Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.
Kleid, das weiß doch ein jeder! Die Großmutter sagt, das bringt Unglück, wenn der Bräutigam das Brautkleid vorher sieht. Aber das weiß doch schließlich jeder!«
»Ah, so ist das! Ihr habt gehört, was die Franzi gesagt hat. Und mit wem soll die Johanna einkaufen gehen, Franzi?«
»Also, sie kann ihre Mutter mitnehmen oder eine Freundin oder ihre Patin, auch die Großmutter kann mitgehen.«
Franzi schaute Anna an.
»Anna, das stimmt, nicht wahr? Wenn ich später einmal heirate, dann gehst du mit mir, wenn ich mein Brautkleid aussuche. Machst du das?«
»Aber sicher, mein kleiner Goldengel! Und du bekommst das schönste Brautkleid auf der Welt!«
»O Franzi, bist du ein herziges Madl!«
Johanna legte ihren Arm um Franziska und gab ihr einen Kuss auf ihr blondes Haar.
»Du hast ganz recht, Franzi! Kommst du mit mir einkaufen?«
Franziska warf Anna einen fragenden Blick zu.
Anna lachte. Dann besprachen sie am Tisch kurz alle das weitere Vorgehen. Toni, Rupold und Sebastian würden die restlichen Einkäufe erledigen und dann nach Waldkogel zurückfahren. Anna, Johanna und Franziska würden sich auf die Suche nach dem richtigen Brautkleid begeben.
Die kleine Franziska nickte eifrig. In aller Schnelle aß sie ihren Eisbecher auf und drängte.
»Aufi, dann gehen wir!«
Johanna nahm Franzis Hand und sagte:
»Ja, aufi jetzt! Gehen wir!«
Und in diesem Augenblick dachte sie daran, dass es noch ein Themengebiet gab, das sie mit Rupold besprechen wollte. ›Eine Ehe ohne Kinder ist wie eine Suppe ohne Salz‹, diesen Spruch hatte sie einmal gehört. Der Spruch gefiel Johanna nicht so sehr, aber er drückte es genau aus. Zu einer glücklichen Verbindung gehören Kinder als Zeichen der Liebe. Sie bezeugen das Zusammenwachsen der Herzen. Johanna nahm sich vor, bald mit Rupold darüber zu reden. Sie wollte eine richtige Familie mit Kindern, so wie sie es sich einmal erträumt hatte.
*
Zwei Wochen später schritten Johanna und Rupold durch den Mittelgang der schönen Barockkirche von Waldkogel. Johanna hatte ein Brautkleid aus Brokat in einem gebrochenen Weiß mit zarter hellgrüner Paspelierung, die gut zu Rupolds Anzug harmonierte.
Sie waren ein schönes Paar.
Die Familien der beiden Brautleute waren gekommen und alle Freunde. Toni und Anna saßen mit Franziska und Sebastian in der ersten Reihe, auf der linken Seite des Mittelgangs in der Kirche. Dort saßen alle engen Freunde des Brautpaares.
Pfarrer Zandler hielt eine ergreifende Predigt. Darin sprach er davon, wie die beiden sich im Gewühl des Jahrmarktes des Lebens verloren hatten und in Waldkogel wiedergefunden.
»Ja, im dichten und lauten Gedränge des Trubels kann es schon einmal geschehen, dass sich zwei verlieren. Da wird geschoben und gedrückt. Es ist laut und die zwei können sich nicht mehr hören und verlieren sich aus den Augen. Aber wenn sie das Bild des anderen fest in ihrem Herzen haben, dann finden sie ihn auch wieder. Sie laufen planlos herum, wie aufgescheuchte Hühner und suchen ziellos mal hier und mal dort. Und dann stehen sie sich plötzlich wieder gegenüber und fallen sich glücklich und erleichtert in die Arme. Was die Liebe wirklich zusammengeführt hat, das kann nichts und niemand trennen. Mei, was ist schon so ein kleiner Sturm? Der Sonnenschein, der danach am Himmel steht, ist wärmer und schöner und strahlender als zuvor.«
Nach der Hochzeit wurde bei Tonis Eltern, Xaver und Meta Baumberger, ausgiebig gefeiert. Bürgermeister Fritz Fellbacher kam und gratulierte dem Paar. Er bedauerte, dass er die beiden nicht auf dem Rathaus in den Bund der Ehe hatte schicken können. Aber es war ein Trost für ihn, dass sich Johanna und Rupold in Waldkogel wiedergefunden hatten.
