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Sophienlust Paket 4 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.

Sophienlust Paket 4 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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zur Flucht in die Küche veranlasst hatte, durchschaut.

      »Wie können Sie so mit mir reden?«, fragte Betti empört. »Ich habe Ihnen doch nichts getan. Im Gegenteil, ich bemühe mich …«

      »Sie bilden sich wahrscheinlich ein, mir mit Ihrem Besuch eine ungeheure Wohltat zu erweisen«, unterbrach er sie. »Aber ich habe Ihnen schon einmal gesagt, ich lege keinen Wert darauf.«

      Betti ging zum Gegenangriff über. »Es mag stimmen, dass Sie auf meinen Besuch keinen Wert legen«, entgegnete sie. »Aber wenn Sie mit Evi beisammen sein wollen, dann lässt sich meine Anwesenheit nicht vermeiden. Und über Evis Gegenwart freuen Sie sich doch, oder etwa nicht?«

      Er schwieg. Eine Weile herrschte Stille, dann sagte er: »Sie tun Evi nichts Gutes, wenn sie sie immer wieder hierherbringen. Das Kind muss mich vergessen.«

      »Das wird nicht möglich sein«, erwiderte Betti. »Das Kind verlangt nach Ihnen.«

      »Ja, jetzt, nachdem es einmal hier war. Es war grausam von Ihnen …«

      »Grausam?«, fuhr Betti auf. »Ich bin nicht grausam, aber Sie sind es, weil Sie verlangen, dass Evi sie vergessen soll.«

      »Sie wollen nicht wahrhaben, dass ich nicht anders handeln kann«, warf er Betti vor. »Sie zwingen mich, es noch einmal auszusprechen: Ich bin kein vollwertiger Mensch mehr, ich kann für Evi nicht sorgen.«

      »Und Sie wollen wirklich nichts tun, um das zu ändern?«, fragte Betti.

      »Ändern? Wie kann ich das denn? Eine zerschossene Hüfte lässt sich nicht einfach reparieren.«

      »O doch.« Unversehens war Betti zum Kernpunkt des Gesprächs gelangt. »Eigentlich bin ich deswegen gekommen.«

      Erich Gleisner starrte sie verständnislos an. »Machen Sie sich lustig über mich?«, fragte er empört.

      »Nein, ich mache mich nicht lustig über Sie!«, rief Betti schnell. »Ich mache mich über niemanden lustig, und über Sie schon gar nicht«, fügte sie ärgerlich hinzu. »Ich habe über Sie mit Frau Dr. Frey gesprochen. Das ist die Ärztin, die Evi, den kleinen Peter und die Kinder von Sophienlust behandelt«, erklärte sie. »Sie hat sich mit Dr. Berger in Verbindung gesetzt …«

      »Dr. Berger?«, unterbrach Erich Gleisner sie. »Das ist doch der Arzt, der mich damals behandelt hat.«

      »Ja, deshalb hat Frau Dr. Frey ihn auch angerufen und mit ihm über Ihre Verletzung gesprochen. Er meinte, dass eine Heilung möglich, ja, sogar sehr wahrscheinlich sei, wenn Sie sich einer Operation unterziehen würden, bei der Ihnen ein künstliches Hüftgelenk eingesetzt werden würde.«

      Erich Gleisner hatte Betti ausreden lassen. Nur seine Augen hatten wütend aufgeblitzt. »Sie haben also mit einer Ärztin über mich gesprochen«, stellte er scheinbar ruhig fest.

      »Ja«, erwiderte Betti ein wenig ängstlich.

      »So! Und mit welchem Recht mischen Sie sich in meine Angelegenheiten?«, rief er voll Zorn.

      »Können Sie mich nicht zufrieden lassen?«

      »Ich will Ihnen doch nur helfen«, verteidigte sich Betti.

      »Ich habe Sie um Ihre Hilfe nicht gebeten. Sie drängen sich mir auf …«

      Nun verlor auch Betti die Beherrschung. »Ich dränge mich niemandem auf! Sie verdienen gar nicht, dass man sich um Sie kümmert! Ich verstehe auch nicht, wie Herr und Frau Haslinger es mit Ihnen aushalten. Es ist wirklich das Beste, wenn ich noch heute mit Evi abreise und nie mehr wiederkomme. An einem so mürrischen Menschen, wie Sie es sind, hat Evi nichts verloren.«

      Betti schickte sich an, das Zimmer zu verlassen, aber Erich Gleisner rief sie zurück.

      »Wenn ich laufen könnte, würde ich aufspringen, Ihnen nacheilen und mich bei Ihnen entschuldigen. Leider ist mir das unmöglich«, sagte er bitter.

