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Philosophisches Taschenwörterbuch. VoltaireЧитать онлайн книгу.

Philosophisches Taschenwörterbuch - Voltaire


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des Körpers und der Seele auftragen, die ihr allgemeines Wohlbefinden nennt. Doch Shaftesbury und Bolingbroke ist die Erbsünde gleichgültig. Pope spricht überhaupt nicht davon. Es ist offensichtlich, dass ihr System das Fundament der christlichen Religion untergräbt und überhaupt nichts erklärt.

      Dennoch wurde dieses System vor Kurzem von mehreren Theologen, die bereitwillig Widersprüche zulassen, gutgeheißen. Recht so, denn man sollte niemandem den Trost missgönnen, so gut er kann über die Sintflut an Übeln, die uns überschwemmt, nachzudenken. Es ist richtig, die unheilbar Kranken essen zu lassen, was sie wollen. Man ist sogar so weit gegangen zu behaupten, dass dieses System tröstlich sei. »Gott«, so sagt Pope, »sieht mit einem und demselben Auge den Helden und den Spatz zugrunde gehen, ein Atom oder tausend Planeten auf den Zerfall zusteuern, eine Seifenkugel oder eine Welt sich bilden.«*

      Das ist, wie ich zugebe, ein angenehmer Trost; findet ihr im Rezept von Lord Shaftesbury, der sagt, dass Gott seine ewigen Gesetze nicht wegen eines armseligen Tieres wie dem Menschen durcheinanderbringen wird, etwa nicht ein außerordentliches Beruhigungsmittel? Man muss diesem armseligen Tier zumindest zubilligen, dass es berechtigt ist, untertänigst aufzuschreien und beim Schreien zu verstehen, warum diese ewigen Gesetze nicht für das Wohlergehen jedes Individuums gemacht sind?

      Jenes System des Alles ist gut stellt den Schöpfer der gesamten Natur nur als mächtigen und bösartigen König dar, den es nicht kümmert, wenn er vier- oder fünfhunderttausend Menschen das Leben kostet und die anderen unter Hungersnot und Tränen dahinvegetieren, vorausgesetzt, er erreicht seine Zwecke.

      Die Auffassung, dass dies die beste aller Welten sei, ist weit davon entfernt, tröstlich zu sein, sie bringt die Philosophen, die für sie Partei ergreifen, zur Verzweiflung. Die Frage nach Sinn und Zweck von Gutem und Bösem bleibt für die, die in gutem Glauben darüber forschen, ein unentwirrbares Chaos. Für diejenigen, die diskutieren, ist es eine Denksportaufgabe: Sie sind Galeerensklaven, die mit ihren Ketten spielen. Dem Volk, das nicht nachdenkt, geht es so ähnlich wie den Fischen, die man aus einem Fluss in ein Wasserbecken transportiert. Sie haben nicht die geringste Ahnung davon, dass sie dort sind, um in der Fastenzeit verspeist zu werden. Ebenso wissen wir selbst überhaupt nichts über die Ursachen unseres Schicksals.

      Setzen wir nun ans Ende, wie an das fast aller Kapitel über die Metaphysik, die beiden Buchstaben, welche die römischen Richter setzten, wenn sie einen Fall nicht durchschauten, N. L., non liquet, das ist nicht klar.

      BORNES DE L’ESPRIT HUMAIN – Die Grenzen des menschlichen Geistes

      Sie sind überall, armer Doktor. Willst du wissen, wie dein Arm und dein Fuß deinem Willen gehorchen und wie deine Leber diesem nicht gehorcht? Versuchst du herauszufinden, wie der Gedanke sich in deinem kümmerlichen Verstand bildet, und wie dieses Kind in der Gebärmutter dieser Frau? Ich lasse dir Zeit, meine Frage zu beantworten: Was ist Materie? Deinesgleichen hat zehntausend Bände über diesen Gegenstand geschrieben. Sie haben einige Eigenschaften dieser Substanz herausgefunden. Die Kinder kennen sie genauso gut wie du. Aber was ist diese Substanz im Grunde genommen? Und was ist, was du nach dem lateinischen Wort, das Atem* bedeutet, esprit genannt hast, wozu dir auch nichts Besseres einfällt, weil du dir nichts darunter vorstellen kannst?

      Betrachte dieses Weizenkorn, das ich auf den Boden werfe, und sage mir, wie es sich aufrichtet und einen Halm erzeugt, der mit einer Ähre besetzt ist. Lehre mich, wie die gleiche Erde einen Apfel oben in diesem Baum hier hervorbringt und eine Kastanie an dem Nachbarbaum. Ich könnte dir einen Folianten mit Fragen füllen, die du wahrscheinlich nur mit vier Wörtern beantworten würdest: Darüber weiß ich nichts.

      Und dennoch hast du deine akademischen Würden erhalten, du bist damit überhäuft worden, und einen Doktorhut hast du auch, und man nennt dich einen Lehrer. Und dieser andere hochnäsige Dummkopf, der sich ein Amt gekauft hat, glaubt, dass er damit auch das Recht gekauft habe, darüber zu urteilen und zu missbilligen, was er nicht versteht.

      Montaignes Devise war Was weiß ich?,* und deine ist Was weiß ich nicht?

