Peak - Performance für Frauen. Stacy T. SimsЧитать онлайн книгу.
haben, bedeutet, dass wir eine niedrigere maximale Sauerstoffaufnahmekapazität (die maximale Menge Sauerstoff, die der Körper verwerten kann, um Energie zu erzeugen) haben als Männer. Wie in dem folgenden Diagramm zu sehen ist, ist die VO2max von Frauen im Durchschnitt 15 bis 20 Prozent niedriger als die von Männern. Wenn ein Athlet und eine Athletin also die gleiche sportliche Aktivität verrichten, hat die Frau eine höhere Herzschlagfrequenz und benötigt mehr Sauerstoff für die gleiche Belastung.
RELATIVE MAXIMALE SAUERSTOFFAUFNAHME BEI FRAUEN UND MÄNNERN
Aufgrund unserer Hormone verwenden wir während des aeroben Trainings auch auf unterschiedliche Weise Energie. In den folgenden Kapiteln befassen wir uns eingehender damit, aber generell lässt sich sagen, dass unser Körper aufgrund unseres hohen Östrogenspiegels weniger stark auf Kohlenhydrate und stärker auf Fett zurückgreift als der Körper von Männern. Das klingt nach einer guten Sache, und in gewisser Weise ist es auch gut, weil Fett die Hauptbrennstoffquelle für aerobes Training ist. Aber wenn wir uns wirklich intensiv anstrengen müssen, ist es wiederum nicht so gut, weil die Neigung unseres Körpers, Glykogen zu sparen (die während der Hochhormonphase unmittelbar vor der Menstruation besonders ausgeprägt ist), es erschweren kann, intensive Belastungen zu vollbringen. Wenn wir die anaerobe Schwelle überschreiten, brauchen wir die Kohlenhydrate dringend, um das anaerobe Energiesystem mit Brennstoff zu versorgen. Wenn Ihnen in Ihrem Blut die Kohlenhydrate ausgehen, kann das bedeuten, dass Sie es langsamer angehen müssen, anstatt Gas zu geben. Das kommt daher, dass Ihr Körper einfach nicht auf das gespeicherte Glykogen zurückgreifen kann, das er benötigt, um die Energie bereitzustellen, die Sie abrufen wollen.
Da wir gerade von Energie reden: Weil Männer größere Typ-2-Muskelfasern und damit auch die mit ihnen einhergehenden energieproduzierenden Enzyme haben, verfügen sie auch über eine höhere glykolytische Kapazität als Frauen. Weniger geschwollen ausgedrückt könnte man sagen, dass ihr Körper in der Lage ist, in Abwesenheit von Sauerstoff mehr Glucose zu verbrennen. Das hilft ihnen dabei, uns bei kurzzeitigen intensiven Belastungen zu überflügeln, aber es bedeutet auch, dass ihr Körper Laktat akkumuliert (eine Chemikalie, die der Körper produziert und während hoch intensiver Belastungen als Energie verwendet). Doch wenn mehr Laktat produziert wird, als abgebaut werden kann, führt dies zu einer Übersäuerung der Muskeln oder dazu, dass die Muskeln »brennen«, was einen zwingt, langsamer zu werden. Infolgedessen benötigen Männer nach intensiven Belastungen eine längere Phase für die Regeneration. Frauen hingegen haben einen größeren Vorteil, wenn es um Ausdauer geht, weil unsere Typ-1-Muskelfasern effizienter darin sind, für die Energiegewinnung Fett zu verwenden und Glucose zu sparen.
Unterm Strich schwitzen Frauen auch eher zu viel Natrium aus und zehren eher von ihren Muskeln, um Energie zu gewinnen. Zudem fällt es unserem Körper in der prämenstruellen Hochhormonphase, wenn der Progesteronspiegel hoch ist, schwerer, diese Muskeln nach dem Training wieder aufzubauen und zu reparieren.
Was soll eine Frau also tun? Gehen wir noch mal zurück zu der raffinierten Prius-Fahrerin. Natürlich wird der Mustang sie in einem Beschleunigungsrennen schlagen. Vielleicht sogar bei einem Rennen durch New Jersey. Aber das effiziente kleine Auto wird sehr viel länger bei geringerem Benzinverbrauch vor sich hinschnurren und den PS-starken Mustang auf der langen Strecke vielleicht sogar besiegen.
An der äußersten Spitze auf dem höchsten Leistungsniveau, wo die absoluten Spitzensportler gegeneinander antreten, wird die schnellste Frau wahrscheinlich nie vor dem schnellsten Mann über die Zielgerade laufen, weil sie, was die Körpergröße angeht, zu nahe beieinander liegen. (Die Gewichtsunterschiede von Top-Marathonläufern – egal ob männlich oder weiblich – rangieren innerhalb einer Marge von kaum mehr als 2 Kilogramm.) Doch für alle anderen von uns gilt, dass es durchaus im Bereich des Möglichen liegt, mit den Männern gleichzuziehen oder sie abzuhängen, wenn wir unsere einzigartige Physiologie kennen und mit ihr zu arbeiten wissen. Was das angeht, geht es darum, durch Training Blutplasmavolumen (den flüssigen Teil des Blutes) aufzubauen und den Körper mit der Nahrung zu versorgen, die er benötigt, um den Stoffwechsel auf Touren zu halten. Damit werden wir uns in den folgenden Kapiteln eingehend befassen.