Mitten in der Hochzeitsfeier nahm der Bürgermeister Toni zur Seite.
»Toni, ich möchte mich mal dir treffen. Aber im Rathaus ist des net möglich.«
Toni runzelte die Stirn und sah den Bürgermeister überrascht an.
»Wenn du es sagst, Fellbacher, dann wird es so sein. Also, wo wollen wir uns treffen?«
»Wir treffen uns beim Pfarrer Zandler! Mit ihm habe ich die Angelegenheit schon beredet. Ihm kann ich vertrauen. Im Pfarrhaus gibt es net so viele Lauscher, jedenfalls gibt es dort keine Intriganten. Hast irgendwann mal Zeit, Toni?«
»Sicher, Fellbacher! Wann immer du willst?«
Sie vereinbarten, sich an einem der nächsten Vormittage im Pfarrhaus zu treffen.
»Um was geht es, Fellbacher?« raunte Toni ihm leise zu.
»Pst, net hier! Da ist eine Sauerei im Busch. Ich sage nur einen Namen: Ruppert Schwarzer!«
»Da kannst auf mich zählen, Fellbacher!«
Die Männer nickten sich zu.
Als sich die Sonne senkte, stiegen Johanna und Rupold ins Auto und brachen zu ihrer zweiten Hochzeitsreise auf. Das heißt, eigentlich setzten sie ihre Reise nur fort, denn sie hatten sie schon in Waldkogel am Bergsee begonnen. Sie fuhren nach Venedig.
Rupold wurde mit seiner neuen Arbeitsstelle sehr glücklich. Er machte keine Überstunden mehr und kam pünktlich heim. Johanna bestärkte ihn, seinen Traum zu verwirklichen und so meldete er sich für einen Fernstudium im Fach Kunst an.
Johanna verkaufte ihr Fitnessstudio an ihre Freundin Carin.
Rupold und Johanna fanden nach langem Suchen außerhalb von München einen alten Bauernhof. Dieses alte Gehöft war genauso, wie sie es sich einmal erträumt hatten. Johanna schaffte sofort einen Hund an, dann eine Katze und ein Kaninchen. Rupold schenkte Johanna ein Pferd. Oft stand Johanna am Gatter der Weide hinter dem Haus und freute sich an dem Haflinger.
Reiten konnte sie das schöne braune Pferd mit der hellen Mähne und dem langen hellen Schweif nicht, denn sie war schwanger und erwartete Zwillinge.
Es war ein Junge und ein Mädchen, das wussten die glücklichen Eltern schon.
Die Namen zu finden war nicht schwer gewesen.
Den Jungen wollten sie Robert nennen und sie würden ihn Bobby rufen. Das Mädchen sollte Jeanette heißen, gerufen würde sie Jane.
Einmal im Jahr machten sie einen Urlaub in Waldkogel.
Dann besuchten sie Toni, Anna, die Kinder und den alten Alois auf der Berghütte.
Anna stand auf der Terrasse in der Nähe eines sehr schön gedeckten Tisches. Sie schaute auf die Uhr. Toni trat neben sie und legte den Arm um ihre Schultern.
»Wartest schon ungeduldig, wie?«
»Ja, ich bekomme selten Besuch aus meiner alten Heimat.«
Anna lehnte den Kopf an Tonis Schultern.
»Höre ich da ein bissel Heimweh heraus?«, flüsterte er leise.
Toni drückte Anna einen Kuss auf das blonde Haar. Anna hob den Kopf und lächelte ihn an.
»›Heimweh‹, das ist ein starkes Wort, Toni. Nein, Heimweh habe ich nicht. Waldkogel und die Berghütte ist mir zur Heimat geworden. Das weißt du doch. Wenn ich einmal von hier fortmüsste, dann hätte ich Heimweh.«
Toni sah, wie Annas Augen strahlten.
»Weißt du, Toni, irgendwie ist es mir immer noch unbegreiflich, wie es geschehen ist. Es ist einfach ein Wunder. Sue hatte mich damals nach Waldkogel gebracht – praktisch gegen meinen Willen. Und mit mir ist etwas geschehen. Mein Herz schlug ruhiger. In mir war ein Gefühl, als hätte ich etwas gefunden, wonach ich schon immer gesucht hatte. Dabei war mir vorher nicht bewusst, dass ich