G.F. Barner 1 – Western. G.F. BarnerЧитать онлайн книгу.
fischte die Flasche heraus und setzte sie an den Hals.
»Hör auf zu saufen!« fauchte Moss wütend. »Zwei Tage kein warmes Essen, und du säufst wie ein Loch. Das haut den stärksten Neger von den Beinen, erst recht dich, du halbe Portion!«
»Was bin ich?«
Eddie hatte die Flasche leer, holte aus und feuerte sie über den nächsten Zaun auf den Misthaufen, den er vom Sattel aus sehen konnte.
»Du hast sie manchmal nicht alle«, knurrte Moss. »Das ist doch glatt verrückt, was du da machst, Mensch! Hier stellst du mir nichts an, verstanden? Wir essen etwas, dann reiten wir weiter. Ich sage dir, die Herde ist unterwegs nach Fort Verde und vielleicht schon dort. Danach zieht sie weiter bis Fort Reno, dann verkauft der alte Regan die letzten Viecher und fährt weiter nach Tucson. Wir müssen vor ihm dort sein und Alec warnen – ist das klar?«
»Klar – was ist schon klar?« maulte Eddie, wieder zur Kirche starrend und dabei die Zähne fletschend, so daß er Neil Ferguson an einen tollwütigen Hund erinnerte. »Klar ist, daß ich die verdammte Tröte hören muß, und ich hasse nichts auf der Welt mehr als so eine verdammte Tröte. In den Hals sollte man sie dem Kerl stoßen – oder ihn in den Trichter stecken. Hahähä, das müßte aussehen!«
»Du bist verrückt!« fluchte Moss unterdrückt. »Deine blöden Ideen bringen dich noch eines Tages um, das sehe ich kommen, wenn du so weitermachst. Hör zu, Junge, bis jetzt haben wir alles geschafft, was wir tun sollten. Wir haben dem alten Regan beim Auftrieb geholfen und sind dann rechtzeitig von der Herde abgehauen. Danach…«
»Danach ist uns der Alte mit zwei Mann gefolgt – geritten ist er sogar in seiner Wut«, unterbrach ihn Eddie giftig. »Und ich habe mich schlagen lassen müssen, verdammt noch mal, immer ich!«
»Weil du nie die Klappe halten kannst«, stellte Moss bissig fest. »Hättest du getan, was ich gesagt hatte, wäre gar nichts passiert. Der Alte hätte gedacht, daß wir schlicht und einfach versackt wären, statt wie befohlen vorauszureiten und die Furt zu erkunden. Er kochte zwar, aber wenn du ihn nicht ausgerechnet einen alten Idioten genannt hättest, der dich sonstwo könnte, hättest du keine Prügel bezogen. Du machst dauernd Mist, wenn du den Kanal zu voll hast. Es wird immer schlimmer mit dir, Mann.«
»Hat er uns zuerst beschimpft, oder hat er nicht?« giftete Eddie. »Ich schlucke nichts mehr, ich nicht, verstanden? Du hast gekniffen, Moss, mich im Stich gelassen und…«
»Halt das Maul!« fauchte Moss grimmig. »Was hätte ich denn sonst tun sollen, he? Es vielleicht auf eine Schießerei ankommen lassen sollen? Und dann, was dann, du Narr? Wir haben einen Auftrag, daran habe ich zuerst zu denken. Gut, ich hätte den Vormann niederschießen können, aber dann, he? Eingelocht hätte man uns. Hier kennt jeder den alten Bill Regan, dessen Einfluß reicht bis Tucson, Mensch. Du kannst einfach nicht denken, du Narr!«
»Geh zur Hölle!« schnappte Eddie zurück. »Uns wäre schon nichts passiert, sage ich dir.«
»Der Alte hätte uns einlochen lassen«, meldete sich Neil Ferguson düster. »Eddie, stell dir doch mal vor, was passiert wäre, wenn wir im Jail gehockt hätten? Mann, der Alte wäre dort unten unangemeldet aufgetaucht. Und danach hätten sie uns gesucht, im Jail gefunden und uns nach Tucson geschafft, wo sie uns gemeinsam mit Alec wegen der verschwundenen Rinder vor eine Jury gestellt hätten. Wenn wir Alec nicht warnen, hängen wir mit ihm drin.«
»Das weiß ich selbst«, maulte
Eddie. »Teufel noch mal, der hört wohl nie auf zu tröten, was? Ich brauche so ein Ding nur zu hören,
dann sehe ich rot. Man sollte alle Posaunen nehmen und plattwalzen oder zulöten. Mir wird schlecht vor Wut, wenn ich die Tröterei vernehmen muß.«
»Besser dir wird schlecht, als daß du Ärger machst«, knurrte ihn Moss an. »Halte an dich, es muß gleich vorbei sein. He, tatsächlich – er spielt nicht mehr!«
»Das denkst du«, keuchte Eddie und hatte das Flackern im Blick. »Sie spielen mindestens noch ein Lied. Das ist immer so in der Kirche. Mein Gott, ich werde wahnsinnig!«
Er fuhr zusammen und hielt sich wieder die Ohren zu. Die Posaunentöne kamen erneut bis zu ihnen, aber jetzt sangen die Leute dazu.
