Leni Behrendt Staffel 3 – Liebesroman. Leni BehrendtЧитать онлайн книгу.
Mädchen sonst so gar nicht lag.
»Kind, du redest mir zuviel«, unterbrach sie endlich den Wortschwall. »Meines Erachtens war das, was du so wortreich schildertest, nichts weiter als ein Herumgehetze. Glücklich kannst du dich doch unmöglich dabei gefühlt haben.«
»Gewiß war ich glücklich. Wie kommst du überhaupt darauf, daß ich nicht glücklich war. Bei so einem Leben muß man doch glücklich sein. Ich habe – ich bin …«
»Ein dummes Ding, das sich selbst blauen Dunst vormacht. Aber bei mir gelingt dir das nicht, dafür kenne ich dich zu gut.
Gun, hör mich an, ein Mann leidet wahnsinnig unter der Kränkung, die er dir mit in Erregung hervorgestoßenen Worten antat. Wenn du ihm nicht verzeihst, geht er daran kaputt.«
»Meinen Segen hat er.«
»Gudrun, schäm dich mal! Es ist doch nur der Trotz, der aus dir spricht.«
»Trotz – meinst du? Ich würde es eher verletzten Stolz nennen.«
»Na ja, gewiß. Aber schau mal, Gun, der Mann leidet ja nicht allein, sondern seine Lieben mit ihm. Es gibt jetzt keine traute Harmonie mehr auf dem Hörgishof, trotzdem …«
Sie erzählte nun dem aufhorchenden Mädchen alles bis ins kleinste und je länger sie sprach, um so größere Bestürzung malte sich auf dem Mädchengesicht wider. Und als gar noch die Augen in Tränen schwammen, da wußte Karola, daß ihre Worte in ein mitfühlendes Herz gefallen waren.
»So haben die Menschen nun alles, was sie ersehnten«, führte die junge Frau weiter aus. »Der Hörgishof ist ein Mustergut, das Herrenhaus das vornehmste, was man sich denken kann. Und doch kann man nicht glücklich sein, solange du fehlst, Gun. Also laß alle kleinlichen Bedenken und gib dem Mann Gelegenheit, dich um Verzeihung zu bitten.«
»Nein, Karola, das kann ich nicht, ich kann es wirklich nicht.«
»Doch, Gudrun, du kannst es, wenn du nur einige Herzschläge lang deinen Stolz zurückstellst. Um so größer wird dann die Belohnung für deine Überwindung sein.«
»Aber ich kann doch nicht – es geht doch nicht. Wohin soll das wohl führen?«
»Zu deinem Glück, Gun. Denn du kannst ja nur mit dem Mann glücklich sein, den du mit jeder Faser deines Herzens liebst. Soweit kenne ich dich doch. Und er? Wenn ein Mann seiner Art liebt, da vergibt er sich ganz. Er wird dich in seine Liebe einhüllen wie in einen weichen Mantel, und die Seinen werden mit ihm glücklich sein.«
»Ja, aber ich kann doch nicht zu ihm gehen.«
»Sollst du auch nicht«, unterbrach Karola sie rasch. »Du hast weiter nichts zu tun, als mit nach ›Zuckerchen‹ zu kommen, alles andere überlaß mir. Gilt’s?«
»Ja«, senkte sich das gleißende Köpfchen. »Anders gäbe mein Gewissen ja doch keine Ruhe.«
»Na, also!« lachte Karola fröhlich. »Anders wärst du auch nicht unsere warmherzige Gun. Was man tun will, soll man gleich tun. Daher komm gleich mit mir. Umzuziehen brauchst du dich erst nicht, siehst sowieso aus wie ein bezauberndes Bild.«
So kam es denn, daß eine sehr zufriedene Karola mit einer hangenden und bangenden Gudrun zu Hause anlangte, diese sozusagen in ein Zimmer sperrte und dann telefonisch den Baron von Hörgisholm zu sich rief. Schon zehn Minuten später war er da.
»Ich bin zur Stelle, Karlchen. Was soll ich denn, etwa euern ersten Ehestreit schlichten?«
»Dafür suche ich mir auch gerade dich aus, du Spötter. Es ist ganz etwas anderes, was du in Ordnung bringen sollst. Geh mal da schon rein, ich komme nach.«
Kurzerhand schob sie ihn über die Schwelle, schloß mit spitzbübischem Lächeln hinter sich die Tür, und der Mann stand da wie erstarrt. Denn was ihm aus bangen Augen entgegensah …
»Gun«, stammelte der Mann überwältigt. »Gun …«
In seinem Gesicht zuckte es, die Augen wurden naß. Und das war der weichherzigen Gun denn doch zuviel. Alles war vergessen, nur die Liebe war da. Und als Arvid wie unter einem Zwang ganz langsam die Arme hob, da schmiegte sie sich besiegt hinein. Vier Lippen fanden sich immer wieder, zwei strahlende Augenpaare tauchten ineinander.
