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Chefarzt Dr. Norden Staffel 6 – Arztroman. Helen PerkinsЧитать онлайн книгу.

Chefarzt Dr. Norden Staffel 6 – Arztroman - Helen Perkins


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»Und ich mach auch mit.«

      Aufgebracht sah Gutknecht die drei Männer an, die sich gegen ihn stellten und keinen Wert auf seine Expertenmeinung legten. »Noch habe ich hier das Sagen. Und ich werde keinesfalls zulassen, dass Sie eigenmächtig nach Vermissten suchen und sich oder andere in Gefahr bringen.«

      »Stimmt«, sagte Markus Never. Unbemerkt von seinem Chef zwinkerte er Daniel verschwörerisch zu, bevor er mit Nachdruck weitersprach: »Schließlich sind wir für die Rettung von Verschütteten zuständig und nicht Sie. Also treten Sie bitte etwas zur Seite, damit wir unsere Arbeit machen können!«

      »Äh …«, sagte Gutknecht verdattert. So hatte er das eigentlich nicht gemeint. Er wirkte etwas nervös, war dann aber dankbar für den Ausweg, den Never ihm aufgezeigt hatte. »Genau«, sagte er schnell. »Wir fangen jetzt mit der Bergung an. Bitte stehen Sie nicht im Weg!«

      Daniel atmete auf. Die Gefahr, dass man Berger einfach aufgeben und zurücklassen würde, war vorerst gebannt. Sie würden ihn da rausholen. Und erst wenn Daniel es eigenhändig überprüft hatte, konnte er daran glauben, dass sie zu spät gekommen waren.

      »Mehr als diesen schmalen Tunnel bekommen wir auf die Schnelle nicht hin.« Markus Never kniete vor dem Loch, das in das Innere des Clubs führte. »Bergen können wir ihn hier nicht, aber vielleicht reicht der Gang aus, um zu ihm zu gelangen. So könnten wir wenigstens nachsehen, ob er … Wie es ihm geht. Auch Erste Hilfemaßnahmen wären möglich.«

      Rainer Gutknecht zog bei diesen Worten scharf die Luft ein. Durfte er wirklich jemanden da reinschicken und dessen Leben riskieren, nur um dann festzustellen, dass alles umsonst gewesen war und sie dort nur ein Leichnam erwartete? Mag sein, dass dieser Dr. Norden ihn für herzlos hielt. Und wahrscheinlich würde er ihn hassen, wenn er die Sache abblies. Aber hatte er eine andere Wahl? Immerhin trug er hier die Verantwortung für die Gesundheit und das Leben seiner Leute.

      »Ich melde mich freiwillig«, sagte Markus Never schnell, der genau wusste, was seinen Vorgesetzten beschäftigte.

      Sein Einsatzleiter war ein guter Mann, der in seinem Job Hervorragendes leistete. Niemand war so besonnen und umsichtig wie er. Und dass es ihn widerstrebte, unnötige Risiken einzugehen, war allzu verständlich.

      »Chef, ich bekomme das hin«, versicherte ihm Markus, als sich Rainer Gutknecht immer noch mit einer Entscheidung schwertat. »Der Tunnel sieht stabil aus und wird schon halten.«

      »Ihren Optimismus teile ich leider nicht«, knurrte Gutknecht. »Gut, gehen Sie rein. Aber sollte auch nur ein einziger Kieselstein von seinem Platz rollen, blasen wir das Ganze ab. Dann räumen wir erst Stück für Stück die Felsen weg, bis wir zu dieser verdammten Höhle durchgestoßen sind.«

      »Danke!« Nicht nur Markus fiel ein Stein vom Herzen.

      Alle Männer, die die Auseinandersetzung zwischen Dr. Norden und dem Einsatzleiter mitbekommen hatten, waren froh, dass sich jemand auf den Weg zu dem Verschütteten machte. Nur so würden sie die Gewissheit bekommen, ob das noch eine Rettungsaktion war oder ob es nur darum ging, einen Toten zu bergen.

      »Wie gut sind Ihre medizinischen Kenntnisse?«, fragte Daniel den Feuerwehrmann, der sich für den Einsatz fertigmachte.

      »Erste Hilfe und Notfallrettung bekomme ich hin. Damit habe ich täglich zu tun. Aber ich kann keinen Arzt ersetzen, das wissen Sie hoffentlich.«

      »Falls Herr Berger noch …« Daniel brach bestürzt mitten im Satz ab. Falls? Warum hatte er selbst die größten Zweifel daran, dass Berger noch am Leben war? »Was ich sagen wollte … Herr Berger hat wahrscheinlich einen Spannungspneumothorax. Wissen Sie, was da zu tun ist?«

      »Nur in der Theorie und auch das nur sehr vage. Ich hoffe nicht, dass Sie von mir irgendwelche Maßnahmen in dieser Richtung erwarten. Ich glaube nicht, dass ich das hinbekommen würde.«

      Daniel zögerte. Wahrscheinlich verlangte er da wirklich zu viel von dem Feuerwehrmann. »Nein, natürlich nicht. Sagen Sie mir einfach per Funk, wie es um ihn steht, und dann sehen wir weiter.«

