G.F. Barner 1 – Western. G.F. BarnerЧитать онлайн книгу.
Halbglatze vor zweieinhalb Jahren noch nicht getragen, lachte laut auf.
»Du denkst mächtig weit im voraus, Mort, was?«
»Muß man doch, muß man immer«, versicherte Tom grinsend. »Tom, wo steckt eigentlich Herbie?«
»Herbie Walton?« murmelte Tom überrascht. »Habe ich dir das nicht schon gestern erzählt?«
»Nein, Tom.«
Herbie Walton war der Meister im Brandzeichenfälschen. Er hatte eine so leichte und geschickte Hand, daß er ein neues Brandzeichen millimetergenau über ein altes setzte.
»Das habe ich dir nicht erzählt?« wunderte sich Pillar. »Der arme Herbie – er hat doch niemals etwas getan. Luke Kinley und Paradise Joe Sedgewick stritten sich eines Abends wegen Lilly, der Nachfolgerin von Liza. Paradise Joe bekam von Luke Prügel und flog hinaus, damit war die Sache entschieden – dachten wir. Drei Stunden später ging der arme Herbie nach Hause, Kinley folgte ihm – er wollte nur nach seinem Gaul sehen. In diesem Moment knallte es. Paradise Joe hatte draußen in der Dunkelheit gewartet, aber er schoß zweimal vorbei, ehe Luke ihn erwischte. Es war eine ganz klare Sache, Joe hatte es riskiert und verloren. Mit seiner dritten und letzten Kugel traf er den armen Herbie. Wir legten ihn auf den Tisch drüben. Er sagte wenig, er jammerte auch ein bißchen, verlangte nur einen anständigen Drink. Den bekam er auch, trank ihn aus, bedankte sich noch und war auf einmal tot. Es war eine große Beerdigung, stimmt es, Mike?«
Mike Rudley sah kurz hoch und nickte traurig.
»Kann man wohl sagen, Tom. So viele Leute waren noch nie hier. Schade um Herbie, er war ein feiner Bursche.«
»So ist das Leben«, murmelte Tom Pillar. Er ging am Tresen vorbei, Nancy hielt ihm die Tür auf, und als er sich an ihr vorbeischob, kniff er Nancy in die Hüfte. Sie sagte kein Wort
Sieh mal einer an, dachte Mort, der gute Tom war also bei ihr. Nun ja, sie soll erst zwei Wochen hier sein, sagte er – er muß ja wissen, ob sie gut ist. Darum hat er die Schilder gestrichen – er brauchte sicher frische Luft, um richtig munter zu werden…
Mort Dillons Blick wanderte wieder zu dem Fremden in der Ecke. Der Hut des Mannes bewegte sich nicht mehr, der Mann war hellwach, kein Zweifel. Warum war er wach geworden? Er hatte Tom kommen hören, das war es.
Einen Augenblick fragte sich Dillon, ob der Mann nicht etwa von Liza geschickt worden war, aber dann hätte er seinen Auftrag längst erledigen können. Die Dillons hatten ihm mehrmals den Rücken zugewandt.
Nein, den hat sie nicht bestellt, dachte Mort, der ist aus einem anderen Grund so mißtrauisch wie ein aufgescheuchter Präriehase. Er muß auf jemand warten, aber auf wen?
Ein Mann konnte auf viele Leute warten, auf gute Freunde, auf Geschäftspartner oder Auftraggeber, auf Feinde, die ihm ans Leben wollten oder auf das Gesetz.
In diesem Moment klirrte der Vorhang leise – Mort Dillon nahm jäh den Kopf herum. Und dann war ihm, als kröche Eiseskälte von seinen Zehen aus die Beine herauf. Die Kälte stieg innerhalb einer Viertelsekunde bis in Dillons Brust und breitete sich blitzschnell aus.
Neben Mort gab Charly einen erstickten Laut von sich. Charly Dillon bekam keine Luft mehr. Dort stand jemand – stand bereits im Saloon und hatte es geschafft – er hatte den Vorhang beinahe lautlos zur Seite geschoben und wieder zufallen lassen.
Früher hatten sie das einmal versucht – die Rudleys, die Dillons, Kinley und Paradise Joe, der hagere Mann, der seinen Spitznamen bekommen hatte, weil er immer behauptete, das Paradies warte auf ihn. Nicht einmal Herbie, der Mann mit den geschicktesten Fingern, hatte den Vorhang so leise zurückschieben und wieder fallen lassen können.
Der Vorhang war einmal von Tom angebracht worden, nachdem ihm jemand die Storekasse geleert hatte. Seitdem kam kein Mensch durch diese Tür, den das Klirren des Vorhanges nicht anmeldete.
Und doch – der Mann dort wäre beinahe lautlos hereingekommen.
