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Der Malteser Falke. Dashiell HammettЧитать онлайн книгу.

Der Malteser Falke - Dashiell  Hammett


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hatte, trat ein, nahm mit einem »Oh, Verzeihung!« hastig den braunen Hut ab und machte Anstalten, sich wieder zurückzuziehen.

      »Schon gut, Miles«, sagte Spade. »Komm rein. Miss Wonderly, das ist Mr. Archer, mein Kompagnon.«

      Miles Archer betrat das Büro erneut, schloss die Tür hinter sich, nickte Miss Wonderly lächelnd zu und machte eine unbestimmte höfliche Geste mit dem Hut in der Hand. Er war mittelgroß und stämmig, breite Schultern, kräftiger Nacken, gutmütiges rotes Gesicht, kantiges Kinn und leicht ergrautes, kurz geschnittenes Haar. Er hatte ebenso deutlich sein vierzigstes Lebensjahr hinter sich gelassen wie Spade sein dreißigstes.

      Spade sagte: »Miss Wonderlys Schwester hat sich mit einem Kerl namens Floyd Thursby aus New York abgesetzt. Sie sind hier. Miss Wonderly hat Thursby gesehen und sich für heute Abend mit ihm verabredet. Vielleicht bringt er ihre Schwester mit, aber wahrscheinlich nicht. Miss Wonderly möchte, dass wir ihre Schwester finden, von dem Kerl loseisen und wieder nach Hause verfrachten.« Er warf Miss Wonderly einen Blick zu. »Richtig?«

      »Ja«, sagte sie kaum hörbar. Die Verlegenheit, die Spade ihr mit seinem mitfühlenden Lächeln und aufmunternden Nicken allmählich genommen hatte, trieb ihr nun erneut die Farbe ins Gesicht. Sie betrachtete die Tasche auf ihrem Schoß und fuhr mit einem behandschuhten Finger nervös über ihre Oberfläche.

      Spade zwinkerte seinem Kompagnon zu.

      Miles Archer trat zu ihm an die Ecke des Schreibtischs. Während die junge Frau auf ihre Handtasche sah, betrachtete er sie. Seine kleinen braunen Augen wanderten ungeniert von ihrem gesenkten Gesicht bis zu den Füßen und wieder zurück zum Gesicht. Dann warf er Spade einen Blick zu und spitzte den Mund zu einem lautlosen, anerkennenden Pfiff.

      Spade hob warnend zwei Finger von der Armlehne seines Drehstuhls und sagte:

      »Das dürfte nicht allzu schwer sein. Es geht lediglich darum, heute Abend einen Mann vor dem Hotel zu postieren, der ihn beschattet, wenn er das Haus verlässt, damit er uns zu Ihrer Schwester führt. Sollte sie mitkommen und Sie können sie überreden, mit Ihnen nach Hause zu fahren, umso besser. Falls sie ihn nicht verlassen will, nachdem wir sie gefunden haben – nun, dann wird uns ganz bestimmt was einfallen.«

      Archer sagte: »Ja.« Seine Stimme war schwer, heiser.

      Miss Wonderly sah zu Spade auf, kurz, zog die Augenbrauen zusammen.

      »Oh, aber Sie müssen vorsichtig sein!« Ihre Stimme zitterte ein wenig, und ihr Mund formte die Worte mit einem nervösen Zucken. »Ich habe schreckliche Angst vor ihm und dem, was er tun könnte. Sie ist noch so jung, und dass er sie von New York hierher gebracht hat, ist ein so schrecklicher … Was, wenn er … wenn er ihr … etwas antut?«

      Spade lächelte und klopfte auf die Armlehnen seines Stuhls.

      »Überlassen Sie das einfach uns«, sagte er. »Wir wissen, wie man mit solchen Typen umgeht.«

      »Aber wäre es nicht möglich?«, beharrte sie.

      »Die Möglichkeit besteht natürlich.« Spade nickte zurückhaltend. »Aber Sie können sich darauf verlassen, dass wir uns darum kümmern.«

      »Ich vertraue Ihnen«, sagte sie ernst. »Ich möchte Sie nur warnen – er ist gefährlich. Ich glaube, dass dieser Mann vor nichts zurückschreckt. Wahrscheinlich würde er nicht zögern … Corinne umzubringen, wenn er sich dadurch selbst aus der Affäre ziehen kann. So etwas wäre doch denkbar, oder?«

      »Sie haben ihm hoffentlich nicht gedroht, oder?«

      »Ich habe ihm erklärt, dass ich nichts weiter will, als sie mit nach Hause nehmen, ehe Mama und Papa zurück sind, damit sie nie erfahren, was sie getan hat. Ich habe ihm versprochen, ihnen kein Wort zu verraten, wenn er mir hilft, wenn aber nicht, würde Papa mit Sicherheit dafür sorgen, dass er zur Rechenschaft gezogen wird. Ich … ich glaube allerdings nicht, dass er mir das abgenommen hat.«

      »Könnte er sich aus der Affäre ziehen, indem er sie heiratet?«, fragte Archer.

