Potsdam MM-City Reiseführer Michael Müller Verlag. Michael BussmannЧитать онлайн книгу.
Denkmäler
Die beiden sich diagonal kreuzenden Wege, die über den Platz führen, gab es schon in preußischer Zeit - sie gehen auf den Gartenbaumeister Peter Joseph Lenné zurück. Neueren Datums sind die Sitztreppen, auf denen sich die Pichler treffen. Ansonsten ist hier kaum mehr etwas, wie es war. Nur drei Gebäude, die den Platz säumen, haben den Zweiten Weltkrieg überlebt. Dazu gehört das Postgebäude am südöstlichen Eck, dessen Frontfassade zur Straße am Kanal weist. Daneben, zum Platz hin, stand die Alte Synagoge. Sie wurde bereits in der Reichskristallnacht 1938 geschändet und in weiten Teilen zerstört - eine Gedenktafel erinnert daran. Die Südseite des Platzes dominiert heute das Bildungsforum, das selbst ernannte „klügste Haus der Stadt“ (www.bildungsforum-potsdam.de).
In der Mitte des Platzes stand früher ein Bronzestandbild Friedrich Wilhelms III. Heute gibt es zwei Denkmäler, eines aus DDR-Zeiten, das den antifaschistischen Widerstandskämpfern gedenkt (1975), und (ganz im Südwesten des Platzes) das Denkmal des unbekannten Deserteurs des türkischen Bildhauers Mehmet Aksoy, der viele Jahre in Berlin lebte. Es handelt sich um eine Skulptur aus weißem Marmor, die die Silhouette eines menschlichen Körpers erahnen lässt (1989). Zu Füßen des Denkmals sind auf einer Tafel die Worte Kurt Tucholskys zu lesen: „Hier lebte ein Mann, der sich geweigert hat, auf seine Mitmenschen zu schießen. Ehre seinem Andenken!“. Klar, dass eine Arbeit, die Deserteure ehrt, nicht jedem gefällt. Wilhelm II., der seine Rekruten darauf einschwören ließ, notfalls auf die eigenen Eltern und Kinder zu schießen, hätte das Denkmal niemals aufstellen lassen. Die Stadt Bonn wollte das Denkmal ebenfalls nicht haben, daher kam es überhaupt erst nach Potsdam.
Tram 91, 92, 93, 94, 96, 98, 99 bis Platz der Einheit.
Barock trifft Klassizismus
Französische Kirche
Säulenportikus, Giebeldreieck, Kuppel über elliptischem Grundriss: Das an das Pantheon in Rom angelehnte Tempelchen, dessen Fassade sich vom Bassinplatz fast unhöflich abwendet, entstand 1751-53 für hugenottische Flüchtlinge. Gleich drei große preußische Baumeister waren daran beteiligt: Von Knobelsdorff entwarf die Kirche, Jan Bouman baute sie, Schinkel kümmerte sich später um das Interieur. Die Kirche überstand die Kriegstage weitgehend unversehrt, während das französische Viertel drum herum zerstört wurde. Noch heute wird die Kirche, die leider nur zu Gottesdiensten geöffnet ist, von der Französisch-Reformierten Gemeinde genutzt. Ihr Inneres ist überaus interessant: Es gibt keinen Altar, kein Kruzifix und keinen Taufstein, dafür eine hübsche Barockorgel.
Termine für Gottesdienste und kulturelle Veranstaltungen auf www.reformiert-potsdam.de. Bassinplatz. Bus 603, 692 bis Bassinplatz.
Französische Kirche
Verona und Byzanz in Potsdam
Kirche St. Peter und Paul
Den besten Blick auf die Fassade der Backsteinkirche, die zwischen 1867 und 1870 entstand, hat man von der Brandenburger Straße - zugleich ein schönes Fotomotiv. Ein besonderes Erlebnis ist der Besuch der Kirche dienstags, wenn Orgelkonzerte stattfinden.
Verantwortlich für den Bau zeichnen Friedrich August Stüler und sein Schüler Wilhelm Salzenberg, der ein großer Fan italienischer und byzantinischer Kirchenbauten war. So wundert es nicht, dass der 64 m hohe Kirchturm dem Campanile San Zeno in Verona nachempfunden ist. Und so wundert es auch nicht, dass die goldglänzenden Mosaiken in der Apsis ein wenig an die Hagia Sophia in Istanbul erinnern. Außerdem bemerkenswert: die bemalte Holzbalkendecke und die drei Gemälde des Franzosen Antoine Pesne (1683-1757), der ab 1711 als preußischer Hofmaler tätig war. Heute gehört die Kirche zum Erzbistum Berlin.
