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man doch eigentlich.«
»Sie werden hier gebraucht, und das ist ihnen wichtiger. Sie sind ganz bestimmt glücklich, auch ohne Hochzeitsreise.«
Und wie glücklich sie waren, diese beiden jungen Menschen, die das Ziel ihrer geheimsten Wünsche
so schnell erreicht hatten, und das doch nur, weil es sich aus widrigen Umständen so ergab.
Eine Traumwohnung machte Rainer seiner Tini zum Geschenk. Mit viel Liebe war sie eingerichtet worden, so daß ihr das Herz überfloß.
Und unten saßen Martin und Käthi Bichler Hand in Hand.
»Es wird mir schon noch vergönnt sein, daß da droben Kinderchen herumtrappeln«, sagte er.
»Oder herumtoben, daß die Wände wackeln«, sagte sie lächelnd.
»Es wird Musik in meinen Ohren sein, oder meinst du, daß wir ihnen doch besser die untere Wohnung gegeben hätten?«
»I bewahre, die wäre ja auch zu klein. Für uns reicht sie, aber lange werden sie uns nicht darauf warten lassen, uns zu Großeltern zu machen.«
»Es ist alles ein bißchen anders gekommen, als wir dachten, aber wir können doch recht zufrieden sein. Ich habe nicht gedacht, daß der Erwin mit der Heirat einverstanden sein würde.«
»Der Mensch denkt und Gott lenkt«, sagte sie, und dabei wünschte sie mit heißem Herzen, daß sie ihren Mann noch lange behalten dürfe.
*
Andrea und Helmut, Sonja und Bernd saßen bei einer Flasche Sekt. Andy schlief zufrieden in seiner Wiege, denn Sonja hatte ihn bestens versorgt. Sie hatte einen träumerischen Ausdruck in ihren Augen.
»Wenn es das Schicksal will, haben wir nächste Weihnachten auch solch einen süßen Spatz in der Wiege liegen«, sagte sie.
Bernd nahm ihre Hand und drückte sie an seine Wange. Niemand sagte etwas.
Andrea und Helmut tauschten einen langen Blick, aus dem man lesen konnte, was sie beide dachten. Auch ihr ist geholfen worden. Sie hat überwunden, was sie quälte.
»Ja, dann wollen wir mal sagen: Gelobt sei die Stunde, die mich zu Dr. Norden führte«, sagte Helmut mit einem Lächeln.
»Er hat uns allen geholfen«, schloß sich Andrea an.
»Zeig mal deine Hand her, Helmut«, sagte Bernd. »Sieht man noch was?«
»Zwei kleine Narben, aber die können ruhig bleiben«, erwiderte Helmut. »Sozusagen als Mahnmal, wenn wir wieder mal in eine blöde Situation geraten.«
»Und wenn man es richtig überlegt, müßten wir Achim sogar dankbar sein«, sagte Andrea.
»Das braucht man nicht laut zu sagen. Er wird am meisten zu knabbern haben«, meinte Helmut.
»Aber es ist doch fast unbegreiflich, was sich daraus alles ergeben hat«, sagte Bernd.
»Für uns am Ende nur Gutes«, meinte Sonja nachdenklich, »und vor allem Zuversicht, die man ja braucht.« Sie stand auf und hob ihr Glas. »Man darf das Schiff nicht an einen einzigen Anker und das Leben nicht an eine einzige Hoffnung binden. Darauf den letzten Schluck, meine Lieben, und dann fahren wir heim. Es war ein schöner Tag.«
Vielleicht war es Sonja, der am meisten geholfen worden war, denn was sie gerade gesagt hatte, zeugte davon, daß sie bereit war, ihr Leben zu meistern, was immer noch zu bewältigen sein würde. Sie war gereift, über sich hinausgewachsen, denn vorerst blieb ihr nur die Hoffnung, daß ihr sehnlichster Wunsch Erfüllung finden würde.
*
Aber auch der sollte sich erfüllen. Sie hatte nicht nur das Glück, am Gedeihen des kleinen Andy teilnehmen zu können, sie konnte die Wochen und Monate des Erwartens mit Tini teilen. Dr. Leitner konnte zwei werdende Mütter betreuen, die sich gegenseitig über Tiefpunkte hinweghalfen, die wohl unausbleiblich waren, bis das kritische Stadium überwunden war. Die Natur hatte ihre eigenen Gesetze. Selbst der beste Arzt konnte da nicht eingreifen.
