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Das Geisterschiff. Hubert HaenselЧитать онлайн книгу.

Das Geisterschiff - Hubert Haensel


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Haensel, 4. Dezember 2020

HUBERT HAENSEL

       Die Hauptpersonen des Romans:

      Samuel Finch: Kommandant der MADELEINE

      Jack Swensson: Erster Offizier der MADELEINE

      Dave Quinger: Der Funker schießt auf sich selbst

      Oam-Pham-Phu: Ein Androide, der den Frieden will

      Zu allen Zeiten wussten Sagen und Legenden von mystischen Dingen und unerklärbaren Geschehnissen zu berichten ‒ gerade das hochtechnisierte Raumfahrtzeitalter mit seinem sich ständig verändernden Weltbild bot den besten Nährboden für fantastische Geschichten.

      Eine der bekanntesten, gleichzeitig der hartnäckigsten Erzählungen war die des Geisterschiffs. Schiff der toten Seelen, so wurde es von den Völkern der Galaxis genannt, lange schon, bevor die irdische Menschheit begonnen hatte, interstellare Raumfahrt zu betreiben.

      Furcht und Schrecken galten als die ständigen Begleiter seines Fluges. Doch wo lag der Unterschied zwischen Dichtung und Wahrheit, falls es so etwas wie eine Wahrheit überhaupt gab?

      1.

      Die Koordinaten lauteten: Nord 67 b ‒ grün 8 delta/13.

      Roter Überriese Debair ‒ eines der rund zwei Dutzend kosmischen Funkfeuer auf der Route Agmon IV/Terra, gleichzeitig Orientierungspunkt für den Weiterflug zu mindestens fünf besiedelten Sauerstoffwelten.

      Am 9. August 2452 materialisierte die MADELEINE in unmittelbarer Nähe des Überriesen; die MADELEINE, ein kleiner, altersschwacher Frachter unter privater Flagge. Mit einem Viertel der Lichtgeschwindigkeit tauchte er aus dem Hyperraum auf, der Sonne gefährlich nahe.

      Für Captain Samuel Finch war dies ein Grund mehr, den alten Kahn und vor allem seine interesselosen, profitgierigen Eigner in das hinterste Feuer der Hölle zu wünschen.

      »Es ist eine Schande, wie unser Schiff verkommt«, fluchte Finch im Brustton voller Überzeugung. »Irgendwann geht es schief, dann landen wir auf direktem Weg in der nächsten Sonne.«

      Außer dem Captain hielten sich drei weitere Männer in der Zentrale auf.

      Jack Swensson, ein stämmiger, kräftiger Bursche, war eigentlich zu Besserem geboren. Doch wie das Schicksal mitunter sein kann, hart und keineswegs auf Standesunterschiede bedacht: Einige Unregelmäßigkeiten hatten ihn, den angehenden Offiziersanwärter bei der Raumflotte, zur Handelsmarine verschlagen. An Bord der MADELEINE erfüllte er die Funktion des Ersten Offiziers, was gleichbedeutend war mit einem Mädchen für alles, angefangen von der Vertretung des Captains bis hin zum Dienst auf dem Maschinendeck.

      Der Mann an den Ortungsgeräten hieß Steven Kincaid. Aufgewachsen im Milieu alternder, kranker Skipper, waren Schiffe wie dieser Frachter seine Heimat. Er fühlte sich auf der MADELEINE rundum wohl.

      Dave Quinger saß angespannt vor dem Funkpult und suchte alle Frequenzen ab.

      »Wir sollten abmustern«, sagte Swensson gereizt. »Dann wären wir unsere Sorgen los.«

      »… und unseren Job ebenfalls«, entgegnete Kincaid. »Kein Reeder würde uns die modernen halbautomatischen Schiffe anvertrauen. Nein, mein Freund, wir sind gezwungen, auf der MADELEINE zu bleiben und mit ihr zusammen alt zu werden oder unterzugehen, je nachdem.«

      Für Selbstvorwürfe war es schon lange zu spät. Swensson hatte sein Geschick in der Hand gehabt, den richtigen Zeitpunkt aber verpasst.

      »Uns fehlt der Mut, und ich will verdammt sein, wenn wir nicht selbst daran schuld sind. Was bleibt uns anderes übrig, als auf diesem Seelenverkäufer durch die halbe Milchstraße zu schippern?«

      Finch zog es vor, zu schweigen. Achtlos knüllte er den Datenträger zusammen, den der Rechner vor wenigen Minuten ausgespuckt hatte, und warf ihn seinem Ersten zu: »Programmiere du den Kurs! Ich muss nachdenken.«

      Der Captain hatte das Schott noch nicht erreicht, da gellte der Alarm durchs Schiff. Finch fuhr auf dem Absatz herum.

