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Am Ball oder balla-balla?. Thomas FuchsЧитать онлайн книгу.

Am Ball oder balla-balla? - Thomas  Fuchs


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Volkes, das sich nie über nationale oder völkische Durchschnittsleistungen erhoben hat, den Hass auf uns auskübelte, der nur aus Minderwertigkeitskomplexen kommt. […] Es ist der Hass eines Volkes, dem man das Schnapstrinken verbieten muss, weil es sonst zu einem Volk von maßlosen Säufern würde.“

       Erlösung durch „Sportschau“

      Trotz der nun alle vier Jahre aufkommenden Euphorie zur Fußballweltmeisterschaft waren Spiele im Fernsehen immer noch Mangelware. Wann, wie und wo was gezeigt werden durfte, wurde zwischen Verbänden und Fernsehsendern sorgfältig ausgehandelt, am Ende kamen regelrechte Zuteilungsregeln heraus; Quotierung statt Quote. Am 1. Oktober 1958 schlossen DFB und ARD einen Vertrag. Pro Monat durften höchstens zwei Spiele gezeigt werden, davon ein Vereinsspiel.

      Es ist heute schwer nachzuvollziehen, dass die Fußballvereine damals tatsächlich dachten, die technisch eher frugalen Übertragungen könnten ihnen Zuschauer wegnehmen, aber andererseits waren damals auch die Stadien noch eher rustikal eingerichtet.

      Da es noch keine landesweite höchste nationale Spielklasse gab, waren die Partien in der Regel nur von regionalem Interesse und deshalb auch nur in bestimmten Regionen zu sehen.

      Sport im Fernsehen blieb Mangelware. Die Sendungen hatten Titel wie „Zwischen Sommer und Winter“ oder „Der Sport in der Karikatur“ und waren bestimmt genauso spannend, wie man aufgrund der Namen vermuten würde.

      Erlösung für den Fußballfreund brachte erst die Gründung der „Sportschau“. Die erste Ausgabe lief am 4. Juni 1961 und hatte noch keine Live-Spielberichte. Und auch die Sendung als solche atmete noch den Hauch des Provisorischen und wurde anfangs im zweiten Kanal der ARD ausgestrahlt, der zu Beginn der 1960er Jahre betrieben wurde, weil das ZDF nicht planmäßig in die Puschen kam.

      Ursprünglich sonntags gesendet, wechselte die „Sportschau“ erst mit Beginn der Bundesliga 1963 auf den Samstag-Termin.

      Die Ausstattung der Sendung war betont dröge, es ging um Dokumentation des Geschehenen, Unterhaltung oder gar Freude sollte nicht aufkommen, erst Jahre später wurden Rubriken wie „Tor des Monats“ eingeführt. Im Nachhinein wurde behauptet, diese Drögigkeit sei als Stilmittel Absicht gewesen, aber man kann wohl getrost davon ausgehen, dass diese Ausdrucksform die einzige war, die von den damaligen TV-Machern beherrscht wurde.

      Getreu der These des kanadischen Wissenschaftlers Marshall McLuhan war beim Fernsehen „das Medium die Botschaft“. Das Medium war so neu und es war so sehr ein Zeichen von Wohlstand, ein solches Gerät zu besitzen, dass es absolut zweitrangig war, was auf der Mattscheibe stattfand. Wie immer, wenn es an Charme oder Einfallsreichtum fehlte, um Leute tatsächlich zu unterhalten, wurde behauptet, es ginge vor allem darum, das Publikum zu bilden. Leckerli wie Fußball wurden streng rationiert und nur geboten, wenn sich der Zuschauer ansonsten nichts hatte zuschulden kommen lassen.

       Entwicklung der „Sportschau“

      Anfangs war in der „Sportschau“ kaum Fußball zu sehen, und wenn Adolf Furler – der verständlicher- und vorzugsweise als „Adi“ oder „Addi“ auftrat – zugange war, konnte man sowieso den Eindruck gewinnen, die Sendung war nur geschaffen worden, um den begeisterten Pferdefreund auch mal ein paar Stunden von der Rennbahn fernzuhalten.

      Spielberichte wurden unter abenteuerlichen Umständen, mit Motorradkurieren und Express-Postsendungen nach Köln geschafft. Dort im Studio signalisierte neben der Begegnung eine kleine aufgemalte Kamera, dass von diesem Spiel bewegte Bilder zu sehen sein werden.

      Je näher ein Spielort am Studio lag, desto größer war damals die Wahrscheinlichkeit, ins Fernsehen zu kommen, womit der 1. FC Köln zumindest am Anfang einen unbestreitbaren Heimvorteil hatte.

