G.F. Barner Staffel 1 – Western. G.F. BarnerЧитать онлайн книгу.
verstecken können, nicht nur zwei. Schließlich lag er auf dem Bauch und blickte auch im Wohnzimmer unter das Sofa. Am Ende betrat er das kleinste Zimmer, in dem der Schreibtisch stand und der Geldschrank braun und wuchtig die eine Ecke einnahm. Hier stand noch ein Schrank, schmal und unscheinbar.
Das versteht keiner von uns, dachte Collins, denn sie ist von gnadenloser Härte im Geschäft. Wer von den Girls nicht richtig spurt, fliegt hinaus. Macht der Waiter Blödsinn, sorgen die beiden Rauswerfer nicht für absolute Ordnung, wäre die Hölle los. Diese Frau ist eiskalt, sie denkt nur an Geld und nie an einen Mann. Der Waiter sagt, sie hätte noch keinen gehabt. Dabei hat sie eine Figur und sieht aus – Teufel noch mal, mit der würde ich mal ganz gern…
»Nichts, Madam, alles in Ordnung!«
»Gut, ihr könnt gehen!«
Miß Angel behandelte Männer wie Mädchen gleich mies, aber sie zahlte gut. Wie sie zahlte niemand in Centreville, nirgendwo konnte man das verdienen, doch dafür verlangte sie auch etwas.
Die Frau stellte ihre schwere Tasche, in der sie die Tageseinnahmen hatte, auf den Schreibtisch. Sie folgte Collins zur Tür, vor der die beiden anderen gewartet hatten und ließ ihn hinaus. Collins hörte, wie sie zweimal umschloß, dann den schweren Riegel vorlegte und wechselte einen Blick mit Burt Slade und Harry Morris.
»Vielleicht existieren die beiden Kerle nur in ihrem Kopf, was?« fragte Morris leise, als sie unten waren. Er schlief mit Burt Slade in dem Zimmer unter Miß Angels Schlafraum. Wenn sich oben etwas rührte oder die Frau schrie, brauchten sie nur die Treppe hochzustürzen.
»Kann sein«, brummte Collins. »Wir haben unsere Anweisungen, werden gut bezahlt, warum soll ich mir den Kopf zerbrechen, ob sie normal ist? Lester, du weckst mich dann, klar?«
»Sicher«, murmelte Lester Perkins.
Sie waren alle müde. Es war kein Vergnügen, Tag und Nacht aufzupassen, zudem war es spät.
Sie wird ihr Geld zählen und wie jeden Abend in den Geldschrank packen, dachte Collins. Neulich brachte ich das Geld zur Bank. Als ich es von ihr abholte, sah ich den offenen Kasten auf dem Tisch stehen. Sie sammelt Golddollars. Von Papiergeld, sagte sie, hielt sie nicht viel. Das ist auch so eine Verrücktheit…
Er gähnte und ging in sein Zimmer. In diesen Teil des Hauses konnte niemand eindringen. Und wenn, beging er Selbstmord!
*
»Dreihundertzwanzig,dreihundertdreißig, dreihundertvierzig…«
Sie zählte jetzt ihr Geld: Münzen auf das Zählbrett, Scheine in das Kästchen, aber ihre Gedanken irrten immer wieder ab.
Die Stadt, dachte sie und blickte auf die Geldscheine, die Stadt hatte ganze acht Häuser, als ich herkam und mit Morts Geld den Saloon bauen ließ. Alles mit Mort Dillons Geld. Ein Geschäft wie dieses verträgt keinen Mann, keinen, der nichts tun will, der glaubt, daß er auf Kosten einer Frau leben kann. Man muß hart sein, sich nichts gönnen…
Im Haus war alles ruhig, nur auf der Straße war noch Lärm. Die Uhr an der Wand neben dem Geldschrank tickte monoton. Sie blickte auf den Perpendikel und sah sich plötzlich wieder in Tom Pillars Saloon, in Comanche, diesem Nest, in dem sich nur das gesetzlose Gesindel traf. Mort war der King in diesem Nest gewesen. Man stellte sich gut mit dem gefährlichsten Mann, man tat alles, um ihm zu gefallen – und dann bestahl man ihn…
Ihr Blick wanderte zum offenen Geldschrank und dem oberen Fach. Dort lag das Schreiben der Jailverwaltung, das sie sich an eine Deckadresse nach Denver hatte schicken lassen. Seitdem sie wußte, daß Mort aus dem Jail war, fand sie keine Ruhe mehr.
Nein, dachte sie, er kann nicht ins Haus, Mort ist ein schlauer Teufel, der hat längst gemerkt, daß ich hier vier der rauhesten Männer habe, das wagt er nicht. Ich bin sicher wie in Abrahams Schoß…
Da lag ihr Geld, sie mußte es zählen und nahm sich zusammen. Nicht mehr an Mort Dillon denken, abrechnen, Liza!
