Ein MORDs-Team - Der komplette Fall Marietta King. Andreas SuchanekЧитать онлайн книгу.
dem Basketballteam ausgeschlossen und gerät vollends in den Drogensumpf. Spätestens morgen kleben dem die Eltern an der Backe, damit er mich endgültig von der Schule kickt.«
Randy winkte ab. »Du übertreibst.«
Dops.
»Du hast halt keine Ahnung.«
»Alter, jetzt mach dich mal locker. Ich steh auf deiner Seite, okay!«
»Davon merke ich aber nichts.«
Dops.
»Aua! Ach, shit!« Er hatte den Ball zu fest geschleudert. Das harte Leder traf ihn am Auge. Reflexartig schlug Mason aus. Der Basketball sauste durch die Luft und knallte gegen das Colaglas in Randys Hand, worauf sich die schwarze Flüssigkeit über dessen T-Shirt ergoss.
»’Ne Cola-Dusche, echt cool. Danke, Mann. Ich denke, ich geh jetzt besser.«
»Ja genau, hau doch auch ab.«
Randy schaute ihn noch einen Moment kopfschüttelnd an, dann raffte er seinen Eastpack zusammen und stapfte hinaus.
Als die Tür hinter ihm zuschlug, vergrub sich Mason in seiner Decke.
Ihr könnt mich alle mal.
*
Ein Samstag
Die Morgensonne fiel durch das Fenster herein und weckte Mason mit ihren warmen Strahlen. Er hielt die Augen geschlossen und genoss den Moment zwischen Schlaf und Aufwachen, kuschelte sich noch einmal in die Decke. Der Geruch von French Toast stieg in seine Nase. Es gehörte zum samstäglichen Ritual, gemeinsam mit seinen Eltern zu frühstücken. Einige Sekunden später hörte er das Rattern des Kaffee-Vollautomaten.
Vermutlich saß Dad am Frühstückstisch und schaute mit grimmigem Blick auf sein iPad, wo die Barrington Cove Gazette geöffnet war. Etwa eine halbe Stunde nach dem Frühstück fuhr er dann ins Büro, natürlich würde er auch am Samstag arbeiten.
Alles für die Firma.
Mason strampelte die Decke zur Seite. Normalerweise liebte er den Samstagmorgen. Heute war das anders. Der Streit mit Randy lag ihm im Magen und der Gedanke, dass er nichts gegen die Anschuldigungen tun konnte, ließ Wut in ihm hochkochen.
Da er praktischerweise in seinen Klamotten eingeschlafen war, verzichtete er darauf, Kapuzenshirt oder Jeans zu wechseln. Stattdessen streifte er nur frische Socken über und tapste ins Bad. Nach einer Katzenwäsche ging es ein Stockwerk tiefer.
»Morgen«, sagte er.
»Guten Morgen, Schatz«, kam es von seiner Mum.
Sie hatte bereits zwei French Toasts auf seinen Teller gepackt und der fertige Latte stand daneben. Weil Samstag war, sogar mit echtem Kaffee, nicht dem koffeinfreien Zeug, das sie ihm sonst immer andrehen wollte.
Er dankte ihr mit einem Lächeln. Obwohl er keinen Appetit hatte, begann er zu essen.
»Morgen«, brummte sein Dad, stieß einen Seufzer aus und legte das iPad beiseite. »Ich habe gestern noch mit dem Anwalt gesprochen. Wir werden die nächsten Tage abwarten müssen. Leider ist der Sheriff nicht gerade kooperativ.«
Mason verzichtete auf eine Bemerkung. Brian war der schlimmste Bully der Schule. Mobbing schien eines seiner liebsten Hobbys zu sein. Sein Vater – der Sheriff von Barrington Cove – war ähnlich gestrickt, aber ein ganz anderes Kaliber. Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, hasste Sheriff Bruker Masons Dad.
Da wird er sich die Trophäe Mason Collister nicht entgehen lassen.
»Wir kriegen das schon hin«, kam es von seiner Mum. »Herrgott, diese Idioten müssen doch kapieren, dass du niemals so dumm wärst …« Ein Seufzen. »Lassen wir das.«
Sie wirkte müde. Genau genommen wirkte seine Mum immer müde. Sie leitete ein Touristik-Büro, und da die Hauptsaison bevorstand, ging sie jeden Tag früh aus dem Haus und kam erst spät zurück. Während sie unter der Woche ein teures Businesskostüm, dezente, aber edle Rubinohrringe und irgendwelche total besonderen Schuhe trug, war es heute ein einfacher Jogginganzug. Ihre schwarzen Locken fielen ungestylt über die Schultern.