Im Osten schließt ein sowjetischer Ehrenfriedhof an die Kirche an. Über 300 gefallene Rotarmisten liegen hier unter Efeu begraben.
Di-Fr 12-18 Uhr, Sa 10-18 Uhr, Di 12-12.30 Uhr kleine Orgelkonzerte. Am Bassin 2, www.peter-paul-kirche.de. Tram 92, 96 bis Brandenburger Straße.
Backsteinidylle
Holländisches Viertel
Das baumbestandene gemütliche Viertel geht auf den Soldatenkönig zurück, der als Kronprinz schwer beeindruckt durch Holland gereist war und später auch in seiner Stadt solch hübsche Ziegelsteinhäuser haben wollte. Leider starb der König vor der endgültigen Fertigstellung des Projekts im Jahr 1742. Das Viertel besteht aus vier Karrees und 134 roten Backsteinhäusern mit weißen Fugen, kunstvollen Giebeln und geschnitzten, weiß oder grün bemalten Portalen und Fensterrahmen.
Eigentlich, so plante man bei Hof, sollten holländische Handwerker ins Viertel ziehen und sich dort wie zu Hause fühlen - ihr Wissen in Sachen Trockenlegung von Feuchtgebieten war in Potsdam sehr gefragt. Doch daraus wurde nichts. Die Handwerker blieben trotz so mancher Anreize lieber in ihrem eigenen flachen Land. Und so zogen Soldaten ein.
Heute ist das Viertel ein niedliches, vielleicht ein wenig übermanikürtes Eck, durch das man gerne schlendert. Wer mag, kann das Jan Bouman Haus besuchen, ein originalgetreu restauriertes Siedlungshaus aus dem Jahr 1735: schmal und tief, mit einem Hausgarten und einem kleineren Fachwerkgebäude im Hinterhof. Der Name des Hauses erinnert an den Schiffszimmermeister und späteren Oberbaudirektor Jan (Johan) Bouman, der für den Bau des Viertels verantwortlich zeichnet. Dass das Holländische Viertel überhaupt noch existiert, ist der Wende zu verdanken. In den 1980er-Jahren war es so heruntergekommen, dass die Genossen bereits den Abriss erwägten. Zu jener Zeit war das Viertel ein Mekka der „Schwarzwohner“, wie die stillen Hausbesetzer der DDR genannt wurden.
Jan Bouman Haus: Mo-Fr 13-18 Uhr, Sa/So 11-18 Uhr. 3 €, erm. 2 €. Mittelstr. 8, www.jan-bouman-haus.de. Tram 92, 96 bis Nauener Tor.
Bilderbuchromantik im Holländischen Viertel
Im Stasi-Knast
Gedenkstätte Lindenstraße
Der ursprünglich zwischen 1734 und 1737 als Wohnhaus errichtete Backsteinbau wurde Anfang des 19. Jh. zum Potsdamer Stadtgericht umgewandelt (Theodor Storm arbeitete hier als Gerichtsassessor). Aus den Stallungen im Hinterhof wurde ein Gefängnistrakt. Die Nazis kerkerten hier Andersdenkende und Andersaussehende ein und machten aus dem Amtsgericht ein Erbgesundheitsgericht. Hier wurden Männer und Frauen zu Zwangssterilisationen verurteilt - dafür reichte es schon, Epileptiker zu sein.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verhörten und folterten hier die Sowjets. 1952 zog die Stasi ein und machte ein Untersuchungsgefängnis aus dem Komplex. Heute beherbergt das „Lindenhotel“, so der sarkastische Spitzname zu DDR-Zeiten, eine so erschütternde wie informative Gedenkstätte. Die Ausstellung im Gefängnistrakt erstreckt sich über mehrere Etagen. Man durchläuft labyrinthische, beklemmende Gänge, erfährt Einzelschicksale und sieht den Freigangkomplex: Die fünf Zellen gleichen Käfigen ohne Dach. Die Gefangenen durften hier für 20-30 Min. pro Tag den blauen Himmel durchs Gitter betrachten.
Tägl. (außer Mo) 10-18 Uhr, jeden Sa um 14 Uhr öffentliche Führungen. 2 €, erm. die Hälfte. Lindenstr. 54, www.gedenkstaette-lindenstrasse.de.