      Betti drehte sich um und lächelte zaghaft. »Einer Entschuldigung steht nichts im Wege«, meinte sie leise und setzte sich wieder.

      »Es tut mir leid. Ich wollte nicht grob zu Ihnen sein«, sagte er mühsam. »Ich weiß es zu schätzen, dass Sie Evi lieb haben und für sie sorgen wie für ein eigenes Kind. Aber gerade deshalb war ich ungerecht Ihnen gegenüber. Evi ist meine Tochter. Es fällt mir schwer, zuzusehen, dass sie Sie so behandelt, als wären Sie ihre Mutter.«

      Darauf wusste Betti keine Antwort. Allem Anschein nach hing Erich Gleisner noch immer an seiner verstorbenen Frau und verübelte es ihr, dass sie deren Stelle einnahm. Vorsichtig sagte sie: »Evis Mutter ist tot, und jemand muss sie vertreten.«

      »Ja«, erwiderte er, »aber derjenige sollte ich sein. Es schmerzt mich, dass ein Fremder nun für mein Kind sorgen muss.«

      »Umso mehr sollten Sie sich bemühen, wieder gesund zu werden. Diese Operation …«

      »Dr. Berger hat sie mir gleich nach dem Unfall vorgeschlagen. Aber damals war ich zu verzweifelt, und außerdem … Nein, reden wir nicht mehr darüber.«

      Erich Gleisner tat diesen Einwurf mit einer verächtlichen Handbewegung ab. »Ich war versichert. Darüber hinaus bot mir Herr Rogner, das ist der Mann, der den Unfall verschuldet hat, an, sämtliche Kosten zu tragen.«

      »Oh!« Betti staunte. »Und wir …, ich … habe angenommen, dass sich dieser Mann weigert, die Operation zu bezahlen, und dass Sie aus finanziellen Gründen nichts davon hören wollten.«

      »Nein, finanzielle Gründe sind nicht ausschlaggebend.«

      »Welche denn?«

      Er zögerte. Nachdem er sich vorhin entschuldigt hatte, war er ein wenig freundlicher geworden, aber jetzt verfinsterte sich seine Miene wieder.

      »Es ist doch so unwichtig, ob ich gesund bin oder nicht«, sagte er. »Wer kümmert sich schon darum? Ich habe doch niemandem, dem meine Gesundheit am Herzen liegt.«

      »Sie haben Evi«, erinnerte ihn Betti.

      »Evi braucht mich nicht.«

      »O doch. Ich verstehe Sie einfach nicht. Einerseits beklagen Sie sich, dass Sie kein vollständiger Mensch mehr sind, andererseits scheuen Sie vor der Operation zurück. Ich sehe ein, dass Sie verbittert sind, aber das nützt Ihnen nichts. Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, würde ich nicht jammern …«

      »Ich jammere nicht«, rief er nicht gerade freundlich, aber immerhin halbwegs beherrscht.

      »Jedenfalls müssen Sie alles daransetzen, wieder gesund zu werden. Das sind Sie Evi schuldig und auch sich selbst. Wollen Sie denn Ihr ganzes weiteres Leben herumsitzen und nichts tun?«, vollendete Betti ihre Rede.

      Lange Zeit blieb es still im Zimmer. »Ich habe mich bisher geweigert, den Plan, mich operieren zu lassen, ins Auge zu fassen«, erklärte Erich Gleisner schließlich.

      »Aber es ist die einzige Möglichkeit gesund zu werden«, erwiderte Betti. »Sie haben einfach keine Wahl. Sie müssen es versuchen.«

      »Es scheint mir so zwecklos …«

      »Nein! Sie müssen sich aufraffen und mit Ihrem Arzt reden. Möglichst bald. Wissen Sie nicht, dass Herr Haslinger Ihre Stelle nur Ihnen zuliebe übernommen hat? Frau Haslinger sehnt sich nach ihrem Enkelkind und möchte nach München ziehen. Nur Ihretwegen bleiben sie noch hier.«

      »Von diesem Gesichtspunkt aus habe ich die Angelegenheit noch gar nicht betrachtet.«

      »Nein, weil Sie immer nur an sich selbst denken und sich selbst bemitleiden.«

      »Nun sind Sie diejenige, die – gelinde ausgedrückt – unfreundlich ist«, warf er ihr vor.

      »Das wollte ich nicht«, entschuldigte sich Betti. Sie wunderte sich über sich selbst. Sonst war sie eher sanft und zurückhaltend. Woher nahm sie eigentlich den Mut, Erich Gleisner so schonungslos die Wahrheit zu sagen?

      Merkwürdigerweise nahm er ihr das nicht übel. »So, wie Sie es darstellen, ist es geradezu meine Pflicht, mich dieser


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