Dr. Norden Bestseller Box 14 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
gewiß.«
»Er hatte einen anscheinend einfachen Beinbruch. Jetzt hat er ein künstliches Hüftgelenk bekommen und ist fast steif. Er kann nicht mehr dirigieren.«
David war bestürzt. »Ich habe nur gehört, daß er sich ins Privatleben zurückgezogen hätte.«
»Was blieb ihm übrig? Zum Glück ist er ja vermögend, aber ich möchte nicht auf Kosten meiner gutsituierten Schwiegereltern leben.«
»Du sollst nicht so denken, Christopher«, sagte Vanessa. »Sie wollen dir gern helfen.«
»Aber du kennst meine Einstellung«, sagte er heftig.
Also auch eine psychische Belastung, dachte Daniel. Er wollte jetzt keine Fragen nach den persönlichen Verhältnissen stellen. Da würde David wohl doch manches wissen. Er wollte Christopher die Angst vor einer Operation nehmen. »Röntgen bedeutet nicht operieren«, meinte er. »Aber die Insel der Hoffnung ist ein Sanatorium, kein Krankenhaus. Eine Röntgenabteilung gibt es dort nicht. Wir können uns darüber noch eingehend unterhalten, wenn Sie sich entschließen, meinem Rat zu folgen.«
»Das werden wir tun«, sagte Vanessa rasch. »Wir werden nichts unversucht lassen.«
Sie verabschiedeten sich für den nächsten Nachmittag. Daniel und Fee, David und Katja fuhren gemeinsam heim, und auf der Fahrt erzählte David von Christopher, der ähnlich wie er aus bescheidenen Verhältnissen stammte.
Sie hatten sich auf dem Konservatorium kennengelernt, und da beide vom gleichen Ehrgeiz beflügelt waren, schnell voranzukommen, hatten sie sich auch bestens verstanden.
»Vanessas Vater besitzt eine Maschinenfabrik, und er hätte es wohl lieber gesehen, wenn sie einen Mann geheiratet hätte, der seine Nachfolge übernehmen könnte, da sie das einzige Kind ist. Aber sie hat ihren Willen durchgesetzt. Gerade deshalb will sich wohl Christopher nicht von den Schwiegereltern abhängig machen. Ich kann das gut verstehen.«
»Es muß schrecklich für ihn sein, daß er dieses Handicap hat«, meinte Katja.
»Eine schwere seelische Belastung, die Verkrampfungen hervorruft«, stellte Daniel fest. »Wie oft erleben wir es, daß ein seelisches Tief den Heilungsprozeß verzögert. Wollen wir doch mal sehen, ob dem guten Christopher nicht zu helfen ist.«
Für ihn war dies jedenfalls kein aussichtsloser Fall wie Peter Reinhold, und das stimmte ihn zuversichtlich.
*
Stefanie war in dieser Nacht von schweren Träumen geplagt worden. Aber pünktlich wie immer war sie auch am Morgen des neuen Tages im Institut.
Professor Weissenberger hielt Vorlesungen, und sie beschäftigte sich mit Peters Anamnese. Was Dr. Norden bisher festgestellt hatte, war allerdings besorgniserregend. Der Wert der weißen Blutkörperchen war erschreckend angestiegen und sie wußte sehr gut, daß es kein Mittel gab, diese Entwicklung zu bremsen. Demzufolge wucherten auch die Gewebe, die diese weißen Blutkörperchen erzeugten, die Milz und die Lymphknoten. Blässe, Appetitlosigkeit, häufig auftretendes Fieber waren die Begleiterscheinungen.
Auch Professor Weissenberger würde nichts anderes feststellen können. Ein Frösteln kroch durch ihren Körper bei dem Gedanken, daß es keine Hilfe für Peter gab und man ihm nur noch damit helfen konnte, daß man ihm seine verbleibende Lebensdauer so angenehm wie nur möglich machte.
Sie nahm sich vor, mit Ralph zu sprechen. Er mußte mehr Verständnis für seinen Bruder aufbringen. Sie war dazu fest entschlossen, als sie sich im Klosterstüberl mit ihm traf. Sie kamen fast zur gleichen Zeit.
»Wie geht es Peter heute?« erkundigte sie sich.
»Nicht besonders. Ich habe Dr. Norden angerufen. Er wird jetzt wohl bei ihm sein. Ich weiß nicht, was Peter plötzlich gegen ihn hat. Aber ich möchte jetzt mit dir
über uns sprechen, Stefanie.«
Sie zuckte zusammen. Sie ahnte, was kommen würde, aber es geschah etwas anderes. Ein paar neue Gäste kamen, unter ihnen eine sehr elegante, auffällig gekleidete junge Dame, die sich umblickte und dann auf Ralph zugeeilt kam.
