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Mami Staffel 8 – Familienroman. Lisa SimonЧитать онлайн книгу.

Mami Staffel 8 – Familienroman - Lisa Simon


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war nicht nur schlank und jung, sie war auch von einer besonderen Schönheit. Es war keine Schönheit, die grell ins Auge fiel. Es war eine Schönheit, die man entdecken mußte. Nichts an diesem Wesen wirkte aufdringlich.

      »Sie haben einen berühmten Namen.« Ihre Stimme klang ein wenig heiser. Sie hatte den Arm um Leas Schultern gelegt, das Kind schmiegte sich zärtlich an sie.

      Jonathan war enttäuscht. Sie strahlte so eine Natürlichkeit aus, aber sie war nicht anders als die jungen Damen, über die er ständig stolperte.

      Gleich würde sie ihm sagen, daß sie all seine Bücher gelesen hatte und von ihnen begeistert wäre. Er kannte diese Art der verlogenen Konservation.

      »Ach ja?« Er musterte sie abwartend.

      »Ich denke an den Maler und Graphiker Emil Nolde.« Irrte er sich, oder schwang Spott in ihrer Stimme mit? »Sie wissen doch sicher, daß er der Hauptmeister des deutschen Expressionismus war. Von einem Schriftsteller dieses Namens habe ich noch nie gehört.«

      Einen Augenblick verschlug es ihm die Sprache.

      Sie wollte ihn ärgern, er wußte nur nicht warum. Er mochte Frauen mit spitzen Zungen nicht, er liebte sie sanft und anschmiegsam, und wenn sie ihm lästig wurden, dann machte er sich davon. Jonathan war anständig genug, den Damen das sofort, gleich zu Anfang der Beziehung, zu sagen. Keine Bindung, meine Liebe. Wenn es anfängt, eheähnlich zu werden, mach ich mich aus dem Staub. Und keine Tränen.

      »Ich schreibe nicht unter dem Namen Nolde«, erklärte er ihr gekränkt.

      »Das interessiert mich nicht.« Sie war wirklich abscheulich. Besaß das Gesicht eines Engels und die Zunge eines Teufels. Er haßte rechthaberische Frauen.

      »Herr Karsten war soeben bei uns…« Ach, daher wehte der Wind. Ihre Augen funkelten ihn herausfordernd an. Trotz seines Ärgers begeisterte ihn ihr sprechendes, temperamentvolles Gesicht.

      »Ach ja?«

      »Fällt Ihnen keine andere Bemerkung ein?« fuhr sie ihn böse an. »Ach ja ist nicht sehr viel. Herr Karsten erzählte mir, daß Sie wegen des übermütigen Lachens der Kinder einen Tobsuchtsanfall bekommen haben, und als Sie hörten, daß fünf Kinder Ihre Nachbarn sind, sollen Sie einen Nervenzusammenbruch gespielt haben.«

      »Vergessen Sie das Bellen des Hundes nicht.« Er schob die Hände in die Taschen seiner ausgebeulten Hose, er war sich gar nicht bewußt, daß er mit den Füßen wippte. Für Susanne war er der arroganteste, schlecht erzogenste Mensch, dem sie je begegnet war. Wie unverschämt er sie musterte.

      »Meint er Charlie?« fragte das Kind ängstlich und sah von Susanne auf den Mann, den sie eben noch so nett gefunden hatte.

      »Ja, Lea. Er meint unseren Charlie. Er ist ihm zu laut, und euer Lachen stört ihn auch.« Es klang, als knirschte sie bei den Worten mit den Zähnen.

      »Wir haben das Haus gemietet, es war mühsam genug, ein Haus zu finden, in dem wir uns alle wohl fühlen und mit Lärm und Lachen niemanden stören«, fuhr sie ihn mit blitzenden Augen an. »Die Kinder haben diese unbeschwerten Ferien bitter nötig.« Einen Moment brach ihre Stimme, sie schluckte, fuhr aber kampfbereit fort: »Wir lassen uns nicht vertreiben, wenn mir Herr Karsten auch von einem Häuschen im Dorf erzählte. Wir bleiben. Wenn Kinderlachen sie dermaßen stört, dann… dann müssen Sie sich eben etwas anderes suchen.«

      Er hielt dem Blick ihrer wütenden Augen stand. Der Ärger auf dieses unverschämte Wesen wurde übermächtig.

      »Ich danke gar nicht daran, mein Domizil aufzugeben. Ich sitze mitten in einer schwierigen Arbeit und brauche meine Ruhe. Darum kam ich hierher, um in Ruhe und Frieden meine Arbeit zu vollenden.«

      »Das klingt ja, als ob Sie schon mit einem Fuß im Grab stehen«, höhnte sie. »Wenn Sie ein solches Nervenbündel sind, dann sollten Sie sich irgendwo im Wald verkriechen. Aber vielleicht stört Sie da das Zwitschern der Vögel, und wenn der Wind durch die Zweige fegt, fühlen sie sich vermutlich persönlich gekärnkt.«

      »Meint er, wir sind zu laut, und meckert er genauso über uns wie Frau Winter? Die sich sogar über unseren Krach beschwert, wenn wir gar nicht im Garten sind?«

      Sie strich der Kleinen mit einer zärtlichen Geste das Haar aus der Stirn.

