Эротические рассказы

Tropenkoller. Georges SimenonЧитать онлайн книгу.

Tropenkoller - Georges  Simenon


Скачать книгу
Wirt saß neben dem Grammophon und sah so grimmig und streng drein, dass sein Ausdruck etwas Tragisches bekam.

      Was ging hier vor? Nichts natürlich! Timar hatte dummerweise zu viel Champagner getrunken, und mit einem Schlag stiegen all seine kleinen Ängste, all die beklommenen Gefühle der letzten Tage wieder an die Oberfläche.

      Er hätte gern etwas zu Adèle gesagt, irgendetwas, nur um den Kontakt aufzunehmen. Er sah zu ihr hin, aber es gelang ihm nicht, ihren Blick einzufangen. Als sie dann an einen Tisch gerufen wurde, kam sie dicht an ihm vorüber, und er war so kühn, sie mit zwei Fingern an ihrem Kleid zu fassen.

      Ein kurzes Innehalten. Ein flüchtiger Blick. Ein Satz:

      »Warum hast du die Frau deines Chefs nicht längst zum Tanz aufgefordert?«

      Er sah in die Richtung, in die ihr Kinn deutete, und erblickte eine dicke Frau im rosafarbenen Kleid neben dem Direktor der Sacova. Warum hatte Adèle das gefragt? Und warum so nervös? War sie etwa eifersüchtig? Er wagte es nicht zu hoffen. Im Übrigen hatte er keine andere Frau angesehen.

      Mit dem üblichen Lächeln sprach sie mit den Gästen. Aber sie kehrte nicht an die Kasse zurück, sondern ging zu der Tür hinten im Lokal, die auf den Hof führte. Niemand bemerkte es außer Timar, der ohne Bewusstsein ein weiteres Glas leerte.

      ›Ich bin vielleicht ein Dummkopf! Wie konnte ich hoffen, der Einzige zu sein!‹

      Was hätte er darum gegeben, sie jetzt in den Armen zu halten, ihren erhitzten, hingegossenen Körper, der unvorstellbar biegsam war.

      Wie viele Minuten verstrichen? Fünf? Zehn? Der Wirt, immer noch mit tragischem Ausdruck, drehte das Grammophon auf. Timar bemerkte eine Flasche Mineralwasser neben ihm.

      Adèle kam nicht wieder herein. Eugène, dem ihre Abwesenheit vielleicht bewusst geworden war, sah sich suchend um.

      Timar erhob sich zögerlich, erstaunt über sein schwammiges Gefühl, und durchquerte wankend den Raum. Er erreichte die kleine Tür, den Hof, eine weitere Tür, die ins Freie führte. Im Dunkeln kam jemand angelaufen und stieß ihn an. Es war Adèle.

      »Endlich …«, stammelte er.

      »Lass mich vorbei, du Dummkopf!«

      Es war stockfinster. Musik war zu hören. Das schwarze Kleid verschwand, und er stand da, ratlos, gekränkt und traurig.

      Auf der Wanduhr war es drei. Manuelo hatte seinen Auftritt längst beendet und das Geld eingesammelt. Wieder zum Mann geworden, trank er an einem Tisch Pfefferminzlikör und erzählte von seinen Erfolgen in Casablanca, in Dakar und Belgisch-Kongo.

      Adèle füllte an der Theke Gläser, mit konzentriert gerunzelter Stirn.

      Der Staatsanwalt, der zwischen den beiden Engländern an der Bar saß, war betrunken und sarkastisch.

      Viele Leute waren schon gegangen. Die Holzfäller, die an zwei Tischen saßen, aßen Sandwiches und tranken Bier.

      »Schluss mit der Musik!«, brüllte einer von ihnen. »Stell das Ding ab, Eugène, komm und trink mit uns.«

      Der Wirt erhob sich. Sein Mund war seltsam verzerrt. Er blickte in den schmutzigen Raum, auf die herumliegenden Luftschlangen, die leeren Gläser, die befleckten Tischtücher, und seine Augen glänzten wie im Fieber. Als wäre ihm schwindelig, schwankte er zur Tür und stammelte:

      »Ich komme gleich.«

      Adèle zählte und bündelte Geldscheine und streifte ein Gummiband über jedes Bündel.

      Timar, hundemüde, ausgehöhlt und angeekelt, trank mechanisch seinen Champagner aus, und niemand hätte später sagen können, wie lange der Wirt fortgeblieben war.

      Als er wieder hereinkam, wirkte er noch größer und schwerer, aber so kraftlos, dass es fast komisch war.

