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Elfenzeit 8: Lyonesse. Uschi ZietschЧитать онлайн книгу.

Elfenzeit 8: Lyonesse - Uschi Zietsch


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      »Dann wollte dein Muttervater dich wieder rausholen, wenn es an der Zeit war?«

      »So sagte er es mir. Was ist mit ihm geschehen?«

      »Ich weiß es nicht, Kurus. Doch er wird wohl nicht zurückkehren, nach dieser langen Zeit. Du bist nun ausgewachsen, aber du hast immer noch den Verstand eines Kindes.«

      »Ich …« Der Mantikor blickte deutlich verwirrt drein. »Ich habe nicht darüber nachgedacht.«

      Der Getreue nickte. »Wie denn auch, nachdem du dein Leben lang eingesperrt gewesen bist. Das ist nicht deine Schuld.«

      »Und … und was jetzt?« Misstrauen blitzte plötzlich in den orangefarbenen Augen auf. »Warum hast du mich befreit?«

      »Weil deine Tür sichtbar wurde. An so etwas geht unsereiner nicht einfach vorüber, es sei denn, er hat die Tür selbst verschlossen.«

      Kurus scharrte mit der Tatze über den Boden. »Dann bin ich dir wohl verpflichtet.«

      »Ganz recht.« Das war immer der schöne Teil an den Regeln. »Ich schlage dir einen Handel vor.«

      Die Löwenohren des Mantikors klappten nach vorn. »Ein Handel?«

      »Genau. Ich werde verfolgt, ich bin sehr schwach, und ich muss so schnell wie möglich über dieses Gebirge. Mein Weg führt nach Norden. Trage mich, und ich werde dir unterwegs Wissen beibringen. Am Ziel kannst du deiner Wege gehen und nach den anderen suchen. Oder deiner Bestimmung.«

      Der Getreue hatte inzwischen nachgedacht. Ihm war klar geworden, dass er, sollte er sich weiter auf dieser Ebene bewegen, früher oder später von den Verfolgern eingeholt würde. Also würde er sich der Nachstellung einfach durch eine Flucht durch die Zeit entziehen. Gleichzeitig würde er in der Vergangenheit nach seinem Ziel suchen. Er hatte inzwischen begriffen, dass der Anfang wörtlich gemeint war – er musste tatsächlich bis dorthin zurück, in die richtige Zeit, um in das richtige Land, an den richtigen Ort zu gelangen. Niemand konnte ihm dorthin folgen.

      Gleichzeitig brachte er den Mantikor dorthin, wo er zu Hause war. In diese Welt hier gehörte er nicht. Und der Getreue hatte ein perfektes Transportmittel.

      »Nun, was sagst du?«

      Kurus zögerte. »Habe ich … eine Wahl?«

      »Willst du denn eine?«

      »Nein«, lautete die schnelle Antwort.

      »Brav«, sagte der Getreue zufrieden.

      Kurus legte den Kopf leicht schief. »Wer bist du?«, flüsterte er.

      »Derjenige, der dir die Freiheit gab. Du tust gut daran, das nicht zu vergessen. Im Allgemeinen nennt man mich den Getreuen oder den Mann ohne Schatten, das soll dir genügen.«

      Der junge Mantikor stand auf, sein Skorpionschwanz peitschte. »Lass uns gehen. Ich habe Hunger.«

      Menschenfleisch würde er aber nicht bekommen, dafür würde der Getreue sorgen. Sollten Sterbliche unterwegs auf dem Weg zurück in der Zeit zu Schaden kommen, würde es in einer Katastrophe enden, die möglicherweise nicht nur die Menschen-, sondern auch die Anderswelt vernichtete. Beide Sphären würden schneller ineinanderstürzen als bisher befürchtet, und dann wäre alles umsonst gewesen.

      Doch das würde Kurus erst später erfahren. Zuerst sollte er den Getreuen über das Gebirge tragen, die Reise war weit.

      Der Getreue griff in die Mähne des Mantikors, stieß sich ab und schwang sich auf seinen Rücken. Er hieb ihm die Beine in die Seiten und befahl: »Los!«

      5.

