Mami Staffel 9 – Familienroman. Stephanie von DeyenЧитать онлайн книгу.
hat, ist kein Renommee. Am besten wäre es, wenn… wenn Sie das Kind adoptieren und wenn es nie… nie von mir… mir erfährt.« Ein verzweifeltes Schluchzen schüttelte sie.
Die Aufseherin sah streng herüber, griff aber nicht ein.
Mike zog die Schultern hoch und sah ratlos auf sein Gegenüber. »Sie lieben Emely doch, und das Kind liebt Sie, seine Mami.«
»Es darf aber nicht sein, sonst hat meine Kleine im Leben keine Chance. Sonst wird ihr immer anhängen, wofür sie gar nichts kann und ich auch nicht.« Leidenschaftlich brachen diese beiden Sätze aus der völlig in sich zusammengesunkenen Anna hervor.
»Wollen Sie damit andeuten, daß Sie unschuldig sind?« hakte Mike nach.
Annas Kopf ruckte hoch. »Das glaubt mir ja niemand und sie sicher auch nicht. Am besten ist es, Sie erzählen Emely nie von mir. Bitte!«
»Es hat doch einen Prozeß gegeben«, meinte Mike, der den Zeitungsartikel ja nicht hatte lesen können.
»Ja. Aber alles, was zur Sprache kam, hat mich nur belastet, und ich konnte nicht beweisen, daß es Alfred war, der alles gemanagt hat. Ich wußte nichts über die Geschäfte, die er in meinem Namen abschloß. Nie hat er mit mir darüber gesprochen, nie hat er mir Unterlagen gezeigt. Erst beim Prozeß erfuhr ich, daß er unter meinem Namen Immobilien verkauft hat, die ihm gar nicht gehörten. Er hat Verträge mit meinem Namen unterschrieben und die Anzahlungen für diese Grundstücke und Häuser kassiert. Als mein Geschäftsführer hat er sich ausgegeben, und wenn mich jemand sprechen wollte, hat er erklärt, daß ich mich gerade in den USA aufhielte. Wenn die Käufer zum Notariat gehen wollten, um die Grundbucheintragung vornehmen zu lassen, hat er sie immer wieder vertröstet. Er hat ihnen gesagt, die Behörden wären überlastet und Termine nur schwer zu bekommen. Einige hat er auf diese Weise zwei Jahre lang hingehalten.
Bei Grundstücken, die nicht gleich bebaut werden sollten, fiel das alles ja gar nicht auf. Bei Häusern gab es schon mal Schwierigkeiten. Hauptsächlich waren es Ferienhäuser, die ohnehin monatelang leer standen. Da hat Alfred manchmal Nachschlüssel besorgt, und die neuen Eigentümer verbrachten ihre Ferien im fremden Besitz. Meistens ging es gut, und die Leute reisten wieder ab. Schweizer, Holländer, Österreicher und auch viele Deutsche. Ich hatte keine Ahnung, was da gespielt wurde. Eigentlich sah ich Alfred nur selten, weil er angeblich ständig herumreiste. In Wirklichkeit hat er in Marbella die Nächte mit anderen verbracht und das Geld mit vollen Händen ausgegeben.« Anna seufzte. »Ich war ja so dumm, ich habe ihm alles geglaubt, auch daß er mich heiraten würde und wir dann auch in so ein schönes Haus ziehen würden. Ich weiß nicht, wie ich ihm vertrauen konnte. Ich habe ihn gern gehabt, den Lügner. Schließlich ist er Emelys Vater. Ohne das Kind wäre ich längst nach Hause zurückgekehrt. Aber so…«
»Weshalb hat man diesen Alfred nicht zur Rechenschaft gezogen?« erkundigte sich Mike interessiert. Er verstand wenig von juristischen Fragen, aber es war ihm auch so klar, daß sich Anna durch ihre Leichtgläubigkeit in eine schwierige Situation gebracht hatte.
»Er trat ja nur als Geschäftsführer in Erscheinung, war also für die Immobilienfirma nicht direkt verantwortlich. Alle Briefe, alle Quittungen, alle Dokumente unterschrieb er mit meinem Namen und behauptete später, er habe mir alles vorgelegt. Ich sei über jede seiner Handlungen unterrichtet gewesen und habe ihn sogar gezwungen, das Geschäft immer noch mehr auszubauen. Daß das alles nicht wahr ist, kann ich nicht beweisen.«
»Eingehende Schecks hat er also auf ein Konto einbezahlt, das Ihren Namen trug? Das konnte er doch bei der Bank nicht in Ihrem Namen eröffnen.«
Anna winkte ab. »Damals hat er mir erzählt, daß er Geld für Emely anlegen möchte. Da bin ich mit zur Bank gegangen und hatte auch nichts dagegen, daß er dieses Konto verwaltete, daß er Verfügungsrecht hatte. Er hat es abgeräumt bis zur letzten Peseta. Es waren Milliarden.«
»Aber dieses ergaunerte Geld muß er doch sicher zurückgeben.«
»Ja«, seufzte Anna, »das müßte er, wenn man wüßte, wo er sich aufhält. Alfred ist über Nacht verschwunden. Es läuft eine Fahndung, aber sie wird wohl keinen Erfolg haben, denn er ist clever genug, sich einen anderen Namen zuzulegen und irgendwo unterzutauchen. Die Welt ist groß. Man wird Alfred nicht finden. Daß ich die Strafe für ihn verbüße, ist für die Anleger zwar ein schwacher Trost, aber die Justiz ist mit dieser Lösung zufrieden.«
»Das ist ja unvorstellbar«, murmelte Mike, der das Empfinden hatte, daß Anna die Wahrheit sagte. Vermutlich wußten das auch ihre Richter. Aber sie brauchten einen Schuldigen. Der Immobilienskandal war für Andalusien ohnehin imageschädigend.
