Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer. Arthur SchopenhauerЧитать онлайн книгу.
89 Oupnek'hat, Bd. 1, S. 60 fg.
90 Jener Spanische Bischof, der im letzten Kriege sich und die Französischen Generäle, an seiner Tafel, zugleich vergiftete, gehört hieher, wie mehrere Thatsachen aus jenem Kriege. Auch findet man Beispiele im Montaigne, Buch 2, Kap. 12.
91 Hiebei sei es beiläufig bemerkt, daß Das, was jeder positiven Glaubenslehre ihre große Kraft giebt, der Anhaltspunkt, durch welchen sie die Gemüther fest in Besitz nimmt, durchaus ihre ethische Seite ist; wiewohl nicht unmittelbar als solche, sondern indem sie mit dem übrigen, der jedesmaligen Glaubenslehre eigenthümlichen, mythischen Dogma fest verknüpft und verwebt, als allein durch dasselbe erklärbar erscheint; so sehr, daß, obgleich die ethische Bedeutung der Handlungen gar nicht gemäß dem Satz des Grundes erklärbar ist, jeder Mythos aber diesem Satz folgt, dennoch die Gläubigen die ethische Bedeutung des Handelns und ihren Mythos für ganz unzertrennlich, ja schlechthin Eins halten und nun jeden Angriff auf den Mythos für einen Angriff auf Recht und Tugend ansehn. Dies geht so weit, daß bei den monotheistischen Völkern Atheismus, oder Gottlosigkeit, das Synonym von Abwesenheit aller Moralität geworden ist. Den Priestern sind solche Begriffsverwechselungen willkommen, und nur In Folge derselben konnte jenes furchtbare Ungeheuer, der Fanatismus, entstehn, und nicht etwan nur einzelne ausgezeichnet verkehrte und böse Individuen, sondern ganze Völker beherrschen und zuletzt, was zur Ehre der Menschheit nur Ein Mal in ihrer Geschichte dasteht, in diesem Occident sich als Inquisition verkörpern, welche, nach den neuesten endlich authentischen Nachrichten, in Madrid allein (während im übrigen Spanien noch viele solche geistliche Mördergruben waren) in 300 Jahren 300000 Menschen, Glaubenssachen halber, auf dem Scheiterhaufen quaalvoll sterben ließ: woran jeder Eiferer, so oft er laut werden will, sogleich zu erinnern ist.
92 Es sind bloße opera operata, würde die Kirche sagen, die nichts helfen, wenn nicht die Gnade den Glauben schenkt, der zur Wiedergeburt führt. Davon weiter unten.
93 Das Recht des Menschen auf das Leben und die Kräfte der Thiere beruht darauf, daß, weil mit der Steigerung der Klarheit des Bewußtseins das Leiden sich gleichmäßig steigert, der Schmerz, welchen das Thier durch den Tod, oder die Arbeit leidet, noch nicht so groß ist, wie der, welchen der Mensch durch die bloße Entbehrung des Fleisches, oder die Kräfte des Thieres leiden würde, der Mensch daher in der Bejahung seines Daseyns bis zur Verneinung des Daseyns des Thieres gehn kann, und der Wille zum Leben im Ganzen dadurch weniger Leiden trägt, als wenn man es umgekehrt hielte. Dies bestimmt zugleich den Grad des Gebrauchs, den der Mensch ohne Unrecht von den Kräften der Thiere machen darf, welchen man aber oft überschreitet, besonders bei Lastthieren und Jagdhunden; wogegen daher die Thätigkeit der Thier-Schutz-Gesellschaften besonders gerichtet ist. Auch erstreckt jenes Reiht, meiner Ansicht nach, sich nicht auf Vivisektionen, zumal der oberen Thiere. Hingegen leidet das Insekt durch seinen Tod noch nicht so viel, wie der Mensch durch dessen Stich. – Die Hindu sehn dies nicht ein.
94 Indem ich gedankenvoll wandele, befällt mich ein so starkes Mitleid mit mir selber, daß ich oft laut weinen muß; was ich doch sonst nicht pflegte.
95 Hiezu Kap. 47 des zweiten Bandes. Es ist wohl kaum nöthig zu erinnern, daß die ganze §§ 61-67 im Umriß aufgestellte Ethik ihre ausführlichere und vollendetere Darstellung erhalten hat in meiner Preisschrift über die Grundlage der Moral.
