Mami Staffel 10 – Familienroman. Lisa SimonЧитать онлайн книгу.
ist da drin?« wollte Kai wissen.
»Natürlich etwas zu essen. Ich hoffe, es schmeckt euch.«
»Natürlich schmeckt es uns!« versicherte Martin.
Kathrin lachte. »Aber du hast doch noch gar nicht gekostet.«
»Ich weiß es trotzdem. Alles, was du tust, ist gut.«
Peter Kilian senkte schnell den Kopf und verbarg ein Lächeln.
Kai stieß Kathrin mit dem Ellenbogen an. »Ich glaube, der ist verknallt in dich«, meinte er mit altkluger Miene.
»Donnerwetter!« Kathrin mußte schmunzeln. »Darauf kann ich mir etwas einbilden. Sonst übersehen mich die Männer immer. Aber ich bin wirklich geehrt, Martin.«
Martin bekam knallrote Ohren, aber er blickte Kathrin offen ins Gesicht. »Ich bin zwar noch klein, aber wenn du auf mich wartest, bis ich groß bin…«
»Das ließe sich vielleicht einrichten«, erwiderte Kathrin. »Dann mußt du aber schnell wachsen. Und dazu braucht man eine ordentliche Mahlzeit.«
»Das denke ich auch«, warf Peter Kilian ein. »Und nun wollen wir doch einmal schauen, was da alles für herrliche Köstlichkeiten in den Körben und Schüsseln auf uns warten. Ich habe schon einen gewaltigen Hunger.«
»Ich auch! Ich auch!« riefen die Kinder durcheinander. Jenny setzte sich neben ihren Papa auf die Decke. Kathrin betrachtete sie. Jenny war ein kleiner Wonneproppen, und Kathrin war geneigt, sie in die Arme zu nehmen und richtig zu knuddeln. Peter Kilian band ihr ein Lätzchen um, und Jennys Aufmerksamkeit galt jetzt auch den mitgebrachten Leckereien.
Es wurde ein vergnügliches Picknick mit Würstchen, Kartoffelsalat, Gurkenhäppchen und Käsespießchen, Weintrauben und Apfelsaft.
»Der bunte Salat war köstlich«, lobte Peter Kilian, und Martin blickte bedauernd in die leere Schüssel.
»Ja, wenn ich gewußt hätte, daß er euch so gut schmeckt, hätte ich mehr davon angerichtet.«
»Dann bringst du eben beim nächsten Mal wieder welchen mit.« Martin leckte sich genießerisch die Lippen.
»Martin, sei nicht immer so vorlaut!« rügte Peter Kilian seinen Sohn. »Du weißt doch gar nicht, ob die Dame wiederkommen will.«
Martin verzog das Gesicht. »Möchtest du nicht wiederkommen?« fragte Martin erschrocken, und seine Stimme bekam einen weinerlichen Klang. »Magst du uns nicht?«
»Aber natürlich mag ich euch!« erwiderte Kathrin schnell, und ihr wurde es plötzlich etwas unbehaglich. Worauf hatte sie sich eigentlich eingelassen? Auch Peter Kilian fuhr sich mit einer verlegenen Geste mit der Hand durchs Haar.
»Ich denke, nach dem reichhaltigen Essen sollten wir uns etwas bewegen«, lenkte Kathrin ab. »Wozu habt ihr denn den Ball mitgebracht?«
»O ja, wir spielen Ball!« rief Kai und sprang als erster von der Decke. Auch die anderen erhoben sich.
»Aber Jenny kann nicht mitspielen, sie ist dafür noch zu klein«, warf Martin ein. »Wir wollen Fußball spielen. Ich muß trainieren. Wenn ich groß bin, werde ich Fußballspieler.«
»Wolltest du nicht Bundeskanzler werden und die Hausaufgaben abschaffen?« fragte Kathrin.
»Nein, nicht mehr. Fußballspieler ist besser. Die stehen immer in der Zeitung und sind ganz berühmt. Ich will auch berühmt werden, deshalb muß ich trainieren, und Jenny stört nur.«
»Niemand ist zu klein«, widersprach Kathrin und gab Jenny den Ball in die Hände. »Wirf ihn mir
zu, Jenny! Kräftig!« Das ernsthafte Gesicht der Kleinen verzog sich zu einem Lächeln, und nach einigen Minuten jauchzte sie vor Vergnügen.
Kathrin klatschte in die Hände. »Nächstes Spiel! Blindekuh!« Sie wedelte mit dem rotkarierten Wischtuch aus dem Picknickkorb. »Wer will zuerst?«
»Pah, das ist doch ein Spiel für Mädchen«, schmollte Martin.
