SommerLust | Erotische Geschichten. Amy WalkerЧитать онлайн книгу.
mit Gerald zu erfahren. So lange, wie wir fortgewesen sein müssen, kann er sich das ein oder andere sicherlich schon zusammenreimen und giert jetzt offensichtlich danach, dass ich ihm von den Liebhaberqualitäten seines Freundes vorschwärme.
»Später, Darling, sie ist am Verhungern«, antwortet Gerald an meiner Stelle und zieht George für einen Begrüßungskuss an sich. Ein seltsames Gefühl regt sich in meiner Brust – eine schwer verträgliche Mischung aus Aufregung und Beklemmung. Dabei stört es mich weniger, dass die beiden von meinem Liebesleben sprechen – etwas anderes hatte ich zumindest von George nicht erwartet –, sondern vielmehr, dass George sich verlangend an Gerald drängt, als er ihn küsst. Ein seltsames Begehren ballt sich in mir zusammen. Nicht rein körperliche Erregung, aber auch keine richtige Nervosität. So einfach kann es sein?
George genießt es sichtlich, sich von Gerald hinhalten zu lassen und mir dämmert, dass er seinen ganz persönlichen Kick von dieser Dreierkonstellation über Geralds Erzählungen erhält und von dem, was die beiden miteinander treiben, während Gerald ihm davon berichtet, wie ich ihn um einen Höhepunkt angefleht habe. George hat mir zwar versichert, dass er keinerlei Probleme mit Geralds außertourlichen sexuellen Abenteuern hat, aber so richtig glaube ich ihm das wohl erst jetzt. Es ist wirklich so einfach für die beiden. Unwillkürlich muss ich mich fragen, ob Dave es akzeptieren könnte, wenn ich ihm vorschlagen würde, meine Bedürfnisse gelegentlich außerhalb unserer Beziehung auszuleben – vorausgesetzt er nähme mich denn überhaupt zurück …
Seufzend wende ich mich von George und Gerald ab und krame in meinem Rucksack nach einem Powerriegel. Ihnen bei ihrem leise geflüsterten Geplänkel zuzuhören, macht mich ganz schwindelig und so glühend, wie die beiden Männer sich anschauen, existiere ich kaum noch für sie. Plötzlich habe ich das Gefühl zu stören. Ich hätte es mir gut vorstellen können, zusammen mit ihnen weiterzuziehen, doch irgendetwas sagt mir, dass ich aufbrechen sollte – und zwar allein.
Drei Tage laufe ich, zerlege so völlig für mich allein mein chaotisches Gefühlsleben bis ins kleinste Detail und zerfleische mich bei dem Gedanken daran, Dave gegenüberzutreten und ihm zu sagen, was offenbar mein Problem in unserer Beziehung war. Schon beim Gedanken daran wird mir übel. Er wird erst recht denken, dass ich ihn nicht wirklich geliebt habe und sich fragen, was er falsch gemacht hat. So ist Dave, er sucht die Schuld zuallererst immer bei sich, was es mir in den vergangenen Monaten nur noch schwerer gemacht hat, mich kritisch mit unserer Beziehung und meinen Gefühlen ihm gegenüber auseinanderzusetzen. Wenn ich jetzt zu ihm zurückkehrte und ihm sagte, was ich inzwischen über mich herausgefunden habe … Stöhnend stolpere ich voran. Ich hatte es kaum für möglich gehalten, aber in den letzten Tagen ist es noch heißer geworden. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich mein Lauftempo trotz tiefer Erschöpfung noch gesteigert habe. Ich renne davon – ob vor mir selbst oder vor Gerald und George weiß ich nicht so genau. Ich weiß nur, dass sich irgendetwas grundlegend falsch anfühlt. Ich hatte gehofft, ich würde mich wieder vollständig wie ich selbst fühlen, wenn ich die Lösung meines Problems erst gefunden hätte. Doch seit ich angefangen habe, darüber nachzudenken, in welche Lage mich diese Lösung bringt, ist es nur noch schlimmer geworden. Die Last meiner Schuldgefühle wird so schwer, dass ich mich inzwischen völlig gehen lasse. Seit dem Tag, an dem ich Sex mit Gerald hatte, rasiere ich mich nicht mehr und versuche auch nicht mehr, mein Haar glänzend zu bürsten. Was ich für undenkbar gehalten habe, fühlt sich plötzlich richtig an. Mein Körper und seine Bedürfnisse sind irgendwie zu meinem Feind geworden!
***
»So ein Mist!« Wütend trete ich gegen den Pfosten eines Schildes, das am Wegesrand steht. Immer wieder passiere ich solche Auskunftsposten, die über Sehenswürdigkeiten wie irgendeinen See, einen Krater oder Ähnliches informieren. Als ich jedoch diesmal einen flüchtigen Blick auf die Beschriftung werfe, stockt mir der Atem. Timberline Lodge … Mount Hood … Nur noch wenige Meilen sind es bis dorthin und ich hätte im Leben nicht damit gerechnet, es so weit zu schaffen. Irgendwie muss ich es in den letzten Tagen sogar hinbekommen haben, an einem potenziellen Ausstiegspunkt vorbeigelaufen zu sein! Jetzt erreiche ich ein Ziel, das ich mir nicht wirklich gesteckt hatte! Ist das nicht irgendwie ein Zeichen – Dinge, die man für unmöglich gehalten hat, können wahr werden?