      »Hören Sie«, erklärte er gereizt, bevor sie dem Mädchen antworten konnte. »Ich habe nichts gegen Kinder, schon gar nichts gegen Hunde. Aber als ich heute morgen den unerwarteten Lärm hörte, war ich natürlich außer mir. Ich steckte mitten in der Arbeit und hatte das Gefühl gut voranzukommen. Aber vielleicht verstehen Sie das nicht.«

      »Ich gebe mir auch keine Mühe«, war ihre patzige Antwort, und ihre Augen wurden nicht eine Spur freundlicher. Daß er ihr einen Friedenszweig geboten hatte, nahm sie einfach nicht zur Kenntnis. »Die Kinder haben den Urlaub bitter nötig. Sie sollen sich austoben, sie sollen sich wohlfühlen. Ich kann auch Charlie nicht das Maul zubinden.«

      »Bloß nicht«, warf Lea erschrocken ein. Unglücklich sah das Kind von einem zum anderen und begriff nicht, warum sie redeten als wären sie verfeindet. Das sah Susanne doch überhaupt nicht ähnlich.

      »Susanne, uns predigst du immer, wir sollen uns vertragen«, murmelte das Kind vorwurfsvoll.

      »Halte bitte den Mund, Lea. Das verstehst du nicht. Wir haben nicht die beschwerliche Reise hinter uns gebracht, um eine zweite Frau Winter ertragen zu müssen.«

      »Können Sie einmal einen Moment still sein?« fuhr Jo sie an. Sie zuckte zusammen, aber dann funkelte sie ihn an, ihre Augen schossen Blitze. Und wie ein wütendes Kind stampfte sie mit dem Fuß auf den Boden.

      »Nein. Und tausend Mal nein. Wir haben das Haus gemietet, wir wollen hier unbeschwerte Ferien genießen. Sie verstehen ja gar nichts«, fuhr sie aufgebracht auf ihn los. Einen Moment glaubte er, Tränen in ihren Augen zu sehen. »Ich werde den Teufel tun und Ihnen versprechen, daß wir uns bemühen, leise zu lachen, ich denke gar nicht daran. Sie müssen sehen, wie Sie mit uns zurecht kommen. Ich verspreche Ihnen, daß uns Ihr Schreibmaschinengeklapper, und wenn es mitten in der Nacht ist, nicht stört. Ich bin nicht schuld, daß hier die Geräusche meilenweit zu hören sind. – Komm, Lea.«

      »Sie sind sehr unhöflich«, brauste er aufgebracht los. »Hat man Ihnen nicht beigebracht, daß man den anderen ausreden lassen muß?«

      Sie warf einen spöttischen Blick zurück. Mit dem Kind an der Seite schritt sie davon.

      »Offensichtlich nicht. Es ist gut, daß Sie wissen, mit wem Sie es zu tun haben. Keineswegs mit einer Frau, die vor einem Schriftsteller vor Ehrfurcht in die Knie sinkt, sondern mit einer Frau, die sich ihrer Rechte sehr bewußt ist.«

      Das Kind lief nur zögernd neben ihr. Aber sie ging mit weit ausholenden Schritten, ihr Haar wehte im Wind. Er starrte ihr nach, er war wahnsinnig wütend auf sie. Am liebsten wäre er ihr nachgerannt und hätte sie geschüttelt.

      Und doch war er sich ihrer Anmut bewußt. Sogar von hinten strömte sie Charme aus. Dabei hielt sie den Rücken gerade, den Kopf gereckt, deutlicher konnte man nicht zeigen, wie unversöhnlich man war.

      Zum Teufel mit dieser Person. Mußte ihm das passieren? Er war doch nun wirklich ein friedfertiger Mensch. Und ausgerechnet er mußte einer solchen Xanthippe begegnen.

      Er würde sich nicht mit dieser Person anlegen, dazu hatte er weder Lust noch Zeit. Wer war sie überhaupt, daß sie einen solchen Ton anschlagen konnte? So sprach niemand mit ihm.

      Sah aus wie 20 Jahre. Keinen Tag älter, und hatte fünf Kinder. Und von einem Mann war nicht die Rede gewesen!

      Ein nettes Früchtchen war sie. Jawohl. Mädchen, die so hübsch waren wie sie, waren entweder strohdumm oder unverschämt, wie sie es war. Jawohl.

      Er setzte sich wieder auf den Stein und starrte auf das Meer. Aber er sah nicht, daß das Wasser eine andere Farbe angenommen hatte. Es schillerte jetzt nicht mehr silbern mit lustigen weißen Krönchen auf den Wellen. Es wirkte schwarz, und dunkel wurde auch der Himmel. Es paßte zu seiner Stimmung.

      *


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