Mami Staffel 12 – Familienroman. Sina HollЧитать онлайн книгу.
sie sich immer mehr.
Nachdenklich stellte Silvia die Kaffeemaschine an. Vielleicht war eine Trennung doch besser als dieses ständige Hintergangenwerden? Schon lange sagte Silvia Robert ihre Meinung, was sie von seinen Seitensprüngen hielt, was zu immer heftigeren Streitgesprächen führte.
Sie warf einen letzten prüfenden Blick in den Flurspiegel, bevor sie ins obere Stockwerk ging, um Jana und Alex zu wecken. Als Silvia das Zimmer ihrer Tochter betrat, sah sie besorgt, daß Alex wieder bei seiner Schwester schlief.
Still blieb sie einen Moment im Türrahmen stehen und lehnte den Kopf an das kühle Holz. Immer, wenn sie und ihr Mann sich am Abend stritten, fand sie den Kleinen in Janas Bett. Wie oft hatte sie Robert gebeten, nicht so laut zu schreien, damit die Kinder nicht wach wurden – doch wenn er in Rage war, dachte er nie daran, Rücksicht zu nehmen.
Silvia machte sich keine Illusionen darüber, daß die Kinder ahnungslos waren, was die Ehe der Eltern betraf. Doch sie wußte nicht, ob es ratsam war, mit den Kindern darüber zu reden. Was sollte sie ihnen sagen? Daß ihr Vater nichts von ehelicher Treue hielt und es aus diesem Grund immer wieder zum Streit kam?
Nein, das konnte Silvia den Kleinen nicht antun. Bevor sie nun Jana und Alex sanft wachrüttelte, setzte sie eine fröhlichere Miene auf…
*
Alex war schon zu Hause, als Jana an diesem Mittag von der Schule kam.
»Frau Siegert ist krank, da ist die letzte Stunde ausgefallen«, sagte er zu seiner Schwester und beugte sich wieder über sein Schulheft, in dem er angestrengt verschiedene Buchstaben malte.
»Mama wird auch bald hier sein«, entgegnete Jana. »Hast du Hunger? Dann mache ich dir bis zum Mittagessen ein Brot.«
Alex schüttelte wortlos den Kopf und schrieb weiter. Obwohl beide Kinder in ihren Zimmern Schreibtische für die Schularbeiten hatten, zogen sie es vor, sich dafür an den Küchentisch zu setzen. Sie liebten es, in der Nähe der Mutter zu sein, wenn sie aus der Kanzlei kam und das Mittagessen zubereitete.
»Du, Jana?« fragte Alex unvermittelt und legte den Stift beiseite.
»Hm?«
»Glaubst du, daß sich Mama und Papa scheiden lassen werden?«
»Nein, ich denke, es ist normal, wenn sich Erwachsene streiten«, gab Jana schnell zurück.
»Aber von Patrick die Eltern, die haben sich auch immer gestritten – und jetzt lassen sie sich scheiden.« Alex’ Stimme klang klein und weinerlich.
Obwohl sich Robert nie viel um seine Kinder gekümmert hatte, vergötterten Jana und Alex ihn ebenso wie ihre Mutter und konnten sich nicht vorstellen, von einem Elternteil getrennt zu leben.
»Ach, Alex.« Jana trat zu ihrem kleinen Bruder. »Du mußt keine Angst haben. Mama und Papa werden sich nicht scheiden lassen.«
Der Junge hob den Kopf. »Woher willst du das wissen?«
»Ich weiß es eben«, antwortete Jana mit fester Stimme. Sie atmete auf, als sie Silvias Schlüssel in der Haustür hörte. Wie lange würde sie Alex noch beruhigen können, wie lange würde sie noch überzeugend auf ihn einreden können? Dabei hatte sie selbst doch ebenso große Angst, daß sich die Eltern trennen würden.
»Na, ihr beiden?« begrüßte Silvia ihre Kinder lächelnd und stellte den gefüllten Einkaufskorb auf die Arbeitsplatte. »Wie ich sehe, seid ihr schon fleißig bei den Schularbeiten.«
»Sieh mal, Mama.« Stolz hob Alex sein Heft hoch. »Das haben wir heute alles gelernt.«
Alex besuchte die erste Klasse der Grundschule und lernte jeden Tag etwas Neues, das er dann mittags seiner Mutter präsentierte.
