Dr. Norden (ab 600) Jubiläumsbox 6 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
es mir nicht verbieten. Es war ein großer Schock, aber du machst mir Mut, Isa.«
»Dann war es doch gut, daß ich gekommen bin.«
»Und wie gut«, sagte Antonella bebend.
Sie weiß nichts, dachte Isadora, sie haben uns beide für dumm verkauft. Es war ein abgekartetes Spiel zwischen den Männern, aber jetzt haben sie es mit der Angst bekommen. Also müssen sie etwas über Pepitas Mutter wissen, und Carlos hat sich deswegen aufgeregt.
Und jetzt, da sie wieder klar denken konnte, sah sie Violetta vor sich mit dem Muttermal am Hals. Sie selbst war es gewesen, die Violetta darauf aufmerksam gemacht hatte, daß Pepita auch so ein Muttermal hatte.
Carlos und Violetta – so unvorstellbar es ihr auch schien, daß diese Frau sich mit Carlos eingelassen hatte, ihr kam es in den Sinn, daß sie vor Jahren nicht so bekannt und reich gewesen sein mochte und wie so manche auf Carlos Verführungskünste hereingefallen war. O ja, er konnte charmant sein und unwiderstehlich, wenn man seine negativen Seiten nicht kannte. Wahrscheinlich hatte er ihr verheimlicht, daß er zu Hause Frau und Kinder hatte.
Es war kein Zorn in Isadora, sie sah es ganz nüchtern, aus einer Distanz, die ihr verriet, daß ihre Gefühle für Carlos gestorben waren.
Er wird bezahlen, dachte sie, Infarkt hin oder her, er wird mit der Wahrheit konfrontiert werden.
*
Die nächste Überraschung wartete schon auf sie, als sie heimkam. Dr. Alessandro Fernandez sprach gerade mit dem Hausmädchen, und er war ihr kein Fremder. Ihr Herz tat einen dumpfen Schlag, als er sich zu ihr umwandte.
»Isadora«, sagte er mit einer seltsamen Betonung.
»Was führt dich zu mir, Alessandro?« fragte sie bebend. »Wir haben uns lange nicht gesehen.«
»Ich wollte eigentlich deinen Mann sprechen«, erwiderte er.
»Er liegt mit einem Herzinfarkt in der Klinik. Um was geht es? Du kannst ganz offen sein, falls es um unsere Ehe geht.« Es kam ihr einfach in den Sinn, aber sie merkte, daß er überrascht war.
»Es ist etwas anderes, was dich allerdings im weitesten Sinne auch angeht. Es wäre ganz gut, wenn du vorbereitet wärest.«
»Mich kann nichts mehr schrecken«, sagte sie. »Komm herein.«
Alessandro war zwei Jahre älter als sein Bruder, aber die Ähnlichkeit mit ihm war groß, wenn er auch sportlicher wirkte und nicht so vergeistigt. Es hatte mal eine Zeit gegeben, in der er mit Isadora sehr befreundet gewesen war, bis Carlos in ihr Leben trat und dieses völlig veränderte. Wie sehr bereute sie das heute, da sie Alessandro gegenübersaß. Sie hatte es längst bereut.
»Trinken wir ein Glas Sekt?« fragte sie. »Ich habe einen schrecklichen Streß hinter mir.«
»Erzähle, ich will nämlich nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen.«
»Ich war bei meinen Eltern, als mich das Mädchen anrief und sagte, daß Carlos sich schlecht fühle. Also fuhr ich wieder her und ließ ihn ins Hospital bringen. Es wurde ein Herzinfarkt diagnostiziert. Dein unerwartetes Erscheinen könnte eventuell mit der Ursache für diesen Infarkt zu tun haben.«
»Dann hättest du ja hellseherische Fähigkeiten«, meinte er anzüglich.
»Vielleicht einen gewissen Instinkt, da heute allerlei Unerwartetes passiert ist. Ich komme soeben aus einer anderen Klinik. Antonella Hernando befindet sich dort und ihre Tochter Pepita, ihre Adoptivtochter, um es genau zu sagen. Ein kurzes Zusammentreffen mit Juan war recht dramatisch, da er mir hinwarf, daß Carlos Pepitas Vater sei.«
»Und das nimmst du gelassen hin?«
»Nicht gerade gelassen, weil die dazu passende Mutter für Pepita fehlt, aber überraschen kann mich bei Carlos nichts mehr. Ich wollte mich ohnehin von ihm trennen. Pepita hat Leukämie, sie braucht eine Knochenmarkspende, und ich glaube nicht, daß Carlos dazu bereit sein wird. Er wird es leugnen, ihr Vater zu sein.«
»Dann wird es ihm bald widerlegt werden. Ich vertrete die Mutter des Kindes und bin beauftragt, einen Gentest zu erzwingen.«
»Nur zu«, sagte Isadora, »ich habe nichts dagegen. Ich will nur genau wissen, was sich damals abgespielt hat. Antonella hat davon auch keine Ahnung. Weißt du die Wahrheit?«
»Sie wird dich erschrecken.«
»Ich sagte doch schon, daß mich nichts mehr schrecken kann.«
»Na dann.« Alessandro erzählte ihr, was er von Violetta erfahren hatte. Man konnte ihr ansehen, wie erschüttert sie war.
