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Kaiserkrieger 13: Flammen über Persien. Dirk van den BoomЧитать онлайн книгу.

Kaiserkrieger 13: Flammen über Persien - Dirk van den Boom


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Er wusste nicht einmal, was er selbst davon hielt. Das Buch der Revolution, das er immer noch bei sich trug, stellte auch nur Fragen. War es notwendig, dass ein jeder zum Krieger wurde? War es notwendig, dass die Zukunft Baekyes der permanenten Gefahr des Todes ausgesetzt wurde? Musste man den jungen Menschen so viele Jahre ihres Lebens rauben und manchmal sogar gleich alle? Der Geliebte Marschall schien dieser Ansicht zu sein und im Regelfall widersprach man dieser besser nicht.

      »Was kann ich denn heute für Sie tun?«

      »Wir würden gerne ein paar Nahrungsmittel erwerben«, sagte Choi lächelnd. Sie tranken beide ihren Tee, wohl wissend, dass die Verhandlungen soeben begonnen hatten.

      »Ich weiß nicht, was ich so dahabe … der Winter ist diesmal doch sehr streng.«

      »Ist es nicht milder als sonst?«

      Die Frau sah ihn tadelnd an. »Sehr streng, sage ich. Meine alten Knochen sagen die Wahrheit.«

      »Natürlich«, beeilte sich Choi und trank noch etwas Tee. »Reiskuchen vielleicht? Einer meiner Männer brachte sein Bedürfnis nach Jeonggwa ins Spiel. Ich dulde so was natürlich normalerweise nicht.«

      »Es macht schwach und verweichlicht!«, bestätigte Ye-Eun ernst. »Wir wollen das auf jeden Fall vermeiden.«

      »Andererseits, ich muss die Moral beachten.«

      »Moral ist gewiss wichtig.«

      »Gibt es irgendwas, was Sie mir anbieten können?«

      »Hm, hm.«

      Die Bäuerin erhob sich, ging durch eine schmale Tür in einen anderen Raum, ein Ort, den Choi niemals betreten hatte. Er wusste, dass sich dort die Vorratskammer befinden musste. Er würde sie nicht zu Gesicht bekommen, schlug er damit doch Ye-Eun eine wichtige Grundlage ihrer Verhandlungstaktik aus den Händen: das Lamento über schwere Zeiten und strenge Winter.

      Er wollte nicht ungerecht sein. Es waren schwere Zeiten. Und es war verdammt kalt da draußen.

      Die Frau kam zurück, diesmal mit einer Kiste in den Händen, die sie mit einem betonten Ächzen auf den Tisch stellte. Heraus beförderte sie mit leidvoller Miene einige der Reiskuchen, auf die Choi seine Hoffnung gesetzt hatte, sowie, ebenfalls in eine Art Pergamentpapier eingeschlagen, jene Süßspeisen, auf die er sein besonderes Augenmerk richtete. Sie wirkte dabei sehr kummervoll. Natürlich würde sie diese Vorräte nur sehr widerwillig an Choi weitergeben, da sie damit das Überleben ihrer Familie aufs Spiel setzte, und allein ihre unverbrüchliche Treue zum Geliebten Marschall brachte sie überhaupt dazu, die dafür angebotenen Münzen in aller Demut entgegenzunehmen.

      Das alles verstand sich von selbst. Dennoch, es musste immer mal wieder erwähnt werden, damit der Offizier es ja nicht vergaß.

      Am Ende der Transaktion hatte Ye-Eun ihn um Münzen erleichtert, mehr, als er vorher auszugeben bereit gewesen war, und er sie um Vorräte, die ausreichen würden, den Männern bei maßvoller Verteilung bis zum Eintreffen des Karrens mit dem Nachschub etwas Abwechslung zu gewährleisten. Choi missbrauchte seine Privilegien als Offizier in schamloser Weise, als er einen kleinen Beutel mit Jeonggwa in seine Jackentasche steckte. Unter den 17 Männern, die er hier befehligte, waren Fressmaschinen, die ohne jede Rücksicht bereit waren, jede Delikatesse in Sekundenschnelle zu vertilgen, soweit sie der Allgemeinheit zur Verfügung stand – und das, ohne den Genuss dieser auch richtig zu würdigen. Es war sein Selbsterhaltungstrieb, der Choi zu dieser beinahe schon verzweifelten Tat trieb.

      »Noch etwas Tee?«

      »Gerne.«

      Ye-Eun lächelte wie eine sehr zufriedene Katze, als sie dem Mann eingoss.

      »Der Winter ist bald vorbei«, sagte sie.

      »Er neigt sich dem Ende zu«, bestätigte Choi und blies auf das dampfende Getränk. Über das Wetter zu reden, war gerade für Bauern von essenzieller Bedeutung. Für ihn war kalt einfach nur kalt und Schnee einfach nur Schnee. Aber er musste ja auch keine Böden bestellen, Pflanzen pflegen und Vieh füttern, also war das zu entschuldigen.

