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Du darfst nicht sterben. Andrea NageleЧитать онлайн книгу.

Du darfst nicht sterben - Andrea Nagele


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Anne in ihrem Krankenbett finden. Alles andere wird sich danach von selbst ergeben.

      Paul atmet durch und startet erneut den Motor. Er verlässt den Parkplatz, wendet und fährt zurück in die Stadt, aus der er vorhin gekommen ist.

      Die Aprilsonne, ein früher Bote des kommenden Sommers, brennt viel zu heiß für die Jahreszeit durch die Windschutzscheibe. Wie sehr er diese Tage verabscheut, die zu sein vorgeben, was sie nicht sind. Nichts als Täuschung. Frühling bleibt Frühling.

      Später, wenn seine Lili wieder bei ihm ist, verfällt Paul ins Träumen, werden sie viel Zeit in kühlen Räumen verbringen. Und sobald sie ein Kind haben, er wünscht sich ein kleines Mädchen, will er ihr vorlesen, Geschichten aus Büchern mit Bildern von Prinzessinnen und Tieren. So oft und so lange, bis sie alles auswendig kann. Sie wird ihn schon in jungen Jahren mit dieser Fähigkeit verzaubern. Er ist sich sicher, dass seine Tochter bereits mit zwei Jahren das Lesen beherrschen wird. Ungern nur schiebt er diese Bilder einer schönen Zukunft beiseite.

      Nicht weit vom Zentrum der Stadt entfernt, stellt er das Auto in einer Nebenstraße ab. Trotz seines veränderten Aussehens muss er vorsichtig sein. Nichts, schon gar kein gestohlener Wagen, darf die Aufmerksamkeit der Polizei auf ihn lenken, aber um gewisse Besorgungen kommt er nicht umhin.

      Mit weit ausholenden Schritten macht er sich auf den Weg in die Innenstadt.

      Es klingelt, als er die Tür des Berufsbekleidungsgeschäfts aufstößt. Eine ältere, leicht gebeugte Frau, die nach Zwiebeln riecht, zeigt ihm unterschiedliche Hosen. Ärztekittel habe sie allerdings keine, erklärt sie, die würden nur im Versandhandel für den medizinischen Bedarf angeboten, aber die Ausstattung der Zuckerbäcker ähnele jener der Ärzte in erstaunlicher Weise.

      Paul verlässt den Laden mit einer großen Einkaufstasche, in der sich eine weiße Hose sowie ein weißer Kittel mit großen Brusttaschen befinden. Der Verkäuferin hat er erzählt, er wolle sich für eine Mottoparty bei Freunden verkleiden.

      »Bei uns hieß das damals Faschingsfete.«

      Eher Walpurgisnacht, hätte er der Alten am liebsten geantwortet, jedoch wohlwollend genickt.

      Im Supermarkt an der Ecke kauft er einen schwarzen Wäschestift, eine Brille aus Fensterglas mit dunkler Fassung, zwei Kugelschreiber, ein Lineal, einen Stadtplan, ein Wertkartenhandy, eine Packung Latex-Handschuhe und weiße Sandalen aus Hartgummi.

      Verschwitzt setzt er sich danach auf einen Plastikstuhl in der angrenzenden Frittenbude. Sein Magen knurrt. Ihm wird bewusst, wie hungrig er ist. Seit gestern hat er nichts mehr gegessen.

      Als die pickelige Bedienung mit Bestellblock und Stift in der Hand gemächlich auf ihn zuschlendert, lässt Paul seiner Ungeduld freien Lauf. »Etwas mehr Beeilung kann nicht schaden«, schimpft er und tippt auf ein Bild in der Speisekarte. »Das hier mit scharfer Tunke und eine Extraportion Senf.«

      Gelangweilt streckt er kurz darauf seine Beine von sich und schaufelt Pommes und Burger in sich hinein, bis auf dem Pappteller nur noch Ketchup- und Senfspuren übrig bleiben. Durstig stürzt er ein Glas Wasser hinunter und ordert eine Tasse Kaffee.

      In einer abseits gelegenen Gasse setzt er sich in ein Internetcafé und recherchiert die Krankenhäuser der Stadt. Er findet ein Unfallkrankenhaus, eine Privatklinik und das öffentliche Spital. Hastig kritzelt er Adressen und Telefonnummern auf ein Post-it. Nach kurzem Überlegen streicht er die Privatklinik von der Liste. Eine Zusatzversicherung hatte Anne nie.

      Es dauert einige Zeit, bis er eine Telefonzelle findet.