       Auf den Spuren des Mystikers

      »… nicht so gemeint!«, drang eine aufgeregt quäkende Stimme durch den Nebel in Roberts Gedanken. »Ich habe nur … au! Nicht das Ohr, bitte! Da bin ich sehr empfindlich! Au, au!«

      Robert schlug die Augen auf und sah verschwommen Chadwick Pickwick Sloterbik, dessen Beine in der Luft zappelten und dessen haariges Ohr in Annes Hand hing. Neben ihr stand ein … ja, was war das? Ein Koloss von über zwei Metern Länge und vermutlich einem Meter Schulterbreite, haarlos und grau wie ein Fels, und genauso schrundig. In einer Schaufelhand an dem überlangen Arm hielt er eine Keule, mit der Roberts Kopf soeben unerfreuliche Bekanntschaft geschlossen hatte. Sein Gesicht zeigte einen ziemlich einfältigen, um nicht zu sagen tumben Ausdruck, ein Zahn ragte oben aus dem geschlossenen Mund heraus, an dem ein Speichelfaden hing.

      Ächzend richtete Robert sich auf.

      »Siehst du, siehst du, ihm ist nichts geschehen!«, rief Chad und deutete mit fuchtelndem Finger auf Robert. »Bitte lass mich wieder runter, ich halte das nicht aus!«

      Anne ließ ihn los, und er plumpste unsanft auf den Boden. »Autsch!«, beschwerte er sich, rappelte sich auf und rieb sich den schmerzenden Hintern. Wütend funkelte er zu seinem riesigen Kumpan hoch. »Danke für deine Hilfe!«

      »Die is’ zu stark für mich«, sagte der Riese mit Kinderstimme. »Vor der habbich Angst.«

      »Und vor mir kriegst du auch gleich Angst!«, sagte Robert, dessen Stolz sich angegriffen fühlte, und stand auf. »Und wer bist du, hinterhältiger Kerl mit Keule?«

      »Rocky«, murmelte der Riese und wirkte verlegen. »Tut mir echt leid, Mann, aber ich hab gedacht, du wills’ Chad was tun oder so.«

      »Du bist sein Beschützer?«

      »Er is’ mein Freund«, strahlte der Riese. »Ich lass nie nich’ zu, dass ihm einer was antut.«

      »Und was ist Rocky?«, wollte Robert von Chad wissen. Geflissentlich wich er Annes Blick aus, die mit vor der Brust verschränkten Armen dastand, und er hätte schwören können, dass Rauch aus Ohren und Nase quoll.

      »Ein Stadttroll«, erklärte der Kobold bereitwillig. »Er is’ in London aufgewachsen, genau wie ich.«

      Nun explodierte Anne. »Robert, verdammt noch mal, hast du völlig den Verstand verloren?«, schrie sie ihn an.

      Rocky machte einen Satz zur Seite und duckte sich unwillkürlich. Chad schützte vorsichtshalber die Ohren mit den Händen.

      »Was sollte dieser Alleingang? Bist du zum hirnlosen Zombie geworden?«

      »Na ja, ich dachte … weil ich doch ein unsterblicher Vampir bin …«

      »Relativ unsterblicher«, fauchte sie. »Selbst dir dürfte das bekannt sein! Du bist verletzbar, und du kannst getötet werden!«

      »Entschuldige«, murmelte er schuldbewusst und rieb sich die immer noch schmerzende Stelle am Hinterkopf. »Ist wohl irgendwie mit mir durchgegangen.«

      Sie öffnete den Mund zu weiteren Vorwürfen, doch dann schüttelte sie nur den Kopf. Stattdessen wandte sie sich Chad zu. »Um Roberts Frage zu wiederholen, die Rockys Keulenschlag vorhin unterbrochen hat: Was wisst ihr von den Vorgängen hier?«

      »Nichts«, versicherte der Kobold erneut, und der Stadttroll echote: »Nix.« Chad fuhr fort: »Wir halten uns die ganze Zeit versteckt und suchen nach einer Möglichkeit, wegzukommen.«

      »Warum sucht ihr nicht nach einem anderen Portal?«, fragte Anne.

      »Wegen Rocky«, antwortete Chad. »Er traut sich nicht raus, nicht mal in der Nacht, weil er Angst hat zu versteinern.«

      »Aber die Gefahr besteht doch nur tagsüber …«

      »Nicht mehr. Alles ist durcheinander. Rockys Bruder hat’s voll erwischt, mitten in der Nacht in Kensington Gardens, wir wissen nicht, wodurch, und jetzt haben sie ihn neben Peter Pan gestellt.« Chad schüttelte sich und würgte. »Ist das nicht grauenvoll? Neben diesen klugscheißerischen Hochstapler … der arme Pocky. So missbraucht zu werden!«

      »Deswegen hat Ma ihn auch unsichtbar gemacht, dasser nur noch bei Vollmond zu sehen is’«, fügte Rocky hinzu. »Chad is’ danach abgehauen, und ich bin mitgegangen. Ma is’ bestimmt sauer, nur ich


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