Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
er geistesabwesend.
»Wenn Sie einverstanden sind, würde ich in dieser Zeit gern bei Ihnen bleiben. Ich glaube, es gibt eine Menge im Haus zu tun.«
»So ist es.« Roy schob seine sentimentalen Gedanken beiseite. »Daisy ist nicht damit fertig geworden. Und die alte Barbara, die früher immer zur Aushilfe kam, ist auch gestorben.«
Renate lächelte. Als er ihre Hand umfasste und drückte, lehnte sie für einen Augenblick den Kopf an seine Schulter und sagte: »Ich werde mein möglichstes tun, um Ihren Haushalt wieder instand zu setzen.« Sie richtete sich wieder auf. »Sind Sie mir sehr böse, wenn ich jetzt schlafen gehe? Ich bin, ehrlich gesagt, hundemüde.«
»Ich auch, Renate.«
Sie kehrten ins Haus zurück. Renate reichte Roy die Hand. »Gute Nacht, Roy.«
»Gute Nacht, Renate.« Er hielt ihre Hand noch immer fest. Als sich ihre Blicke trafen, schlug Renate die Augen nieder und löste sich aus seinem Griff. Dann lief sie rasch nach oben.
Roy wartete am Fuß der Treppe, bis er das Schließen ihrer Tür hörte. Dann ging er noch einmal in sein Arbeitszimmer und nahm Marys Bild hoch. »Mary, ich glaube, Renate hätte dir auch gefallen«, sagte er laut und stellte das Bild wieder auf seinen Platz zurück.
Ein befreiender Atemzug weitete seine Brust bei dem Gedanken an Renate. Vielleicht kann ich sie überreden, länger zu bleiben, überlegte er. Vielleicht für immer? Sie könnte doch kündigen und … Nein, das war wohl unmöglich. Der Entschluss, bei ihnen zu bleiben, musste von ihr selbst kommen.
Roy ging zu Bett. Zum erstenmal seit langem schlief er wieder die ganze Nacht durch.
*
Auch Renate hatte wunderbar geschlafen, als sie beim ersten Hahnenschrei wach wurde. Kurz darauf hörte sie Kinderfüße. Vorsichtig wurde die Klinke von außen heruntergedrückt. Jeremy steckte seinen dunklen Haarschopf ins Zimmer und fragte: »Schläfst du noch, Mutti?«
»Nein, Jeremy, komm nur herein.«
Das ließ sich der Junge nicht zweimal sagen. »Darf ich ein bisschen zu dir ins Bett kriechen?«
»Komm nur, kleiner Mann.«
Jeremy kroch unter die Bettdecke und sah Renate schelmisch an. »Weißt du, warum ich dich Mutti nenne?«
»Nein, Jeremy.« Sie lachte leise.
»Weil Daisy es mir erzählt hat. Wir sind schon ganz lange wach und haben über dich gesprochen. Daisy hat mir gesagt, dass sie dich auch Mutti nennen darf. Und nun sage ich das auch.«
»Ich freue mich darüber, Jeremy.«
Es klopfte leise an die Tür. »Herein!«, rief Renate sofort.
Diesmal war es Daisy. Sie war auch noch im Schlafanzug und sah ganz allerliebst aus.
Verlegen lächelte sie, als sie fragte: »Hat Jeremy dich auch nicht aufgeweckt? Ich habe ihm gesagt, er soll dich noch schlafen lassen.« Sie kam näher. »Darf ich dir einen Gutenmorgen-Kuss geben, Mutti?«
»Natürlich, Daisy.«
Kurz darauf saß auch Daisy in Renates Bett. Tommy, der Daisy gefolgt war, betrachtete sich das Bild ein Weilchen und landete dann mit einem Satz zwischen ihnen.
Lachend bugsierte Renate ihn wieder hinaus. »Ich glaube, wir sollten jetzt alle aufstehen«, erklärte sie. »Heute gibt es eine Menge Arbeit für uns.«
»Aber ich muss doch in die Schule gehen.« Daisy sah plötzlich wieder ganz traurig aus.