»Das ist wohl das Infamste, was ich je gehört habe«, sagte sie heiser. »Es setzt allem die Krone auf, was er geboten hat. Er soll jetzt ja nicht denken, daß ich Rücksicht nehme auf seine Krankheit. Mein Entschluß steht fest, ich lasse mich scheiden, und meine Eltern sind nicht mehr dagegen. Ich habe schon mit ihnen gesprochen. Sie bereuen es auch, daß sie diese Heirat forciert haben, und ich habe oft daran gedacht, was du gesagt hast, Alessandro. Ich war dumm und verblendet.«
»Das habe ich aber nicht gesagt, sondern nur, daß du deinen Entschluß, ihn zu heiraten, einmal bereuen könntest.«
»Und wie oft habe ich ihn bereut«, sagte sie tonlos. »Als die Kinder noch klein waren, war ich zu sehr beschäftigt mit ihnen, da habe ich mir keine Gedanken um seine Seitensprünge gemacht. Ich habe es einfach nicht geglaubt, daß man in einer noch jungen Ehe so betrogen wird. Aber was soll ich jetzt darüber reden, ich habe mein Lehrgeld zahlen müssen, aber ich bin nicht mehr das naive Dummchen, das ihm so bequem war. Daß aber Juan in dieses schreckliche Vorhaben einwilligte, kann ich überhaupt nicht begreifen. Er ist doch Arzt. Was sagt dein Bruder dazu?«
»Er ist sehr bestürzt, aber er wollte lieber mich gleich mit Señora Fabricis Vertretung betrauen.«
»Wie ist sie überhaupt an ihn geraten?«
»Durch einen deutschen Arzt, der Nicolas kennt. Sie ist eine starke Persönlichkeit und möchte dich und auch Antonella heraushalten aus der Geschichte. Aber sie will sich Klarheit verschaffen. Es kann ja auch sein, daß der Plan von Hernando ausging, Isadora.«
»Das glaube ich nicht. Er hätte das einer x-beliebigen Frau nicht angetan. Sie wollten ein Kind adoptieren, das stimmt. Antonella wollte es vor allem, aber sie wollten auch wissen, woher es kommt, und Carlos sah einen Weg, dieses Kind ein für allemal loszuwerden. Ich denke, daß er den fürsorglichen Liebhaber gespielt hat und Violetta mit Schönreden hinhielt. Er wird diese Klinik vermittelt haben. Oh, ich kenne ihn, Alessandro, ich kenne ihn viel besser, als er ahnt. Ich möchte mit Violetta Fabrici sprechen. Kannst du das bitte arrangieren?«
»Das ist möglich. Sie ist in Madrid und wird auch noch bleiben.«
»Es wird schlimm für sie sein, daß Pepita Leukämie hat, aber vielleicht ist sie die geeignete Knochenmarkspenderin. Allerdings wird es für Antonella ein schmerzhafter Schlag sein, wenn sie Pepita hergeben muß. Sie liebt das Kind über alles, aber es wird ihr auch weh tun, was Violetta angetan wurde. Es macht mich krank, daran zu denken, was diese beiden Männer für charakterlose Kerle sind, wie verlogen und skrupellos.«
»Du hast das nicht verdient, Isadora«, sagte er gepreßt.
Sie sah ihn traurig an. »Dich habe ich enttäuscht, und ich habe es bereut, Alessandro. Vielleicht ist es dir eine Genugtuung. Ich hoffe, daß du glücklicher geworden bist.«
Er lächelte flüchtig. »Nicolas und ich sind von der langsamen Art, man kann es auch als Pomadigkeit bezeichnen. Wir haben uns an das Junggesellenleben gewöhnt. Wir sind zu der Ansicht gekommen, daß alles wohl so kommt, wie es uns bestimmt ist. Wir sind zufrieden, daß es uns gutgeht und uns die Arbeit Freude macht.«
»Du hast dir aber immer Kinder gewünscht«, sagte sie leise.
»Nicht alle Wünsche werden erfüllt«, erwiderte er, »aber es gibt manchen Ausgleich. Ich treibe viel Sport mit Kindergruppen, Tennis und Skifahren, so oft es meine Zeit erlaubt. Du erinnerst dich vielleicht, daß ich nie für Partys