      Wenn man all die technischen Widrigkeiten und Unbeholfenheiten der Anfangszeit in Rechnung stellt, könnte man meinen, dass die „Sportschau“ der Anfangszeit heute nur noch als historisches Moment ohne Langzeitwirkung interessant ist, aber das ist beileibe nicht der Fall. Ernst Huberty, der ziemlich bald für die meisten Zuschauer „Mr. Sportschau“ war, hat bis in die Gegenwart alles und jeden geprägt, was auf den Bildschirmen des Landes Fußball kommentiert und reportiert. Viele gingen bei ihm die Lehre, auch und gerade jene, die bei den in späteren Jahren startenden Privat- und Pay-TV-Sendern einen Stil kreieren wollten, der sich von den althergebrachten öffentlich-rechtlichen Traditionen unterschied. 1992 schulte er die angehenden Moderatoren von Premiere, und einige sollen dabei aufgeregter gewesen sein als bei Interviews mit Spielern. Wenn es stimmt, was Huberty später erzählte (er habe unter anderem vermittelt, dass die angehenden Moderatoren nicht so viel nicken und am Anfang weniger Zahlenmaterial präsentieren sollten), dürfte er mit einem Grundlagenstudium angefangen haben.

      Huberty, der in seiner Verschmitztheit ein wenig an Theo Lingen erinnerte, brachte auch die ersten wohldosierten Prisen Spott und Humor in seinen Reportagen unter. Allerdings wurde er in diesem Punkt noch von Kurt Brumme in seinen Radioreportagen übertroffen. Der wusste mit Grabesstimme nach einer Schauspieleinlage eines italienischen Verteidigers zu berichten: „Der Spieler Burgnich ist soeben im Strafraum verstorben.“ Aber Huberty hatte bei der Gelegenheit immerhin dem Spieler Schnellinger seinen neuen Vornamen „Ausgerechnet“ verpasst. 1982 trennten sich die Wege von der „Sportschau“ und des Luxemburgers mit dem „Klappscheitel“.

       Von Rudi Michel über Heribert Faßbender bis Steffen Simon

      Eine weitere prägende Figur war Rudi Michel, der sich immer auch als Missionar des schönen Spiels verstand und schon 1960 die vierteilige Serie „Fußball – richtig gespielt“ auf die Schirme brachte. Von 1954 bis 1982 war er bei allen Weltmeisterschaften dabei. Natürlich auch 1966 beim „Wembley-Tor“ im Finale von London, wo er eine Phrase prägte, die später von Béla Réthy zur Standardformel geadelt wurde: „Kein Tor! Oder doch?“

      Fußball war für ihn „die schönste Nebensache der Welt“ und Sachlichkeit ein hohes und schützenswertes Gut. Wenn er sich doch mal zu einem Anflug von Emotion hinreißen ließ, dann entschuldigte er sich umgehend bei seinem Publikum, leicht verschämt wie ein Kind, das beim Griff in die Keksdose erwischt wurde.

      Hubertys Nachfolger wurde Heribert Faßbender, der mit seinem „’n Abend allerseits“ die erste sogenannte Catch-Phrase im deutschen Fernsehen prägte, allerdings damit auch die erste Catch-Phrase, die alles andere als cool war. Immer ein wenig beamtisch wirkend, wagte Faßbender ab und an Ausflüge auf das Feld des Populismus („Schickt diesen Mann ganz schnell zurück in die Pampa!“ – Nach der Fehlentscheidung des argentinischen Schiedsrichters im Spiel Deutschland gegen die Niederlande bei der WM 1990), wofür er aber regelmäßig zurückgepfiffen wurde. Da Faßbender mit jeder Pore öffentlich-rechtliches Sendungsbewusstsein auszustrahlen schien, eignete er sich gut als Feindbild und Reizfigur für RTL, als man dort mit „Anpfiff“ eine neue Epoche einleiten wollte. Aber vermutlich hat das „Onkel Heribert“ (Potofski-Spott) wenig gestört.

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      Zum Glück noch ohne „Goool!“ – die „Sportschau“ mit Steffen Simon

      Mit der Rückkehr zur „Sportschau“ im Jahr 2003 übernahm Steffen Simon die Leitung der Sendung. Die von ihm verantwortete Sendung erinnert konzeptionell an „Ran“ bei Sat.1, nur eben ohne klatschende Zuschauer. Simons Sinn für Humor ist nicht unumstritten, aber es ist bemerkenswert, dass er sich bei einer öffentlich-rechtlichen Sportsendung auch mal aus dem Fenster lehnt und was riskiert. Zudem kommentiert er viel selbst, was vor allem im Kontrast zu seinem Vorgänger, dessen fußballerische Kompetenz nicht unumstritten war, auffällt.

      Aufgrund des geringen zeitlichen Abstands zwischen Abpfiff der Spiele und dem Sendungsstart hätte die „Sportschau“ so etwas wie ein Motor der Innovation sein können, aber die technischen Neuerungen kamen schleppend. Am Anfang gab es höchstens fünf Kameras und eine Zeitlupe. In den ersten Jahren war der Maz-Redakteur noch nicht vor Ort, die Reporter mussten nach dem Spiel Szenen auswählen, die dann in der Zentrale geschnitten und während der Sendung vom Reporter aus dem Stadion live kommentiert wurden.

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