Roy erklärte jedoch beim Frühstück, dass er sie bei der Lehrerin für diesen Tag entschuldigen werde. »Denn heute ist für uns alle ein Festtag«, fügte er hinzu. Er schnupperte. »Der Tee ist ausgezeichnet.«
»Ich hoffe, dass ich ihn richtig gemacht habe, Roy. Daisy hat mir erklärt, wie man ihn macht. Ich trinke ja daheim immer Kaffee zum Frühstück.«
»Das sollen Sie hier doch auch. Daisy, wir haben doch noch Kaffee im Haus.«
»Nein, Daddy, es ist keiner mehr da.«
»Dann bringe ich welchen aus der Stadt mit. Ich bin pünktlich zum Lunch wieder da.« Er erhob sich und verabschiedete sich mit einer Handbewegung. »Bis nachher.«
Renate sah ihn lächelnd an. Als er fort war, sprang Daisy jubelnd von ihrem Stuhl auf. »Ich bin so froh, dass ich heute daheim bleiben darf. Nicht wahr, wir fangen dann gleich mit der Hausarbeit an?«
Es wurde für Renate und die beiden Kinder ein fröhlicher Vormittag. Renate staunte über Daisy. Für ein achtjähriges Mädchen leistete sie erstaunlich viel. Und die Arbeit ging ihr sehr flink von der Hand.
Als Roy heimkam, stand ein ausgezeichnetes Essen auf dem Tisch, die Fenster blitzten vor Sauberkeit und die Vorhänge hingen hinter dem Haus auf der Leine. Am Nachmittag griff auch Roy bei der Hausarbeit mit zu, und am Abend war das Haus nicht mehr wiederzuerkennen.
Nach dem Abendessen gingen die Kinder gleich zu Bett. Renate und Roy sagten ihnen gute Nacht und unternahmen danach noch einen Spaziergang. Dabei zeigte Renate dem Vater Daisys Brief.
Gerührt las Roy die Zeilen. »Daisy würde sehr enttäuscht sein, wenn Sie uns so bald wieder verlassen würden, Renate«, meinte er, ermutigt durch die kindlichen Zeilen seiner kleinen Tochter.
»Wenn Sie wollen, bleibe ich vorläufig hier«, erwiderte sie, ohne viel zu überlegen.
»Wollen Sie das wirklich, Renate?« Roy umfasste ihre Hände und zog sie an sich. »Sie müssen doch gespürt haben, dass ich Sie sehr gern habe.«
»Ja, Roy, das habe ich gespürt.«
»Aber ich …« Er zögerte. »Es ist nur, weil Mary doch …« Wieder sprach er nicht weiter.
»Ich verstehe Sie auch ohne Worte, Roy.«
»Niemals hätte ich für möglich gehalten, dass ich so schnell … Ach was, ich liebe dich, Renate. Und ich möchte dich später heiraten.«
»Ich warte auf dich, Roy.«
Als er sie küsste, wehrte sie sich nicht. Sie liebte ihn mit der ganzen Kraft ihres Herzens und fühlte sich auch stark genug, in der nächsten Zeit neben ihm zu leben, ohne wirkliche Erfüllung in ihrer Liebe zu finden.
*
Während Renate und Roy spazierengingen, lag Jeremy bei seiner Schwester im Bett. Eifrig flüsterten die beiden Kinder miteinander.
»Glaubst du, dass Daddy Mutti heiraten wird?«, fragte der Junge nachdenklich. »Eigentlich müsste er das doch, weil wir schon Mutti zu ihr sagen.«
»So schnell wird er sie aber nicht heiraten. Ich weiß das von meiner Freundin Pamela. Sie hat gesagt, ihr Daddy wolle auch wieder heiraten. Aber er müsse damit noch ein halbes Jahr warten wegen der Leute.«
»Wegen der Leute?« Jeremy setzte sich auf. »Was haben denn die Leute damit zu tun, Daisy?«
»Weißt du, die Leute glauben dann nämlich, dass Daddy Mummy nicht liebgehabt habe. Jedenfalls sagt das Pamela. Aber Pamela weiß auch nicht alles.«
»Wenn Daddy aber so lange mit einer Heirat warten muss, dann könnte es doch sein, dass Mutti wieder nach Deutschland zurückfliegt.« Jeremy seufzte kummervoll auf. »Dann wären wir wieder allein.«
»Ich glaube aber, dass Mutti dableiben wird«, meinte Daisy. »Sie hat uns beide doch lieb.«
»Und Daddy hat sie auch lieb.« Jeremy schien erleichtert zu sein über Daisys Antwort, denn er lächelte glücklich in sich hinein.
»Du, ich kann noch nicht schlafen«, erklärte Daisy. »Ich möchte gleich wissen, ob Mutti bei uns bleiben wird.«
»Ich auch.« Jeremy kroch aus dem Bett und blickte zum Fenster hinaus. »Es ist schon fast ganz dunkel. Ob sie bald zurückkommen?«
Tommy, der auf dem Bettvorleger gelegen