Kleine Frauen, Band 3: Kleine Männer. Louisa May AlcottЧитать онлайн книгу.
sie, und ich habe noch nie einen Jungen getroffen, mit dem ich nicht hervorragend zurechtgekommen wäre, nachdem ich einmal den wunden Punkt in seinem Herzen gefunden hatte. Ich könnte gar nicht mehr ohne meine Herde von lieben, lauten, ungezogenen, schelmischen kleinen Burschen auskommen, nicht wahr, mein Teddy", meinte Mrs. Bär und umarmte den jungen Lausbub gerade noch rechtzeitig, bevor das große Tintenfass in seiner Tasche verschwand.
Nat, der so etwas noch nie zuvor gehört hatte, wusste wirklich nicht, ob Mutter Bär einfach nur ein bisschen verrückt war, oder die liebenswerteste Frau, die er je getroffen hatte. Trotz ihrer eigenartigen Vorlieben tendierte er eher zu Letzterem, denn sie verstand es, den Teller eines Burschen nachzufüllen, bevor er danach fragte, über seine Witze zu lachen, ihn sanft an den Ohren zu zwicken oder auf die Schultern zu klopfen – was Nat insgesamt sehr bezaubernd fand.
"Ich glaube, du solltest jetzt ins Klassenzimmer gehen und einige der Kirchenlieder üben, die wir heute Abend singen wollen", sagte sie und erriet damit genau das, was er tatsächlich am liebsten tun wollte.
Allein mit seiner geliebten Geige und dem Gesangsbuch, das vor ihm im sonnendurchfluteten Fenster lag, während draußen die Schönheit des Frühlings die Welt füllte und innen sonntägliche Ruhe herrschte, genoss Nat ein oder zwei Stunden echtes Glück, lernte die schönen, alten Melodien und vergaß in der fröhlichen Gegenwart seine traurige Vergangenheit.
Als die Kirchgänger zurückkamen und das Mittagessen vorbei war, saßen alle überall im Haus verteilt herum, lasen, schrieben Briefe nach Hause, oder unterhielten sich ruhig miteinander. Um drei Uhr ging die ganze Familie spazieren, denn aktive, junge Körper brauchen Bewegung; und bei diesen Spaziergängen wurde den aktiven, jungen Menschen beigebracht, in den schönen Wundern, die die Natur vor ihren Augen wirkte, Gottes Vorsehung zu erkennen und zu lieben. Mr. Bär war immer dabei und zeigte seiner Herde in seiner einfachen, väterlichen Art "Gebete in Steinen, Bücher in fließenden Bächen und Gutes in allen Dingen".
Mrs. Bär fuhr unterdessen mit Daisy und ihren eigenen beiden Jungs in die Stadt, um Großmutter den wöchentlichen Besuch abzustatten – Mutter Bärs kleine Erholung und gleichzeitig ihr größtes Vergnügen. Nat war noch nicht kräftig genug für den langen Spaziergang und bat darum, mit Tommy zu Hause bleiben zu dürfen, der sich freundlicherweise dazu bereit erklärt hatte, über Plumfield zu wachen. "Du hast das Haus gesehen, also komm mit raus und sieh dir den Garten, die Scheune und unseren kleinen Zoo an", sagte Tommy, als sie mit Asta allein waren, die darauf aufpasste, dass die beiden keinen Unfug anstellten; denn obwohl Tommy einer der gutherzigsten Jungs war, die jemals Kniebundhosen trugen, passierten ihm immer wieder Missgeschicke der schrecklichsten Art, und niemand konnte genau sagen, wie und warum.
"Was ist denn euer Zoo?", fragte Nat, als sie die Auffahrt, die rund um das Haus führte, entlang trotteten.
"Wir alle haben Haustiere, weißt du, und wir halten sie in der Getreidescheune und nennen sie 'den Zoo.' Da sind wir. Ist mein Meerschweinchen nicht eine echte Schönheit?", fragte Tommy, der ihm stolz eines der hässlichsten Exemplare dieses anmutigen Tieres hinhielt, das Nat je gesehen hatte.
"Ich kenne einen Jungen, der ein Dutzend davon hat, und mir sagte, er würde mir eines davon geben; aber ich hatte keinen Platz, um es zu halten, also durfte ich es nicht haben. Es war weiß, mit schwarzen Flecken, eine echte Augenweide, und vielleicht könnte ich es für dich bekommen, falls du es möchtest", sagte Nat, der sich damit für Tommys Aufmerksamkeit bedanken wollte.
"Das würde ich wirklich gerne haben und dir das hier dafür geben, dann können sie zusammen leben, natürlich nur, wenn sie nicht miteinander kämpfen. Diese weißen Mäuse gehören Rob, Franz hat sie ihm gegeben. Die Kaninchen sind Neds, und die Zwerghühner draußen gehören Pummelchen. Das Ding in der Schachtel da ist Demis Schildkrötenbunker. Letztes Jahr hatte er zweiundsechzig, einige davon Mordsdinger. Er hat eines mit seinem Namen und der Jahreszahl versehen und es ausgesetzt, weil er meinte, dass er es vielleicht irgendwann wiederfinden und gleich erkennen wird. Er las einmal von einer Schildkröte, die gefunden wurde und eine Art Stempel trug, der zeigte, dass sie hunderte Jahre alt sein musste. Demi ist ein echt lustiger Kerl".
