Perry Rhodan 3082: Ein kalkuliertes Risiko. Kai HirdtЧитать онлайн книгу.
makellos. Er zeigte das Sternenrad und die Positionen der wenigen cairanischen Schiffe, die dieses Monstrum begleiteten. Mehrere Zonen waren gekennzeichnet, welche die Cairaner und auch die Ladhonen und Naats nicht sofort erreichen konnten. Unsere Einheiten hingegen konnten dort in einem konzertierten Manöver auftauchen, ähnlich wie die Ladhonen es eben bei der THORA getan hatten, und mit einer knappen Minute Punktbeschuss testen, wie der mysteriöse Weiße Schirm auf eine derartige Belastung reagierte. Danach konnten die Schiffe fliehen und sich in den Schutz der Masse zurückziehen.
Ein Testangriff, wie die Ladhonen ihn gerade gewagt hatten. Eine Provokation, aber nichts, was zwingend zur Eskalation führen musste. Ein perfekter Plan.
»Hast du das allein ausgearbeitet?«, fragte ich beeindruckt.
»Gemeinsam mit Aro Ma-Anlaan«, gab er offen zu. »Wozu habe ich einen Strategietheoretiker an Bord der TARTS, wenn ich für so etwas nicht auf ihn zurückgreife?«
Ich war versucht, den Kopf zu schütteln. Dieser Mann gab nicht einmal die gute Arbeit seiner Untergebenen als eigenen Erfolg aus. Es war mir ein Rätsel, wie er es in der arkonidischen Flotte je zu einem Kommando hatte bringen können. Wahrscheinlich nur, weil Kristallbaron Larsav da Ariga ihm aufgrund einer persönlichen Verpflichtung einige Türen geöffnet hatte.
Die Erwähnung Aro Ma-Anlaans erinnerte mich an etwas: die Erbtochter des Strategietheoretikers und die reichlich düstere Prophezeiung, die sie mir überbracht hatte. Sie hatte angekündigt, dass die Cairaner sich meiner bemächtigen wollten, um mithilfe meiner Ritteraura die Bleisphäre zu öffnen – was mich das Leben kosten würde. Mithin ein wesentlicher Grund, warum ich mich auf der THORA versteckt hielt, statt von der TARTS aus selbst die Flotte zu befehligen. Später hatte Chariklis noch deutlich vager prophezeit, dass etwas ankomme würde, das bereits da sei. Niemand wusste, was damit gemeint war, aber angekommen war jedenfalls das Sternenrad.
Vielleicht wusste das Mädchen auch in der neuen Lage etwas beizutragen. »Kann Chariklis auf die THORA überwechseln?«, fragte ich.
Agh Fermi brauchte eine Sekunde, um sich auf den plötzlichen Themenwechsel einzustellen. »Im Augenblick nicht, fürchte ich. Sie ist wieder in eine längere Schlafphase versunken.«
Diese konnten aus nicht geklärten medizinischen Gründen Jahrzehnte dauern, in denen das Mädchen merkwürdigerweise nicht alterte. Allerdings war Chariklis währenddessen auch keine Unterstützung.
»Es scheint, als müsste ich mich entschuldigen«, kehrte ich zu unserem eigentlichen Thema zurück. »Ich habe dein Handeln falsch gedeutet.«
Nun sah mir agh Fermi wieder direkt in die Augen – stolz und ehrlich. »Nein, Mascant, das hast du nicht«, sagte er. »Ich habe den Angriff befehlsgemäß vorbereitet, ich halte ihn jedoch für einen Fehler. Es war meine volle Absicht, ihn so lange wie möglich hinauszuzögern.«
Die Dreistigkeit, mit der dieser Mann die Wahrheit sagte und mein eigenes Urteilsvermögen infrage stellte, ließ mir den Atem stocken. Ich musste mich bewusst daran erinnern, dass ich ihn genau dafür auf diesen Posten hatte befördern lassen.
»Ich kann das Kommando jederzeit selbst übernehmen«, erinnerte ich ihn.
»Das wäre im Grunde sogar die übliche und richtige Vorgehensweise, Mascant.«
Es fiel mir zunehmend schwer, diesem Kerl beizukommen. Offensichtlich gab er keinen Pfifferling darauf, einen guten Eindruck zu hinterlassen. Natürlich musste er davon ausgehen, dass er mit einem solchen Gespräch seine Karriere beendete. Warum tat er das?
Ist das wirklich die wichtigste Frage?, meldete sich mein Extrasinn.
Nein, das war sie nicht. Aber ich war von Natur aus neugierig, deshalb stellte ich sie trotzdem.