      »Allgemeines Krankenhaus, was kann ich für Sie tun?«

      »Ich möchte eine Patientin besuchen, Anne Parker, in welchem Zimmer liegt sie?«

      Die Stimme zögert. »Da kann ich Ihnen leider nicht weiterhelfen. Eine Patientin dieses Namens gibt es bei uns nicht.«

      Ohne Gruß beendet Paul das Gespräch, nur um im nächsten Krankenhaus ebenfalls abgewiesen zu werden. Enttäuscht beißt er sich auf die Lippe. So kommt er nicht weiter, er muss sich etwas einfallen lassen. Automatisch will er an seinen Barthaaren zupfen, seine Finger treffen jedoch auf glatte Haut.

      Verdammt, alles abgeschoren.

      Schon lange kam er sich nicht mehr so nackt und schutzlos vor. Erst als er das dunkle Brillengestell aufsetzt, fühlt er sich etwas besser. Blicklos starrt er ins Leere, bis ihm endlich einfällt, wie er ans Ziel kommen könnte. Ungeduldig tippt er eine Nummer.

      »Notrufzentrale?«

      »Mein Name ist Meier«, beginnt er und räuspert sich, »ich bin Redakteur bei der ›Bild am Abend‹ und schreibe an einem Artikel über die junge Frau, die gestern das Messerattentat überlebt hat.«

      Sofort wird er unterbrochen. »Schön, aber was hat das mit uns zu tun?«

      Er spricht freundlich weiter, obwohl er der blöden Ziege am anderen Ende der Leitung liebend gern den Hals umgedreht hätte. »Ich wüsste gern, in welches Krankenhaus man das Opfer gebracht hat.«

      »Es ist uns verboten, darüber Auskunft zu geben. Da müssen Sie sich schon an die Polizei wenden.«

      Das könnte dir so passen, denkt er erbost.

      So wird das nichts.

      Kurz entschlossen ruft er nochmals im Unfallkrankenhaus an.

      »Ich schreibe eine Masterarbeit über Rettungseinsätze und benötige eine kurze Information«, sagt er mit verstellter Stimme.

      »Worum geht es konkret?«

      »Ich möchte wissen, wohin die Ambulanz lebensgefährlich verletzte Patienten bringt. Gibt es da einen fixen Zuweisungsmodus?«

      »Selbstverständlich gibt es den. Es wird prinzipiell das dem Unfallort nächstgelegene Krankenhaus angefahren.«

      »Danke.« Zufrieden beendet Paul das Gespräch.

      Im Wagen kramt er den Stadtplan hervor, markiert die Krankenhäuser und schätzt die Entfernung zwischen der Wohnung und den Spitälern. Dann misst er punktgenau mit dem Lineal nach.

      Jetzt weiß er, wo sie liegt.

      Wieder macht er sich auf den Weg.

      Mit dem Seesack auf dem Rücken schlendert Paul, einen gemächlichen Schritt vortäuschend, den steril wirkenden Flur entlang. Vor der Tür zu den Besuchertoiletten bleibt er stehen und vergewissert sich sorgfältig, dass er von niemandem beobachtet wird.

      Entschlossen stößt er die Tür auf und betritt den Waschraum. Er ist allein. Neben aneinandergereihten Pissoirs befindet sich die Toilette, eine kleine versperrbare Kabine. Genauso, wie er es erhofft hat. Niemand kann durch den Bodenspalt seine Füße sehen oder über den Rand schauen. Ein schlechter Ort für Klaustrophobiker, aber Platzangst ist jetzt sein geringstes Problem.

      Rasch entledigt er sich der Jeans, seines T-Shirts und der Mokassins, stopft alles in den Seesack und schlüpft in seine weiße Arztverkleidung. Die Augen versteckt er hinter dem dunklen Brillengestell.

      Jetzt gilt es, Annes Zimmer zu finden und auf Lilis Eintreffen zu warten.

      Wieder geht er den Korridor entlang. Wie ein Arzt, der seinen Dienst antritt, oder einer, der am Ende der Nachtschicht heimgeht.

      Vor der Kanzel bleibt er stehen. Mit einem Lächeln klopft er ans Glas. Eine Lernschwester bedient die Gegensprechanlage.

      »Schwester Bernadette«, liest er laut von ihrem Namensschild ab, »ich besuche meine Patientin, Frau Parker.« Seine Stimme klingt selbstbewusst, als er Annes Geburtsdatum herunterrasselt.

      Die Schwester tippt etwas in ihren PC. »Den Gang hinunter, aber den Weg zur Intensiv muss ich Ihnen ja nicht erklären.« Sie lächelt verlegen.

      Mit einem Nicken verabschiedet er sich.

      Schweiß hat sich auf seiner Stirn, über seiner Oberlippe, im Nacken und unter den Achseln gebildet. Unauffällig wischt er den feuchten Film mit dem Handrücken aus seinem Gesicht und wartet, bis sich die Schiebetür öffnet.


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