      Die junge Frau errötete und antwortete mit verwirrter Stimme: »Er hat eine Frau und drei Kinder in England. Corinne hat es erwähnt, als sie mir schrieb, um zu erklären, warum sie mit ihm durchgebrannt ist.«

      »Das haben sie alle«, sagte Spade, »wenn auch nicht zwangsläufig in England.« Er beugte sich vor und griff nach Bleistift und Notizblock. »Wie sieht er denn aus?«

      »Na ja, er ist ungefähr fünfunddreißig, so groß wie Sie und entweder dunkelhäutig oder braun gebrannt. Auch das Haar ist dunkel, mit buschigen Augenbrauen. Er hat eine laute, polternde Art zu reden und ein reizbares Temperament. Er macht den Eindruck … gewalttätig zu sein.«

      Spade schrieb etwas auf seinen Block und fragte, ohne aufzusehen: »Augenfarbe?«

      »Blaugrau, wässrig, aber trotzdem ausdrucksvoll. Ach ja, und er hat eine ausgeprägte Kerbe am Kinn.«

      »Schlank, mittel oder stämmig gebaut?«

      »Eher sportlich. Breite Schultern und sehr gerade Haltung, fast militärisch. Er trug einen hellgrauen Anzug und einen grauen Hut, als ich ihn heute Morgen sah.«

      »Womit verdient er sein Geld?«, fragte Spade und legte den Stift beiseite.

      »Das weiß ich nicht«, sagte sie. »Ich habe nicht die leiseste Ahnung.«

      »Um welche Zeit haben Sie sich mit ihm verabredet?«

      »Nach acht Uhr.«

      »Na schön, Miss Wonderly, wir werden jemanden dort postieren. Es wäre hilfreich, wenn …«

      »Mr. Spade, könnten Sie vielleicht selbst – oder Mr. Archer …?« Beschwörend hob sie die Hände. »Könnte einer von Ihnen sich persönlich der Sache annehmen? Ich möchte nicht andeuten, dass der Mann, den Sie hinschicken würden, nicht geeignet wäre, aber … ach, ich habe solche Angst, dass Corinne etwas zustoßen könnte! Ich fürchte mich vor ihm. Wäre das möglich? Ich wäre … Natürlich ist mir klar, dass Sie dafür mehr berechnen müssen.« Nervös öffnete sie ihre Handtasche und legte zwei Hundert-Dollar-Scheine auf Spades Schreibtisch. »Würde das reichen?«

      »Ja«, sagte Archer. »Ich werde mich persönlich darum kümmern.«

      Miss Wonderly stand auf und streckte ihm erleichtert die Hand entgegen.

      »Danke! Danke!«, rief sie aus, dann reichte sie auch Spade die Hand und wiederholte: »Vielen Dank!«

      »Keine Ursache«, sagte Spade. »Ist uns ein Vergnügen. Es wäre hilfreich, wenn Sie sich mit Thursby entweder in der Lobby verabreden oder irgendwann mit ihm dort auftauchen würden.«

      »Mach ich«, versprach sie und bedankte sich erneut bei beiden.

      »Und drehen Sie sich nicht suchend nach mir um«, warnte Archer sie. »Ich finde Sie schon.«

      Spade begleitete Miss Wonderly bis zur Tür. Als er an seinen Schreibtisch zurückkehrte, deutete Archer mit dem Kinn auf die beiden Hundert-Dollar-Scheine und grunzte zufrieden: »Das ist sehr anständig.« Er nahm einen der Scheine, faltete ihn zusammen und steckte ihn in seine Westentasche. »Und von der Sorte hatte sie noch mehr in der Handtasche.«

      Spade steckte den anderen Schein ein, bevor er sich setzte. Dann sagte er: »Okay, aber halt dich zurück. Wie findest du sie?«

      »Umwerfend! Und was heißt ›zurückhalten‹?« Archer lachte wiehernd und humorlos. »Du hast sie vielleicht zuerst gesehen, Sam, aber ich hab als Erster ›Hier‹ gerufen.« Er steckte die Hände in die Hosentaschen und wippte auf den Absätzen.

      »Du wirst ihr den Kopf verdrehen, jede Wette.« Spade grinste wie ein Wolf und entblößte dabei seine Zahnreihen. »Dumm bist du nicht, das muss man dir lassen.« Dann fing er an, sich eine Zigarette zu drehen.

      Kapitel II Tod im Nebel

      Im Dunkeln schrillte ein Telefon. Nach dem dritten Läuten ächzten Sprungfedern. Finger tasteten über eine Holzoberfläche.


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