Agh Fermi rieb sich müde die Augen. »Ich werde ohnehin nicht mehr lange im Amt sein. Das Sägen an meinem Stuhl hat bereits begonnen, die alten Khasurne sammeln Material gegen mich. Im Moment stehe ich aber an einer Stelle, an der ich einen Unterschied machen kann. Und solange ich mich hier halten kann, will ich das Beste für die Baronien.«
46 Jahre war der Mann erst alt. Dafür zeigte er jede Menge Selbstvertrauen, gepaart mit einem Reflexionsvermögen, das man nicht häufig fand. Die Kombination von beidem musste in der arkonidischen Flotte zu genau jener erschöpften Resignation führen, die aus seinen Worten herausklang.
Ich wusste nur zu gut, wie anstrengend es war, sich mit den besten Absichten in den Ränkespielen der Khasurne aufzureiben. Das war der Grund, warum ich einst als Arkons Imperator abgedankt hatte. Beinah hätte ich gegrinst, als ich diesen Zug unerwartet in agh Fermi gespiegelt fand. Allerdings führte ich dieses Gespräch, um meinen Stellvertreter ordentlich zusammenzufalten, daher verkniff ich mir das sichtbare Zeichen des Amüsements.
»Und das Beste für die Baronien ist es«, hielt ich fest, »einen direkten Befehl des Mascanten zu ignorieren?«
»Natürlich wäre es nützlich zu wissen, wie belastbar der Schirm ist«, gab agh Fermi zu. »Aber was, wenn die Cairaner im Inneren noch ungeahnte Machtmittel verstecken? Wenn wir durchbrechen, fliegen wir vielleicht genau in die Falle. Wenn wir aber abprallen, erfolgt vielleicht eine Strafaktion. Und cairanische Strafaktionen sind häufig völlig unverhältnismäßig. Ich halte das Risiko für zu hoch.«
»Und ich halte es für ein zu hohes Risiko, direkt am Arkonsystem ein Machtmittel der Cairaner zu dulden, dessen Möglichkeiten wir nicht im Geringsten einschätzen können«, gab ich zurück. »Ja, der Angriff ist ein Risiko. Aber es ist durchkalkuliert, und ich halte es für vertretbar.«
»In welcher Rolle kommst du zu diesem Ergebnis?«
Agh Fermi schaffte es, mich zu verwirren – das gelang beileibe nicht jedem. »Wie meinst du das?«
»Hat der Mascant der Vereinigten Kristallbaronien das entschieden?«, fragte agh Fermi. »Meines Wissens bekleidest du noch einen Posten bei der Liga. Du bist als Kommissar zur besonderen Verwendung bestellt und sollst in dieser Funktion Informationen über das Sternenrad gewinnen. Bei diesem Auftrag würde der geplante Angriff natürlich erheblich weiterhelfen.«
Agh Fermi bekam gleichermaßen unerwartete wie unerwünschte Unterstützung von meinem Extrasinn. Abwegig ist das nicht. Immerhin bist du mit einem Schiff der Liga hier statt auf einer arkonidischen Einheit. Und du hältst dich tatsächlich versteckt und beobachtest.
Plausible Befürchtung hin oder her, agh Fermi überschritt eine Grenze. »Stellst du meine Loyalität in Abrede?«, sagte ich eisig.
»Keinesfalls«, sagte der Mann. »Ich wüsste ich nur gern, wem gegenüber du loyal bist. Dem Kristallbaron, dem Residenten der Liga – oder Gucky?«
Das war ein Tiefschlag. Gucky, der letzte Ilt und mein Freund seit mehr als drei Jahrtausenden, war vor wenigen Tagen in meinen Armen gestorben. Er war völlig sinnlos umgebracht worden in einer Strafkolonie der Cairaner. Sie waren nicht direkt dafür verantwortlich, aber deswegen keineswegs schuldlos.
Je mehr ich in mich hineinhorchte, desto klarer wurde mir, dass agh Fermi recht hatte. Ich wollte die Cairaner leiden sehen, jeden einzelnen von ihnen für den Tod meines Freundes bestrafen. Ich wollte das Sternenrad angreifen, egal ob es militärisch sinnvoll war oder nicht. Und ich konnte nicht ausschließen, dass mein Rachedurst mein Urteil trübte.
»Fragen wir da Ariga«, schlug ich vor. »Letztlich muss der Kristallbaron entscheiden, welches Risiko seine Flotten zur Verteidigung der Heimat auf sich nehmen dürfen. Ich möchte nur noch jemanden zu dem Gespräch hinzuziehen.«
Ich hielt die Verbindung an und kontaktierte meine Enkelin Jasmyne, die mit dem Kristallbaron den Nachnamen da Ariga teilte, aber sonst sehr, sehr wenig mit ihm gemein hatte. Ich erklärte ihr kurz, worum es ging. Sekunden später betrat sie das Zimmer und stellte sich schräg hinter mir in den Empfangsbereich der Holo-Optik.
Ich öffnete den Kanal zu agh Fermi wieder. Der De-Keon'athor schaute verwirrt. Mir war es egal. Ich hatte Jasmyne nicht seinetwegen hinzugebeten, sondern für den Baron.
Ein neues Holo baute sich neben dem von agh Fermi auf und zeigte Larsav da Ariga in vollem