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Leni Behrendt Staffel 3 – Liebesroman. Leni BehrendtЧитать онлайн книгу.

Leni Behrendt Staffel 3 – Liebesroman - Leni Behrendt


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wobei ich gewiß nicht zart mit ihm verfahren bin. Ich hab’ ihm wahrlich nichts geschenkt, er hat heran müssen wie Blücher. Aber es hat sich gelohnt, und ich bin stolz darauf, Dir einen echten Swindbrecht schicken zu können – stolz, unbestechlich, pflichtbewußt und von hohen Ehrbegriffen,. Also wirst Du fortan an ihm nur Freude haben.

      Am liebsten möchte ich den Bengel ja am Rockschoß fassen und mit ihm ziehen; denn je älter man wird, um so unerträglicher zwickt das Heimweh. Aber jetzt kann ich hier noch nicht fort. Habe noch Verschiedenes zu regeln, um die beiden Jungens getrost sich selbst überlassen zu können. Aber im nächsten Jahr – oder gar noch in diesem, dann komme ich nach Brechten, meine liebe Hermine. Und ich glaube nicht, daß Du mich dann so leicht wieder los wirst!

      Wie gesagt, von dem Brief hatte Trutz keine Ahnung, als er jetzt so langsam durch die erwachende Natur schritt. Denn der Frühling nahte, man spürte ihn in Wald, Feld und Flur. Rechts und links des schmalen Pfades, den der Wanderer dahinging, stand das Wintergetreide herrlich und frisch und dicht wie eine Bürste. Die Birken am Bach, der in kühnen Kurven die Landschaft durchschnitt, waren überhaucht von einem zartgrünen Schleier. Schneeglöckchen, Buschwindröschen und Butterblumen blühten treulich vereint an den Ufern des geschwätzigen Bächleins, das so munter und unermüdlich über die blankgewaschenen Steine hüpfte.

      Eine Lerche stieg trillernd zum azurblauen Himmel empor. Und da stand auch stolz ein Storchenpaar, das wohl noch nicht lange aus dem Süden zurückgekehrt war, klapperte jenseits des Baches, als wolle es dem Wanderer einen fröhlichen Willkomm bieten, denn auch er kehrte ja zurück aus der Fremde. Strebte seinem alten Nest zu, wie es auch das lustige Paar da drüben getan hatte.

      Ein Lächeln umspielte den Mund, der hart geworden war, ebenso wie das rassige Antlitz. Die Augen hatten den weichlichen Ausdruck verloren, blitzendblau lagen sie unter den dichten Brauen. Die Gestalt, schon immer hochgewachsen, schien sich noch gestreckt zu haben, war sehnig, sportgestählt und prachtvoll im Wuchs.

      Stetig schritten die Füße weiter, nahmen mühelos die kleine Steigung und blieben dann wie angewurzelt stehen. Dem Mann wurden die Augen feucht bei dem Anblick, der sich ihm nun frei bot. Denn das war Brechten, was sich da so stattlich ausbreitete, an drei Seiten von herrlichem Mischwald wie schützend umschlossen. Weiß schimmerte das Schloß durch die Bäume des Parkes, der sich hinunterzog bis zum See. Den riesigen Hof umstanden die Wirtschaftsgebäude, breit, behaglich, langgestreckt.

      Etwas abseits befanden sich die Insthäuser, sauber und gepflegt. Aus Schornsteinen stieg heller Rauch steil zum Himmel empor. Alles atmete Frieden und Geborgenheit auf diesem gottgesegneten Fleckchen Erde.

      Ein Atemzug hob des Mannes Brust, ganz lang, ganz tief, seine Augen tranken das traute Bild förmlich in sich hinein. Heimat – ja, das war die Heimat! Die alles das umschloß, was seinem Herzen teuer war – auch seine Frau.

      Wie ein Dieb schlich der Heimkehrer durch einen Nebeneingang hinein in einen Flur, nahm mit Elan die Stufen und öffnete leise die breite Glastür, ging dann weiter einen Gang entlang, dessen dicker Läufer die Schritte verschlang, bog rechts ab und stand dann in der großen Halle, deren Höhe durch die Stockwerke ging und oben in einem spitzen Glasdach endete.

      Weiteres Licht spendeten dem riesigen Raum hohe, schmale Buntglasfenster, durch die jetzt die Sonne funkelte und die Farben des Glases wie Diamanten sprühen ließ.

      Es gab viele Türen in dem Gelaß, breit, hoch und reich geschnitzt. Auf eine ging der Mann zu, öffnete sie behutsam und lugte durch den Spalt in das weite Gemach, in dem alles noch so unverändert war, wie er es damals verließ. Selbst an den beiden Weiblichkeiten, die sich nach wie vor an dem mächtigen Doppelschreibtisch gegenübersaßen, schien die Zeit spurlos vorübergegangen zu sein.