»Ich habe mich mit allem abgefunden. Mein einziger Wunsch ist, daß Emely nicht unter der Sache leidet.«
»Dafür werde ich sorgen«, versprach Mike. »Zunächst werde ich mich erkundigen, welche Formalitäten erfüllt werden müssen, wenn ich das Kind mit nach Deutschland nehme.«
»Vielleicht kann ich Ihnen eine Vollmacht geben.«
»Sie werden doch nicht schon wieder leichtsinnig sein, Anna?« meinte Cramer besorgt.
»Sie werden mich nicht betrügen, das weiß ich«, antwortete sie mit fester Überzeugung.
*
Weinerlich verzog Emely das Gesichtchen, als Katja sie ins Gitterbett legte und ihr das weiße Häschen in die Hände drückte.
»Morgen kommt Mike zu dir«, versprach Katja tröstend. »Dann verbringt ihr beide sicher wieder einen tollen Tag. Du magst ihn doch, den Mike. Ich mag ihn auch«, vertraute Katja der Kleinen an. Es war ja niemand in der Nähe, der sie hören konnte, und Emely würde das kleine Geheimnis niemandem erzählen. »Du hast es sogar besser als ich. Dich nimmt er in den Arm, und dir gibt er Küßchen, mir nicht.« Katja schmunzelte, und auch Emely verzog den kleinen Mund. Sie war müde, denn Katja hatte lustige Spiele mit ihr gemacht. Keinen Augenblick lang war es langweilig gewesen. Zur Mittagszeit hatten sie im Club gegessen und in Katjas Apartment geschlafen.
Im geheizten Hallenbad war Emely rasch zum Liebling aller Gäste geworden. Es war sehr kurzweilig. Bei der Rückkehr ins Heim fütterte Katja der Kleinen Gemüsebrei und zum Nachtisch etwas Pudding. Sie machte die Kleine für die Nacht fertig und wollte nun noch warten, bis das Kind eingeschlafen war.
Leise summte sie ein Wiegenlied. »Schlaf, Prinzeßchen, schlaf ein…«
Die Äuglein fielen Emely zu. Die langen, dichten Wimpern berührten die dicken Bäckchen. Der Atem des Kindes ging gleichmäßig, die geballten Fäustchen lagen in Kopfhöhe.
Noch eine ganze Weile betrachtete Katja ihren schlafenden Schützling. Und je länger sie das tat, um so sicherer wußte sie, daß sie dafür sorgen würde, daß Emely niemals traurig war.
Das sagte sie auch Mike, der sie später an der Plaza Cueva abholte, um sie in den Club zurückzufahren. »Das mit den privaten Heimen ist bestimmt eine bessere Lösung als Santa Monica, aber ideal ist auch das nicht, denn auch dort wird man Emely die Eltern nicht ersetzen können.«
»So denke ich auch«, stimmte Mike zu. Er steuerte seinen Leihwagen über die Strecke, die er inzwischen schon recht gut kannte. »Deshalb werden wir Emely mitnehmen, wenn wir nach Hause fliegen.«
»Wir?« fragte Katja mit klopfendem Herzen.
»Sie und ich, Katja.« Mike sah seine Beifahrerin nicht an, weil er fand, daß es für weitere Erklärungen noch zu früh war. Zuerst mußte er sein Verhältnis zu Maurena ordnen. Nach der gestrigen Unterhaltung gab es keinen Zweifel mehr daran, daß Maurena die Hochzeit platzen lassen wollte… Es hing wohl von einem Treffen ab, das sie heute mit einem Freund hatte, den sie lieber mochte als ihn. Mike war traurig darüber, aber nicht verzweifelt. Was er bisher nicht wußte und nun durch den Zwischenfall am Flughafen erfuhr, waren Maurenas Egoismus, ihre Hartherzigkeit, Rücksichtslosigkeit und ihre Falschheit. Er hatte sich von ihrer Schönheit blenden lassen.
»Fliegen wir denn zusammen zurück nach Frankfurt?« fragte Katja hoffnungsvoll
»Wenn alles klappt zusammen mit Emely. Ihre Mutter möchte unbedingt,