Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.
auf dem Land, in den Bergen und der Gemeinschaft überhaupt. Was meinst dazu, Fellbacher?«
»Des ist eine ganz famose Idee! Des Geld, was eingenommen wird, damit kann man etwas fördern. Weißt, Toni, ich habe da in den alten Geschichtsbüchern gewälzt heute nacht. Ich hab’ net schlafen können. Und dann bin ich ins Rathaus gegangen. So etwas hat es schon einmal gegeben. Net genauso, aber ähnlich. Des Geld für unsere schönen Glocken auf dem Turm unserer Kirche, des ist so ähnlich zusammengekommen. Geld hatten die Bauern net. Glocken wollten sie alle haben. So haben sie einen Teil der Ernte für den guten Zweck in der Stadt verkauft. Bald war des Geld für die Glocken zusammen. Die Leut’ haben ihnen oft sogar ein paar Heller mehr gegeben, weil des für die Glocken war. So steht es in der alten Chronik.«
»Des habe ich net gewußt, Fellbacher!«
»Aber einen Aufhänger, den brauche ich schon, wegen der Tradition, verstehst?«
Toni rieb sich das Kinn.
»Glocken haben wir schon! Fellbacher, des ist schwierig! Des einzige, was mir einfallen tut, des wäre so eine Art Heimatmuseum. Weißt, einen alten Bauernhof, auf dem noch so gewirtschaftet und gelebt wird wie früher.«
»Mei, des ist eine gute Idee, Toni! Doch es gibt hier keinen richtig alten Hof mehr, keinen Bauernhof ohne Strom und fließendem Wasser und Kanalisation.«
»Dann müßte die Gemeinde eben irgendwo einen kaufen und hier wieder aufbauen. Ein Platz auf Gemeindegrund wird sich bestimmt finden lassen. Des ist auch für Kinder interessant. Die aus der Stadt, die haben keine Vorstellung vom Landleben, wie das früher gewesen ist.«
»Net nur die von der Stadt!« sagte Fritz Fellbacher. »Toni, des ist eine großartige Idee! Museumsdörfer gibt es viele, aber keines hier in der Nähe – und Waldkogel beginnt damit. Jeder in unserem schönen Waldkogel hilft mit. Durch diese Sonntagsfeste einmal im Monat kommt des Geld zusammen.«
»Des ist es doch, Fellbacher! Das Motto für unser Waldkogeler Sonntagsfest!«
»Toni, du hast es! Des bered’ ich gleich mal mit dem Zandler. Dann habe ich im Gemeinderat die nötige Unterstützung.«
Bürgermeister Fellbacher rief seine Gemeindesekretärin herein. Er beauftragte sie, für den Abend eine Gemeinderatssondersitzung einzuberufen.
Bürgermeister Fellbacher rieb sich vergnügt die Hände.
»Des wird Aufsehen erregen! Die werden Augen machen. So etwas können die anderen Gemeinden net auf die Beine stellen! Wir sind hier zwar modern in Waldkogel, aber wir achten und ehren die Tradition und bewahren sie.«
Toni stand auf.
»Dann wünsche ich dir viel Erfolg, Fellbacher! Wenn du Hilfe brauchst, dann laß es mich wissen. Ich denke, daß des wirklich eine wunderbare Idee ist.«
Bürgermeister Fellbacher begleitete Toni bis hinaus auf die Straße. Dann stieg er in sein Auto und fuhr hinauf auf die Oberländer Alm.
Fritz Fellbacher besuchte Pfarrer Zandler. Konnte er ihn für den Plan gewinnen, dann war die Sache so gut wie beschlossen.
*
Bürgermeister Fritz Fellbacher mußte im Gemeinderat von Waldkogel keine große Überzeugungsarbeit leisten. Alle waren von der Idee begeistert, einen Museumsbauernhof zu errichten. Das Ganze mit regelmäßigen Sonntagsfesten zu finanzieren, überzeugte alle. Sie waren davon überzeugt, daß schon allein aus Neugierde viele Besucher kämen, denn ein Fest, bei dem es keine festen Preise gab, das wäre doch was Neues.
Bürgermeister Fritz Fellbacher ging in den nächsten Tagen von Hof zu Hof und sprach mit jedem. Die meisten stimmten sofort zu. Nur ganz wenige äußerten erst einmal Bedenken. Zum Schluß waren alle begeistert und drängten, den Termin für das erste »Waldkogeler Sonntagsfest« zu beschließen.
