Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.
klang deutlich Tadel mit und Verwunderung über Rosels Bemerkung.
Anna sah, wie Rosemarie das Blut in die Wangen schoss.
»Die Rosel ist nicht aus den Bergen, Franzi. Sie kommt aus der Stadt. Sie kann das nicht wissen. In der Stadt gibt es nur Hunde und Katzen.«
»Wo ist Bello, Anna? Er hat mich nicht begrüßt.«
»Bello liegt bei Alois im Zimmer. Alois hatte Kreuzschmerzen und hat sich eine Weile hingelegt.«
»Oh! Bello merkt immer, wenn Alois Schmerzen hat. Der Bello ist ein sehr kluger Hund. Er spürt, wenn es Menschen nicht gut geht, dann bleibt er in der Nähe«, erklärte Franzi Rosemarie. »Bello ist ein Neufundländerrüde. Wie gefällt er dir, Rosel?«
»Ich habe ihn noch nicht gesehen«, sagte Rosel.
»Wir haben hier nicht nur einen Hund, wir haben auch eine Katze. Es ist ein Kater, mein Kater, und er heißt Max. Den ganzen Tag streunt er herum. Er kommt erst gegen Abend zurück.«
»Du magst Tiere, Franziska?«
»Oh ja, vielleicht werde ich später einmal Tierärztin, wie die Beate.«
»Das ist unsere Tierärztin hier in Waldkogel, Doktor Beate Brand«, warf Anna ein.
»Magst du Tiere, Rosel?«
»Ja, Franzi, ich mag Tiere sehr. Sie sind treu, anhänglich und ehrlich in ihren Gefühlen. Tiere sind ohne Falsch und Egoismus.«
Anna hörte aufmerksam zu und machte sich auf Rosels Aussage ihren Reim. Da stand mehr dahinter, als nur die bekannte Meinung über Tiere.
»Pferde mag ich am liebsten! Ich gehe oft in den Reitstall. Es ist schade, aber auf der Berghütte können wir keine Pferde haben, nicht einmal einen Esel. Es geht nicht, wegen dem Futter und dem Mist. Alles müsste heraufgetragen werden und wieder hinunter. Aber wenn ich später einmal wieder auf dem Bichler-Hof lebe, dann habe ich mein eigenes Pferd im Stall«, plauderte Franzi munter drauf los.
Anna zuckte zusammen. Es war das erste Mal, dass Franziska von späteren Plänen auf dem Hof ihrer verunglückten Eltern sprach. Der Hof war vermietet und die dazu gehörenden Felder und Almwiesen verpachtet.
Rosel bemerkte Annas Reaktion. Sie wandte sich an Franzi: »Franzi, ich bleibe eine Weile bei euch auf der Berghütte. Es ist draußen so schönes Wetter, willst du nicht etwas spielen gehen? Wir finden bestimmt noch Zeit zum Plaudern.«
»Ja, lauf, Franzi! Und hole Sebastian aus seinem Zimmer. Er soll sich wenigstens in die Sonne setzen und sich nicht im Zimmer verstecken, wenn er lesen tut!«
Franzi rannte davon. Die beiden Frauen schauten sich an.
»Hoffentlich hat Franzi nicht bemerkt, wie ich zusammengezuckt bin«, sagte Anna leise. »Es war das erste Mal, dass Franziska davon gesprochen hat, irgendwann wieder auf dem Bichler-Hof zu leben.«
Anna erzählte Rosel kurz, dass Franzi und Basti auf dem Bichler-Hof aufgewachsen waren und sie nach dem Unfalltod ihrer Eltern nicht dort hingehen wollten.
»Es war eben zu schmerzlich für die Kinder, Anna. Sie haben viel verloren und mieden eben alles, was sie schmerzte und Erinnerungen heraufbeschwören könnte.«
»Klingt, als würdest du aus Erfahrung sprechen, Rosel?«
Rosemarie blieb Anna die Antwort schuldig. Sie schaute ihr nur in die Augen. Anna sah darin Trauer und Schmerz. Das Gespräch brach ab. Sie waren auch fertig mit dem Geschirr.
»Trinken wir eine Tasse Kaffee zusammen?«, fragte Anna.
»Gern, danke!«
Sie setzten sich an den Küchentisch. Anna schenkte zwei Becher voll. Sie tranken. Franziska kam wieder herein. Sie sah Rosemarie ganz lange an.
»Was ist Franzi?«, fragte Rosemarie.
