Mami Staffel 12 – Familienroman. Sina HollЧитать онлайн книгу.
»Wann kommt Anke denn endgültig hierher?« fragte sie ablenkend.
»Oh, das steht noch gar nicht fest. Es gibt noch viel zu regeln, weißt du? Aber wir brauchen ja nichts zu überstürzen.«
»Eben. Ihr habt noch euer ganzes Leben, um zusammenzusein.« Mit diesen Worten drehte sie sich wieder um. »Ich muß jetzt los, meine Kinder warten sicherlich schon auf mich.«
»Dann grüß sie mal von mir«, gab er gespielt locker zurück. »Vielleicht treffe ich sie ja auch mal wieder.«
»Bestimmt.«
Auf dem Weg zu ihrem Wagen stiegen Silvia Tränen in die Augen. Das Gespräch mit Stefan hatte sie wieder überdeutlich spüren lassen, wie sehr sie ihn liebte und ihn gerade jetzt brauchte. Aber er durfte nie wieder mehr als ein guter Freund für sie sein.
*
»Warum muß ich denn zu diesem doofen Richter?« fragte Alex eine Woche später. »Ich möchte lieber mit Tobi im Garten spielen.«
»Das kannst du danach immer noch«, erwiderte Silvia ruhig und kämmte ihm die widerborstigen Haare zurück. »Es wird nicht lange dauern.«
Unter keinen Umständen durfte Alex merken, wie aufgewühlt und nervös seine Mutter war.
»Kannst du nicht mit reinkommen?« bat der Junge. »Ich kenne den Richter doch gar nicht.«
»Ich muß leider hier draußen warten, mein Liebling. Aber habe keine Angst, Richter Löhrmann ist sehr nett, du kennst ihn noch vom Gartenfest im Mai.«
»Ist das der mit der dicken Frau?« fragte Alex respektlos.
»Pst, nicht so laut. Ja, genau der ist es. Du hast doch keine Angst vor ihm, nicht wahr?«
Heftig schüttelte Alex den Kopf, obwohl ihm gar nicht wohl war. Was der Richter wohl von ihm wollte? Ob es um Mamis Arbeit ging? Er wußte, daß seine Mutter oft in diesem riesigen Gerichtsgebäude zu tun hatte.
»Du bist sicherlich der Alexander Kirstein, nicht wahr?« Unbemerkt war eine ältere Frau zu der Bank in dem Gerichtsflur getreten. Sie reichte ihm die Hand. »Ich bin Magda Heider, die Sekretärin von Richter Löhrmann. Er erwartet dich schon.«
Hilfesuchend sah Alex zu Silvia hinüber, die ihm aufmunternd zunickte. »Na, lauf schon. Es reißt dir keiner den Kopf ab.«
Widerstrebend ließ sich Alex schließlich von Frau Heider in eine der Amtsstuben mit den hohen Türen führen.
Silvia lehnte sich erschöpft zurück. Es hatte sie so viel Kraft gekostet, die letzten Tage so zu überstehen, daß Alex keinen Verdacht schöpfte, wie wichtig das Gespräch mit dem Richter war.
Das Geräusch von hohen Absätzen hallte durch den leeren Flur und näherte sich rasch.
Sonja hatte gerade eine Verhandlung hinter sich und trug noch den schwarzen Talar.
»Ist Alex schon drin?« fragte sie außer Atem und ließ sich neben Silvia auf der harten Holzbank nieder.
»Ja, vor ein paar Minuten hat Frau Heider ihn geholt. Ich hoffe nur, daß Richter Löhrmann keine Fragen stellt, die Alex verwirren.«
»Löhrmann ist dafür bekannt, daß er sehr einfühlsam zu Kindern ist. Ich traf vorhin Stefan, er drückt die Daumen, daß alles gutgeht.«
Sonja streifte den Talar ab und legte ihn über die Seitenlehne der Bank. »Findest du es eigentlich nicht merkwürdig, daß seine Anke es noch immer nicht geschafft hat, die Wohnung in Berlin aufzulösen?«
»Wieso?« fragte Silvia verständnislos.
»Ganz einfach: Stefan lebt seit Mitte April hier, jetzt haben wir bereits Ende Juli.«
»Darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht«, gab Silvia nachdenklich zurück.