Vor der Tür stand, die Rechte über dem Kolben seines schweren Revolvers in der Schwebe, State-Marshal Bill Logan.
Der Mann, den die beiden Dillons mehr als alles auf der Welt haßten, befand sich mit ihnen in einem Raum.
Darauf hat der Fremde gewartet, dachte Mort, als ihn die Kälte verließ und sein Verstand wieder arbeitete – das Gesetz ist hinter ihm her gewesen. Und nun hat es ihn eingeholt. Logan, du verfluchter Hund, wenn du doch einmal Pech im Leben hättest. Ich wollte, er würde dich erwischen. Wenn du dann zu meinen Füßen sterben müßtest, würde ich auf dich spucken.
Charly saß links neben ihm, sein Gesicht war schneeweiß, die Augen glommen in wildem Haß.
Nicht, du Narr, nicht ziehen, dachte Mort entsetzt, der schießt dich kaltblütig zusammen, du Idiot. Die Schere!
Mort hatte die Schere und nahm blitzschnell die Hand herum. Dann stieß er zu, jagte die Schere von oben nach unten und durch Charlys rechten Jackenärmel in die Tischplatte. Mehr konnte er nicht tun in dieser einen Sekunde, in der ihm klar wurde, daß Charly ziehen wollte. Charlys Arm zuckte einmal, aber er begriff, was Mort nicht haben wollte.
Charly Dillon starrte den Marshal an, seine Lippen zitterten heftig, weil er seinen Haß herausbrüllen wollte und doch schweigen mußte.
Der Blick Bill Logans, des Marshals von Colorado, war nur einmal zum Wandtisch geflogen. Logan blickte jetzt starr auf den Mann in der Ecke.
Einmal nur hatte der Vorhang geklirrt, als hätte ihn ein leichter Wind berührt. Der Mann in der Ecke mußte es gehört haben, er hob den Kopf und…
»Sitz still, Sam Burton!«
*
Sam Burton, dachte Mort und streckte die Linke aus, legte sie um Charlys Handgelenk und preßte die Finger zusammen.
In dieser Sekunde hatte der Mann den Kopf hochgenommen, sein Hut war verrutscht, sein hageres Gesicht war bleich.
Sam Burton – jetzt wußte Mort, wer der Mann in der Ecke war, obgleich er ihn vorher nie gesehen hatte. Sam Burton war ein Killer, kein gewöhnlicher Revolvermann. Mort hatte von ihm gehört. Burton sollte aus El Paso stammen und in La Joya in New Mexico leben. Man holte ihn, wenn man jemand erledigen lassen wollte. Dann kam er, lauerte seinem Opfer auf und erschoß es kaltblütig von hinten.
»Ganz ruhig!« zischte Logan. Der State Marshal trug seinen Orden vorn am Gurt und nicht am Hemd – der Stern blinkte matt, genauso matt blinkte der schwere Fünfundvierziger, der plötzlich wie hingezaubert in Logans Hand lag. »Hände aus dem Umhang! Nicht ziehen, Killer, ich drücke ab. Nur die Hände hochnehmen – laß den Revolverkolben los. Na, willst du sterben?«
Charlys Gesicht wurde aschgrau. Er hatte gesehen, wie blitzschnell Logan den Colt herausgehabt hatte und nun begriffen, daß er tot gewesen wäre, ehe er seinen Revolver auch nur einen Zoll angehoben gehabt hätte.
»Sitzt still – alle!« fauchte Logan. »Nun, Burton?«
»Du?« flüsterte Burton. Seine Stimme versetzte Mort einen Schock. Es war eine hohe und sehr helle Stimme – eine Weiberstimme, gerechter Manitu! »Du, Logan? Dies hier ist New Mexico – nicht Colorado. Du hast hier nichts zu sagen!«
»Du irrst!« zischte Logan. »Es gibt längst ein Abkommen zwischen den Staatenmarshals. Die Hände aus dem Umhang!«
»Ich habe nichts getan!«
Mort starrte auf den Umhang. Er war sicher, daß Burton die Hand am Colt hatte. Außerdem hatte der Killer die Beine auf den anderen Stuhl gelegt, sein Revolverhalfter mußte also nicht erst hochgedrückt werden – er konnte durch das Halfter und den Umhang feuern – konnte er?
Nein, er konnte es doch nicht. Der Stuhl stand so, daß Burton ohne Mühe an ihm vorbei auf den Eingang des Saloons feuern konnte. Schoß Burton jedoch auf den Marshal, war ihm der Stuhl im Weg, er mußte durch die Lehne schießen, die Kugel würde abirren oder doch nicht genug Kraft haben.
»Laß die Beine auf dem Stuhl – stößt du ihn um, drücke