Führungsinstinkt. Anke van BeekhuisЧитать онлайн книгу.
Zustand und neuen Möglichkeiten, die sich daraus für alle Beteiligten ergeben.
Hinter dem Geheimnis der Anziehungskraft dieser Leader vermuten viele die sichtbaren, »miterlebbaren« Emotionen, aber eigentlich ist es die starke Empathie und Wertschätzung gegenüber anderen, die andere Menschen unbewusst beeindruckt und mitreißt.
Leadern ist Integrität so wichtig, weil sie keine Rolle auf einer Bühne spielen wollen. Stattdessen wollen sie mit ihrem Denken und Handeln – und letztlich mit ihrem Erfolg – eine wichtige Rolle in ihrem eigenen Leben und im Leben anderer spielen.
Was zeichnet gute Leader aus?
Leader haben einen hohen Willen zur Leistung, weil sie sich auch selbst mit »Sinnvollem« antreiben. Sie sind sehr neugierig, offen neuen Menschen gegenüber und auch bereit, neue Wege zu gehen und etwas auszuprobieren. Dabei hinterfragen sie sich aber nicht permanent, sondern werden von dem leidenschaftlichen Wunsch angetrieben, ihre eigene Neugierde zu befriedigen.
Leader kommunizieren offen, klar und emotional, haben durch ihren anderen Zugang aber auch ein offenes Ohr für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie für deren Ideen.
Leader haben oft große Visionen, wo Manager nur den Kopf schütteln – nicht, weil diese die Idee nicht gut finden, aber weil Manager sofort darüber nachdenken, wie die Idee in die Realität transferierbar sein soll. Leader verlieren auch gerne einmal die Realität aus den Augen, sprechen oft in der Zukunftsform und vergessen dabei, dass diese Zukunft zum jetzigen Zeitpunkt nur in ihrem eigenen Kopf existiert.
Sehen wir uns kurz an, was ein anerkannter Experte zu diesem Thema denkt: John P. Kotter, Professor für Führungsmanagement an der Harvard Business School, spricht vom Leader, der »die Richtung vorgibt, MitarbeiterInnen danach ausrichtet und Motivation und Inspiration im Unternehmen verbreitet«.
Leader werden darüber hinaus sehr oft mit jenen Organisationen assoziiert, mit denen sie eine Vision verwirklicht haben. Denken wir nur an Apple-Gründer Steve Jobs: Nach seinem Tod brach sofort der Kurs von Apple an der Börse ein – obwohl er zum damaligen Zeitpunkt in der Praxis längst das Unternehmensruder nicht mehr in der Hand hatte. Daran sieht man, wie wichtig Leader sind. Sie prägen eine Unternehmenskultur und agieren wie die Mütter oder Väter einer Organisation.
Ein Generationenwechsel von einem Leader zu einem Manager kann daher schon einmal richtig in die Hose gehen, wenn man nicht rechtzeitig und achtsam darauf zusteuert. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lieben Leader und können, wenn sie jahrelang auf Leading trainiert wurden, mit vergleichsweise trockenen Managementaktionen nur schwer umgehen.
Was zeichnet gute Manager aus?
Wir wollen hier aber keinesfalls den Eindruck erwecken, dass die Qualitäten von Managern weniger wichtig sind als die funkensprühenden Energien von Leadern! Schließlich gibt es in Unternehmen ja auch Menschen, die auf diese völlig unterschiedlichen Aspekte unterschiedlich gut ansprechen.
Managern sind Korrektheit, Zahlen und Fakten als solides Fundament für ihre Entscheidungen immens wichtig. Wenn sie andere überzeugen wollen, sprechen sie bevorzugt von Zielen, Rollen, Funktionen und Prozessen.
Manager bringen Ideen auf den Boden und begegnen den Dingen rational und bodenständig. Sie haben aber auch einen ausgeprägten Erhaltungstrieb: Läuft es einmal gut, dann soll der dahinterstehende funktionierende Prozess doch bitte bewahrt werden. Dieses Sicherheitsdenken steht oft der Innovationskraft von Leadern im Wege.
Manager kommunizieren exakt und klar und orientieren sich in ihrem Verhalten und ihrer Sprache sehr stark an Funktionen und Prozessen.
John P. Kotter (den kennen Sie jetzt schon) spricht von dem Manager, der »plant, budgetiert, organisiert und Stellen besetzt, das Controlling übernimmt und Probleme löst«.
