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Sophienlust Paket 4 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.

Sophienlust Paket 4 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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… lebte Ihre alte Liebe neu auf«, vollendete Helmut barsch den Satz. »Nur haben Sie vergessen, dass ein ganzes Menschenleben dazwischen liegt. Florence ist nicht das Mädchen, das Sie als junger Mann kennengelernt haben. Sie kann es gar nicht sein. Und Ihre Träume, Justus, sind unrealistisch. Eigentlich müssten Sie eine junge Frau wie Florence nicht an sich binden dürfen.«

      »Will ich das denn?«, fragte der Alte verblüfft.

      »Sie reden doch die ganze Zeit von nichts anderem«, keuchte Helmut.

      »Es hört sich fast an, als wären Sie eifersüchtig, Dr. Amberg«, meinte Justus bedächtig. Verwundert sah er zur Seite. Hatte er den jungen Arzt nicht immer für einen Mann gehalten, den der Tod seiner Frau so erschüttert hatte, dass er nie mehr Interesse für das weibliche Geschlecht aufbringen würde? Hatte er sich so gründlich geirrt?

      »Bin ich auch«, maulte Helmut. »Rasend sogar. Nicht nur auf Sie, sondern auf jeden, der in Florences Nähe kommt.«

      Justus pfiff durch die Zähne, wie Nick es oft tat. »Au weia, Sie hat es aber böse erwischt. Jetzt verstehe ich erst, was die ganze Sache für Sie bedeutet.« Justus atmete schwer.

      »Ich wollte Florence heiraten, weil ich sie liebe und weil ich den Kindern wieder ein Zuhause geben möchte. Aber sie weiß noch gar nichts davon. Ich konnte ja nicht ahnen, dass so etwas passieren würde. Und ich wusste auch nicht, dass es noch andere gibt, die sich mit ähnlichen Gedanken befassen. Vielleicht wird keiner von uns Florence bekommen, weil …« Helmut wagte es nicht, das Furchtbare auszusprechen. Er fuhr immer rascher.

      Der alte Justus lächelte wehmütig. »Wenn wir sie finden, Doktor, wird es keinen Grund zur Eifersucht für Sie geben, das verspreche ich Ihnen. Ich habe Florence lieb. Aber anders, als Sie vermuten. Mehr wie ein Vater, oder sogar wie ein Großvater. Eigentlich habe ich nie daran gedacht, mehr von ihr zu verlangen, als ein freundliches Lächeln, ein belangloses ›Merci, Monsieur!‹. Wenn man so alt ist wie ich, wird man in seinen Wünschen sehr bescheiden.«

      »Entschuldigen Sie, Justus. Ich bin so durcheinander, dass ich gar nicht richtig weiß, was ich eigentlich sage. Ich wollte Ihnen nicht wehtun.« Helmut Amberg wischte sich den Schweiß von der Stirn.

      »Ich weiß es.« Bedächtig nickte der Alte mit dem Kopf.

      *

      Verwundert blickte Nick nach dem Zettel, der aus dem Fenster des Krankenzimmers gesegelt war. Er las ihn und blinzelte hoch. Oben stand Heidi in einem hellblauen Morgenröckchen hinter dem Fenster und winkte ihm zu.

      Nick lächelte ein bisschen verlegen hinauf. Dann legte er wie ein Soldat grüßend die Hand an die nicht vorhandene Mütze und nickte ernsthaft.

      Eben noch hatte er ins Tierheim gehen wollen, doch jetzt entschied er sich anders. Er ging zu den Kindern und fragte: »Wer kommt mit mir zum See?«

      »Jetzt noch? Es gibt doch bald Abendbrot.« Irmela tippte sich unmissverständlich an die Stirn.

      »Es ist aber sehr wichtig. Wegen Dany und Sanny und Florence.«

      »Sind sie am See?«, erkundigte sich Angelika.

      »Weiß ich nicht. Vielleicht.« Nick trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen.

      »Aber man hat doch dort schon alles abgesucht«, meinte Pünktchen.

      »Trotzdem. Wenn ihr nicht wollt, dann gehe ich eben allein.« Nick wandte sich bereits um.

      »Aber wir müssten Tante Ma Bescheid sagen«, gab Irmela zu bedenken.

      »Gut, aber beeile dich und sag ihr nichts von diesem Zettel.«

      »Ein Zettel?« Die Buben und Mädchen drängten sich nun um Nick.

      »Mensch«, flüsterte Steffen, »da müssen wir unbedingt hin. Stellt euch vor, wie die Erwachsenen staunen würden, wenn wir …« Er blies die Backen auf und ließ pfeifend die Luft entweichen.