      »Ein anderer Kahn in der Nähe!«, meldete Kincaid von der Ortung.

      Das allein wäre nichts Weltbewegendes gewesen, schon gar nicht in geringer Entfernung zu einem Funkfeuer. Finch gab jedoch viel auf Vorahnungen; wie beinahe jeder Raumfahrer war er abergläubisch. Und das eigenartig taube Gefühl, das sich in seinen Armen ausbreitete, hatte ihn schon immer vor drohenden Gefahren gewarnt.

      »Entfernung acht Millionen Kilometer, rasch sinkend«, las Kincaid endlich die hereinkommenden Daten ab.

      Die Ortung zeigte lediglich einen verwaschenen länglichen Reflex. Obwohl das fremde Schiff schon in wenigen Minuten und mit höchstens tausend Kilometern Distanz den Kurs der MADELEINE kreuzen würde.

      »Die wollen was von uns«, argwöhnte Finch.

      Quinger schüttelte den Kopf: »Kein Kontaktversuch bislang.«

      »Grundlos rücken die uns nicht so nahe auf den Pelz. Ich habe ein ungutes Gefühl dabei …«

      Erste Störungen hatten sich im Ortungsbild schon abgezeichnet. Ab einer Distanz von zwei Millionen Kilometern lieferten die Sensoren keine Anzeige mehr. Von einer Sekunde zur nächsten verschwand das fremde Schiff von den Bildschirmen.

      Der Captain schlug auf den Alarmknopf. Wieder ertönte das an- und abschwellende Heulen, das auch jene Besatzungsmitglieder erreichen sollte, die tief in den Frachträumen arbeiteten.

      »Aus!«, bemerkte Quinger. »Sogar das Rauschen der Statik ist verstummt. Ich fürchte, unsere Funkanlage hat endgültig den Geist aufgegeben.«

      »Ich schalte um auf Direktbeobachtung!«, warnte Finch.

      Die Optik war auf die Riesensonne Debair justiert. Von den Schirmen sprang ein gleißendes Rot herab. Nur zögernd schwenkte der Aufnahmebereich zur Seite, wich die Sonnenglut der Schwärze des Alls.

      »Diese verfluchte schwerfällige Technik!«

      Die Filter hatten sich einen Sekundenbruchteil zu spät vorgeschaltet, und der Captain blinzelte gegen die Blendung an. Immerhin stabilisierte sich die Wiedergabe. Die Vergrößerung ließ erste Einzelheiten erkennen.

      »Zigarrenförmig. Offensichtlich Sol-Typ wie unsere MADELEINE, wenn auch modifiziert«, erkannte Swensson.

      Die übergroßen Stabilisierungsflossen im Heckbereich und erst recht nicht die in der Rumpfmitte befindliche kugelförmige Ausbuchtung passten zu einem irdischen Schiff. Auch keines der bekannten raumfahrenden Völker baute so.

      Und das seltsame Leuchten, das den Raumer umgab. War es ein besonderer energetischer Schutzschirm?

      »So etwas habe ich nie gesehen«, sagte Kincaid. »Dabei fliege ich seit meinem zwölften Lebensjahr von einem Stern zum nächsten.«

      »Du meinst, wir haben es mit Fremden zu tun?«

      »Man muss nur eins und eins zusammenzählen, um zu diesem Schluss zu kommen.«

      Mit einem Schlag wurde es dunkel. Selbst die vielen kleinen Kontrollskalen und Anzeigen, die für gewöhnlich ihren flackernden Schein durch die Zentrale schickten, erloschen.

      »Der Ärger reißt nicht ab«, schimpfte Finch. »Das Notaggregat versagt den Dienst.«

      Ein unterdrückter Aufschrei antwortete ihm, gefolgt von dumpfem Poltern. Dann war es totenstill. Erst nach wenigen Sekunden erklang ein zaghaftes Stöhnen. Gleich darauf Swenssons Stimme, fast im Flüsterton.

      »Mich hat jemand heftig angerempelt und gegen die Konsole gestoßen. Mir brummt der Schädel.«

      »Wer bitte?«, fragte Finch irritiert. »Keiner außer uns …«

      Wieder polterte es, diesmal unmittelbar vor dem Captain. Die Finsternis ließ absolut nichts erkennen.

      »Ich bin es jedenfalls


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