»Hast du auch Trauer, weil du so ein dunkles Dirndl anhast mit einer schwarzen Schürze. Die alten Frauen in Waldkogel, die Trauer haben, haben nur solche schwarzen Dirndl an. Sind deine Eltern auch gestorben?«
Rosel errötete.
»Nein, ich habe keine Trauer, Franzi. Meine Eltern leben noch! Ich trage ein dunkles Dirndl, weil ich immer in Pfarrhäusern arbeite. Dort muss man gediegen angezogen sein.«
Franzi schüttelte heftig den Kopf.
»Naa, des ist net so. Die Helene Träutlein hat nur am Sonntag ein dunkles Dirndl an, aber auch nicht immer. Sie hat auch bunte Dirndl, blaue, rote und grüne.«
Rosel war verlegen.
»Ich reise viel herum von Pfarrhaus zu Pfarrhaus und kann nicht viel Gepäck mitnehmen. Ich weiß auch nicht, ob man dort bunte Dirndl tragen darf.«
Franziska betrachtete Rosemarie ganz genau.
»Ein buntes Dirndl würde dir gut stehen. Dann würdest du nicht mehr so traurig aussehen.«
»Aber, Franzi«, sagte Anna laut. »Die Rosel schaut doch nicht traurig aus.«
»Doch das tut sie, Anna!«, widersprach Franziska und lief davon.
Rosemarie rührte ihren Kaffee um. Ohne Aufzuschauen sagte sie.
»Kinder sind von einer entwaffnenden Ehrlichkeit!«
»Ja, das sind sie. Ich hoffe, Franzi hat dich nicht zu sehr in Verlegenheit gebracht. Sie meint es nicht böse. Franziska trägt ihr Herz auf der Zunge. Es kann vorkommen, dass sie dann etwas vorlaut ist. Nach dem Unfalltod ihrer Eltern waren wir froh, wenn sie aus sich herausging. Sie war anfangs sehr verschlossen und wir wussten nicht, was in ihr vorging.«
»Das ist verständlich! Es muss schrecklich für die beiden gewesen sein. Aber jetzt machen sie einen glücklichen Eindruck.«
»Toni und ich hoffen, dass sie glücklich sind und sich wohlfühlen auf der Berghütte, auch wenn man hier keine Pferde halten kann.«
»Du darfst Franzis Bemerkung nicht all zu ernst nehmen, Anna.«
»Ja, ich weiß.«
»Was kann ich dir noch helfen, Anna? Hast du etwas zu bügeln?«
»Kann sein, dass die Wäsche auf der Leine beim Holzplatz trocken ist. Der Holzplatz ist hinter der Berghütte.«
Rosel trank ihren Kaffee aus.
»Ich werde nachsehen!«
Rosemarie ging hinaus.
*
Gaudenz Moosbauer konnte sich an diesem Nachmittag nicht recht konzentrieren. Er saß in seinem Büro am Computer. Er erwischte sich dabei, wie er tatenlos auf den Bildschirm starrte und dabei an Rosemarie Rankl dachte. Immer wieder sah er vor seinem geistigen Auge ihre zarten Gesichtszüge. Ihre großen blaugrünen Augen hatten es ihm angetan.
Gaudenz stand auf. Er war nicht nur ein guter Technischer Zeichner, er konnte auch sehr gut malen. Er holte seinen Skizzenblock aus der untersten Schreibtischschulblade und versuchte, in wenigen Strichen Rosemarie zu zeichnen. Es gelang ihm aber nicht. Frustriert stand er auf und ging zu seiner Mutter in die Küche. Die Bäuerin putzte Salat aus dem Gemüsegarten. Sie kochte noch jeden Tag und machte viel in dem großen Haus, auch wenn sie schon im Altenteil wohnte.
»Du bist schon da? Bist mit deiner Arbeit schon fertig?«
Gaudenz schüttelte den Kopf.
»Ich habe aufgehört! Es bringt nichts, wenn ich weitermache. Vom Termin her werde ich bis Donnerstag fertig werden. Die Zimmer unserer Feriengäste habe ich auch fertig gemacht. Die Betten sind frisch bezogen, die Handtücher verteilt, und ich habe geputzt. Die neuen Gäste werden erst nächste Woche kommen, aber ich wollte alles fertig haben.«
Gaudenz holte sich ein Bier und setzte ich an den Küchentisch.
»Bub, was gibt es? Ich kann es dir ansehen, dass dich etwas beschäftigt?«
»Ich habe den Toni Baumberger getroffen.