      Der Jagdeifer hatte die Kinder gepackt. Vergessen waren alle Ermahnungen von Denise, sich nicht um Dinge zu kümmern, die nur die Erwachsenen etwas angingen. Knapp eine Minute später stürmte die kleine Schar zum Portal hinaus und lief durch den Park.

      *

      Polternd stieß der Mann die Tür des Holzhauses auf und taumelte hinein. Er wirkte wie ein Betrunkener. Doch Florence sah sofort, dass er es nicht war. Verzweiflung war in seinem Blick, Schmerz verzerrte seinen Mund.

      »Ich bin ein Idiot, ein jämmerlicher Idiot«, schrie er und hämmerte mit beiden Fäusten gegen seine Stirn.

      Florence rückte sofort näher zu den Kindern, die friedlich auf der Bank schliefen. Mit ihrem Körper schützte sie die Kleinen vor den feindseligen Blicken des Mannes.

      »Alles habe ich falsch gemacht, aber auch alles. Ich wollte etwas erzwingen, was ich ohnehin bekomme!« Stöhnend ließ er sich auf einem Stuhl nieder.

      »Dann lassen Sie uns gehen«, bat Florence leise, aber eindringlich.

      »Damit Sie mich verpfeifen? Glauben Sie, ich will ins Gefängnis?«

      »Ich werde Sie nicht verraten«, versprach Florence ängstlich. Um die Kinder zu retten, hätte sie jedes Versprechen abgegeben.

      »Sie erwarten doch nicht, dass ich das glaube?« Der Fremde lachte voll Bitterkeit.

      »Ich schwöre es!«

      »Lassen Sie die Mätzchen.« Die Stimme des Mannes wurde lauter.

      Erschrocken drehte sich Florence nach ihren Schützlingen um. Wachten sie auch nicht auf?

      »Ich war bei meiner alten Dame«, erzählte der Mann in der Lederjacke und streckte weit die Beine von sich. »Sie ist plötzlich völlig verwandelt und muss etwas gemerkt haben. Da kämpft man jahrelang um Selbstständigkeit, führt Diskussionen, streitet und brüllt, und alles nützt nichts. Man wird zum Hampelmann degradiert. Wer hält das schon aus?«

      Er sah an Florence vorbei und dachte daran, wie schwer ihm die Erpressung Dr. Ambergs gefallen war. Und prompt zeigte sich, dass sie verkehrt war. Völlig verkehrt.

      »Ich muss verrückt gewesen sein«, murmelte er. »Doch wer wird das nicht, wenn er fünfzehn Jahre lang hingehalten wird? Wenn man ihn einmal überhaupt nicht beachtet, ihn ein andermal zurechtweist und mit billigen Ausreden vertröstet? Wer lässt sich das Jahr für Jahr gefallen? Mit wem gehen da die Nerven nicht durch? Wer wünscht sich nicht, dass dieser Zustand endlich beendet sein soll? Und wer kommt da nicht auf ausgefallene Ideen, den Ablauf zu beschleunigen?«

      »Haben Sie denn wirklich geglaubt, durch Gewalt etwas erreichen zu können? Noch dazu auf Kosten Unschuldiger?« Florence hatte plötzlich überhaupt keine Angst mehr. Für sie war der Mann in der Lederjacke jetzt ein Mensch wie jeder andere. Ein Mensch, der Kummer und Sorgen hatte, ein Mensch, der eine Dummheit begangen hatte, weil er nicht mehr aus noch ein gewusst hatte.

      Der Mann tat, als höre er Florence nicht. »Sie war völlig verändert, die Alte«, stöhnte er. »Plötzlich konnte man mit ihr reden. Plötzlich sah sie sogar ein, dass sie mir längst mehr Freiheiten hätte einräumen sollen. Jetzt überträgt sie mir die Vollmachten, um die ich seit fünfzehn Jahren gekämpft habe. Warum jetzt? Warum nicht schon vor einer Woche, vor einem Monat oder einem Jahr? Warum hat sie mich so weit getrieben? Sie ist schuld daran, dass alles so weit gekommen ist. Hat sie erfahren, was geschehen sollte? Hat sie Angst bekommen?«

      Der Mann stand auf und schlurfte zu den Fenstern. Das Tageslicht, das dort durch die Ritzen schimmerte, wurde ständig schwächer.

      »Sie hat mich wieder einmal in eine fatale Situation gebracht«, murmelte der Mann vor sich hin. »Einmal im Leben wollte ich mir selbst beweisen, dass ich stark bin, dass ich mich durchsetzen kann. Und nun ist’s überhaupt nicht mehr nötig. So ein Mist! So ein blöder Mist!«

      Florence, die das Selbstgespräch aufmerksam belauscht hatte, konnte sich noch immer keine Vorstellung darüber machen, was die Kinder Dr. Ambergs mit dem Leben und der Arbeit dieses Mannes zu tun haben sollte. Doch die Klärung dieser


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