»Natürlich nicht, du hast im Moment wichtigere Dinge im Kopf. Aber mir ist aufgefallen, daß Stefan jedesmal, wenn man ihn nach seiner Freundin fragt, Ausflüchte hat.«
»Er wird seine Gründe haben, denke ich.«
»Ganz sicher hat er die! Ich möchte nur wissen, welche.«
Silvia mußte trotz der angespannten Situation lachen. »Dann frage ihn doch einfach, damit du wieder ruhig schlafen kannst.«
»Einen Teufel werde ich tun! Ach, da kommt ja unser kleiner Sonnenschein!«
Tatsächlich stand Alex in der Tür, begleitet von Richter Löhrmann, der dem Jungen jetzt über den Kopf strich und danach den beiden Frauen zunickte.
Silvia stand mit zitternden Beinen auf, als Alex ihr entgegenkam. »War es schlimm?«
»Überhaupt nicht. Hallo, Sonja! Der Richter war sehr nett, ich habe Kakao und Kekse bekommen. Dann wollte er nur so merkwürdige Dinge wissen über Papa und ob ich mich bei dir und Jana wohl fühle. Das war alles, Mami. Können wir jetzt nach Hause fahren?«
»Natürlich, mein Schätzchen.« Silvia nahm ihre Tasche von der Bank. »Kommst du auch mit, Sonja?«
»Leider nicht. Ich habe noch einen Termin beim Staatsanwalt. Ich rufe dich später an.«
Auf der Heimfahrt fühlte sich Silvia erleichtert; Alex war keineswegs verstört, sondern plapperte von dem Fußballturnier, daß er mit seiner Vereinsmannschaft am Wochenende haben würde.
Zu Hause wurden sie bereits sehnsüchtig von Jana und Tobi erwartet.
Als Alex dann mit dem Hund in den Garten lief, fragte Jana: »Und was hat der Richter jetzt entschieden?«
»Das weiß ich noch nicht, ich werde es erst am Tag der Scheidung erfahren. Aber ich habe ein sehr gutes Gefühl.«
»Ehrlich?« Jana strahlte über das ganze Gesicht.
»Ja, ehrlich. Jetzt müssen wir nur noch die Zeit bis November abwarten.«
»Das ist aber noch schrecklich lange, Mama.«
»Die Zeit wird schneller vergehen, als du denkst. Und jetzt gehe zu Alex in den Garten. Ich bereite inzwischen das Abendessen vor.«
Gedankenverloren schnitt Silvia Gurken- und Tomatenscheiben in eine Glasschüssel. Es sollte einen frischen Salat geben, der schmeckte bei der Wärme am besten.
Silvia fiel ein, was Sonja über Stefans Freundin gesagt hatte; auch sie selbst hatte den Eindruck gehabt, daß er nicht traurig darüber war, daß Anke sich so viel Zeit mit dem Umzug ließ.
Konnte es möglich sein…? Nein, daran durfte sie nicht denken! Selbst, wenn Stefan noch etwas für sie empfand, durfte sie dieser Versuchung nicht nachgeben – sie hatte ihren Kindern versprochen, daß es keinen Mann mehr in ihrem Leben geben würde, solange sie noch so klein waren.
*
Robert holte die Kinder nach wie vor jedes Wochenende zu sich, entweder von Freitag auf Samstag oder von Samstag auf Sonntag. Silvia hatte schon eine ganze Weile bemerkt, daß sich weder Alex noch Jana besonders auf die Zeit mit ihrem Vater freuten.
Als sie an einem Sonntagnachmittag zurückkamen, fragte Silvia kurzentschlossen: »Also, raus mit der Sprache. Warum seid ihr nicht mehr so gern mit eurem Vater zusammen?«
»Was?« fragte Jana, als hätte sie die Frage nicht richtig verstanden.
»Was meinst du damit, Mami?« piepste Alex mit seiner hellen Stimme hinterher.
»Ihr wißt sehr genau, was ich meine, Sportsfreunde. Nun?«
Die Kinder sahen sich unsicher an, dann sagte Jana: »Es ist wegen dieser Frau…«
»Wegen welcher Frau?«
»Die oft bei Papa ist. Sie redet so komisch.«
»Papa sagt, sie kommt aus München«, fügte Alex erklärend hinzu. »Die hat sooo lange knallrote Fingernägel.«
»Alex hat recht, und sie hat immer Sachen