G.F. Barner 1 – Western. G.F. BarnerЧитать онлайн книгу.
»Moment mal!«
Jericho packte den Tisch, warf ihn mit Macht um und stieß ihn gegen die blitzschnell hochgehobene Falltür. Die schwere Klappe donnerte zu, Jericho schob den Tisch über sie und betrachtete eine Sekunde die vier hochstehenden Stollen. Dann nickte er zufrieden. Er war überzeugt, daß es Abe Panhurst niemals gelingen würde, den Tisch von der Falltür zu bringen.
Obgleich die Sicht schlecht war und nichts als gelblicher Staubnebel in der Luft hing, entdeckte Jericho seine Posaune auf der Pritsche an der Wand. Der Rand des Trichters hatte eine kleine Delle, das schien alles zu sein.
»Ja, ja, ja«, sagte Jericho kopfschüttelnd, indem er zur verriegelten Tür des zweiten Raumes ging. »He, Bill – lebst du noch?«
Jericho äugte zur Fronttür. Das Fenster war vollständig nach innen geflogen, die Tür jedoch, die sich nach außen öffnete, hatte dem Spektakel standgehalten.
»Bill, ist euch was?« fragte Jericho noch mal, als alles still blieb. »Verdammt, antwortet gefälligst!«
Er riß den schweren Eisenriegel zurück, schloß auf und warf die Tür zurück.
Mabel Regan war durch den feinen Staub gut zu erkennen. Big Bill lag röchelnd und mit offenem Mund da und starrte Jericho wie einen Geist an.
»Komm zu dir, es ist vorbei«, sagte Jericho gelassen. »Was hast du denn, Bill – der kleine Knall war doch nicht so wild, oder?«
»Ha… hast du schon mal gesehen, wie sich ein Dach über deinem Kopf angehoben hat und wieder zurückgefallen ist?« ächzte der Alte. »Was hast du gemacht?«
»Ich?« fragte Jericho unschuldig. »Gar nichts, gar nichts, Bill. Die Burschen müssen da drüben Pulver und kistenweise Munition gelagert haben. Ich habe nur eine über einem Herd stehende Lampe zerschossen, mehr nicht. Es war Feuer im Herd, fürchte ich. Das Kerosin muß wohl über die Kisten und die Pulvertonne gespritzt sein. Und dann scheint es in die Luft geflogen zu sein. Miß Regan, ich hoffe, Sie haben sich nicht zu sehr erschreckt.«
»Oh, mein Gott, Mister David, und die Banditen? Nein, ich hatte gar keine Zeit zum Erschrecken. Da war der Knall auch schon vorbei. Onkel Bill hat gesagt, als man schrie und schoß, jetzt legten Sie los, David, ich sollte mich über nichts wundern.«
»So, hast du das gesagt?« murmelte Jericho und löste Big Bills Fesseln hastig. »Vorsicht, schiebt den Tisch nicht beiseite – Abe Panhurst sitzt im Keller und lebt sicher noch. Ich muß mal nachsehen draußen!«
Er ging hinaus, den Alten und das Girl verwirrt zurücklassend. Jericho blieb vor der Hüttentür stehen. Er konnte jetzt alles sehen, was vorher in der Staubwolke verschwunden gewesen war.
Die rechte Küchenseite des Steinhauses gab es nicht mehr. Der Außenkamin stand nur noch in Schritthöhe. Die Vorderecke mit der Eingangstür war verschwunden, die Mauer nach außen gestürzt und James Edson lag leblos links neben Jericho an der zusammengebrochenen alten Bank. Edsons Colt war bis drei Schritt vor die Wand geflogen. Jericho hob die Waffe auf, sah sie nach und beugte sich dann kurz über Edson. Der hagere Mann war tot, und Jericho war nicht sicher, ob er an der Kugel gestorben war.
»Du hast einen Revolver, Bill«, sagte Jericho knapp. »Laß deine Nichte in der Hütte bleiben. Hier liegt Edson neben der Tür, nimm dir Patronen aus seinem Gurt und paß etwas auf.«
David Jerichos nächster Blick ging nach rechts. Er sah Hank Priestley an der Talwand liegen, näherte sich ihm mit den Achtunddreißiger in der Faust und drehte ihn um. Priestley schien bis auf die blutende und aufgeschrammte Nase nichts zu fehlen. Er hatte nur eine Beule am Hinterkopf.
»Du hast noch einen Colt«, sagte Jericho, als er an der Hüttentür vorbeiging. »Da kommt er, Bill!«
Er warf ihn durch die Tür in den ersten Raum und ging zum Steinhaus. Dort wimmerte jemand in klagenden Tönen unter freiem Himmel, denn ein Dach hatte das Steinhaus nicht mehr. Die Mauer zu dem Raum, in dem Mike Ellery gelegen hatte, war umgestürzt und über das Bett von Higgins gefallen. Jericho blickte auf die Trümmer und die Stiefelhacken. Higgins lag unter dem Bett und den Trümmern der Mauer.