Ein seltsames Kribbeln erfasst mich. Ich straffe die Träger meines Rucksackes, um das Gewicht besser auf meinem Rücken zu verteilen, und marschiere weiter. Wenn ich es schon so weit geschafft habe, werde ich mir die von erfahrenen Hikern hochgelobte Lodge als kleines Highlight des Trips sicher nicht entgehen lassen – gelöste oder ungelöste Probleme hin oder her!
Der Gedanke an eine richtige Dusche mobilisiert meine Kräfte und ich erreiche die Lodge in erstaunlich kurzer Zeit. Als sich das Gebäude, das mich an eine überdimensionale Hütte erinnert, plötzlich vor mir erhebt, als ich einen Waldabschnitt verlasse, stockt mir der Atem. Wenn die Zimmer so gemütlich und einladend sind, wie bereits die Fassade auf mich wirkt, bin ich wohl gestorben und im Himmel gelandet. Wie ein in der Wüste Verirrter zu einer Fata Morgana laufe ich den geschwungenen Weg entlang auf die Lodge zu und traue mich kaum, das Anwesen, vornehmlich in Holz gehalten und mit großzügigen verglasten Flächen versehen, aus den Augen zu lassen. Kurz vor der Steintreppe, die auf die Rasenebene vor der Lodge hinaufführt, bleibe ich stehen und koste diesen besonderen Moment einfach aus.
»Du solltest reingehen und dir ein Zimmer schnappen, solange noch welche da sind! So wie du aussiehst, kannst du ein Bad und ein anständiges Bett dringend gebrauchen!«
Verwundert wende ich mich der Stimme zu, die hinter mir erklingt. Ihre Besitzerin muss direkt hinter mir aus dem Wald gekommen sein, sieht jedoch vollkommen anders aus wie eine Wanderin.
»Du hast recht. Wenn ich mir dich jedoch so anschaue, bin ich mir nicht so sicher, ob sie mir überhaupt ein Zimmer geben werden!«, erwidere ich und mustere etwas neidisch die gepflegte Erscheinung der jungen Frau, die schräg hinter mir steht. Ihre blonden Haare fallen glänzend über ihre Schultern, um ihre schlanke Figur schmiegt sich ein zauberhaftes Sommerkleid und ihre Füße stecken in Sandalen mit einer filigranen Lederschnürung. Im Gegensatz zu ihr muss ich mit meinem struppigen, braunen Pferdeschwanz und den klobigen Wanderstiefeln wie eine Pennerin aussehen!
»Drei Tage in der Lodge wirken da Wunder, sage ich dir!«, grinst sie und hakt mich unter, als müsse sie nicht befürchten, dass meine staubige Kleidung ihren sauberen Look ruinieren könnte. »Glaub mir, die sind Gäste wie uns gewohnt!«
Ungläubig mustere ich sie von der Seite, während sie mich mit federnden Schritten weiter den Weg entlang und die Treppe hinaufführt. »Du wanderst den PCT?« Irgendwie kann ich mir kaum vorstellen, dass ihre schmalen Schultern einen schweren Rucksack wie den meinen auch nur eine Meile weit tragen könnten. Als lese sie meine Gedanken und sei gerade wegen ihrer zierlichen Konstitution stolz darauf, die Herausforderungen des Trails zu bestehen, reckt sie ihr Kinn nach vorne und strafft ihre Schultern. »Jep – Thru-Hikerin! Wenn ich es auch diesmal bis nach Kanada schaffe, dann zum zweiten Mal!« Als wolle sie mir ihre Entschlossenheit, es zu schaffen, auch gleich demonstrieren, stößt sie energisch die Tür zur Eingangslobby der Lodge auf.
»Verdammt!« Diese Frau hat echt Power! Ich gebe einen anerkennenden Pfiff durch die Zähne von mir, der junge Mann hinter dem Tresen lächelt uns wissend entgegen. »Ein Zimmer mit Badewanne?« Als Antwort kann ich nur verträumt seufzen. »Sie nimmt es«, entscheidet – wie heißt sie eigentlich? – für mich und nimmt dem Portier sogar den Zimmerschlüssel ab. »Ich bin Kim«, stelle ich mich vor, während sie mich zum Treppenhaus begleitet, in dessen Richtung der Portier mich schickt. »Kennedy«, antwortet sie. Spontan entscheide ich, dass ich Kennedy und ihre quirlige Art mag. »Hast du Lust, mit mir zu Abend zu essen und mir ein bisschen mehr darüber zu berichten, was einen dazu treibt, drei Bundesstaaten zu Fuß zu durchqueren?«
Kennedy überreicht mir den Zimmerschlüssel und streckt mir die Hand entgegen. »Aber nur, wenn du mir erzählst, warum du diesen Trip machst!« Ich muss grinsen. Dass Hiker das so betreiben, wusste ich inzwischen ja schon. Dass diese neue Bekanntschaft jedoch deutlich unkomplizierter und weniger aufreibend als die letzte für mich werden wird, macht den Auftakt zu einem entspannten Aufenthalt in der Lodge perfekt. Vielleicht schafft es Kennedy sogar, mich ein wenig von meinen kreisenden Gedanken abzulenken. Freudig schlage ich in ihre Hand