Die Zeitung in Kirchwalden schrieb fast täglich darüber. Sie brachte Reportagen der einzelnen Höfe, die sich beteiligten. Der alte Alois bestand darauf, daß ihm Sebastian und Franziska jeden Tag eine Tageszeitung mit hinauf auf die Berghütte brachten, wenn sie aus der Schule kamen.
»Toni, diese Zeitungsschreiberlinge, die haben keine Ahnung, wie des damals auf den Höfen war. Da haben die alle noch net gelebt. Des sind reine Erfindungen. Also, die sollte man alle mal einladen und mindestens eine Woche auf unserem Museumshof arbeiten lassen, damit sie wissen, worüber sie schreiben«, wetterte der alte Alois.
Toni lachte.
»Mei, Alois! Sei net so hart! Die können doch nix dafür. Sie wissen des net besser. Freu’ dich, daß sie so freundlich schreiben. Net jeder hat
so ein gesegnetes Alter wie du! Net jeder kann sich leibhaftig dran erinnern, wie des war, als es noch keine Elektrizität im Tal gegeben hatte, wie es war, als alles von Hand gemacht wurde.«
»Toni, des weiß ich! Aber aufregen tut es mich trotzdem. Die Zeitung schlägt vor, daß im Museumshaus über Sommer Leut’ wohnen sollten, die des Leben so spielen. Des hat ja Kreise gezogen, daß mir richtig bange wird, Toni!«
»Weshalb?«
»Na! Die Schauspielschule in der Landeshauptstadt will den Museumshof im nächsten Jahr – wenn der dann fertig ist – abwechselnd von jungen Schauspielschülern und Schülerinnen bewirtschaften und bewohnen lassen. So ein Schwachsinn! Die sind viel zu jung und haben keine Ahnung, wie des so ist mit dem Leben auf einem Hof.«
Toni schmunzelte.
»Nun beruhige dich, Alois! Es dauert noch eine ganze Weile, bis des alles soweit ist. Erst wird jetzt mal mit den Waldkogeler Sonntagsfesten begonnen. Dann kommt Geld zusammen. Der Fellbacher schaut sich nach einem geeigneten Hof um. Dann dauert es noch lange, bis der hier in Waldkogel wieder aufgebaut ist und bewirtschaftet werden kann.«
»Toni, des weiß ich doch! Es wird nicht leicht sein, dafür geeignete Leute zu finden, auch wenn es viele gibt, die keine Arbeit haben. So ein Leben wie auf einem Hof in alter Zeit ist
net einfach. Da sind Qualitäten gefragt.«
»Alois, das weiß ich doch! Der Fellbacher wird des schon machen. Es sind bereits schon Bewerbungen bei ihm eingegangen. So früh schon, Alois! Da wird man schon geeignete Leute finden. Am schönsten wäre es, wenn sich jemand aus Waldkogel bereit erklären würde, den Hof zu führen. Aber des hat alles Zeit, Alois! Noch ist kein Geld da, noch kein Hof gefunden, noch net zerlegt und wieder aufgebaut. Des dauert, Alois!«
Der alte Alois faltete die Zeitung zusammen.
»Einfach wird des net werden! So schön, wie sich des auch manche vorstellen. Des war ein hartes Leben damals, für den Bauer und noch mehr für die Bäuerin«, betonte der alte Alois noch einmal.
Er wollte eben immer das letzte Wort haben.
Toni hätte sich gerne noch weiter mit dem alten Alois unterhalten, aber es kamen Wanderer den Berg herauf.
Es war eine größere gemischte Gruppe. Toni begrüßte sie freundlich. Er hatte den Eindruck, daß es Tagesausflügler waren.
»Also, dann setzt euch!«
»Des machen wir! Und für alle erst mal ein Bier. Dieser Aufstieg macht durstig.«
Toni nickte und zählte durch. Er ging in die Berghütte und zapfte Bier. Als er ein wenig später herauskam, saßen alle zusammen, bis auf eine junge Frau. Diese saß am anderen Ende der Terrasse. Toni wunderte sich. Er stellte die Bierkrüge auf die Holztische.
»Des Madl dort, des gehört net zu euch?«
»Nein!« klang es vielstimmig.
»Nein, leider net! Ist ein fesches Dirndl!« grinste ein junger Mann.
»Mußt sie net so mit den Augen auffressen, des wird nix mit der! Hast es ja unterwegs schon probiert. Aber des Madl ist sehr einsilbig. Ich denke, es ist besser, wenn du die Finger von der läßt!« riet ihm sein Tischnachbar.
Toni schmunzelte. Er nahm den letzten Bierkrug und ging zu der jungen Frau. Sie trug eine