»Du hättest das nicht tun sollen, Higgins«, sagte Jericho düster. »Man sprengt keine Leute in die Luft, nachdem man ihr Geld erpreßt hat. Nun, Mike?«
Mike Ellerys Bett war am Fußende angehoben und gegen die nächste Wand hochgestellt worden. Dann war die Wand umgefallen, das Bett lag über Mike Ellery und er nun auf der Wand. Er starrte Jericho, als der das Bett zur Seite zerrte, entsetzt an, bewegte die Lippen, brachte jedoch keinen Ton heraus.
»War keine gute Idee von deinem Freund Jake«, sagte Jericho finster, indem er ihn auf den Strohsack zog. »Ich bringe dich nach Tucson, Mike, du wirst gefahren. Jake ist tot.«
Er sah noch, wie Mike Ellerys Lippen sich zusammenpreßten und seine Augen dunkel wurden, dann kletterte er über die Trümmer der Mauer hinweg dem Gewimmer entgegen. Was er fand, ließ ihn stehenbleiben.
Die ehemals doppelstöckige Pritsche war nur noch einstöckig. Sie war bis an die Giebelwand gefegt worden, deren Mauerbrocken die obere Pritsche im Herabfallen zertrümmert hatten. Der eine Seitenholm und der Eckpfosten waren abgebrochen. Die Trümmer hatten den Strohsack gepackt und mit den Auflagehölzern auf Eddie, den Giftpilz, herabstürzen lassen.
Eddie Shaggers lag eingeklemmt, zudem wie eine Mumie in eine Decke gehüllt, unter dem Strohsack. Er wimmerte klagend, bis Jericho den Strohsack heruntergezerrt hatte. Als Jericho die Decke fortriß, bot sich ihm ein seltsamer Anblick.
Eddie lag mit angewinkelten Armen, die kleinen Finger in die Ohren gebohrt und kreischte: »Sie gehen nicht heraus, sie gehen nicht heraus! Oh, mein Gott, helft mir, die Finger stecken fest.«
»Tatsächlich?« fragte Jericho. »Wie können sie das, da du doch einen Hohlkopf hast, in dem kein Gehirn sein muß? Warte mal, Bursche, ich helfe dir schon!«
Er riß Eddies Arm zur Seite und hörte deutlich ein seltsam floppendes Schmatzen. Es klang so, als zöge man einen Kork aus einer Flasche. Eddie kreischte wie eine Megäre los und heulte schließlich, als Jericho auch seinen anderen Arm zur Seite riß.
»Aufhören!« brüllte ihn Jericho an, als der Kerl immer weiter heulte. »Sei still, oder du machst den Weg bis Tucson mit einem Knebel zwischen den Zähnen. Ruhig!«
Eddie fuhr zusammen, schwieg tatsächlich einen Augenblick und wimmerte dann: »Es heult und knackt in meinen Ohren – ich höre nichts, ich höre nichts, meine Trommelfelle sind geplatzt.«
»Sehr gut für dich«, stellte Jericho trocken fest. »Dann kann man dir in Yuma später, wenn du wieder mal Gift spuckst, leichter dein verrücktes Gehirn umrühren.«
»Yuma – Yuma?« stammelte Eddie Shaggers. »Yuma ist die Hölle, eher bringe ich mich um!«
»Dann tu es«, sagte Jericho eiskalt. »Und nun wollen wir zu Big Bill Regan gehen. Er wird sich mächtig freuen, daß du Bursche noch lebst. Bill, was tust du da – Vorsicht, Panhurst schießt vielleicht, wenn du die Falltür aufmachst.«
Bill Regan antwortete nicht, und Jericho sah ihn reglos neben der umgelegten Falltür hocken. Der Alte starrte in die Tiefe auf die in der einen Ecke stehenden Laterne, in deren Schein Abe Panhurst vorhin hier unten gearbeitet hatte. Jetzt saß der Rotschopf Abe in der anderen Ecke, die Hände auf dem Leib und den Blick stier auf den Alten gerichtet.
Big Bill deutete stumm auf die beiden Kisten und die dunkel glänzende Tonne am Ende dieses schlauchartigen Kellers. Sie stand dort, wo über dem Boden die Gefangenen auf dem Stroh gelegen hatten. Hier vorn endete die Zündschnur. Sie war lang genug und hatte durch die Luke nach oben gereicht.
»Seltsam«, murmelte David Jericho.
»Sie wollten wohl später, wenn wir alle fort waren, nichts mehr von den Gebäuden stehenlassen.«
»Wenn wir fort gewesen wären?« stieß Bill durch die Zähne. »Mensch, du hast es gewußt, du hast alles gewußt und mir nichts gesagt. Higgins wollte dich mitnehmen – du solltest seinen Freund Mike bis über die