Mami Staffel 12 – Familienroman. Sina HollЧитать онлайн книгу.
Lächeln.
Gerhard räusperte sich, bevor er sagte: »Sie sehen, Ariane, daß meine Schwester Sie schon ganz als zur Familie gehörig betrachtet.«
Verdutzt sah Anja in die Runde. Die Eltern machten betretene Gesichter. »Hab’ ich was falsch gemacht?« Ihr Blick blieb an Gerhard haften. »Ich wußte doch nicht, daß ihr euch noch siezt. Ich denke, ihr wollt bald heiraten?«
»Sei nicht vorlaut, Anja«, verwies Monika Schilling ihre Tochter. »Das ist eine Angelegenheit zwischen deinem Bruder und Frau Danegger.«
Die machten es mal wieder ganz schön kompliziert, dachte Anja. Aber bevor sie den Mund wieder auftun konnte, hob Ariane die momentane Peinlichkeit der Situation auf.
»Ich freue mich, daß ich eine so junge hübsche Schwägerin wie dich bekomme, Anja«, sagte sie mit einem netten Lächeln.
Na bitte! Anja nickte ihr begeistert zu. Hatte sie doch gleich gewußt, daß die Ariane in Ordnung war! Wieso blieben die Eltern nur so steif. Besonders die Mutter, die hatte sich schon Sorgen über Sorgen gemacht, daß das nicht gut ausgehen könnte. So’n Unsinn. Die beiden, Anja mußte es noch einmal feststellen, paßten prima zusammen, und hochnäsig war Ariane bestimmt nicht.
»Ich hab’ auch was für dich«, sagte Angela mit geheimnisvoller Miene, die bis dahin die Besucherin unverwandt angeschaut hatte.
»Was hast du für mich?« fragte Ariane sanft, sich dem kleinen Mädchen zuwendend. Es war nicht ihre Janine. Es war Angela, zu der sie gut sein wollte. Nicht mehr davonlaufen, nein.
»Nun hol es schon«, ermunterte Gerhard sein Töchterchen.
Angela kam mit einem Zeichenblatt zurück, das sie Ariane hinreichte. Aufmerksam betrachtete diese, was das Kind da bunt und phantasievoll zu Papier gebracht hatte.
»Kannst du sehen, was das ist?« fragte Angela erwartungsvoll.
»Natürlich«, antwortete Ariane, »das sind die Seerosen und die Fische im Teich. Das sieht man doch!«
Angela wurde rot vor Freude, sie klatschte in die Hände. »Da hast du’s, Opa!« rief sie triumphierend aus.
»Tatsächlich.« Arno Schilling schmunzelte ein wenig. »Ich nehme es zurück, daß da kein Mensch draus schlau werden könnte. Sie verstehen eben was von Kunst, Frau Danegger.«
»Ja«, auch um Arianes Mund huschte ein Lächeln, »ähnliches haben wir in der Galerie meiner Tante hängen. Du hast das wirklich sehr schön gemacht, Angela. Ich danke dir vielmals.«
»Und da, da steht mein Name!« Eifrig wies das Fingerchen auf die ungelenken Buchstaben: Angela. Sie standen ganz unten links.
»Schreiben kannst du auch schon«, staunte Ariane.
»Nur ein bißchen«, sagte das Kind mit einem treuherzigen Augenaufschlag. »Das lerne ich bei der Oma.«
Sie geht schon etwas aus sich heraus, meine Kleine, frohlockte Gerhard innerlich. Und die Eltern schienen auch allmählich aufzutauen. Ariane war aber auch sichtlich guten Willens, eine Brücke zu schlagen über manche innere Vorbehalte hinweg.
»Es ist sehr gemütlich bei Ihnen, Frau Schilling«, sagte sie, als die Hausfrau Kaffee und einen selbstgebackenen Kuchen dazu auf den Tisch brachte.
»Ha«, lachte Anja vergnügt auf, »das sagst du so. Warst du überhaupt schon mal in einer Vierzimmerwohnung in einem Wohnblock?«
Ariane sah das junge Mädchen mit einem sonderbaren Blick an. »Wir haben in einer Dreizimmer-Wohnung gelebt, mein Mann und ich«, sprach sie langsam. »Auch in einem Mietshaus, oben in Norddeutschland. Mein Mann war Arzt, er stand noch am Anfang, und er wollte es aus eigener Kraft schaffen. Man braucht keine Villa, um glücklich zu sein.«
Anja schlug die Augen nieder. »Das hab’ ich nicht gewußt, daß du es auch anders kennst«, murmelte sie etwas beschämt.
