Ein MORDs-Team - Der komplette Fall Marietta King. Andreas SuchanekЧитать онлайн книгу.
Rechners war schon eine Tragödie, aber irgendwie war das Gefühl, dass jemand hier in ihren Sachen gewühlt hatte, noch viel schlimmer. So eine verdammte Scheiße! Wenn ich den erwische …
»Wenn meine Kollegin durch ist, können wir dann gemeinsam schauen, was alles wegkam? Ich meine das, was du so auf die Schnelle selbst beurteilen kannst. Wenn deine Tante heute Abend wieder da ist, werde ich nochmals wiederkommen und mit ihr sprechen.« Der Deputy lächelte ihm beruhigend zu.
»Ja, klar.«
Der oder die Diebe hatten Tante Barbaras Notgroschen in der leeren Mehldose im Küchenregal nicht entdeckt. Sie bewahrte dort immer rund einhundert Dollar in kleinen Scheinen auf, falls Randy etwas zu essen kaufen musste, wenn sie Schicht hatte, oder sie mal schnell Bargeld brauchte. Auch im Wohnzimmer fehlte auf den ersten Blick nichts. Der Fernseher war ebenso wie die Stereoanlage eine ältere Generation, hier im Haus gab es nicht viele Gegenstände, die wirklich von Wert waren und sich lohnten, gestohlen zu werden. Im Schlafzimmer war die Schatulle mit Tante Barbaras Modeschmuck ausgekippt, aber Randy konnte nicht sagen, ob es dort wertvolle Stücke gegeben hatte. Als er kleiner war, hatte er sich den Schmuck zwar mal angeschaut und damit herumgespielt, aber nicht einzeln gemerkt. Der größte Schaden und – wie er jetzt feststellte – die meisten Werte hier im Haus waren wirklich in seinem Zimmer. Der Flachbildschirm und auch sein Fernseher waren wirklich teuer gewesen – er hatte sich alles von seinem Erbe, von dem er jährlich eine gewisse Summe ausbezahlt bekam, gekauft -, aber wahrscheinlich waren sie dem Einbrecher zu groß zum Wegtragen gewesen. Komischerweise hatte der Dieb auch seine Playstation stehenlassen, auch die war doch einiges wert. Vielleicht war er durch etwas gestört worden?
Oder – und dieser Verdacht gärte seit Anbeginn in Randy – war jemand nur auf seine Daten scharf gewesen? Steckten der Widerling Thompkins oder sogar der Graf hinter der ganzen Angelegenheit? Thompkins hatte ihnen Rache angedroht – aber irgendwie hatte er immer gedacht, der würde sie mal vermöbeln oder so.
Ein Ruf von Officer Anders aus dem Wohnzimmer unterbrach seine Gedanken. Sie hatte mit der Lampe einen recht großen Fußabdruck gefunden. Sie nahm den Abdruck mit einer Art Gelfolie ab und vermaß ihn. Er war 32 Zentimeter lang, also wohl Schuhgröße 11. Randy hatte Herren- 9 ½, seine Tante Damengröße 7.
»Falls er nicht von einem Fremden ist, könnte er nur von Mason sein, der hat auf jeden Fall größere Füße als ich«, sagte Randy grübelnd. »Aber ich glaube nicht, dass er im Wohnzimmer war, nachdem Tante Barbara gewischt hat.«
»Es sind wohl Gummisohlen, aber mit getrenntem Absatz«, sagte Officer Anders.
Randy schüttelte den Kopf. »Dann sind es sicher nicht seine, Mason trägt Basketballstiefel.«
Als Mason kurz darauf eintraf, verglich Officer Anders den Abdruck mit Masons Schuh – das Absatzprofil war unterschiedlich.
»Eine erste Spur«, sagte Deputy Sachsen lächelnd. »Auch wenn es solche Schuhe wahrscheinlich dutzendweise gibt und ein Nachweis nicht so einfach ist.« Er wandte sich an Mason. »Können wir noch zum Vergleich auch deine Fingerabdrücke nehmen?«
Mason runzelte die Stirn. »Na ja, nachdem sie sie ja bei meinem Spind nicht genommen haben …«
Der Deputy warf einen Blick über die Schulter zu seiner Kollegin, dann sagte er ganz leise: »Glaub mir, wir hätten nichts gefunden.«
»Ich bin unschuldig!« Mason klang empört.
