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Doktor Dolittles Zirkus. Hugh LoftingЧитать онлайн книгу.

Doktor Dolittles Zirkus - Hugh Lofting


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machte sich die lange Wagenreihe des Zirkus auf den Weg zur nächsten, fünfzig Meilen entfernten Stadt. Diese Reise konnte im Schritt natürlich nicht in einem einzigen Tag zurückgelegt werden. Nachts mußte man am Straßenrand oder an einem freien Platz lagern. So bot sich außer dem neuen Vergnügen, das Land bei Tag aus einem Haus auf Rädern zu sehen, noch die Aufregung, die Nacht auf Zigeunerart dort zu verbringen, wo einen grade die Dunkelheit überfiel. Jip machte es viel Spaß, die Ratten aus den Gräben längs der Landstraße aufzujagen, und oft pürschte er auf einer Wiese einer Fuchsspur nach. Der Zirkus kam so langsam vorwärts, daß dem Hund noch Zeit für eine Menge kleiner Abenteuer blieb. Göb-Göbs größtes Vergnügen war es aber, zu raten, wo sie wohl die Nacht zubringen würden.

      Dieses Haltmachen an einem Schlafplatz schien ihnen allen am meisten Freude zu bereiten. Wenn der Kessel über das Feuer am Wegrand gehängt worden war, wurde jeder vergnügt und gesprächig. Jips beide Freunde, der Hund des Clowns und Toby, der Hund vom Kasperle-Theater, schlossen sich abends, sobald der Zug halt machte, des Doktors Truppe an. Auch sie waren sehr dafür, Johann Dolittle solle die Leitung des Ganzen übernehmen oder selbst einen eigenen Zirkus gründen. Und wenn sie nicht den ganzen Kreis mit ihren wunderbaren Geschichten aus dem Leben eines Zirkushundes erheiterten, sagten sie dem Doktor immer wieder und wieder, ihrer Meinung nach würde ein richtiger Dolittle-Zirkus die Vollkommenheit selbst sein.

      Johann Dolittle hatte stets behauptet, es gäbe bei den Hunden genau ebensoviele, oder sogar noch verschiedenere Charaktere und Typen, wie bei den Menschen. Zum Beweis dafür hatte er ein Buch geschrieben, das er Seelenkunde der Hunde nannte. Die meisten Gelehrten hatten es verächtlich abgelehnt und gesagt, nur ein Hohlkopf könne über einen solchen Gegenstand schreiben. Aber das sagten sie nur, um zu verbergen, daß sie es nicht verstanden.

      Die beiden Hunde, Schwizzel, der Hund des Clowns, und Toby vom Kasperle-Theater, waren sehr verschiedene Charaktere. Schwizzel, der dem Äußeren nach nur ein ganz gewöhnlicher Köter war, hatte viel Humor. Er machte aus allem einen Scherz. Teilweise kam das von seinem Beruf — er half dem Clown, Leute zum Lachen zu bringen —, aber zum Teil erwuchs es auch aus seiner Lebensanschauung. Er erzählte dem Doktor und Jip mehr als einmal, wie er schon als kleines Hunde-Baby erkannt hatte, nichts in der Welt lohne es, ernst genommen zu werden. Er war ein großer Künstler und verstand stets jeden Spaß, selbst wenn er auf seine Kosten gemacht wurde.

      Toby, der andre Hund, war von seinem Freunde Schwizzel so verschieden wie nur möglich. Er war ein kleiner Hund, ein weißer Zwergpudel, und nahm sich selbst und das Leben sehr ernst. Sein hervorstechendster Charakterzug war seine Entschlossenheit, alles zu bekommen, was er haben wollte. Aber trotzdem war er nicht selbstsüchtig. Der Doktor sagte immer, diese verschmitzte Geschäftstüchtigkeit fände man bei den meisten kleinen Hunden, die ihre Kleinheit durch eine Extraportion Frechheit wieder wettmachen müßten. Als Toby das erstemal Johann Dolittles Truppe besuchte, sprang er sofort auf des Doktors Bett und machte es sich dort bequem. Die höchst empörte Dab-Dab versuchte, ihn wieder hinunterzuwerfen, aber er wich keinen Schritt. Er sagte, der Doktor habe nichts dagegen, und er sei der Besitzer des Bettes. Von da an belegte er immer, wenn er zu Besuch kam, diesen Platz im Wagen. Nur seine Frechheit hatte ihm dieses Vorrecht eingebracht. Er verlangte stets Vorrechte, und gewöhnlich bekam er sie auch.

      Aber eins hatten Toby und Schwizzel gemeinsam: das war der Stolz auf ihre persönliche Freundschaft mit Johann Dolittle, den sie für den größten aller Menschen hielten.

      An einem Abend hatte der Zug, wie gewöhnlich, am Rande der Landstraße haltgemacht. Ein nettes altväterliches Bauerngehöft lag in der Nähe, und Göb-Göb war nachsehen gegangen, ob nicht einige Schweine im Stall wären, sonst aber war des Doktors vertrauter Kreis vollständig beisammen. Kaum hatte man den Kessel zum Kochen aufgehängt, als Toby und Schwizzel herbeikamen. Es war eine kühle Nacht, und statt draußen ein Feuer zu machen, kochte Dab-Dab das Essen auf dem Ofen im Innern des Wagens, um den alle herumsaßen und schwatzten.