Eddie ist verrückt, dachte Neil Ferguson beklommen. Hoffentlich stellt der Narr nichts an. Hoffentlich nicht…
*
Der Mann Jericho sollte noch dreißig Schritte gehen, bevor es passierte. Er ahnte nichts von den drei Männern hinter der Schuppenecke, er hatte sie nie gesehen und wußte nichts von Eddie Shaggers und dessen Vater Edward, dem Küster und Kantor.
Jericho hatte gespielt, das Schulterklopfen der Leute hingenommen und dabei schon wieder an den Sarg für Norman Godfrey aus Tucson gedacht.
Der Sarg war beinahe fertig, nur die Endpolitur und das Anbringen der echt silbernen Beschläge lagen noch vor Jericho. Es hatte noch keinen Sarg wie diesen in Arizona gegeben, wahrscheinlich auch keinen in den ganzen Staaten. Und es gab auch nur einen Mann, der diesen Sarg nachbauen konnte. Jedenfalls war das Norman Godfreys Überzeugung gewesen, als er höchst persönlich nach Jerome gekommen war, um David Jericho die Bilder dieses Prachtsarges vorzulegen. Es waren die Bilder vom Begräbnis, das Queen Victoria ihrem Prince Albert ausgerichtet hatte. Wahrscheinlich hatte es bis dahin auch jenseits des Ozeans keinen solchen Sarg gegeben. Und wahrscheinlich mußte man so verrückt wie Norman Godfrey sein, daß man sich diesen Super-Prachtsarg nachbauen und dann in seinem Beerdigungsinstitut ausstellen wollte.
Verrückt, dachte Jericho und schulterte seufzend seine blitzblanke Posaune, an der er genau eine Stunde in seinem Office herumpoliert hatte, glatt verrückt, dieser Norman Godfrey, wie? Haargenau den gleichen Sarg muß der Verrückte bei mir bestellen, sogar die Beschläge müssen exakt stimmen. Und dann darf ich ihm das sündhaft teure Ding nach Tucson bringen, damit er es bei sich ausstellt und ein großes Schild draußen anbringt: »Besichtigen Sie den herrlichen Prachtsarg, in dem Prinz Albert zur letzten Ruhe gebettet wurde! Einmalig komfortabel und von höchster Eleganz! Probeliegen gegen geringe Gebühr. Sie werden sich bereits auf Erden wie im Himmel fühlen!«
Du großer Geist, dachte Jericho, während er sich nach Ireen Douglas, seiner Miß Lehrerin, umblickte, verrückte Leute gibt es – nicht zu glauben! Ich wette, die Interessenten werden vor Godfreys Institut Schlange stehen, um das angeblich direkt aus Old England importierte Prachtstück bestaunen zu wollen. Kein Mensch wird auf die Idee kommen, daß ich den Sarg gebaut haben könnte. Nun gut, es kann mir gleich sein. Godfrey zahlt mir für mein absolutes Stillschweigen extra hundert Dollar. Was habe ich damit zu tun, wenn er die Leute belügt? Diese Welt will betrogen werden, so ist das – und wenn es mit einem falschen Sarg ist.
Er grinste dünn, der seltsame David Jericho, dann hob er knapp die Hand, um Ireen zuzuwinken. Ireen, das schönste Mädchen von ganz Arizona, lächelte zurück.
Schön, dachte Jericho, wirklich ein schöner Sonntag heute. Wir haben zusammen für die Gemeinde gespielt, und der alte Masterson Douglas hat sich sogar herabgelassen, mich zum Kaffee einzuladen. Er ist zwar immer dabei, der Alte, aber das stört uns wenig. Es wird noch ein schöner Tag…
Als er das dachte, war er schon halb über die Straße gegangen. Rechts von Jericho erreichten Hank und Eve Davis gerade den Gehsteig vor ihrem Haus. Der ehemalige Sergeant der U.S.-Kavallerie, der hier eine Sattlerei betrieb, legte den Arm um Eves runde Hüfte und sagte irgend etwas. Dann lenkte die Bewegung in der Gasse, die zwischen der Sattlerei und dem Generalstore von Andrew Talbot nach Süden führte, Jerichos Aufmerksamkeit auf sich.
David Jericho sah dort Angela Davis, die älteste Tochter des Sattlers, im Hoftor erscheinen. Die knapp zwölfjährige Angela winkte heftig zum Fenster des etwas zurückliegenden Wohnhauses der Talbots empor. Und dann sagte das Kind laut genug, so daß Jericho jedes Wort verstehen konnte, während Hank und Eve sicherlich nichts hinter der Hausecke hörten: »Ich komme nachher hinüber, Jolantha, ich muß jetzt schnell in die Küche – meine Eltern sind zurück.«
»Vergiß auch deinen Puppenwagen und Miß Elly nicht«, kam Jolantha Talbots Antwort vom Giebelfenster