      »Ich habe Sauerstoff für ihn dabei und ein paar Wärmedecken. Ich könnte auch versuchen, eine Infu­sion anzulegen. Meinen Sie, das reicht fürs Erste?«

      »Ja … Ja, natürlich! Wunderbar! Legen Sie ihm wenigstens eine Nasensonde und verabreichen Sie ihm Sauerstoff. Damit gewinnen wir etwas Zeit.« Leiser werdend fügte er hinzu: »Ich bin einfach froh, dass es losgeht. Ich weiß, dass wir das nur Ihnen zu verdanken haben.«

      »Schon gut, Dr. Norden. Ich mache hier nur meine Arbeit.«

      *

      Kriechend kam Markus auf dem steinigen Untergrund nur mühsam voran. Immer wieder versperrte loses Geröll den schmalen Tunnel, und er musste es unter Aufbietung aller Kräfte wegräumen. In voller Montur kam er trotz der kalten Luft schnell ins Schwitzen. Die zwanzig Meter bis zu der kleinen Höhle, in der Dr. Erik Berger lag, nahmen kein Ende und waren kaum zu schaffen. Markus versuchte, sich nur auf das zu konzentrieren, was er hier tat. Nur so gelang es ihm, seine Gedanken bei sich zu behalten. Immer wieder wollten sie abschweifen, um sich mit dem zu beschäftigen, was ihn am Ende des Gangs erwartete. In seinen Jahren bei der Berufsfeuerwehr hatte er schon viel Leid gesehen. Der Tod war zu einem ständigen Begleiter für ihn geworden. Trotzdem hatte er sich nie an ihn gewöhnen können. Nach wie vor war er sein schlimmster Feind, und Markus Never tat alles in seiner Macht Stehende, um ihm ein Menschenleben abzutrotzen. Das war es auch, das ihn angetrieben hatte, sich seine Sauerstoffmaske anzulegen und in diesen engen Tunnel zu kriechen. Es lag ihm einfach nicht aufzugeben. Solange es noch eine Chance gab – und war sie noch so klein –, würde er niemanden im Stich lassen.

      Als Markus die kleine Höhle erreicht hatte, lief ihm der Schweiß so heftig von seinem Gesicht, dass er sich in seiner Maske sammelte. Mit einer Hand lüftete er sie kurz, dann richtete er seinen Oberkörper vorsichtig auf und leuchtete den engen Raum ab. Besorgt sah er nach oben. Einen knappen Meter über ihn bildeten lose Steinplatten eine instabile Decke, die jederzeit herabstürzen konnte. Alles in ihm schrie, sofort den Rückzug anzutreten. Doch er hatte nicht diesen beschwerlichen Weg auf sich genommen, um nun einfach umzukehren. Er musste wenigstens Gewissheit haben, ob Erik Berger noch am Leben war.

      »Herr Berger! Erik! Können Sie mich hören?«

      Dr. Berger reagierte nicht. Rücklings lag er zwei Meter vor Markus auf dem Boden, mit den Füßen zum Tunneleingang. Nichts deutete darauf hin, dass noch Leben in ihm war.

      Langsam kroch Markus weiter. Er wusste, dass jede kleinste Erschütterung die fragile Konstruktion, aus der diese Höhle bestand, zum Einsturz bringen könnte. Endlich erreichte er den Mann, um den sich so viele Menschen sorgten. Aufmerksam betrachtete er ihn. Hob sich gerade sein Brustkorb? Atmete er noch? Markus wusste es nicht. Trotz der leistungsstarken Helmlampe konnte er es nicht erkennen.

      Rasch zog er einen Handschuh aus und tastete Bergers Halsschlagader auf der Suche nach einem Herzschlag ab. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, bis er sich sicher war, dass er einen Puls fühlte. Sehr schwach und rasend schnell, aber Erik Berger lebte! Er war noch nicht tot! Und Markus würde alles tun, damit dies auch so blieb!

      Die gute Nachricht brachte die Männer draußen zum Jubeln. Daniels Freude war allerdings eher verhalten. Wenn Berger nicht auf den schnellsten Weg ins Freie kam, würde alles umsonst gewesen sein.

      »Wie geht es ihm?«, fragte er über das Funkgerät. »Haben Sie schon ein paar Vitalwerte für mich?«

      »Ja, er ist bewusstlos und nicht erweckbar. Der Blutdruck liegt bei sechzig systolisch und ist kaum noch messbar. Der Herzschlag ist tachykard, die Atmung sehr flach. Soweit ich das bei der Beleuchtung sicher feststellen kann, ist er leicht zyanotisch.«

      Es stand schlimm um Berger. Mit seiner Eigendiagnose Spannungs­pneumothorax hatte er offensichtlich richtig gelegen. Dass seine Haut eine zyanotische, also bläuliche Verfärbung angenommen hatte, zeigte, dass die Atmung unzureichend war und sich zu wenig Sauerstoff im Blut befand.

      »Wie schnell können Sie ihn da rausbekommen?« Als Markus Never nicht gleich antwortete, fragte er drängender nach: »Herr Never? Hören


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