      „Haben Sie schon das Neuste gehört, Doktor?“ fragte Toby, als er auf das Bett sprang.

      „Nein“, sagte Johann Dolittle, „was ist denn los?“

      „In der nächsten Stadt nehmen wir Sophie wieder mit.“

      „Wer in aller Welt ist denn Sophie?“ fragte der Doktor und holte seine Pantoffeln hinter dem Ofen hervor.

      „Sie hat uns schon vor Ihrer Ankunft verlassen“, sagte Schwizzel. „Sophie ist eine Seerobbe. Sie balanciert Bälle auf ihrer Schnauze und macht Wasserkunststücke. Sie ist krank geworden, und Blossom hat sie vor einem Monat zurücklassen müssen. Jetzt geht es ihr wieder gut, und ihr Wärter trifft mit uns in Ashby zusammen. Sie ist ein ziemlich gefühlsduseliges Mädchen, die Sophie, aber ein guter Kerl, und sie wird Ihnen sicherlich gefallen.“

      An einem Mittwoch, ungefähr um neun Uhr abends, kam der Zirkus in Ashby an und sollte am frühen Morgen des nächsten Tages für das Publikum geöffnet werden. Daher waren alle Leute die Nacht hindurch beschäftigt, bei Fackellicht Zelte und Buden aufzuschlagen und Tannenrinde zu streuen. Selbst nachdem der Stand des Stoßmidi-Ziehdich aufgebaut worden war, und sich des Doktors Familie zur Ruhe zurückgezogen hatte, ging niemand schlafen. Die Erde erzitterte noch immer von den Hammerschlägen, mit denen die Blöcke in den Boden getrieben wurden, und die Luft war voll von Rufen und Arbeitslärm, bis die Morgendämmerung über die Dächer von Ashby kroch, und die Zeltstadt zeigte, die über Nacht errichtet worden war.

      Johann Dolittle stelle fest, als er müde von seinem Bett herunterkletterte, daß eine Menge dazu gehöre, sich an das Zirkusleben zu gewöhnen. Nach dem Frühstück übergab er Matthäus die Aufsicht über seinen Stand und ging fort, um die Seerobbe kennenzulernen.

      SOPHIE AUS ALASKA

      Sophies Wärter hatte, wie die übrigen Zirkusleute, seinen Stand schon fertig für das Publikum aufgebaut. Die Robbe führte zweimal täglich in dem großen Zelt ihre Kunststücke vor. Ihre Nummer folgte auf die der Trapez-Akrobaten Brüder Pinto und auf die des sprechenden Pferdes. Aber während der übrigen Zeit wurde sie ebenso wie das Stoßmich-Ziehdich in einem Nebenstande gezeigt. Dort tauchte sie zum Vergnügen eines jeden, der dafür drei Groschen bezahlte, in einem umgitterten Wasserbehälter nach Fischen.

      An diesem Morgen war es noch früh und Sophies Wärter frühstückte grade draußen auf den Stufen, als der Doktor in ihr Zelt kam. Ein ungefähr zwölf Fuß breiter Wasserbehälter war hier in die Erde eingelassen und um ihn herum eine Plattform mit einem Geländer gebaut, von dem aus die Besucher die Vorführungen sehen konnten. Sophie, eine schöne, fünf Fuß lange Alaska-Seerobbe mit glattem Fell und klugen Augen, wälzte sich trübsinnig im Wasser. Als der Doktor mit ihr in ihrer eignen Sprache zu sprechen begann und sie erkannte, wer ihr Besucher war, brach sie in Tränen aus.

      „Was fehlt dir denn?“ fragte Johann Dolittle.

      Die Robbe fuhr fort zu weinen und antwortete nicht.

      „Beruhige dich“, sagte der Doktor, „nur keine Aufregungen! Bist du noch krank? Ich glaubte, du wärst wieder ganz gesund.“

      „Ach ja, ich hab mich längst wieder erholt“, schluchzte Sophie, /„ich hab nur Magenschmerzen gehabt. Wir werden hier mit faulen Fischen gefüttert.“

      „Was fehlt dir sonst?“ fragte der Doktor. „Warum weinst du denn?“

      „Ich weine vor Freude“, sagte Sophie. „Als Sie hereinkamen, dachte ich grade, der einzige Mensch in der ganzen Welt, der mir helfen kann, ist Johann Dolittle.“

      „Wobei soll ich dir helfen?“ fragte der Doktor.

      „Ach“, rief Sophie und brach wieder in Tränen aus, „ich weine nur, weil ich so glücklich bin. Als Sie hereinkamen, habe ich Sie zuerst für einen gewöhnlichen Besucher gehalten, aber nach Ihrem ersten Wort Robbensprache — und dazu noch Alaska-Dialekt — wußte ich, wer Sie waren: Johann Dolittle, der einzige Mensch in der ganzen Welt, mit dem ich sprechen wollte! Das war für mich zuviel, ich — —“

      „Nun, nun“, sagte der Doktor, „brich nur nicht gleich wieder zusammen. Sag mir, was dir fehlt.“

      „Gern“,


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