Aber dann kam der Mai, der ein wahrer Wonnemonat wurde. Mit leichten, schwingenden Kleidern und ebenso schwingenden Schritten kamen und gingen Sonja und Tini in die Leitner-Klinik. Mehr als die Hälfte der Schwangerschaft hatten sie schon hinter sich gebracht, und sie spürten das werdende Leben unter ihrem Herzen.
Achims Genesung hatte beträchtliche Fortschritte gemacht. Er konnte an Krücken gehen, und wenn es auch manchmal schmerzte, verlor er nicht die Geduld.
»Ich will leben wie die anderen auch«, hatte er zu Dr. Norden gesagt.
»Das ist die richtige Einstellung, Achim«, erwiderte Daniel. »Hilf dir selbst, so hilft dir Gott.«
»Blöd war ich, einfach blöd«, sagte der Junge.
»Du bist klüger geworden.«
»Ich werde aufpassen, daß Tinis Kinder nicht solchen Blödsinn machen«, sagte Achim. »Wenn man aus Erfahrung sprechen kann, wirkt es schon.«
»Wie gescheit du geworden bist«, sagte Daniel Norden und strich ihm durch das Haar. »Und wir sind richtige Freunde geworden.«
Achim errötete bis unter die Haarspitzen. »Dankeschön«, sagte er. »Ich habe für Ihre Kinder was gebastelt. Ich muß mich doch auch dafür noch entschuldigen, daß ich…«
»Ist schon in Ordnung, Achim«, unterbrach ihn der Arzt.
»Sepp ist tot. Er kann nichts mehr gutmachen«, sagte der Junge leise.
»Aber dafür geht es seiner Mutter und Karlchen jetzt sehr gut.«
»Sepp hat immer gesagt, daß Mütter überhaupt nichts zu sagen haben, aber das stimmt gar nicht. Mütter meinen es gut. Sie sind nur traurig, wenn die Kinder nicht auf sie hören.«
»So ist es, Achim. Es tut ihnen sehr weh. Denk immer daran.«
»Ich ärgere unsere Mutti nicht mehr, und wenn Tini erst eine Mutti ist, will ich nicht mehr mit Krücken gehen.«
»Du wirst es schaffen, Achim«, sagte Dr. Norden.
Und Achim schaffte es. Güte, Geduld und Verstehen hatten ihm geholfen.
Sonja und Tini brachten ihr Kind am selben Tag zur Welt. Tini meinte, daß es ein Freundschaftsdienst gewesen sei, weil ihr Sohn sich noch ein paar Tage hätte Zeit lassen können. Aber für Sonja war es die schönste Stunde ihres Lebens, als ihr Dr. Leitner eine Tochter in den Arm legen konnte, denn Bernd hatte sich ein Mädchen gewünscht, eigentlich hatten alle gemeint, daß es auch ein Junge werden würde, weil sie schöner war denn je.
Sie lag mit Tini in einem Zimmer. Sie durften ihre Kinder bei sich haben, solange kein Besuch kam. Und so hatten sie verabredet, daß nur nachmittags zwischen drei und fünf Uhr die Angehörigen kommen durften und erst abends die Ehemänner.
Niemand versagte ihnen das Verständnis. Die Männer hatten ohnehin genug zu tun. Auch Martin Bichler half nun wieder mit, ohne noch daran zu denken, daß ihm das Schicksal einen Strich durch die Rechnung machen könnte.
Der kleine Andy machte seine ersten selbständigen Schritte, und Andrea erwies sich als eine keineswegs ängstliche Mutter, wenn er mal auf die Nase purzelte.
»Steh auf, Andy«, sagte sie dann. »Man muß alles lernen. Je früher, desto besser.«
Achim hatte mühsam lernen müssen, wieder allein zu gehen, ohne Hilfe. Aber auch er hatte es geschafft. An dem Tag, als Tini und Rainer geheiratet hatten, fand eine Doppeltaufe statt, und Achim ging zwischen seinen Eltern zum Taufbecken. Tini hielt ihren Sohn Martin-Erwin im Arm, und Sonja ihre Tochter Daniela. Beide Babys waren ganz friedfertig.
»Sie werden bestimmt mal gute Freunde«, sagte Achim.
Während sie noch in Andacht versunken waren, mußte Helmut seinem Sohn nachlaufen, der sich bereits selbständig machte und gar nicht mehr stillsitzen wollte. Die Zeit war vorbei, daß man ihn im Arm halten konnte. Aber sie waren eine fröhliche, glückliche