"Was ist in dieser Kiste?", fragte Nat, der vor einer großen, geräumigen Holzkiste stehenblieb, die halbvoll mit Erde war.
"Oh, das ist Jack Fords Wurmladen. Er gräbt haufenweise davon aus und bewahrt sie hier auf, und wenn wir welche zum Fischen brauchen, kaufen wir sie ihm ab. Das erspart viel Ärger, aber er verlangt viel zu viel dafür. Als wir das letzte Mal gehandelt haben, musste ich ihm zwei Cents pro Dutzend bezahlen und bekam nur so kleine Dinger. Jack ist manchmal gemein, und ich sagte ihm, ich würde selbst graben, wenn er keine besseren Preise macht. Ich besitze auch zwei Hühner, diese grauen dort mit den Schleifen; die sind echt erstklassig, und ich verkaufe Mrs. Bär die Eier, aber ich verlange von ihr nie mehr als fünfundzwanzig Cent pro Dutzend, niemals! Ich würde mich dafür schämen", rief Tommy mit einem höhnischen Blick in den Wurmladen.
"Wem gehören die Hunde?", fragte Nat, der sich sehr für diese Handelsgeschäfte interessierte und das Gefühl hatte, dass die Freundschaft des kleinen Tommy Bangs ein Privileg und eine wirkliche Freude war.
"Der große Hund gehört Emil. Sein Name ist Christoph Kolumbus. Mrs. Bär hat ihn so genannt, weil sie Christoph Kolumbus sehr mag, und sie fand den Namen irgendwie passend für den Hund ", antwortete Tommy, der sich anhörte wie ein Schausteller, der seine Tiere zur Schau stellte. "Der helle Welpe gehört Rob, der gelbe Teddy. Ein Mann wollte sie in unserem Teich ertränken, und Vater Bär konnte das nicht mitansehen. Sie sind gut genug für die kleinen Kerle, ich selbst mag sie nicht so sehr. Sie heißen Castor und Pollux."
"Am liebsten würde ich Toby, den Esel, nehmen, wenn ich mir etwas aussuchen dürfte; es ist so schön, auf ihm zu reiten, und er ist so klein und süß", sagte Nat, der sich nur zu gut an die ermüdenden Fußmärsche erinnerte, die er seinen eigenen, müden Füßen zumuten musste.
"Mr. Laurie hat ihn Mrs. Bär geschickt, damit sie Teddy nicht auf ihrem Rücken tragen muss, wenn wir spazieren gehen. Wir alle mögen Toby sehr. Er ist ein echt toller Esel, jawohl, Sir. Diese Tauben gehören uns allen; jeder hat seinen eigenen Liebling, um den Rest kümmern wir uns alle gemeinsam, je nach Lust und Laune. Jungtauben machen viel Spaß, aber jetzt gerade gibt es keine. Aber du kannst ja nach oben gehen und dir die alten Viecher ansehen, während ich mal nachsehe, ob Cockletop und Granny Eier gelegt haben.
Nat kletterte eine Leiter hoch, steckte seinen Kopf durch eine Falltür und warf einen langen Blick auf die hübschen Tauben, die in ihrem geräumigen Dachboden schnäbelten und gurrten. Manche saßen auf ihrem Nest, andere huschten rein und raus, und ein paar saßen an den Türen, während der Rest von der sonnigen Dachterrasse zum mit Stroh übersäten Hof flog, wo sechs gestriegelte Kühe friedlich wiederkäuten.
"Jedem gehört etwas, außer mir. Ich wünschte, ich hätte eine Taube, eine Henne oder vielleicht sogar eine Schildkröte, die mir ganz allein gehört", dachte Nat und fühlte sich minderwertig, als er die bewundernswerten Schätze der anderen Jungen sah. "Wie kommt man zu diesen Tieren?", fragte er, als er wieder bei Tommy in der Scheune war.
"Wir finden sie, oder wir kaufen sie, oder die Leute geben sie uns. Mein Vater schickt mir meine; aber sobald ich genug Geld mit den Eiern verdient habe, werde ich mir ein Paar Enten kaufen. Hinter der Scheune ist ein netter kleiner Teich, in dem sie schwimmen können, und die Leute zahlen gut für Enteneier; außerdem sind die kleinen Entchen hübsch, und es macht Spaß, sie schwimmen zu sehen", sagte Tommy, der sich gerade fühlte, als sei er Millionär.
Nat seufzte, weil er weder Vater noch Geld hatte; er hatte nichts in der großen, weiten Welt, außer einem alten, leeren Notizbuch und der Fertigkeit, die in seinen zehn Fingerspitzen lag. Tommy schien die Frage und den Seufzer, der auf seine Antwort folgte, zu verstehen, denn nach einem Moment tiefen Nachdenkens brach es plötzlich aus ihm heraus:
"Ich werde dir sagen, was ich tun werde. Ich hasse es, Eier zu suchen, und wenn du das für mich erledigst, gebe ich dir ein Ei für jedes Dutzend, das du gefunden hast. Du führst Buch, und wenn du zwölf beisammen hast, gibt dir Mutter Bär fünfundzwanzig Cent dafür; dann kannst du kaufen, was du willst, verstehst du?"
"Das