»Soso. Dann geh mal mit gutem Beispiel voran. Und wenn du den ersten gefangen hast, darfst du das Tuch weitergeben.«
Martin bemühte sich sehr, aber es dauerte schon eine Weile, bis er Kai an der Jacke erwischte. Kai fing seinen Vater und Peter Kilian bekam Jenny zu greifen. Und Jennys kleinen dicken Finger krallten sich in Kathrins Blumenkleid fest.
»Ah, jetzt bist du auch mal dran«, triumphierte Martin. Lachend ließ sich Kathrin nun die Augen verbinden und drehte sich im Kreis. Mit ausgestreckten Armen tastete sie ins Leere. Sie hörte Kais Lachen und Jennys Kreischen, dann Peter Kilians Stimme. »Hey, Martin, was machst du denn…« Im gleichen Augenblick spürte Kathrin Peters Schultern, und sie schlang ihre Arme haltsuchend um seinen Hals. Ihr stockte fast der Atem, als sie seine Hände um ihre Taille spürte und er sie festhielt. Für einige Sekunden standen sich beide eng umschlungen gegenüber, und sie spürte seinen heftigen Atem auf ihren Wangen. Dann gab sie sich einen Ruck und zog das Tuch von ihren Augen. Im gleichen Moment ließ Peter Kilian sie los.
»Martin hat den Papa geschupst«, rief Kai und zog Martin an seiner Jacke. »Die Tante sollte Papa erwischen, nicht wahr?«
Martin bekam wieder knallrote Ohren. Kathrin mußte ihm aus der Patsche helfen. »Und du bist eine Petze, Kai. Übrigens, ich heiße Kathrin, und ich denke, ihr solltet mich auch so nennen. Wenn es eurem Papa recht ist«, fügte sie zögernd hinzu.
»Ich habe nichts dagegen«, erwiderte er. »Dann müssen Sie mich aber Peter nennen.«
Kathrin nickte lächelnd. »Einverstanden!« Sie beugte sich zu Jenny hinunter. »Du bist müde vom Toben, nicht wahr?« Jenny nickte.
Kathrin wandte sich an die beiden Jungen. »Spielt noch etwas allein mit dem Ball. Ich werde mit Jenny einen Blumenkranz flechten.« Sie hockte sich ins Gras und pflückte ein Sträußchen aus Blumen und Gräsern. Jenny half eifrig dabei. Dann ließen sie sch auf der Decke nieder, und Kathrin begann, die Blumen und Gräser zu einem Kranz zu binden.
»Oh, es ist schon so lange her. Ich fürchte, ich kann es gar nicht mehr richtig«, seufzte Kathrin.
Peter Kilian hatte sich neben sie gesetzt und schaute ihr interessiert zu. »Ich finde, Sie gehen bewundernswert mit Kindern um, obwohl Sie selbst gar keine Kinder haben. Hatten Sie kleinere Geschwister?«
Kathrin schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin ein Einzelkind. Auch in meiner ganzen Verwandtschaft war ich immer die jüngste. Zu meinem Leidwesen. Alle wollten nur an mir herumerziehen.«
Peter lachte. »Es hat Ihnen aber nicht geschadet.«
Kathrin blickte auf und ihm geradezu in die blauen Augen. Zum Glück saß sie, sonst hätte sie jetzt wieder schrecklich weiche Knie bekommen. Die Nähe dieses Mannes brachte sie aus der Ruhe. Die Blumen fielen ihr aus der Hand in den Schoß. Sie und Peter griffen gleichzeitig zu, und ihre Hände berührten sich auf dem dünnen Stoff ihres Kleides. Kathrin zuckte zusammen. Peter bemerkte es.
»Entschuldigung«, murmelte Kathrin.
»Wofür?«
Kathrin kämpfte gegen einen Kloß im Hals an. Sie fand es unfair von diesem Mann, sie in dieser Weise zu provozieren. Ganz sicher hatte er bemerkt, daß Kathrin ihn sympathisch fand, viel zu sympathisch nach Katrins Meinung, und daß seine Nähe sie nervös machte.
»Warum ist eigentlich Ihre Frau nicht mitgekommen?« fragte Kathrin und gab ihrer Stimme einen betont kühlen Klang.
Peter Kilian rückte ein wenig von ihr ab und setzte sich aufrecht hin. Er nahm einen Grashalm und klemmte ihn zwischen seine Zähne. Einige Augenblicke kaute er darauf herum, bevor er antwortete: »Sie kann nicht mitkommen.«
»So?« Kathrin hob verwundert die Augenbrauen.
»Meine Frau starb bei Jennys Geburt.«
Aus Kathrins Gesicht wich die Farbe, und sie hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen. »Es… es tut mir leid…