen Augen und dunklen Haaren, wandte sich ihrer langjährigen Freundin zu, die hier nach dem Tod ihres Mannes und ihrer kleinen Tochter Elke eine zweite Heimat gefunden hatte. »Nun kann ich auch verstehen, weshalb du nicht am Leben verzweifelt bist«, fügte sie nach einer Weile leiser hinzu.
»Am meisten hat mir Frau von Schoenecker geholfen. Ohne sie hätte ich nicht die Kraft aufgebracht, weiterzuleben. Es ist eine lohnende Aufgabe, für Kinder zu sorgen«, erklärte Schwester Regine.
»Die Kinder hier sind ganz anders als anderswo. Bisher ist noch keines in meiner Gegenwart ausfallend geworden. Als Krankenschwester komme ich mit vielen Menschen zusammen und auch mit unzähligen Kindern. Leider habe ich die bittere Erfahrung gemacht, dass gerade Kinder einem das Leben vergällen können.«
»Wenn Kinder so sind, dann liegt es nur an ihrer Umgebung«, meinte die Kinderschwester von Sophienlust. »Kein Kind ist von Natur aus wirklich böse. Jedes Kind sehnt sich nach Liebe und Verständnis.«
»Beides wird den Kindern hier zuteil«, stellte Schwester Renate fest. Dabei steckte sie ihr volles dunkles Haar vor dem Spiegel auf. »Hier in Sophienlust wäre ich ganz gern Kinderschwester geworden.« Sie warf einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel. »Ich glaube, ich habe hier schon zugenommen«, erklärte sie mit einem Seufzer. »Eure Köchin kocht viel zu gut. Ab heute muss ich mich mit dem Essen ein wenig zurückhalten. Ich neige nun mal dazu, schnell zuzunehmen.«
»Als du in Sophienlust ankamst, sahst du sehr elend aus, Renate. Im übrigen bist du keineswegs zu dick«, bemerkte Schwester Regine fröhlich. »Und außerdem wirst du die überflüssigen Kilos bei deinem anstrengenden Beruf schnell wieder verlieren.«
»Wenn ich noch hierbleiben darf, dann liegen noch herrliche Wochen vor mir. Ich werde Nicks Angebot, reiten zu lernen, doch akzeptieren.«
»Das würde ich an deiner Stelle auch tun. Nun müssen wir aber nach unten gehen. Es gongt bereits das zweitemal zum Abendessen.«
Schwester Regine fuhr sich noch einmal ordnend durch ihr blondes Haar und verließ dann zusammen mit ihrer Freundin Renate das hübsche Gastzimmer.
Die Kinder saßen bereits an den Tischen, als die beiden den Speisesaal betraten. Das Hausmädchen Ulla und die alte Lena servierten eben das Abendbrot. Es gab Hammelragout mit grünen Bohnen, ein Gericht, das bei den Kindern sehr beliebt war.
Auch Dominik von Wellentin-Schoenecker, genannt Nick, der zukünftige Besitzer von Sophienlust, nahm an diesem Abendessen teil. Ebenso sein siebenjähriger Bruder Henrik, das Nesthäkchen der Familie von Schoenecker. Während Nick vorhatte, auch in Sophienlust zu übernachten, sollte Henrik nach dem Abendessen mit seiner Mutter, Denise von Schoenecker, nach Schoeneich zurückfahren. Doch darüber war der Junge gar nicht erfreut. Er beneidete Nick glühend um das Zimmer, das er hier hatte, und wünschte sich sehnlichst, in Sophienlust ebenfalls ein