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Dr. Norden Extra Staffel 1 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.

Dr. Norden Extra Staffel 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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Sohn hatten sie im Alter von drei Jahren an einer Hirnhautentzündung verloren. Es war nicht verwunderlich, daß sich ihre ganze Liebe auf Jessica konzentriert hatte und daß sie in ständiger Angst um sie gelebt hatten.

      Sie hatten sich auch nie von Jessica getrennt. Als sie bei dem schrecklichen Unfall ums Leben gekommen waren, war es auch ein Zufall gewesen, daß Jessica nicht bei ihnen war. Sie war mit ihrer Abiturklasse nach Paris gefahren. Ihre Eltern wollten sie bei der Rückkehr vom Flughafen abholen. Auf der Fahrt dorthin wurden sie von einem Lastwagen gerammt, dessen Fahrer übermüdet am Steuer eingeschlafen war. Es waren noch drei weitere Autos in diesen Unfall verwickelt gewesen, und noch zwei Personen waren dabei umgekommen.

      In ihrem großen Schmerz hatte sich Jessica zu Fee und Daniel Norden geflüchtet. Ihnen war es mit viel Verständnis und Geduld gelungen, sie wieder aufzurichten. Und dann hatten sie auch gedacht, daß es ganz gut war, daß sich Jessica in Victor Santorro verliebte.

      Daran dachte jetzt Daniel Norden, als er zu Jessica ging, die mit geschlossenen Augen ihren Erinnerungen nachhing.

      Daniel Norden ergriff ihre Hände, und sie schlug die Augen auf. Verwirrt blickte sie ihn an.

      »Es sind so viele Erinnerungen geweckt worden«, sagte sie leise. »Ich bin früher oft zu Ihnen gekommen.«

      »Soll ich aufzählen, woran ich mich erinnere?«

      Sie nickte, und er tat es.

      Da erschien erstmals ein flüchtiges Lächeln auf ihrem Gesicht.

      »An all das habe ich mich auch erinnert«, sagte sie.

      »Und dann war da noch Ihr Abschiedsbesuch. Sie waren so glücklich, Jessica.«

      »Es erschien mir alles wie ein Traum«, flüsterte sie, »aber es wurde ein Alptraum. Nun bin ich wieder hier und flüchte mich wieder zu Ihnen, weil ich sonst niemanden mehr habe.«

      Er sah sie mitfühlend an. »Dann ist es wahr, was die Zeitungen geschrieben haben?«

      »Ich denke, es ist alles noch viel schlimmer. Aber ich sollte dankbar sein, daß sie mich nicht noch mehr in den Dreck gezogen haben. Ich erwarte nichts mehr vom Leben, aber ich will mein Kind wiederhaben. Sagen Sie, daß man es mir nicht wegnehmen darf für alle Zeit.«

      »Sie müssen mir alles erzählen, Jessica. Ich hätte nur gern, daß Fee dabei ist. Sie hat Ihren Weg verfolgt, bis das große Schweigen kam. Sie weiß immer am besten, was zu tun ist.«

      »Mein Gott, was soll ich sagen, ich weiß ja selbst nicht, wie das alles gekommen ist! Wie es soweit kommen konnte! War ich denn so naiv, daß ich nichts bemerkt habe, was um mich vor sich ging? Daß ich es nicht ernst genug nahm, wie Victor mich behandelte? Ich werde nie wieder einem Mann trauen können, Sie ausgenommen. Kollberg hat mich beinahe um mein ganzes Vermögen gebracht.«

      »Guter Gott, davon hatten wir keine Ahnung! Wie ist das geschehen?«

      »Er hat spekuliert und gespielt und sich fleißig von meinem Vermögen bedient. Ich bekam ja nur Teilbeträge. Papa wollte mich gegen einen Mitgiftjäger absichern, und dabei hat er den Bock zum Gärtner gemacht. Aber Victor hatte sich anscheinend auch größere Beträge erhofft. Es ist mir noch immer nicht klar, was sie mit mir gemacht haben, was hinter meinem Rücken ablief. Ich hatte ja keine Ahnung von Geschäften, mich konnte man leicht täuschen. Jetzt allerdings nicht mehr. Ich habe meine Lektion gelernt, und mich legt jetzt niemand mehr herein.«

      Ihr Gesicht hatte sich wieder belebt, und sie wurde der Jessica von damals ähnlicher.

      »Wie ist es, werden Sie mich wieder unter Ihre Fittiche nehmen, Dr. Norden? Ich werde viel Kraft brauchen in der nächsten Zeit.«

      »Es stimmt, daß Sie geschieden sind?«

      »Ja, das stimmt, aber das Sorgerecht wurde mir nicht entzogen. Victor ist mit meiner Tochter untergetaucht. Ich weiß nicht, wo sie sich jetzt aufhalten. Er ist angeblich mit einem neuen Film beschäftigt, was aber nicht stimmt.