»Ralph, mein Schatz!« rief sie ungeniert aus. »Wie schön, dich zu sehen. Ich bin erst seit gestern zurück. Wir haben uns viel zu erzählen.«
Ein herablassender Blick traf Stefanie. »Ach, du bist in Begleitung«, fuhr sie fort, »aber das macht ja eigentlich nichts.«
Sie hatte eine maßlos arrogante Art, sich aufzuspielen. Stefanie nahm Ralphs unwillige Meine nicht zur Kenntnis. Im Augenblick war sie sogar froh über diesen Zwischenfall.
»Darf ich bekannt machen«, sagte Ralph rauh, »Gitta Bartosch, Stefanie Linden.«
»Sollte ich sie kennen?« fragte Gitta ironisch.
»Kaum«, erwiderte Stefanie. »Ich muß ohnehin aufbrechen.«
»Wir hatten einiges zu besprechen, Stefanie«, sagte er heiser.
»Das ist jetzt wohl kaum möglich«, erwiderte sie kühl, und fast hätte sie hinzugefügt, daß er Gitta so schnell doch nicht loswerden würde. Sie unterdrückte jedoch diese Bemerkung.
»Die ist aber schnell eingeschnappt«, stellte Gitta fest, als sich Stefanie rasch entfernte, wobei sie aber Ralph am Arm festhielt, als er Stefanie folgen wollte. Ihre Augen verengten sich. »Doch nicht was Ernstes?« fragte sie anzüglich.
»O doch«, entgegnete er jetzt zornig. »Mußt du dich immer so aufführen, Gitta? Schließlich bist du verheiratet.«
»War ich, mein Bester. Ich bin seit acht Tagen geschieden und wieder zu haben. Ich habe meine Erfahrungen gesammelt, Ralphiboy und…«
»Ich bitte dich wirklich sehr darum, mich nicht mit diesem albernen Namen anzureden«, fiel er ihr hart ins Wort. »Verschwende deine Zeit nicht an mich, Gitta, um es ganz deutlich zu sagen. Mein Herz ist nicht mehr frei.«
Ein häßlicher Zug verzerrte ihr Gesicht. »Wenn es sich um dieses Mädchen handelt, scheinen deine Gefühle nicht erwidert zu werden«, sagte sie gehässig. »Du tust mir leid, Ralph.«
»Dann lassen wir es dabei. Ich muß jetzt auch gehen, und du bist ohnehin in Gesellschaft gekommen.«
Er hatte eine Mordswut auf sie. Endlich hatte sich ihm eine Gelegenheit geboten, einmal mit Stefanie allein zu sein, und nun hatte er diese Chance nicht nutzen können. Es war alles so unklar wie zuvor.
Peters gestriger Gefühlsausbruch hatte ihm klargemacht, daß sie harte Konkurrenten um Stefanies Gunst geworden waren, und er hatte heute nicht in Erfahrung bringen können, wer die größeren Chancen bei Stefanie hatte. Allerdings war es ihm nun ganz bewußt geworden, wie schwer es ihn treffen würde, wenn Peter der Sieger werden würde. Zum ersten Mal in seinem Leben liebte er wahrhaft. Stefanie bedeutete ihm viel mehr, als er sich bisher eingestanden hatte. Sie bedeutete ihm alles.
*
Peter setzte eine abweisende Miene auf, als Dr. Norden kam. Er fühlte sich elend, aber das versetzte ihn in einen noch aggressiveren Zustand. Die Haushälterin Katinka hatte es schon zu spüren bekommen, aber sie war nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen. Sie kannte die Brüder Reinhold schon als Buben, und sie empfand für beide wie eine Mutter, die sich auch mit unterschiedlichen Charakteren und auch Launen abfand.
Dr. Norden nahm Peter nichts übel. Auch nicht, daß er sagte: »Nun tun Sie doch endlich mal etwas, damit dieser Zustand nicht anhält.«
»Ich würde vorschlagen, daß Sie sich klinisch untersuchen lassen, Herr Reinhold«, sagte er jetzt freundlich. »Ich bin nicht allwissend, aber selbstverständlich daran interessiert, daß die eigentliche Ursache gefunden wird.«
»Es tut mir leid, wenn ich unhöflich war«, sagte Peter leise, »aber so lange haben diese Fieberanfälle noch nie angehalten.«
»Ich verstehe Sie sehr gut, und ich würde vorschlagen, daß wir doch einige Spezialisten zu Rate ziehen. Bitte, haben Sie dafür Verständnis, daß in der Praxis eines Allgemeinmediziners