Mami Staffel 4 – Familienroman. Diverse AutorenЧитать онлайн книгу.
könnten zusammen essen«, schlug Bertold vor. »Kommst du mit?«
»Nein, ich habe keine Lust. Aber ich werde es Uli sagen.« Sie stand auf, und auch Bertold erhob sich. Er suchte ihren Blick, versuchte ihn festzuhalten.
»Ingeborg«, begann er eindringlich, »ich würde es mir sehr wünschen, daß wir zumindest freundschaftlich miteinander umgehen könnten. Auch ich hatte dir einmal etwas zu verzeihen. Hast du das vergessen?«
»Auf Wiedersehen, Bertold«, sagte sie nur, und sie wandte sich ab und geleitete ihn zur Tür.
Aber als diese sich hinter ihm geschlossen hatte, stand sie doch lange und sah vor sich nieder…
Als Uli kam und erfuhr, daß sein Vater da war und er allein mit ihm im Hotelrestaurant zu Abend essen sollte, wandelte sich seine erste Freude rasch in Enttäuschung.
»Also nee, Mutti, da mußt du mitkommen«, drängte er. »Ohne dich schmeckt es mir nicht.«
»Du bist doch immer mit deinem Vater allein gewesen«, wandte sie ein.
»Das war ja ganz was anderes«, widersprach der Junge. »Wenn er jetzt hier in der Stadt ist, könnten wir doch endlich mal wieder zusammen sein. Och bitte, sei doch nicht so. Bitte!«
Da gab sie nach. Sie zog sich sogar noch um und legte frisches
Make-up auf. »Sieht gerade so aus, als wolltest du Papa gefallen«, neckte sie ihr großer Sohn.
»Unsinn«, wies seine Mutter ihn beinahe heftig zurück. »Das ist ein sehr gutes Hotel, in dem man abends nicht in einem Schlabberpulli kommt.«
»Hallo, Papa«, sagte Uli wenig später, und die beiden schüttelten sich kräftig die Hand. »Superidee von dir, uns mal zu besuchen. Die Mutti hab’ ich gleich mitgebracht.«
»Schön«, sagte Bertold, und er lächelte seiner Frau zu. »Ich habe einen Tisch reservieren lassen.«
Eine lockere Unterhaltung entspann sich bei einer vorzüglichen Mahlzeit. Ingeborg wollte keine Spielverderberin sein, sie plauderte mit über unverfängliche Themen.
Erst als Bertold Pläne für die nächsten Tage machte, zog sie sich wieder zurück. Sie hatte nicht die Absicht, ihm plötzlich wieder zur Verfügung zu stehen, weil es ihm gerade so einfiel.
»Ich habe schon einiges vor«, behauptete sie kühl, »und Uli hat Schule. Unternimm nur für dich etwas, wenn du einen Kurzurlaub machen willst.«
Uli sah betreten vor sich nieder, er fischte die letzte Kirsche aus seiner Eisschale. Warum verdarb sie nun wieder alles? Er hatte doch schon ein bißchen Hoffnung geschöpft. Auch sein Vater schwieg sekundenlang ob der deutlichen Abweisung.
»Na gut«, sagte er schließlich. »Dann könnte ich ja mal nach Hamburg fahren und unsere alten Freunde besuchen.«
»Aber auf dem Rückweg kommst du noch mal zu uns«, bestürmte ihn der Sohn. »Versprochen, Papa!«
»Wenn deine Mutter nichts dagegen hat?« Fragend wandte er sich an Ingeborg, die seinem Blick auswich.
»Ich hab’ nichts dagegen«, sagte sie achselzuckend.
Aber diesmal war ihre Gleichgültigkeit gespielt. Diese zwei Stunden, die sie nun hier am Tisch beisammensaßen, Mutter, Vater und Sohn, hatten sie doch nicht ganz unberührt gelassen. Da war manches Altvertraute aufgeklungen in Bertolds Stimme, seiner Art, sich auszudrücken, seinem leichten Lächeln. Das hatte, ob sie wollte oder nicht, eine Saite in ihr zum Klingen gebracht, noch sehr fern und leise, doch es war geschehen.
»Warum schickst du Papa fort?« fragte Uli, als sie wieder zu Hause waren. »Das war doch richtig schön heute, und wir hätten das die ganze Woche noch haben können.«
»Mein lieber Sohn«, Ingeborg sah ihn mit einem dunklen Blick an, »mach dir bitte keine Illusionen. So einfach, wie du dir das vorstellst, geht das nicht. Dafür ist zuviel geschehen.«
»Ja, ja. Aber irgendwann kann man da vielleicht doch mal einen Strich drunter ziehen«, meinte er.