»Das hast du aber schön gemacht«, sagte Silvia erfreut. »Wenn du weiterhin so fleißig bist, wirst du bald richtige Worte schreiben können.«
»Ich hatte heute keinen Fehler bei der Rechenarbeit!« rief Jana, die ihrem Bruder in nichts nachstehen wollte. »Außer mir hat nur noch ein Junge null Fehler gehabt.«
Silvia beugte sich zu Jana hinunter und nahm sie in den Arm. »Ich bin wirklich stolz auf euch. Was haltet ihr davon, wenn ich uns jetzt einen großen Topf Spaghetti koche?«
»Mit Ketchup?« fragte Alex.
»Mit Ketchup.«
Bei dem darauffolgenden Freudenschrei hielt sich Silvia lächelnd die Ohren zu. Sie war froh, daß ihr die Kinder keinen Kummer machten und sie sich auf sie verlassen konnte, wenn sie arbeitete.
Während Silvia die Einkäufe aus dem Korb nahm, wurde sie unauffällig von Jana beobachtet. Der Mutter war nicht anzusehen, ob sie noch an den Streit vom Vorabend dachte oder nicht – sie schien wie immer zu sein…
Nachdem Silvia nach dem Essen wieder zurück in die Kanzlei gefahren war, packten die Kinder ihre Sporttaschen. Alex hatte Fußballtraining und Jana ihr wöchentliches Volleyballtraining. Beide Kinder waren im Sportverein und mit Begeisterung bei der Sache.
»Du brauchst dich nicht zu beeilen, Alex«, sagte Jana, als sich ihr Bruder seine Schuhe anziehen wollte. »Das Training fängt doch erst in einer Stunde an. Wir können heute mit dem Fahrrad fahren, da sind wir dann schneller an der Turnhalle.«
Wenn es regnete, fuhren die Kinder mit dem Bus.
»Fein, dann können wir ja ein Wettrennen veranstalten. Wer zuerst an der Turnhalle ist, hat gewonnen.«
»Von wegen. Du weißt, daß uns Mama verboten hat, so schnell mit dem Fahrrad zu rasen«, bremste die vernünftige Jana ihren kleinen Bruder. »Oder willst du, daß einer von uns unter ein Auto gerät?«
»Nein«, gab Alex kleinlaut zurück. »Und ich will auch nicht, daß Mama böse auf uns ist.«
»Na, siehst du.«
»Glaubst du, daß Papa heute pünktlich nach Hause kommt?«
Jana zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Du weißt doch, daß er viel Arbeit hat.«
»Mama hat auch viel Arbeit und ist trotzdem abends hier«, maulte Alex und nahm sein Jojo zur Hand. »Aber vielleicht ist es besser, wenn Papa später kommt – dann streiten sie sich wenigstens nicht so lange.«
Jana sah den traurigen Gesichtsausdruck ihres kleinen Bruders. Daß die Eltern nicht in Frieden leben konnten, belastete ihn sehr. Doch sie überging Alex’ Bemerkung und sagte spontan: »Wenn du möchtest, leihe ich dir heute abend eine meiner Märchenkassetten.«
Sofort erhellte sich sein Gesichtchen. »Die mit dem Zauberer und der schönen Prinzessin?«
»Ja, wenn du willst. Aber jetzt müssen wir uns langsam auf den Weg machen, damit wir pünktlich beim Training sind.«
*
»Herr Sander läßt sich entschuldigen, er kommt eine Viertelstunde später, Frau Kirstein«, sagte zur selben Zeit Verena Böttcher, Silvias Sekretärin. »Soll ich Ihnen inzwischen einen Kaffee bringen?«
»Danke, das ist sehr nett«, sagte Silvia lächelnd. »Eine kleine Verschnaufpause tut mir sicherlich nach dem turbulenten Vormittag im Gericht gut.«
Tatsächlich war Silvia an diesem Tag kaum zum Nachdenken gekommen.
Das war einerseits ganz gut, andererseits mußte sie sich langsam Gedanken darüber machen, wie es mit ihr und Robert in Zukunft weitergehen sollte.
Ihr Blick fiel auf das gerahmte Foto vor ihr auf dem Schreibtisch. Es zeigte einen in die Kamera lachenden Robert, der auf jeder Seite eines der Kinder an sich gedrückt hielt.
Wehmütig lächelte Silvia. Die Aufnahme stammte aus dem letzten Urlaub in der Türkei. Die ganzen vierzehn Tage hatte sich Robert liebevoll um seine Familie gekümmert und nicht ein einziges Mal Interesse an einer anderen Frau gezeigt. Silvia war sehr glücklich gewesen und hatte gehofft, daß ihre Ehe wieder besser werden würde.
Doch schon kurz nach der Rückkehr ins kühle Deutschland