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Tropenkoller. Georges SimenonЧитать онлайн книгу.

Tropenkoller - Georges  Simenon


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habe Sie umquartiert, denn es gibt kein anderes Zimmer, in das ich die Leiche heute Nacht legen kann.«

      Sie drehte sich zu den aufgereihten Flaschen um, wählte einen Calvados, schenkte sich ein und trank mit vor Abscheu verzogenen Mundwinkeln. Dann fragte sie mit sachlicher Stimme:

      »Was hat man mit dem Schwarzen gemacht?«

      »Man hat ihn ins Hospital gebracht. Dort soll heute Nachmittag die Autopsie vorgenommen werden. Die Kugel scheint zwischen den Schulterblättern wieder ausgetreten zu sein und wurde noch nicht gefunden.«

      Diese letzten Worte waren mit Absicht gesagt worden. Achselzuckend schob sich der Holzfäller eine dottergelbe Aprikosenhälfte in den Mund und fuhr fort:

      »Ein schwarzer Polizist ist am Tatort, um zu verhindern, dass jemand die Kugel mitnimmt, wenn er sie findet. Nun ja, falls man sie findet! Wer spielt eine Partie Billard mit mir?«

      Er stand auf und wischte sich den Mund mit seiner Serviette ab. Als niemand ein Wort sagte, murmelte er nach kurzem Zögern:

      »Vielleicht spielen wir heute lieber kein Billard. Bring mir einen Calvados, Adèle.«

      Und er lehnte sich ihr gegenüber an die Theke, während die anderen weiteraßen. Timar war das Blut in die Wangen gestiegen. Achtlos stopfte er das Essen in sich hinein und zuckte jedes Mal wütend zusammen, wenn eine dicke Fliege vorbeiflog, die sich ihn zum Mittelpunkt ihrer Flugübungen auserkoren hatte.

      Es war schwül. Draußen regte sich kein Lüftchen. Selbst das mit einem leichten Kräuseln anlandende Meer war nicht zu hören.

      Nur aus der Küche hinter der Durchreiche drang hin und wieder das Klappern von Tellern. Der stellvertretende Direktor der Bank, ein hochgewachsener junger Mann, der seine Mahlzeiten im Hotel einnahm und dessen Gebaren denen Timars nicht unähnlich war, ging als Erster hinaus, nachdem er seinen Tropenhelm aufgesetzt und sich eine Zigarette angezündet hatte.

      Bald darauf würden sich auch die anderen erheben. Einige würden vorher an der Theke noch einen Schnaps trinken. Jedenfalls würden, sobald die Zeiger der Wanduhr auf zwei vorrückten, Timar und Adèle allein im Lokal sein.

      Timar überlegte, ob er so lange bleiben sollte. Die vier Whisky vom Vormittag hatten ihn müde gemacht. Sein Kopf war leer und tat ihm weh, aber er traute sich nicht, sich in einem anderen Zimmer schlafen zu legen, während man den Toten in das seine brachte.

      Jemand fragte, ein Glas Schnaps in der Hand:

      »Können wir ihn noch mal sehen, bevor der Sarg geschlossen wird?«

      »Ich glaube nicht. Um fünf Uhr wird alles vorbei sein.«

      »Armer Kerl!«

      Der, der das gesagt hatte, war im gleichen Alter wie der Wirt. Es gab sogar Jüngere, die schon ihren zweiten Anfall hinter sich hatten. Mehrere, hatte der Kommissar zu Timar gesagt, wären schon ein- oder zweimal mit einem Vermögen nach Frankreich zurückgekehrt und hätten es dort in weniger als einem Jahr ausgegeben. Als der Einäugige, der einen Goldzahn hatte, einmal in Bordeaux war, wo gerade in der Oper eine Galavorstellung stattfand, hatte er sämtliche Taxis der Stadt gemietet, nur um die Zuschauer und Zuschauerinnen bei heftigem Regen in großer Toilette nach Hause gehen zu sehen. Heute, aufgrund der Krankheit, schlug er sich mit einem alten Lieferwagen durch, erledigte bescheidene Transporte und besorgte die Müllabfuhr.

      Die Glocke einer Faktorei schlug halb zwei. Im Lokal waren nur noch vier Personen, kurz darauf drei anwesend. Timar, der immer noch an seinem Tisch saß, blickte zu Boden.

      Dann leerte der letzte Gast sein Glas und nahm seinen Tropenhelm vom Garderobenständer, während Timars Herz schneller zu schlagen begann und er sich beklommen fragte, was er oder sie wohl sagen würden.

      Die Schritte entfernten sich. Mühsam hob er den Kopf. Er hatte beschlossen, sich auch einen Schnaps zu bestellen, auf die Gefahr hin, für den Rest des Tages unbrauchbar zu sein.

