Im Sonnenwinkel Staffel 3 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
doch erst kürzlich geschieden worden. Alois ist eine gutmütige Haut. Er lässt sich leicht ausnützen. Er hat immer Pech mit den Frauen gehabt, und da hat Jenny auch gemeint, dass das nicht guttut. Thomas konnte ja schon gar nicht mehr ohne Ulrike sein. Seine kleine Schwester mochte er nicht. Das ist doch kein Zustand. Meine Frau war völlig verzweifelt. Dauernd hatte der Junge ein anderes Wehwehchen. Immerzu hat er sie beschäftigt. Sie war nur noch ein Nervenbündel. Und dann hat Thomas auch noch gesagt, dass Alois Ulrikes Mutter heiraten soll und dass er dann zu ihnen gehen würde. Glauben Sie, dass einem so was nicht unter die Haut geht?«
Frau Frenzel erschien in der Tür, das Baby im Arm.
»Sag doch, dass die Eigner Thomas aufgehetzt hat!«, stieß sie hervor. »Natürlich wäre der Alois eine gute Partie für sie, dann hätte sie ausgesorgt. Und da sie Thomas auch noch auf ihre Seite gebracht hat, war die Sache schon so gut wie gelaufen, weil Alois mit Thomas immer rein narrisch war. Der Junge ist uns völlig entfremdet worden. Er ist doch unser Sohn.«
»Und Sie wollen ihn sicher nicht verlieren«, äußerte Nicolas gedankenvoll.
»Ist er denn so krank?«, schluchzte Frau Frenzel auf.
»Nein, er ist nur völlig aus dem Gleichgewicht gebracht. Aber das wird zu beheben sein, wenn gewisse Probleme aus der Welt geschafft werden. Können wir uns darüber jetzt einmal ganz vernünftig unterhalten?«
*
»Nun, was hast du erreicht?«, empfing Sabine Nicolas.
»Völlige Handlungsfreiheit«, erwiderte er lächelnd. »Zuerst ging es ja ein bisschen zäh, aber als dann auch noch der Herr Alois Frenzel hinzugezogen wurde, klärte sich die Lage.«
»Dann weißt du ja schon alles. Wirst du deine Patienten nun wieder los?«
»Vorerst bleiben sie noch hier. Ich denke, dass sich in ein paar Tagen alles in Wohlgefallen auflösen wird.«
»Ich habe Ulrike gesagt, dass ihr der Bauch aufgeschnitten werden muss, wenn wir nicht herausfinden, woher ihre Schmerzen kommen«, gestand Sabine.
»Das ist aber eine rigorose Methode, Sabine«, meinte er lächelnd.
»Anscheinend aber eine heilsame. Jetzt hat sie nur noch Kopfschmerzen. Und zu ihrer Mutti war sie auch recht lieb.«
»Das wird noch besser werden, wenn der gute Onkel Alois ihre Mutti heiratet«, äußerte Nicolas schmunzelnd.
»Will er das?«
»Und ob.«
»So weit scheint Frau Eigner gar nicht gedacht zu haben.«
»Frauen denken oft nicht an das Nächstliegende«, bemerkte er anzüglich.
»Geht das auf mich?«, fragte sie.
»Zweifelst du nicht auch immer noch daran, dass ich nur deinetwegen hierbleiben wollte, Sabine?«
Er zog sie leicht an sich und küsste sie auf die Stirn.
»Wir werden bald heiraten, wenn du einverstanden bist«, flüsterte er.
»Bald!« Ein heißes Glücksgefühl durchflutete sie. Doch dann dachte sie an Lisa, und plötzlich tönten Stimmen an ihr Ohr. »Sie kommen!«, sagte sie atemlos.
*
Jill drückte sich ganz eng an Lisa, während Michael und Sabine sich umarmten. Ängstlich war ihr Blick auf Sabine gerichtet, und er wurde noch ängstlicher, als Nicolas nun Lisa begrüßte.
»Das ist meine Schwester, Jill«, erklärte Michael.
»Deine Schwester«, wiederholte sie mit einem erleichterten Seufzer. »Und der Herr?«
»Das ist mein Freund Nicolas. Dr. Allard.«
»Er sieht aber nicht aus wie ein Nicolas«, sagte Jill und schenkte ihm ein Lächeln.
Aufregend wurde es für sie, als die Thewalds kamen und in ihrem Gefolge die drei Naumann-Kinder, Schorsch, Marilli und Frieder, denn niemand hatte ihr vorher erzählt, dass Lisa Eltern hatte.