      Hauptsächlich Baronin Hermine spottete ihrer jetzt fast dreiundsiebzig Jahre. Die hohe schmale Gestalt noch kerzengerade, das hagere Antlitz von gesunder Farbe, die blauen Augen klar und ungetrübt wie eh und je, und Brunhildchen war noch genauso üppig und rosig, das naturgewellte Blondhaar voll und duftig, die blauen Augen hatten immer noch den lachenden Blick.

      Die Blicke der beiden Damen hoben sich nun von der Schreibarbeit, blieben an der Tür haften – ein Stutzen, ein Erkennen und dann der freudige Ruf:

      »Da bist du ja, du verlorener Sohn! Tritt näher. Das Kalb ist zum Empfang geschlachtet.«

      Jetzt hob auch Hermine den Kopf, und die falkenscharfen Augen sahen abwägend dem langsam Näherkommenden entgegen. Ein tiefer Atemzug hob die Brust beim Anblick der rassigen Männererscheinung.

      Nein, was da stand, war das weichliche Salonbürschchen nicht mehr – das war ein Mann.

      »Grüß Gott, mein Sohn, bring Glück herein«, lachte sie ihn gemütlich an. »Ist doch bloß gut, daß du da bist.«

      »Großmama, wundert es dich gar nicht, mich so unerwartet vor dir zu sehen?« fragte er überrascht.

      »Wieso – du erscheinst hier ja gar nicht unerwartet.«

      »Ja – bist du denn inzwischen unter die Hellseher gegangen?«

      »Gottlob nicht, da würde ich wohl vor mir selbst das Gruseln kriegen. Aber ein Brief hat deine Rückkehr angezeigt.«

      »Mein Brief? Meines Wissens war darin von meiner Heimkehr nicht die Rede.«

      »Ich sagte ja nicht dein Brief, sondern – ein Brief. Und diesen hat Arnold mir geschrieben.«

      »Onkel Arnold?« lachte Trutz jetzt sein dunkles, warmes Lachen.

      »Der Brief ist dann direkt eine Rarität, die du dir einrahmen mußt. Was schreibt er denn?«

      »Sei nicht so neugierig, mein Jungchen, du erfährst es ja doch nicht. Wie bist du übrigens von der Bahn hierhergekommen, etwa zu Fuß?«

      »Ja. Es war mir direkt ein Bedürfnis, durch die sprießende Natur zu wandern und meine Lungen so richtig vollzupumpen mit Heimatluft, die ich so lange entbehren mußte. Und nun, Großmama, möchte ich dich zuerst um Verzeihung bitten.«

      »Laß nur«, winkte sie ab. »Daß du so vor mir stehst, du prachtvoller Kerl, dadurch hast du schon meine Verzeihung vorweg. Aha, da nahen sie bereits«, unterbrach sie sich, stand auf und trat durch die geöffnete Glastür auf den Altan, den Enkel zu sich winkend.

      »Sieh dir das da mal an, mein Sohn«, sagte sie froh. »Ist das nicht ein Bild, um das die Götter dich beneiden müßten?«

      O ja, so war das Bild, das sich nun frei seinen Augen bot. Ein entzückendes Ponygespann rollte über den Kiesweg, und in ihm saß ein bezauberndes großes Menschenkind und ein bezauberndes kleines, das jetzt gerade vor überschäumender Lebensfreude die molligen Patschen zusammenschlug und dabei lachte, daß die Perlzähnchen nur so blitzten. Blaue Augen leuchteten aus dem weichen Gesichtchen, der Kopf war von strahlendblonden Löcklein überringelt.

      »Dein Sohn«, erklärte Hermine dem Mann, der wie erstarrt dastand und fassungslos nach unten schaute.

      Dunkle Röte stieg ihm ins Gesicht, ganz langsam, bis zu dem blonden, leichtgewellten Haar hinauf. Rauh klang die Stimme, die nun langsam sprach: »Und warum hat man mir die Existenz meines Sohnes verschwiegen, Großmama?«

      »Weil Ragnilt es so wünschte. Ja, mein Junge, es tut mir leid, aber was ich dir sagen werde, darf unmöglich verschwiegen werden, damit du dich keinen falschen Erwartungen hingibst.

      Kurz und gut: Du hast deiner sensiblen Frau das Herz gebrochen, als du sie nach fünfwöchiger Ehe so erbarmungslos verließest. Sie bekam ein böses Nervenfieber, das sie dicht an den Rand des Grabes brachte – um so mehr, da das blutjunge, zarte Geschöpf noch keimendes Leben in sich trug. Uns allen hat hier das Herz gezittert vor Angst und Not, bis es den beiden Kapazitäten nach unendlicher Mühe gelang, die Patientin nicht nur allein dem Tod abzuringen, sondern auch darüber hinaus noch das werdende Kind zu erhalten. Die Freude auf das Kind war es auch, die Ragnilt am Leben nicht verzweifeln ließ. Und als sie es erst im Arm hielt, nach Stunden qualvoller Pein, da lachte sie so frei und froh, als wäre ihr nie ein Leid geschehen. Aber dich, ja – dich hat sie einfach aus ihrem Leben ausgeschaltet – das alles


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