»Klar, passt schon. Keine Sorge«, sagte er. Im Lügen hatte er im letzten Jahr eine Menge dazugelernt. »Ich bin dann mal weg.«
»Aber du hast noch nicht aufgegessen.« Seine Mum deutete auf den Teller.
Schnell griff er nach dem verbliebenen French Toast, klappte ihn zusammen und schob ihn in den Mund.
»Du sollst essen, nicht schlingen.«
»Lass ihn doch, Martha.« Sein Dad winkte ab. »Randy wartet bestimmt schon. Sag deinem Freund, ich habe mir den Quellcode für seine neue App angeschaut. Saubere Arbeit. Falls er jemals ein Praktikum bei uns machen will, die Tür steht ihm offen.«
Nun musste Mason doch grinsen. Eher würde Randy eine eigene Firma in der Garage hochziehen, als für den Konzern zu arbeiten. Er mochte Masons Dad, hasste aber dessen Firma.
»Klar, mache ich.«
Fluchtartig verließ er das Haus. Sein Skateboard lehnte noch immer an der Hauswand, wo er es gestern zurückgelassen hatte.
Erst als er darauf stand und die Häuser links und rechts an ihm vorbeizogen, löste sich der Knoten in seiner Brust. Es war ein warmer Sommermorgen, die Vögel zwitscherten ringsum und Blütenduft lag in der Luft. Vom Meer wehte eine sanfte Brise heran.
Was Randy wohl gerade tat?
Vermutlich saß er auf der Terrasse, hämmerte irgendwelche Codes in seinen Laptop und vergaß dabei alles um sich herum. Und wie er dessen Tante kannte, bei der Randy lebte, las sie ihm jeden Wunsch von den Augen ab und versorgte ihn mit Brötchen, Nougatcreme und Marmelade.
Mason rollte vorbei am Bäcker, dem Waschsalon, dem Kiosk von Frau Geißen – der er kurz zuwinkte – und bog schließlich in einen kleinen Waldweg ein. Ab hier musste er zu Fuß weitergehen. Er schob das Gestrüpp beiseite und lief über den geheimen Pfad, den er im letzten Sommer entdeckt hatte, seinem Ziel entgegen. Nicht einmal Randy wusste davon.
In den Tagen nachdem das erste Video seines epileptischen Anfalls auf YouTube aufgetaucht war und er zum Stadtgespräch avancierte, hatte er sich oft hier verkrochen.
Er trat aus dem Dickicht hervor. Vor ihm lag eine kleine versteckte Bucht, eingesäumt von Felswänden, die rechts und links in die Höhe wuchsen. Sie verbargen den winzigen Strand in Richtung Meer vor neugierigen Augen. Bisher schien noch kein anderer den Platz entdeckt zu haben – zumindest war er nie auf jemanden getroffen.
Er schlüpfe aus seinen Sneakers, knüllte die Socken zusammen und zog die Jeans hoch übers Knie. Er genoss das Gefühl des Sandes unter seinen Fußsohlen, das Rauschen der Wellen, den Geruch nach Meer. Weiter vorne führte ein alter, verfallener Steg aufs Wasser hinaus. Die Bohlen waren morsch, hielten ihn aber locker aus.
An der letzten Bohle war ein Ring angeschlagen, in dem jemand ein Tau befestigt hatte. Das zugehörige Boot war allerdings schon lange verschwunden.
Mason überlegte gerade, ob er lieber schwimmen oder einfach die Füße ins Wasser hängen sollte, als ein Geräusch hinter ihm erklang.
Er fuhr herum.
Vor ihm stand ein Mädchen in seinem Alter.
»Was machst du hier?«, fuhr er sie an.
*
Irgendwie schaut er traurig aus.
Sie hatte es gar nicht darauf angelegt, leise zu sein. Doch Mason Collister war so in Gedanken vertieft, dass er sie nicht bemerkte. Er stand am Rand des Steges und schaute aufs Meer.
Schnell schoss sie ein paar Bilder. So natürlich wirkend, bekam sie in nächster Zeit niemanden mehr vor die Linse.
Unter