Eine unerklärliche Spannung lag über diesem Wiedersehen. Auf der einen Seite standen die Thewalds mit den drei Kindern, auf der anderen Lisa und Jill und dicht neben ihnen Michael.
»Es wird einiges zu besprechen sein«, bemerkte Michael heiser.
»Wir haben uns darauf geeinigt, dass Lisa und Jill bei Sabine wohnen werden«, sagte Nicolas ruhig.
Lisa ging auf Lotte Thewald zu und umarmte sie. Diese Geste drückte Bitte um Verstehen und Dank zugleich aus, und das Mienenspiel von Lotte Thewald verriet Verzicht. Sie spürte wohl am meisten von allen, dass für Lisa ein eigenes Leben begonnen hatte.
*
Thomas und Ulrike hatten die Begrüßung vom Fenster aus beobachtet.
»Einer von den Männern ist bestimmt der Doktor, der mir den Bauch aufschneiden soll«, flüsterte Ulrike.
»Das darf er nicht«, flüsterte Thomas zurück. »Dann müssen wir eben sagen, dass du gar keine Bauchschmerzen hast.«
»Und was soll ich dann für Schmerzen haben, Thomas? Ich habe manchmal solchen Hunger, und das Essen schmeckt doch so gut. Ich mag nicht immer Kamillentee und Haferbrei. Und wenn sie mir dann doch den Bauch aufschneiden und finden, dass mir gar nichts fehlt? Der Doktor ist schlau.«
»Das ist doch ein anderer Doktor, der jetzt kommt. Der ist vielleicht nicht so schlau«, meinte Thomas. »Und ich lasse meinen Bauch dann auch aufschneiden.«
Von so viel Opferbereitschaft gerührt, kamen Ulrike die Tränen. »Wenn wir doch wenigstens einem sagen könnten, dass wir uns lieb haben«, schluchzte sie.
»Onkel Alois weiß es doch. Er braucht bloß deine Mutti zu heiraten, und dann komme ich zu euch.«
»Und dann ist deine Mutti noch mehr böse«, sagte Ulrike kleinlaut.
»Ach, sie hat doch das Baby«, entgegnete er wegwerfend.
*
Leider hatte Nicolas dieses Gespräch nicht mitgehört, denn er war mit Lisa und Jill beschäftigt. Er konnte es erst am nächsten Morgen vom Band abhören.
Es war ein Sonntagmorgen wie aus dem Bilderbuch. Blau wölbte sich der Himmel über dem Sternsee, und unter den Sonnenstrahlen glitzerte der Tau auf den Wiesen wie ein Meer von Perlen.
Jill erwachte in dem breiten Bett in dem wunderschönen großen Zimmer und kam sich wie eine Prinzessin vor. Sie begriff nicht gleich, dass es Wirklichkeit war. Sie meinte noch immer zu träumen und öffnete ganz langsam die Augen. Nur durch ein schmales Regal, auf dem Bücher standen, von sich getrennt, sah sie das andere Bett, in dem Lisa schlief.
Ihr kam die Erinnerung an ein anderes Zimmer, in dem die Betten auch so gestanden hatten. Es war kleiner gewesen, aber auch sehr schön. Es hatte auch ein breites Fenster gehabt, von dem man auf den See blicken konnte, den See mit den Seerosen, und vor dem Fenster hatten bunte Blumen geblüht.
Ganz leise stieg sie aus dem Bett. Der Teppich unter ihren Füßen war weich und seidig, und als sie sich aufstellte, versanken ihre Füße ganz tief darin.
Das ganze Zimmer war mit diesem Teppich bedeckt, und kein Schritt, den sie tat, war zu hören. Dennoch ging sie auf Zehenspitzen zu dem Fenster, das von schweren grünen Vorhängen verhüllt war. Aber ein paar Sonnenstrahlen fanden doch schon den Weg ins Zimmer.
Mit ihrer kleinen Hand schob sie den Vorhang zur Seite. Vor dem Fenster blühten keine Blumen. Riesengroße Bäume ragten vor ihm in den Himmel. Doch zwischen den entlaubten Zweigen konnte sie auf eine glitzernde Wasserfläche blicken. Das Wasser nahm kein Ende. Es schien mit dem Himmel zusammenzufließen. Und Seerosen sah sie auch nicht.
Dennoch formte sich vor Jills Augen ein anderes Bild, und sie wusste plötzlich, dass etwas nicht stimmte, was sie bisher gedacht hatte. Es war ein Seerosenteich gewesen, ein See. Ein Teich, um den man herumgehen konnte, und er war ganz dicht bei einem Haus. In dem Haus war