      CARACTÈRE – Charakter

      Das Wort kommt aus dem Griechischen, es bedeutet »Eindruck«, »Prägung«. Der Charakter ist unsere Prägung durch die Natur, ob wir sie auslöschen können, das ist die große Frage. Wenn ich eine schiefe Nase und zwei Katzenaugen habe, kann ich sie mit einer Maske verbergen. Kann ich stärker auf den Charakter einwirken, den mir die Natur gegeben hat? So wird ein Mann, der von Geburt an ungestüm und leicht aufbrausend war, bei Franz I., dem König Frankreichs, vorstellig, weil er sich über eine ungerechtfertigte Bevorzugung beschweren will. Das Gesicht des Königs, die respektvolle Haltung der Höflinge, der Ort selbst, an dem er sich befindet, machen einen starken Eindruck auf diesen Mann. Er senkt unwillkürlich den Blick, seine raue Stimme wird sanfter, er bringt sein Anliegen demütig vor, man könnte ihn für von Geburt an genauso sanft halten wie es (zumindest in diesem Augenblick) die Höflinge sind, in deren Mitte er sogar verunsichert ist. Doch wenn Franz I. sich mit Physiognomien auskennt, entdeckt er leicht in seinen Augen, die gesenkt sind, in denen aber ein finsteres Feuer glimmt, an den angespannten Muskeln seines Gesichts, an den aufeinander gepressten Lippen, dass dieser Mann nicht so sanft ist, wie er sich gezwungenermaßen geben muss. Dieser Mann folgt ihm nach Pavia, wird mit ihm zusammen festgenommen und kommt mit ihm in Madrid ins Gefängnis.* Die Majestät von Franz I. macht auf ihn nicht mehr den gleichen Eindruck, er wird mit dem Gegenstand seiner Verehrung vertraut. Eines Tages, als er dem König die Stiefel auszieht und sich dabei ungeschickt anstellt, wird der König, verärgert über sein Missgeschick, wütend, unser Mann schickt ihn zum Teufel und wirft seine Stiefel aus dem Fenster.

      Sixtus V. war von Geburt an aufbrausend, eigensinnig, hochmütig, heftig, rachsüchtig und anmaßend. Diese Charakterzüge scheinen sich bei den Prüfungen während seines Noviziats abgemildert zu haben. Kaum beginnt er jedoch in seinem Orden etwas an Ansehen zu gewinnen, regt er sich über einen Klostervorsteher auf und streckt ihn mit Faustschlägen nieder. Als Inquisitor in Venedig versieht er sein Amt voller Anmaßung. Er wird Kardinal und ist besessen della rabbia papale*: Diese leidenschaftliche Hingabe lässt ihn sein Naturell bezwingen. Er umgibt seine Person und seinen Charakter mit einem undurchdringlichen Schleier, er gibt sich demütig und dem Tode nahe. Man wählt ihn zum Papst. Dieser Augenblick gibt seiner Tatkraft, die er aus politischen Gründen den Umständen angepasst hatte, allen lange Zeit zurückgehaltenen Schwung wieder. Er ist der stolzeste und despotischste aller Herrscher.

      Naturam expellas furca tamen ipsa redibit.*

      Religion und Moral können die Gewalt des Naturells in Grenzen halten, aber sie können es nicht zerstören. Der Säufer, der sich im Kloster mit einem Viertelliter Apfelwein pro Mahlzeit begnügen muss, wird sich nicht mehr betrinken, den Wein aber wird er immer lieben.

      Das Alter schwächt den Charakter ab, es ist wie mit einem Baum, der nur noch einige degenerierte Früchte trägt, aber sie sind immer noch von der gleichen Art. Sein Stamm wird knotig und ist moosbedeckt, sein Holz wird wurmstichig, aber er ist immer noch Eiche oder Birnbaum. Wenn man seinen Charakter ändern könnte, dann gäbe man sich selbst einen und wäre damit Herr über die Natur. Kann man sich aber selbst etwas geben? Erhalten wir nicht alles? Versucht doch einmal, den Phlegmatiker zu einer kontinuierlichen Aktivität zu veranlassen, die kochende Seele des Heißsporns durch Apathie zu Eis erstarren zu lassen, demjenigen, der keinen Geschmack und kein Gehör hat, Sinn für Musik und Poesie beizubringen. Ihr werdet dabei nicht mehr erreichen, als wenn ihr versuchtet, einem blind Geborenen das Augenlicht zu geben. Wir vervollkommnen, wir mildern, wir verstecken, was die Natur in uns angelegt hat, aber wir sind es nicht, die diese Veranlagungen schaffen.

      Man sagt zu einem Landwirt: »Sie haben zu viele Fische in Ihrem Fischteich, so werden sie nicht gedeihen. Es gibt zu viele Tiere auf Ihren Weiden, es fehlt an Gras, sie werden abmagern.« Nach dieser Ermahnung kann es vorkommen, dass die Hechte die Hälfte der Karpfen auffressen und die Wölfe die Hälfte der Schafe, der Rest wird dann fett. Wird sich der Bauer zu seinem wirtschaftlichen Erfolg beglückwünschen? Dieser Landwirt bist jedoch du selber. Eine deiner Leidenschaften hat die anderen aufgezehrt, und du glaubst, über dich triumphiert zu haben. Ähneln wir nicht alle jenem alten General


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