      Doch in dem Augenblick, in dem er den Beschluss fasste, seufzte Adèle wie jemand, der sich ohne Energie an die Arbeit macht. Er hörte, wie sie die Kasse schloss. Dann ging sie hinaus, ohne ihm etwas zu sagen, ohne ihn anzusehen. In der Durchreiche sah er sie noch einen Augenblick in der Küche, wo sie mit leiser Stimme Anweisungen gab. Schließlich ging sie die Treppe hinauf, und ihre Schritte hallten über Timars Kopf.

      3

      Das Abendessen verlief ähnlich wie das Mittagessen, mit dem einzigen Unterschied, dass der Tote oben nicht mehr in seinem Bett, sondern in einem geschlossenen Sarg lag, den man auf zwei Stühle gestellt hatte.

      Außerdem wechselten die Stammgäste vielsagende Blicke, als wollten sie einander an einen gemeinsam gefassten Beschluss erinnern, und nachdem er seine Mahlzeit beendet hatte, ging der Holzfäller mit dem Metzgergesicht zur Theke.

      »Sag mal, Adèle, meinst du nicht, es wäre besser, zu schließen?«

      »Genau das habe ich vor.«

      »Und … ich nehme an … wird jemand bei ihm wachen? In dem Fall kannst du natürlich auf uns zählen.«

      Sein grobes Gesicht bildete einen komischen Kontrast zu dem kindlichen Ausdruck, der an einen um Erlaubnis bittenden Schuljungen erinnerte.

      »Warum bei ihm wachen? Er wird nicht entwischen.«

      Die Augen des Holzfällers funkelten. Er musste ein Lächeln unterdrücken, und weniger als fünf Minuten später waren alle draußen, auch Timar. Der allgemeine Aufbruch hatte sich mit einer vorgetäuschten Lässigkeit, einer gespielten Unentschlossenheit vollzogen.

      »Wir werden vor dem Schlafengehen noch ein Stündchen spazieren gehen. Bis morgen, Adèle.«

      Ein paar verstohlene Blicke. Der Holzfäller tippte Timar auf die Schulter.

      »Komm mit uns. Sie möchte lieber allein sein.«

      Das Lokal war leer. Sechs Männer standen im Dunkeln auf der Straße, und der eine von ihnen drehte an der Kurbel eines Lieferwagens. Der Mond schien hell, und hinter dem Vorhang aus Kokospalmen rauschte das silbern glänzende Meer, genauso, wie Timar sich in Europa die afrikanischen Nächte auf den Inseln in seiner Phantasie vorgestellt hatte.

      Er blickte zu dem Lokal hin, dessen Leere ihn traurig stimmte. Der Boy räumte die Tische ab, und Adèle gab ihm von der Theke aus Anweisungen.

      Timar bemerkte, dass der stellvertretende Direktor der Bank bei ihnen war. Er stand direkt neben ihm in dem Lieferwagen, der sich in Bewegung setzte. Schon seufzte jemand:

      »Uff! Adèle übertreibt! Vorhin beim Essen dachte ich schon, ich müsste ersticken.«

      »Warte. Halt bei mir an«, sagte ein anderer und beugte sich zu dem Chauffeur. »Ich will eine Flasche Pernod holen.«

      Die Gesichter waren nur undeutlich zu erkennen, der helle Mondschein entstellte sie. Die sechs Gestalten schwankten und wurden von den unebenen Fahrspuren nach Lust und Laune hin- und hergeworfen.

      »Wohin fahren wir?«, fragte Timar den stellvertretenden Direktor leise.

      »Wir wollen den Abend in einer Hütte verbringen.«

      Timar fiel auf, dass er anders wirkte als sonst. Er war ein hochgewachsener, sehr schlanker junger Mann mit feinen Gesichtszügen, blondem Haar und verhaltenen Gesten. Aber an diesem Abend lagen ein verdächtiges Funkeln und eine seltsame Unentschlossenheit in seinem Blick.

      Während sie auf den Pernod warteten, wechselte Timar halblaut ein paar Worte mit seinem Nachbarn. Er erfuhr, dass Bouilloux, der Mann mit dem Metzgergesicht, in seinem Leben nie Metzger, sondern einst Lehrer in einem Dorf im Morvan gewesen war.

      Mitten in einem Satz erinnerte sich der Bankier plötzlich an seine gute Erziehung. Er verbeugte sich und streckte die Hand aus:

      »Darf ich mich Ihnen vorstellen, Gerard Maritain.«

      »Joseph Timar von der Sacova.«

      Der Wagen fuhr weiter. Sie folgten einem Weg, den Timar nicht


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