      »Dann ist es an der Zeit weiterzuziehen«, sagte Ye-Eun betont. »Die Zeit des Wartens ist vorbei und es ist jetzt alles gerichtet. Eine große Aufgabe steht Ihnen bevor, junger Mann.«

      Choi sah sie verwirrt an. Der Tonfall der Bäuerin hatte eine seltsame, tief greifende Wandlung erfahren. Darin lag nun eine alles andere als beiläufige Bedeutung, deren Sinn sich ihm aber entzog. Wie kam sie dazu, solche Worte zu sprechen?

      »Ich verstehe nicht.«

      »Nein?« Die Frau lächelte wieder, diesmal nicht zufrieden, sondern eher amüsiert. »Hier!«

      Sie griff in die Kiste und zog anstatt eines Reiskuchens ein Büchlein hervor. Choi musste es nicht entgegennehmen und aufschlagen, um zu wissen, worum es sich handelte, er erfasste es mit einer nahezu instinktiven Gewissheit. Dennoch nahm er es entgegen, las die ersten Sätze der ersten Seite, nur um sich auf keinen Fall zu täuschen. Ja, es stimmte. Es war das Werk jener unbekannten Autoren, die das Handbuch jener Revolutionäre verfasst hatten, auf dessen Besitz allein mit großer Sicherheit die Todesstrafe stand.

      Choi war kein dummer Mann. Und so begann er langsam zu verstehen. Die Worte der Bäuerin ergaben einen plötzlichen Sinn. Die Dinge fügten sich zusammen. Dennoch beschloss er, weiterhin zu schweigen. Vielleicht bekam er jetzt endlich klare Antworten auf seine Fragen. So bezähmte er seine plötzliche Erregung, nickte, legte das Buch hin, schob es in die Richtung der Frau, nahm die irdene Tasse, pustete, schluckte, alles in einem Ausdruck äußerlicher Gelassenheit, für den er sich sogleich gratulierte.

      Er hatte dieses Verhalten zur Perfektion entwickelt. Eigentlich nur für den Fall, dass er auf besonders fanatische Loyalisten traf und deren Reden ertragen musste, ohne seinem Reflex zu folgen, ihnen den Hals umzudrehen. Aber gelernt war gelernt.

      »Nun?«, fragte die Frau.

      »Sie hätten vorher schon etwas sagen sollen.« Choi blieb ganz ruhig, obgleich das Unverständnis über seine lange, erzwungene Untätigkeit gewiss hindurchschimmerte. »Es ist sehr kalt hier.«

      »Kalt und abgelegen und ignoriert«, sagte die Bäuerin. »Und die letzten Vorbereitungen sind zu erledigen gewesen und die Gruppe musste komplettiert werden. Es dauert alles seine Zeit, weil wir wirklich sehr, sehr vorsichtig sein müssen. Der Geheimdienst ist überall, beobachtet alles und jeden. Die Wachstation hier oben, mit einer Gruppe von etwas heruntergekommenen Versagern, ist einer der ganz wenigen schwarzen Flecken auf der Landkarte, ein Ort, den wir mühsam etabliert, beschützt und getarnt haben. Ihn zu nutzen, bedarf größter Sorgfalt. Allergrößter Sorgfalt. Und Sorgfalt bedarf der Zeit. Ich entschuldige mich nicht dafür, dass Sie sich haben langweilen müssen.«

      »Ich will gar keine Entschuldigung. Ich wollte nur eine Erklärung.« Die Frau nickte. Choi fragte: »Also, was soll jetzt geschehen?«

      »Wir haben Arrangements getroffen. Es wird eine Besprechung verschiedener Aufgaben geben. Es wird Zeit, zu handeln und das Schlimmste zu verhindern.« Sie sah ihn prüfend an. »Sind Sie bereit dafür?«

      »Das ist eine seltsame Frage, wenn ich doch gar nicht weiß, worum es genau geht«, sagte Choi. Erneut musste er ein wenig Ungeduld niederkämpfen. Er verstand ja, dass man in der Position als Gegner des Systems manchmal nur sehr kryptische Worte benutzte, aber wenn dies eine Art sicherer Hafen des Widerstands war, dann sollte es doch auch der Ort sein, an dem man offen über die anstehenden Pläne sprach. Alles war riskant. Die bloße Tatsache, dass er mit dieser Frau sprach, genügte bereits für die Todesstrafe. Es konnte von da ab an wirklich kaum noch schlimmer kommen.

      »Dann habe ich erst einmal eine gute Nachricht für Sie. Sie werden befördert.«

      Choi wusste nicht, ob das wirklich eine so gute Nachricht war. Gewiss, er war sozusagen überfällig, selbst wenn man die Beschmutzung seiner Akte durch den Aufenthalt im Umerziehungslager mitberücksichtigte. Aber er hatte sich bereits damit abgefunden und alle großen Ambitionen ad acta gelegt. So gesehen kam diese Information zumindest überraschend.

      »Befördert, gut. Und eine neue Dienstposition?«


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