HORMONE IM ÜBERBLICK
Hormone spielen bei jeder körperlichen Funktion eine große Rolle. Das sieht man sehr deutlich in der Welt des Sports. Im Folgenden ein Überblick über die wichtigsten Wirkungen männlicher und weiblicher Hormone.
Testosteron (das wichtigste männliche Hormon) bewirkt:
• Knochenbildung, größere Knochen
• Proteinsynthese (der biologische Muskelaufbauprozess), größere Muskeln
• Erythropoetin-(EPO)-Sekretion, erhöhte Produktion von roten Blutkörperchen
Östrogen (das wichtigste weibliche Hormon) bewirkt:
• Fettablagerung (Lipoproteinlipase, das Enzym, das dafür verantwortlich ist, Fettsäuren aus dem Blut aufzunehmen und in das Fettgewebe zu transportieren; Östrogen verstärkt diesen Prozess)
• Hemmung anaboler Stimulation (erschwert den Muskelaufbau)
• schnelleres, kürzeres Knochenwachstum
• kleinere Statur, geringere Gesamtkörpermasse
• mehr Fettmasse und höherer Körperfettanteil
SCHNELLE FRAUEN: UNSERE STÄRKE, GESCHWINDIGKEIT UND KRAFT
Das hier ist was für Sie, liebe CrossFit-Athletinnen und Sprinterinnen. Wie Sie in dem Abschnitt über die Körperzusammensetzung gesehen haben, besteht der größte Anteil Ihrer Muskelfasern aus Typ-1-Fasern, die Ihnen dabei helfen können, einen schnellen 10-Kilometer-Lauf zu laufen, aber nicht unbedingt viel dazu beitragen, Kipping-Pull-ups oder intensive Einsätze auf dem Fußballplatz zu absolvieren. Aber das heißt nicht, dass Sie Ihre Typ-2-Muskelfasern nicht durch Krafttraining aufbauen können. Das können Sie nämlich ganz gewiss.
Mithilfe von Training können Sie genau genommen fast so stark werden wie ein Mann, zumindest in relativer Hinsicht. Als Wissenschaftler zum Beispiel 52 junge Männer und 50 junge Frauen auf Ergometern bei einem maximalen Belastungstest gegeneinander antreten ließen, stellten die Männer die Frauen locker in den Schatten. Sie erreichten gut 50 Prozent höhere Spitzenleistungen. Aber die Männer waren deutlich schwerer. Als die Wissenschaftler das Augenmerk darauf richteten, wie viel Leistung die Teilnehmer pro Kilogramm Körpergewicht erzeugen konnten, verringerte sich der Unterschied signifikant auf 15 Prozent. Als sie noch einen Schritt weitergingen und die Leistung bezogen auf die fettfreie Körpermasse berechneten, verringerten sich die Werte auf 2,5 Prozent und waren damit ziemlich ähnlich und statistisch nicht mehr signifikant.
Genau wie in der Welt des Cardiotrainings wird selbst die stärkste, kräftigste Frau den stärksten, kräftigsten Mann beim Bankdrücken nicht überflügeln oder beim 100-Meter-Sprint vor ihm über die Ziellinie laufen. Aber es gibt ganz gewiss viele Frauen, die viele Männer übertreffen können und stärker sind als viele Männer. Wir sind genauso trainierbar wie Männer. Selbst wenn wir durch Training weniger Hypertrophie (Muskelwachstum und eine Zunahme der Größe der Muskelzellen) erreichen als Männer, zeigen Forschungserkenntnisse, dass der relative Hypertrophie- und Kraftgewinn bei Frauen und Männern, die auf gleiche Weise trainieren, ziemlich übereinstimmend ist.
Das bringt mich zu dem Problem, das bei Ihnen vielleicht im Raum steht, aber nicht angesprochen wird. Können Frauen durch Krafttraining stämmig werden? Alle sagen »Nein«, aber dann liest man immer wieder Artikel in Frauenzeitschriften, in denen vor zu viel muskelaufbauendem Training gewarnt wird, wenn man nicht dick werden will (ungeachtet der Tatsache, dass Muskeln kein Fett sind). Ein Paradebeispiel dafür ist ein Artikel, der vor einigen Jahren im Modemagazin Harper’s Bazaar erschien und in dem es unter der Überschrift »Macht Spinning Sie dick?« hieß: »Immer mehr Indoor-Cycling-begeisterte Frauen steigen vom Fahrrad, weil sie überzeugt sind, davon einen dicken Hintern zu bekommen.« Klar. Und im weiteren Verlauf des Artikels wird ein bekannter Trainer zitiert, der