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Die phantastische Welt der Literatur: 90+ Romane, Märchen & Zauberhafte Geschichten. Gustav WeilЧитать онлайн книгу.

Die phantastische Welt der Literatur: 90+ Romane, Märchen & Zauberhafte Geschichten - Gustav  Weil


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entfernte sich, alle sahen mit großem Eifer dem mächtigen Kampf zu. Der weiße Drache schien beim Volk schwächer als der rote, denn dieser setzte ihm hart zu, und er litt gar viel von dem roten, auch meinte das Volk allgemein, da es den weißen so leiden und schon sehr ermattet sah, daß er unterliegen würde. Auf einmal aber strömte ihm flammendes Feuer aus dem Rachen und aus den Nasenlöchern, so daß der rote Drache davon verbrannte und tot auf dem Platze liegen blieb. Darauf legte der siegende weiße Drache sich neben dem roten, und nach drei Tagen starb er gleichfalls. »Nun«, sprach Merlin zu Vortigern, »magst Du Deinen Turm aufbauen lassen und sicher sein, daß er nicht wieder einfällt, wenn er anders nach der Wissenschaft eingerichtet und gut ausgeführt wird.« König Vortigern ließ die vortrefflichsten und kunstvollsten Baumeister seines Landes zusammenkommen, und befahl ihnen, den Turm so fest und stark zu errichten, als sie zu tun vermöchten, was auch die Baumeister zu tun versprachen. Darauf wurden die Astrologen herbeigeführt, um ihren Urteilsspruch von Merlin zu empfangen, so wie der König es ihm zugesagt. »Ihr seht nun«, sprach Merlin, »wie schlecht Ihr Euch auf Eure Kunst verstanden, Ihr wolltet den Grund finden, warum der Bau einfiel, und da Ihr nichts finden konntet, als meine Geburt und daß Ihr selber durch mich in Todesgefahr wäret, so habt Ihr fälschlich angegeben, mein Blut müsse auf den Grundstein vergossen werden, damit der Turm stehen bleibe. Alsdann wäre freilich Euer Leben nicht mehr in meiner Hand gewesen; aber wäre denn der Bau wohl besser bestanden? Ihr habt also, anstatt das Wohl des Königs zu betrachten, nur Euer eignes beherzigt; eben darum, weil Ihr nur dies vor Augen hattet und große Sünder seid, konntet Ihr auch nicht die Wahrheit in den Gestirnen durch die Wissenschaft finden. Ihr habt mein Blut vergießen wollen, und dafür steht Euer Leben jetzt in meiner Hand; ich will es Euch schenken, und Ihr sollt frei ausgehen, wofern Ihr mir nur Eines versprechen wollt.«

      Die Astrologen, als sie hörten, daß Merlin ihnen das Leben schenken wolle, versprachen alles gern zu tun, was er ihnen gebieten würde. »Nun«, sprach Merlin, »so versprecht und schwört mir, Eure Kunst, an der Ihr Euch versündigt habt, nicht mehr zu treiben; geht, bereut es und tut Buße Euer Leben lang, versöhnt Euch mit Gott, damit die Seele in Euch noch Rettung hoffen darf, und somit seid Ihr entlassen und dürft frei ausgehen.« Die Astrologen schwuren voll Freuden alles, was Merlin von ihnen verlangte, und entfernten sich. Als der König und die Edlen des Volks sahen, wie sanftmütig Merlin den Astrologen verziehen und welche Worte der Weisheit er zu ihnen geredet hatte, bekamen sie eine noch höhere Meinung von ihm. »Er ist der weiseste, der beste Mensch auf Erden«, sagten alle einstimmig, ehrten Merlin und hielten ihn sehr hoch.

      XIII. Wie Merlin König Vortigern die Drachen deutete und ihm den Tod prophezeite

       Inhaltsverzeichnis

      Jetzt«, sprach Merlin, »ist es Zeit, daß ich dem König und seinen vertrauten Räten offenbare, was diese beiden Drachen, ihr Kampf und der Sieg des weißen über den roten für eine Bedeutung hat.« Der Rat des Königs und die adeligen Herren wurden sogleich versammelt, wo dann Merlin folgendes sprach: »Wisset, Herr König, daß der rote Drache auf Euch selbst deutet, und der weiße deutet auf die Söhne des Königs Constans.« Vortigern schämte sich sehr dieser Deutung, und Merlins Worte setzten ihn in große Verlegenheit. Merlin merkte dies und sprach: »Vortigern, wenn Du es verlangst, will ich von dieser Sache lieber ganz schweigen, damit Du mir nicht etwa deswegen übel willst und mit mir unzufrieden wirst.« – »Nein«, antwortete Vortigern, »ich will alles wissen, Du sollst mich keinesweges schonen, denn hier ist nicht Einer zugegen, der nicht von meinem geheimen Rat wäre.« – »Nun denn«, fing Merlin wieder an, »die rote Farbe des Drachen ist Dein böses Gewissen und Dein törichter Sinn; seine Größe bedeutet Deine Macht. Die Kinder des Königs Constans, denen Du ihr Erbteil vorenthältst und die aus Furcht vor Dir fliehen mußten, das bedeutet der weiße Drache; ihr beider Kampf aber ihre lange Verbannung und Deine Ungerechtigkeit. Und das Feuer, mit dem sie den roten Drachen verbrannten, bedeutet, daß sie Dich in einem ihrer Schlösser verbrennen werden; und glaube nicht, daß der Turm, den Du erbauen läßt, oder irgend etwas andres Dich dagegen schützen kann, denn dieser Tod ist Dir bestimmt.«