»Ich habe es gekannt«, nickte Ariane versonnen. »Aber jetzt lebe ich ja seit längerem wieder in meinem Elternhaus.«
»Da wo wir auch mal wohnen, der Papa und ich?« kam Angelas Stimmchen. »Mit dem Garten und den vielen Blumen?«
»Und mit dem Fischteich, von dem ich nun ein Bild von dir habe«, vollendete Ariane und lächelte ihr zu. »Ich hoffe zumindest, daß es dazu kommen wird. Es hängt noch von deinem Papa ab.«
Sie ist doch nicht die kaltherzige, berechnende Person, für die ich sie gehalten habe, dachte Monika Schilling bei sich. Zumindest glaubte ich, daß sie es geworden sei, nachdem sich ihr Lebensglück zerschlagen hatte.
Das Enkelchen war auch schon ganz zutraulich, das beruhigte sie. Kinder hatten doch ein feines Gespür. Gestern abend noch, bei dem Gute-Nacht-Zeremoniell mit dem Bärli auf dem Kopfkissen, hatte Angela ihr ins Ohr gewispert: »Papa hat gesagt, daß wir Ariane helfen müssen, daß sie wieder froh sein kann. Meinst du, wir können das?«
Da hatte sie nur seufzen können, gerührt von den Worten des Kindes, und doch bekümmert, weil es ihr vor allem um das Wohl des Sohnes ging.
Sie beobachtete ihn, aber sie wurde nicht recht klug aus ihm. Er war gelassen, fast heiter, doch irgendwie hatte er sich in sich selbst zurückgezogen. Soweit war Gerhards Mutter noch nicht gekommen wie Irene Keßler, die die Schwingungen wahrgenommen hatte, die von dem Mann zu Ariane gingen.
Irgendwann klingelte es, es waren Rolf und seine Freundin.
»Von Anja weiß ich, daß heute hier ein gegenseitiges Kennenlernen stattfindet«, lachte der blonde junge Mann. »Da wollte ich doch nicht fehlen. Katarina habe ich auch gleich mitgebracht.«
Anja, natürlich, sie mußte alles hinausposaunen.
Aber es wurde dann doch recht nett, so ungezwungen, wie die beiden Hinzugekommenen sich benahmen, und Anja war sowieso ›in Fahrt‹.
»Sehen Sie, Frau Danegger, so lebhaft geht es bei uns öfter zu«, wandte sich die Hausfrau an den Gast.
»Es gefällt mir«, sagte Ariane mit einem kleinen staunenden Lächeln. »Bei uns zu Hause ist es immer so still.«
In der Tat war es etwas Neues für sie, sich unter jungen, unbekümmerten Menschen zu finden.
»Aber ihr gebt doch sicher Einladungen, zu Abendgesellschaften, wie man das bei euch wohl nennt, kennt man doch vom Fernsehen«, warf Anja ein.
»Schon lange nicht mehr«, schüttelte Ariane den Kopf.
»Dann dürfen wir vielleicht später mal das Haus bevölkern«, sagte Katarina keck, die von Anja genauestens informiert war.
»Soweit ist es noch nicht«, bremste Gerhard den jugendlichen Übermut.
Seine Mutter wandte den Kopf, als wiederum ein Klingelzeichen ertönte. »Wer kann das denn noch sein?«
»Ich geh’ mal nachsehen.« Arno Schilling legte die Zigarre in den Aschenbecher und erhob sich. Angela folgte dem Opa auf dem Fuß.
»Du bist gefragt, Anja«, sagte er eine Minute später.
»Wer ist es denn?«
»Sieh doch selber nach.«
Vor der Tür stand Stefan. »Was willst du denn hier?« zischte sie ihn an.
»Ich wollte dich abholen«, sagte er bittend. »Anja, sei doch nicht immer so. Wir könnten doch…« Aber er kam nicht weiter.
»Keine Zeit. Wir haben Besuch«, gab sie schnippisch zurück und schlug ihm die Tür vor der Nase zu.
Mit hochrotem Kopf kam sie wieder ins Wohnzimmer zurück. »Was der sich einbildet, der blöde Kerl.« Sie spie die Worte förmlich hevor.
»Anja, benimm dich, du bist hier nicht allein«, mahnte die Mutter.
Aber die Sechzehnjährige setzte sich mit einer heftigen Bewegung wieder auf ihren Platz am Tisch, stemmte die Ellenbogen auf und sah verbissen vor sich nieder.
»Warum