»Das weiß ich doch«, sagte Deputy Sachsen beruhigend. »Es ist nicht wegen dir …«
Die Wangenknochen des Deputy mahlten, doch er sagte nichts mehr dazu, sondern wandte sich an seine junge Kollegin. »Würden Sie bitte Mr. Collisters Fingerabdrücke abnehmen, wenn es für ihn in Ordnung geht?«
Mason stimmte zu und bückte sich, um seinen Schuh wieder anzuziehen. Sein Knöchel war von dem Unfall noch leicht geschwollen, aber er humpelte kaum mehr. Dennoch schien ihm das Schuheanziehen noch Schmerzen zu bereiten.
»Alles okay?«, fragte Randy besorgt. Auch auf der Stirn, über der Platzwunde, hatte Mason noch ein großes Pflaster kleben, und auf seiner Wange schillerte ein gelber Fleck.
»Ja, frag nicht, geht schon«, brummte er. »Erzähl du lieber mal, was los ist? Was wurde denn gestohlen?«
»Mein Rechner, ein alter Laptop …, zwei defekte Smartphones – was ich bisher entdecken konnte«, zählte er auf.
Mason starrte ihn mit großen Augen an. »Alle Daten weg?«
Randy schnaubte. »Na ja, meinen neuen Laptop hatte ich ja glücklicherweise dabei und ich habe noch zwei komplette Sicherungen, eine verschlüsselt auf einer Cloud und eine …« Vielsagend hob er die Augenbrauen. Mason würde schon blicken, dass er im alten Tarnowski-Haus noch ein Backup hatte.
Sein Freund nickte verstehend. »Aber … wenn jemand all deine Daten hat …?«
Zögernd hob Randy die Achseln. »Es war nicht so viel. Und ich habe alles mehrfach verschlüsselt«, sagte er langsam. »Trotzdem …«
Da rief der Deputy sie zu sich und setzte sich ins Wohnzimmer. »Wir haben hier an der Balkontür noch ein, zwei schwarze Haare gefunden. Wir müssen überprüfen, ob die von dir stammen, Randy. Allerdings sehen sie länger aus.«
Randy blickte Mason an. »Olivia hat lange schwarze Haare. Das ist die Einzige, die da war, die mir gerade einfällt. Aber die war nicht am Balkon.«
Mason schüttelte den Kopf. »Nee, mehr weiß ich auch nicht, alle anderen sind braun oder blond.«
Deputy Sachsen rieb sich das Kinn. »Ich gehe mal davon aus, dass die Strähne von niemand Langhaarigem stammt, es ist circa zehn Zentimeter lang. Es wird auf jeden Fall zu den Beweismitteln gepackt und gegebenenfalls die DNS mit der in unseren Computern verglichen.«
Dann stand er auf.
»Ich würde mich jetzt gerne noch in der Nachbarschaft umhören, ob jemand etwas gesehen hat. Fällt euch sonst noch irgendwer ein, der etwas wissen oder …«, er zögerte kurz, »speziell an einem Einbruch bei euch interessiert sein könnte?«
Randy und Mason blickten sich vielsagend an. Wahrscheinlich dachte Mason genau so an Thompkins wie er. Doch das mussten sie erst in Ruhe absprechen.
Er schaltete sein Diktiergerät ab und drückte ihnen seine Visitenkarte in die Hand. »Wenn irgendetwas ist – egal was -, dann ruft mich an, okay?«
Randy und Mason nickten fast gleichzeitig.
Randy erwiderte den festen Händedruck. »Ganz herzlichen Dank, Deputy Sachsen, für alles!«
Der Deputy nickte nur, dann fiel die Tür hinter den Polizisten ins Schloss.
»Ich glaube, der Deputy ist ziemlich okay«, sagte Randy. »Der wirkte heute gar nicht so trottelig wie sonst manchmal. Nur sein Kleidergeschmack, na ja.« Er rollte die Augen.
Mason kicherte. »Vielleicht sollte Danielle ihm mal ein paar Modetipps geben. Aber da würde sie sich vermutlich zuerst uns vorknöpfen.«
Randy lachte und vergaß für einen Moment seine Sorgen.
*
Tarnowski-Haus
Ein Dienstag, nach der Schule
Danielle ließ sich in ihren Lieblingssessel fallen. »Was für eine fürchterliche Woche!«, stöhnte sie. »Erst Masons Unfall, dann der Hackerangriff, jetzt der Einbruch … Mannomann!« Ein Ereignis hatte das nächste gejagt.
Mason fasste sich unwillkürlich an seine Kopfverletzung.
»Stimmt, man kommt gar nicht mehr aus den Aufregungen heraus.«
»Gibt's schon was Neues zu dem Fahrer vom Unfallwagen?«, fragte Olivia mit sorgenvoller Miene. Danielle hatte den Eindruck, dass sie sich Vorwürfe machte, nicht darauf geachtet zu haben, wer hinter dem