Liza, dachte sie, Liza? Ich habe mich Angel genannt und den Saloon so getauft – Angels Saloon. Liza, du mußt rechnen und ein paar Stunden schlafen…
Liza Palucco griff nach dem Federhalter, schrieb Zahlen in das schmale Buch, sortierte dann die Goldmünzen aus. Einen Moment sah sie wieder ihren Vater am wurmstichigen Tisch sitzen und sein altes, verwittertes Gesicht.
»Gold behält immer seinen Wert. Papiergeld ist nichts, davon können sie soviel drucken wie sie wollen – wertloses Papier…«
Als sie aufstand und die heute eingenommenen Goldmünzen zu den anderen in den Eisenkasten tat, den sie dann in die stabile Tasche stellte, lächelte sie einen Moment. Dann ging sie zum Geldschrank, stellte das Zahlbrett auf ihn, schob zuerst die Scheine in das eine Fach, hob die Hände, um das Zahlbrett zu nehmen und…
Hinter ihr knackte leise eine der Dielen. Kein Geräusch sonst, kein Schritt, kein heftiges Atmen eines Menschen, und doch…
Liza Paluccos Kopf flog herum, ihr Mund öffnete sich. Dann sah sie die Hände, große Hände mit behaartem Handrücken. Morts Hände – Geisterhände, die gleichsam aus dem Nichts herangeschossen kamen und blitzschnell zupackten.
Im nächsten Augenblick sah sie sein Gesicht, den Bart, die Augen…
Liza wollte schreien, aber der Griff war so eisenhart, daß sie keinen Laut mehr herausbrachte. Der Mann riß sie hoch, er hielt ihren Hals umklammert und riß sie mit einem fürchterlichen Ruck in die Höhe, während der andere Schatten plötzlich neben ihr war und ihre Beine umklammerte. Ihr war, als wäre sie gelähmt, als sie die Dillons sah. Stocksteif vor Schreck und Grausen fühlte sie, wie sie hochgehoben und dann getragen wurde. Um sie drehte sich alles, vor ihren Augen verschwamm die Zimmerdecke, in ihren Ohren begann es zu rauschen.
Wie sind sie hereingekommen, dachte sie noch, warum hat Collins sie nicht entdeckt – er sah doch überall nach, aber da war niemand.
Sie fiel, das war das letzte, was sie spürte.
*
Im Lampenlicht wirkte die schwere Kommode mit ihren offenen beiden Türen wie ein Grabgewölbe. Der Anblick der Kommode vertrieb das letzte Singen und Kreischen, das solange in Liz Paluccos Ohren gewesen war. Ungläubig blickte die Frau auf die leere Kommode, die voll Wäsche gewesen war. Zwei Zwischenböden hatten die Stapel aufgenommen. Jetzt sah sie auch keinen Zwischenboden mehr, aber dann erkannte sie, daß die beiden Böden ganz unten auf dem Kommodenboden lagen und begriff, was geschehen war.
Der Schatten tauchte in der Tür auf: groß, breit, düster und in den Augen ein Glimmen, als glühte ein Kohlefeuer tief hinter den Pupillen.
Der Mann kam in das Schlafzimmer, während sie jetzt die rasenden Kopfschmerzen spürte. Der Mann hatte sie geschlagen, ihr die Faust an den Kopf gesetzt – nun wußte sie es.
»Siehst du«, flüsterte er. Er setzte sich auf die Bettkante und starrte sie durchdringend an. »In einer Kommode kann man sich nicht verkriechen, hast du gedacht. Irrtum, meine Liebe, Irrtum! Dein Kleiderschrank hat einen schweren Sockel – unter dem Boden sind gut zehn Zoll Luft. Ich habe ihn angehoben und Charly die Wäsche untergestopft.«
Er bringt mich um, dachte sie, mein Gott, er bringt mich um!
Der Knebel war wie eine Faust, die sich zwischen ihre Zähne preßte. Schreien würde sie nicht können, aber sich bewegen – nein, sie konnte sich nicht bewegen!
»Nur die Kleiderstange«, zischte Mort Dillon. Seine große behaarte Hand kam und zwang ihren Kopf herum, bis sie sah, daß ihre Kleider im Schrank am Boden lagen. »Du bist an die Kleiderstange gebunden – du bist ein Paket, verstehst du? Hast du geglaubt, wir kämen nicht ins Haus, deine Leibwache würde uns abknallen?«
Das Zischeln ließ Mort verstummen, der Schatten fiel in das Zimmer, Charly stand in der Tür.
»Fertig, Mort, alles eingepackt!«
»Gut, dann wollen wir…«
Morts Lächeln war das eines eiskalten Teufels. Er packte sie am linken Arm