96 Dieser Gedanke ist durch ein schönes Gleichniß ausgedrückt, in der uralten philosophischen Sanskritschrift »Sankhya Karika«: »Dennoch bleibt die Seele eine Weile mit dem Leibe bekleidet; wie die Töpferscheibe, nachdem das Gefäß vollendet ist, noch zu wirbeln fortfährt, in Folge des früher erhaltenen Stoßes. Erst wann die erleuchtete Seele sich vom Leibe trennt und für sie die Natur aufhört, tritt ihre gänzliche Erlösung ein.« Colebrooke, »On the philosophy of the Hindus: Miscellaneous essays«, Bd. 1, S. 259. Desgleichen in der »Sankhya Carica by Horace Wilson«, § 67, S. 184.
97 Man sehe z.B. »Oupnek'hat, studio Anquetil du Perron«, Bd. 2, Nr. 138, 144, 145, 146. – »Mythologie des Indous par Mad. de Polier«, Bd. 2, Kap. 13, 14, 15, 16, 17- – »Asiatisches Magazin«, von Klaproth, im ersten Bande: »Ueber die Fo-Religion«; eben daselbst »Bhaguat-Geeta« oder »Gespräche zwischen Kreeshna und Arjoon«; im zweiten Bande: »Moha-Mudgava«. – Dann »Institutes of Hindu-Law, or the ordinances of Menu, from the Sanskrit by Wm. Jones«, deutsch von Hüttner (1797); besonders das sechste und zwölfte Kapitel. – Endlich viele Stellen in den »Asiatic researches«. (In den letzten vierzig Jahren ist die Indische Litteratur in Europa so angewachsen, daß wenn ich jetzt diese Anmerkung der ersten Ausgabe vervollständigen wollte, sie ein Paar Seiten füllen würde.)
98 Bei der Procession von Jaggernaut im Juni 1840 warfen sich elf Hindu unter den Wagen und kamen augenblicklich um. (Brief eines Ostindischen Gutsbesitzers, in den »Times« vom 30. December 1840.)
99 Bruckeri bist. philos., tomi IV pars I, p. 10.
100 Henry VI, part 2, Act 3, Sc. 3.
101 Hiezu Kap. 48 des zweiten Bandes.
102 Wie sehr dieses der Fall sei, ist daraus ersichtlich, daß alle die in der von Augustin konsequent systematisirten Christlichen Dogmatik enthaltenen Widersprüche und Unbegreiflichkeiten, welche gerade zur entgegengesetzten Pelagianischen Plattheit geführt haben, verschwinden, sobald man vom Jüdischen Grunddogma abstrahirt und erkennt, daß der Mensch nicht das Werk eines andern, sondern seines eigenen Willens sei. Dann ist sogleich Alles klar und richtig: dann bedarf es keiner Freiheit im Operari: denn sie liegt im Esse, und eben da liegt auch die Sünde, als Erbsünde: die Gnadenwirkung aber ist unsere eigene. – Bei der heutigen, rationalistischen Ansicht hingegen erscheinen viele Lehren der im Neuen Testament begründeten Augustinischen Dogmatik durchaus unhaltbar, ja, empörend, z.B. die Prädestination. Danach verwirft man dann das eigentlich Christliche, und kommt zum rohen Judenthum zurück. Allein der Rechnungsfehler, oder das Urgebrechen der Christlichen Dogmatik, liegt, wo man es nie sucht, nämlich gerade in Dem, was man als ausgemacht und gewiß aller Prüfung entzieht. Dies weggenommen, ist die ganze Dogmatik rationell: denn Jenes Dogma verdirbt, wie alle andern Wissenschaften, so auch die Theologie. Studirt man nämlich die Augustinische Theologie In den Büchern »De civitate Dei« (zumal im 14. Buch), so erfährt man etwas Analoges, wie wenn man einen Körper, dessen Schwerpunkt außer ihm fällt, zum Stehn bringen will: wie man ihn auch drehn und stellen mag, er überstürzt sich immer wieder. So nämlich fällt auch hier, trotz allen Bemühungen und Sophismen des Augustinus, die Schuld der Welt und ihre Quaal stets auf den Gott zurück, der Alles und in Allem Alles gemacht und dazu noch gewußt hat, wie die Sachen gehn würden. Daß Augustinus selbst der Schwierigkeit inne und darüber sehr stutzig geworden ist, habe ich schon nachgewiesen in meiner Preisschrift über die Freiheit des Willens (Kap. 4, S. 66-68 der ersten Auflage. – Imgleichen ist der Widerspruch zwischen der Güte Gottes und dem Elend der Welt, wie auch zwischen der Freiheit des Willens und dem Vorherwissen Gottes, das unerschöpfliche Thema einer beinahe hundertjährigen Kontroverse zwischen den Cartesianern, Malebranche, Leibnitz, Bayle, Klarke, Arnauld