Der Auftrag – Teil IV
Viktor starrte kopfschüttelnd auf den Monitor: »Hast du das neue Memo von der Konzernleitung schon gelesen?«
Hermine: »Bin gerade dabei. Verwirrend. Ich dachte, wir sollten einfach einen Roboter entwerfen, der authentisch auftritt, weiß, was zu tun ist, und damit die Mitarbeiter zielsicher steuert.«
Viktor: »Lead2Success 4.0.«
Hermine: »Ich bleibe bei ›Roboter‹.«
Viktor: »Wieso jetzt plötzlich?«
Hermine: »Weil die neuen Anforderungen menschenunmöglich sind – zumindest für eine Maschine.«
Viktor: »Leader, Manager – beide mit völlig unterschiedlichem Verhalten. Situationselastisch sich selbst und andere steuernd. Selbsterkenntnis ...«
Hermine: »Und dabei noch Charisma versprühend und Funken der Leidenschaft entzündend.«
Viktor: »Die Funken würden wir sicherlich hinbekommen. Allerdings widerspricht das wieder der Brandschutzordnung im Unternehmen.«
Hermine: »Ich glaube, es ist Zeit ...«
Viktor: »Zum Outsourcen?«
Hermine: »...einzugestehen, dass eine Maschine niemals eine gute Führungskraft simulieren kann, sondern Führung etwas zutiefst Menschliches ist.«
Viktor: »Schade um den Namen.«
Hermine: »Das ist auch etwas zutiefst Menschliches – sich mit eigenem Stil und eigenem Handeln einen eigenen Namen zu machen.«
Viktor: »Was heißt das jetzt eigentlich für unseren Ruf? Sind wir gescheitert?«
Hermine: »Wieso? Wir hatten gerade eine wichtige Erkenntnis. Wir sind also gescheiter.«
Viktor: »Du wärst eine gute Führungskraft.«
Existiert die ultimative Führungskombination?
Noch einmal zum Verinnerlichen auf den Punkt gebracht: Ein Leader erzeugt Wandel und Bewegung, ein Manager Ordnung und Konstanz.
Falls Sie sich jetzt fragen, ob Sie vielleicht beides in sich tragen, müssen wir Sie leider ein wenig enttäuschen. Hier gibt es laut John P. Kotter ausnahmsweise kein Und, sondern nur ein Oder. Er meint, dass diese beiden Ausprägungen so gegensätzlich sind, dass sie nicht glaubwürdig in einer Person vereint sein können.
Wir wollen uns hier aber nicht auf Pauschalaussagen versteifen. Natürlich kann auch hier ein Und möglich sein. Es gibt außergewöhnliche Persönlichkeiten, die diesen Spagat auf Dauer schaffen. Aber diese sind sicherlich die Ausnahme.
Kotters Erkenntnis beruht auf einer Studie, in der zwei Drittel von 200 befragten Managern angegeben hatten, dass ihr Unternehmen über zu viele Vorgesetzte verfüge, die »stark im Management, aber schwach in der Führung« seien. 95 Prozent der Manager waren der Meinung, es gebe zu wenige Vorgesetzte, die beide Qualitäten besäßen.
Kotter kommt auch aufgrund eigener Beobachtung zu dem Schluss, dass die meisten Unternehmen »over-managed« und »under-led« sind. Diese knackige und bekannte Aussage stammt zwar bereits aus dem Jahr 1990, dürfte aber nach unseren Erfahrungen in der Praxis kaum etwas von ihrer Gültigkeit verloren haben.
Hierzu passt auch ein kürzlich geführtes Gespräch mit einem Vorstandsmitglied eines Unternehmens, bei dem zum betreffenden Zeitpunkt ein Generationswechsel anstand. Sein klares und auch ernüchtertes Urteil zu der Situation: »Es gibt keine Leader mehr. Die meisten deutschsprachigen Unternehmen werden von Managern geleitet.«
Wir sehen das ähnlich: Es fehlt aus verschiedensten Gründen an der Spitze sehr oft an Mut und an visionären Geschichten. Zahlen und Fakten rücken immer mehr in den Vordergrund – so sehr, dass der Sinn dahinter oft völlig verschwindet. Doch ohne Sinn fehlt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die so wichtige Emotion in der Organisation. Es würde also vielen Organisationen guttun, mehr Leader – oder zumindest eine ausgewogene Balance – im Einsatz zu haben.
Was braucht Ihre Organisation? Was braucht Ihr Team?
Eines möchten wir gleich zu Beginn noch einmal klar betonen: Natürlich sind Leader und Manager gleichermaßen wichtig für eine Organisation! Der Grund, warum