Was sollten da noch Worte? Die gab’s ja doch nicht, um beschreiben zu können, wie heiß die Herzen füreinander schlugen.
»Schönstes du«, murmelte der Mann, sein Gesicht in die gleißende Lockenpracht drückend. »Endlich habe ich dich. Wie habe ich auf dich gewartet – gewartet. Hast du denn mein heißes Sehnen gar nicht gespürt?«
»Ja, Arvid«, bekannte sie leise. »Aber du hast mir doch so weh getan.«
»Und mir wohl am meisten«, würgte er hervor. »Kannst du mir überhaupt meine Eselei verzeihen?«
»Wäre ich sonst hier?«
»Nein, du nicht, mein stolzes Mädchen. Ich verdiene es ja gar nicht, was ich hier halte. All die Schönheit, das goldige Lachen und das weiche Herzchen. Ach, Gun, wie liebe ich dich doch so sehr!«
Er preßte die Augen auf ihre Hand, die von Tränen naß wurde. Dann richtete er sich auf und lachte verlegen.
»Verzeih, aber das kann auch den stärksten Mann umschmeißen. Vor einer Stunde noch das Herz voll Sehnsucht gefüllt bis zum Rande – und nun diese Glückseligkeit. Es ist fast zuviel des Glücks.«
»Nun fang hier bitte nicht an zu unken«, schlug sie absichtlich einen burschikosen Ton an. »Wir werden das Glück schon halten, nun wir es so fest beim Schopf gepackt haben.«
Es gab nun noch manches zu sagen, manches zu erklären, darüber vergaßen sie Zeit und Stunde. Bis eine Stimme sie darauf aufmerksam machte, daß es auch noch andere Menschen auf der Welt gab. Zum Beispiel Karola, die ihr lachendes Gesicht durch den Türspalt steckte.
»Nun kehrt mal gefälligst aus eurem siebenten Himmel auf die Erde zurück. Hurtig, wir werden auf dem Hörgishof erwartet, wo mein Telefonanruf alle in helle Aufregung versetzte.«
»Karlchen, wie soll ich dir danken«, streckte der Mann ihr beide Hände entgegen. »Denn daß Gun es mir so einfach machte, ist doch wahrscheinlich dein Werk.«
»Na, so ein bißchen schon«, gab sie zu. »Aber wenn sie dich nicht so lieb hätte, würde all mein Reden nichts genützt haben. Nun laßt euch von Herzen alles Glück der Erde wünschen.«
Dergleichen taten auch Hanna, Detlef und Enno, der vor Aufregung zappelte. Wenig später langte man auf dem Hörgishof an, wo dem Brautpaar bald die Rippen schmerzten von all den Umarmungen, die in der freudigen Erregung nicht gerade sanft ausfielen.
Denn sie waren alle da, selbst Stella, die sich zu Hause eingefunden hatte, weil die Sehnsucht sie trieb, wie sie pathetisch erklärte. Zwar glaubte man ihr das nicht, aber es war ja auch nicht so wichtig.
Wichtig war das Brautpaar, dem das Glück nur so aus den Augen strahlte. Erdmuthe konnte sich kaum sattsehen an ihrem holden Schwiegertöchterlein, dem das traute Mutti so selbstverständlich von den Lippen kam. Ermenia weinte ein bißchen, und Rupert ließ sein Monokel nur so blitzen.
Onkel Theodor, der nach wie vor ahnungslos war, was er mit seinen Worten damals angerichtet hatte, meinte schmunzelnd:
»Viel früher hättest du auch nicht zu erscheinen brauchen, Prinzeßchen. Dann wäre deine Residenz noch nicht ganz so gewesen, wie dein Prinz sie für dich wünschte. Doch jetzt ist es geschafft, sieh dich in deinem Reich um.«
Die nächste Stunde sollte Gudrun aus dem Staunen nicht herauskommen. Was gab es aber auch alles zu bewundern.
Als sie das Rokokozimmer betrat, war sie zuerst einmal sprachlos vor Entzücken. Unsicher sah sie zu dem Mann auf, der ihr ins Ohr raunte:
»Für meine Schäferin, eigens von ihrem Schäfer für ein Schäferstündchen geschaffen. Auch der Kasten da ist Eigentum der jüngsten und schönsten Herrin derer von Hörgisholm.«
»Ach, Arvid,