      Er hat behauptet, ich hätte Laura außer Landes geschafft und ich weiß nicht, wo ich mit der Suche anfangen soll. Momentan fühle ich mich gar nicht gut. Mir fehlt der Antrieb.«

      »Wir werden über alles in Ruhe sprechen, Jessica. Kommen Sie am Abend zu uns.«

      »Früher haben Sie hier gewohnt«, sagte sie leise.

      »Und jetzt wohnen wir nur ein Stück weiter. Wo wohnen Sie?«

      »Im Hotel Novara. Ich bin gestern erst angekommen. Unser Haus ist ja vermietet. Wenigstens das ist mir geblieben.«

      Ihre Mundwinkel bogen sich leicht abwärts.

      »Ich muß mich erst an Ort und Stelle informieren, welchen Schaden Kollberg angerichtet hat. Er soll ja auf Kaution frei sein, und sein Vermögen ist beschlagnahmt. Vielleicht bekomme ich dann doch noch etwas zurück.«

      »Hatte er denn Generalvollmachten?« fragte Daniel.

      »Eigentlich hätte er nur mit meiner Zustimmung Entscheidungen treffen können, aber vielleicht hat er meine Unterschrift gefälscht. Weiß der Himmel, was er alles gemacht hat. Aber ich habe inzwischen gelernt, mit Gemeinheiten und Intrigen umzugehen und bin auch in der Lage, meinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Ich bin nicht mehr das unbedarfte Mädchen von damals, das kein Mißtrauen kannte.«

      »Hätten Sie nicht vorher etwas gegen Kollberg unternehmen können, Jessica?« fragte Daniel.

      »Ich hatte doch keine Ahnung. Ich war in einem Sanatorium, und angeblich sollten alle Aufregungen von mir ferngehalten werden. Wundern würde es mich nicht, wenn Victor mit Kollberg unter einer Decke steckte.«

      »Dann sollten Sie auch die Polizei einschalten.«

      »Das werde ich auch, wenn ich weiß, was da gelaufen ist. Ich muß erst auf Nummer sicher gehen. Ich will meine Tochter wiederhaben.

      Wenn ich für verrückt erklärt werde, bekomme ich sie nicht.«

      »Aber Sie sind nicht verrückt, Jessica.«

      »Das sagen Sie, und deshalb konnte ich es gar nicht erwarten, mit Ihnen zu sprechen.«

      »Sie können Vertrauen zu uns haben, Jessica.«

      »Das habe ich, unbegrenztes Vertrauen. Ich vertraue sonst niemandem.«

      »Wir freuen uns, daß Sie hier sind. Fee wird sich freuen, Sie wiederzusehen. Sie hat sich viele Gedanken um Sie gemacht.«

      »Wirklich? Sie hat mich nicht vergessen? Wenn ich das gewußt hätte, hätte ich vielleicht doch den Mut gehabt, mich früher bei Ihnen zu melden.«

      Er sah sie mitfühlend an. »Sie haben sehr viel Schlimmes erlebt«, stellte er nachdenklich fest.

      »Sie werden es nicht glauben, wenn ich Ihnen alles erzähle. Manchmal dachte ich, ich wäre Darstellerin in einem Horrorfilm.«

      Er ergriff wieder ihre Hand. »Wie konnte Ihr Mann das zulassen?«

      »Es war doch seine Inszenierung. Ich habe es nicht für möglich gehalten, daß ein Mensch so heucheln, so sadistisch sein kann. Aber diese Menschen sind so dekadent, unmoralisch und dabei bigott, habgierig und neidisch. Die wenigen, die Charakter und Anstand besitzen, ziehen sich ganz zurück. Ich hatte niemanden, der mir half, mit dem ich hätte sprechen können.«

      »Jetzt können Sie mit uns sprechen, Jessica. Ist es Ihnen recht, wenn ich Sie um neunzehn Uhr vom Hotel abhole?«

      »Falle ich Ihnen auch wirklich nicht zur Last?«

      »Das dürfen Sie nicht einen Augenblick denken.«

      »Ich kann nicht sagen, wie dankbar ich Ihnen bin.«

      Es tat ihm richtig weh, wie sie ihn aus tränenvollen Augen anblickte. Und mit welcher Zuversicht hatte sie sich damals von ihm verabschiedet!

      *

      Fee Norden empfing ihren Mann gleich an der Gartentür. Sie hatte schon nach ihm Ausschau gehalten. Die Kinder hatten bereits gegessen.


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