      Vortigern erschrak, als er dies hörte, und fragte: »Wo sind denn diese Kinder jetzt?« – »Sie sind mit vielem Volk jetzt auf dem Meer«, antwortete Merlin, »ihre Schiffe sind alle wohl bestellt, und sie sind auf dem Wege hierher, in das Land, das ihnen zugehört; sie kommen, um Gerechtigkeit an Dir zu üben, denn sie wissen, daß Du ihren Bruder hast ermorden lassen, obgleich Du nach der Tat Deinen Befehl ableugnetest und die Mörder hinrichten ließest. Von heut über drei Monden landen sie in dem Hafen von Winchester.« – »Ist es denn in Wahrheit so, wie Du sagst?« fragte Vortigern voll Schrecken. »Es wird nicht anders, als daß Du stirbst im Feuer durch Constans' Kinder, so wie der rote Drache von dem weißen verbrannt wurde.«

      Merlin nahm nun Abschied vom König Vortigern und ging nach dem Wald von Northumberland, zu seinem Meister Blasius, und erzählte ihm alles, was er getan, und ließ es ins Buch aufschreiben, blieb auch lange Zeit bei ihm, bis zur Zeit, als die Söhne des Constans ihn rufen ließen.

      XIV. Über den Sieg der Prinzen Pendragon und Uter und die Verwandlungskünste Merlins

       Inhaltsverzeichnis

      Vortigern aber ließ gleich, nachdem Merlin ihm die Ankunft der Söhne des Constans prophezeit, durch sein ganzes Reich ausrufen, daß ein jeder sich und seine Waffen auf den Tag über drei Monde bereit halte; versammelte alsdann alle Gewappneten und ließ sie nach dem Hafen von Winchester ziehen, um ihn zu verteidigen; sagte ihnen aber nicht, gegen wen sie diesen Hafen verteidigen sollten, auch nicht, warum sie versammelt und in Waffen wären; niemand wußte es, als die in seinem Rat saßen.

      König Vortigern ging selber mit seinem Heer an den Hafen, und an demselben Tag, den Merlin ihm vorhergesagt, erblickte er im Meere die Flaggen der Schiffe, auf welchen die Prinzen waren; sogleich gab er Befehl, daß ein jeder sich rüste und den Hafen verteidige. Die Söhne des Constans landeten im Hafen, nicht fern von einem Turm, den sie hernach belagerten; als aber die, welche den Hafen bewachen sollten, die Standarten und Flaggen in der Sonne leuchten sahen und das Wappen des Königs Constans darauf erblickten, waren sie so erstaunt darüber, daß sie sich nicht verteidigten, und so lief das erste Schiff, worauf die Söhne des Constans sich befanden, glücklich in den Hafen.

      Und als diese nun aus den Schiffen ans Land stiegen, fragten jene sie, wem denn diese Schiffe, diese Standarten und Flaggen zugehörten. »Pendragon und Uter, die Söhne des Königs Constans sind wir«, antworteten sie, »Aurelius Ambrosius ist mit uns, wir kommen dieses Land wieder zu erobern, das uns eigentlich gehört und das der falsche verräterische Vortigern, der unsern Bruder höchst ungerecht hat ermorden lassen, uns vorenthält. Nun kommen wir, unser Recht von ihm zu fordern.«

      Als die im Hafen vernahmen, daß es die Söhne des Constans waren, wollten sie nicht gegen sie fechten, bedachten auch, wie es ihnen wohl Schaden bringen könnte, da jener Macht viel stärker war als die ihrige; sie gingen zu Vortigern und verkündeten es ihm. Da nun Vortigern sah und erfuhr, daß die meisten seiner Leute ihn verließen und zu den Prinzen übergingen, überfiel ihn Angst, und er befahl seinen treuesten Männern, den Turm zu besetzen, was auch geschah. Nun liefen die übrigen Schiffe in den Hafen ein, und die Ritter und die andern, die darin waren, stiegen ans Land. Als nun die Herren des Landes sahen, daß es ihre Fürsten waren, gegen welche sie kämpfen sollten, seufzten sie im Herzen, wollten sich auch nicht gegen sie verteidigen; die meisten unter ihnen gingen zu ihnen über und waren erfreut, sie wieder zu sehen, wurden auch von Pendragon und von Uter, seinem Bruder, mit Freuden aufgenommen; und nun gingen sie alle zusammen, den Turm zu belagern, in welchem Vortigern und seine treuen Anhänger sich verschanzt hatten. Die verteidigten sich mit aller Macht gegen die Angreifenden und taten ihnen mit häufigen Ausfällen und tapferer Gegenwehr vielen Schaden. Als endlich Aurelius einsah, daß er den Turm nicht mit dem Schwert erobern konnte, ließ er Feuer herum anlegen und verbrannte den Turm, nebst allen, die darin waren, worunter auch Vortigern der so verbrennen mußte, wie Merlin es vorher gesagt.

      Nachher


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