      Er blieb im Türrahmen stehen und rief:

      »Adèle!«

      Seine Frau sah ihn an, zählte aber weiter ihre Geldscheine.

      »Ist der Doktor schon gegangen? Lass ihn schnell holen.«

      Ein tiefes Schweigen, dann sagte er:

      »Wo ist Thomas? Ich sehe Thomas nicht.«

      Timar und alle anderen hielten Ausschau nach ihm. Aber es waren nur die beiden für den Abend engagierten jungen Boys zu sehen.

      »Du bist wohl nicht recht auf dem Damm?«, fragte einer der Holzfäller.

      Der Wirt starrte ihn an, als wollte er ihn erdrosseln.

      »Macht den Laden dicht«, sagte er in scharfem Ton. »Verstanden? Der Doktor soll kommen, wenn er nicht zu besoffen ist. Egal, ich bin erledigt. Blut im Urin, Schwarzwasserfieber …«

      Timar verstand nicht. Aber die Gäste schienen zu begreifen, denn sie standen hastig auf.

      »Eugène! Du …«

      Eugènes Stimme klang erschöpft.

      »Lasst mich in Frieden. Macht den Laden dicht!«

      Und er verschwand im Flur. Eine Tür schlug zu, und man hörte, wie er gegen einen Stuhl trat.

      Adèle war leichenblass geworden. Sie hatte den Kopf gehoben. Sie hörte etwas. Ein Geräusch, das näher kam und deutlicher wurde. Eine Gruppe von vier oder fünf Schwarzen blieb an der Tür stehen.

      Timar konnte die wenigen Worte, die ihnen mühsam, Silbe für Silbe, entlockt werden mussten, noch nicht verstehen.

      Er verstand nur, was einer der Holzfäller, ein Einäugiger, übersetzte.

      »Gerade eben wurde Thomas tot aufgefunden, zweihundert Meter von hier. Er ist mit einem Revolverschuss niedergestreckt worden.«

      Oben klopfte ein Stock auf den Boden. Es war Eugène, der ungeduldig wurde, schließlich aufstand, die Tür seines Zimmers aufriss und ins Treppenhaus rief:

      »Adèle! Herrgott, willst du mich hier einfach krepieren lassen?«

      2

      Als Timar erwachte, hatte er sich in dem heruntergerissenen Moskitonetz verheddert. Das Zimmer war sonnendurchflutet. Aber hier schien die Sonne alle Tage, es war kein freudiger Sonnenschein.

      Auf seinem Bett sitzend, lauschte er den Geräuschen im Haus. Vier- oder fünfmal hatte er nachts in seinem unruhigen Schlaf ein Kommen und Gehen gehört, Flüstern und Wasser, das plätschernd in einen Steinkrug gegossen wurde.

      Als der Arzt gekommen war, hatte die Wirtin Timar in sein Zimmer hinaufgeschickt und alle anderen aus dem Lokal gejagt.

      »Wenn Sie mich brauchen …«, hatte er mit lächerlicher Inbrunst gestammelt.

      »Ja. Gut. Aber jetzt legen Sie sich schlafen.«

      War der Mann gestorben, wie er es angekündigt hatte? Jedenfalls wurde das Lokal ausgefegt. Als Timar seine Tür einen Spaltbreit öffnete, hörte er Adèles Stimme sagen:

      »Gibt es keinen Käse mehr? In der Faktorei auch nicht? Dann mach eine Büchse grüne Bohnen auf. Warte! Zum Nachtisch gibt es Bananen und Aprikosen, von denen in der Reihe rechts. Hast du verstanden, du Hohlkopf?«

      Sie hob die Stimme nicht. Sie hatte keine schlechte Laune. So sprach sie einfach mit den Schwarzen.

      Als Timar einige Minuten später unrasiert hinunterkam, fand er sie an der Kasse, wo sie Bons ordnete, und das Lokal war schon sauber und aufgeräumt. Adèle sah proper und frisch aus. Ihr schwarzes Kleid war nicht zerknittert und ihre Frisur tadellos.

      »Wie spät ist es?«, murmelte er verlegen.

      »Kurz nach neun.«

      Und um vier Uhr morgens war das mit dem Wirt passiert! Als er den Anfall bekommen hatte, war das Lokal dreckig und unaufgeräumt gewesen. Adèle war nicht schlafen gegangen, und nun hatte sie schon das Mittagessen bestimmt und sich Gedanken über Obst und


Скачать книгу
Яндекс.Метрика