*
Antonio kannte die beiden schon, die öfter mal auf eine Cola in seine Pizzeria kamen. Es kam auch vor, daß der Junge seine kleine Freundin zu einer Pizza oder Spaghetti Bolognese einlud. Der Italiener hatte seine Freude daran, wie nett die beiden miteinander umgingen und wie sie sich immer viel zu erzählen hatten.
Heute hatte Sandra bis dreiviertel fünf Unterricht gehabt, Felix hatte sie von der Schule abgeholt. Da sie in einem anderen Stadtviertel wohnte, gingen sie leider nicht auf dasselbe Gymnasium.
»Bist du denn klargekommen mit dem Englischaufsatz?« fragte er besorgt.
»Ja, einigermaßen. Aber dir liegt diese Sprache einfach besser als mir«, antwortete Sandra.
»Dafür kannst du sehr gut französisch, weil du in den Ferien immer in Frankreich bist. So gleicht es sich aus.« Und er lächelte ihr zu.
»Ja.« Sandra schwenkte leicht die Zitronenscheibe in ihrem hohen Glas. »Meine Mutter möchte am liebsten jetzt schon wieder dorthin in ihr Haus. Sie meint, sie hat dort mehr Ruhe zum Üben. Sie will schon wieder ein Konzert vorbereiten. Nachdem sie in Heidelberg großen Erfolg hatte, ist sie wieder sehr gefragt.«
»Na, darauf kannst du doch stolz sein«, befand Felix.
»Wie man’s nimmt«, sagte Sandra mit einer Kopfbewegung. »Wir brauchen sie auch, Daniel und ich, und mein Vater.« Sie blickte auf. »Aber so war es ja schon immer, außer in der Zeit, als sie aussetzen mußte wegen ihres gebrochenen Handgelenks. Und da war sie auch nicht glücklich.«
»Sie ist eben eine große Künstlerin. Da ist immer ein Zwiespalt zwischen Familie und ihrer Musik«, äußerte Felix sehr ernsthaft.
Sandra gab ihm ein leichtes Lächeln. »Jetzt machst du ein Gesicht wie jemand, der das Leben schon genau kennt«, behauptete sie. Sie berührte seine Hand, die auf dem Tisch lag. »Du, aber jetzt mal was anderes. Kommst du noch ein bißchen mit zu uns? Daniel hat gesagt, ich sollte dich doch mal wieder mitbringen. Er möchte auch dein Freund sein. So klein wäre er ja nicht mehr.« Sie lachte.
»Sag ihm nur, daß er das schon ist. Aber heute kann ich nicht, wir haben nämlich Besuch zu Hause. Es ist der Mann der besten Freundin meiner Mutter, der lange in Florida war. Bevor wir nach Hamburg gezogen sind, haben wir auch in derselben Stadt gewohnt, und wir waren viel zusammen. Der Sohn Uli war auch mein Freund, er ist ein bißchen älter als ich. Aber wir sind dann einigermaßen auseinandergekommen, wie das eben so ist.«
»Aber wir nicht. Wir sind nicht auseinandergekommen«, lächelte Sandra.
»Nie«, bestätigte Felix. »Und daß wir jetzt beide in Hamburg wohnen, ist überhaupt das Größte.«
Bertold Basler blieb zwei Tage in Hamburg. Nils zeigte ihm, wo er arbeitete, am Hafen, wo die großen Schiffe lagen.
»Da hast du ja immer den Duft der großen weiten Welt vor der Nase«, bemerkte Bertold scherzhaft.
»Ja, nur daß ich die meiste Zeit auf meinem Schreibtischstuhl festgenagelt bin«, gab der breitschultrige blonde Mann zurück, der immer noch den leicht wiegenden Gang des ehemaligen Seemanns hatte.
Bertold warf ihm einen raschen Blick von der Seite zu. War er doch nicht zufrieden damit, würde er lieber Schiffsplanken unter den Füßen spüren?
»Man kann nicht alles haben, Nils«, sagte er. »Dafür bist du bei deiner Familie, das wirst du wohl nicht unterschätzen.«
»Natürlich nicht. Es soll schon alles so sein.«
Bertold fand, daß es etwas resigniert klang. Er sah dazu wirklich keinen Grund. Gewiß, es hatte viele Sorgen gegeben durch die Krankheit des kleinen Mädchens. Aber Silvie entwickelte sich doch jetzt prächtig, man merkte ihr nichts mehr an. Sie ging in den Kindergarten, sie hatte dort Freundschaften geschlossen, und zu Hause hielt sie ihre Mama auf Trab. Beate ließ sich das nur zu gern von ihrem Nesthäkchen gefallen, dankte sie doch jeden Tag dem Herrgott dafür, daß