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Wahre Verbrechen: Morde am Fließband - Die bekanntesten Kriminalgeschichten aller Länder. Alexis WillibaldЧитать онлайн книгу.

Wahre Verbrechen: Morde am Fließband - Die bekanntesten Kriminalgeschichten aller Länder - Alexis Willibald


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Trauerhaus gelockt und in die Werkstätte geführt; dort saß Johann wartend am Ölkessel.

      Kaum war der Pfarrer eingetreten, so wurde die Tür hinter ihm zugeschlossen, und Thomas Siadoux sagte zu ihm:

      »Nicht wir drei brauchen Sie, ebensowenig meine Tante oder meine Schwester. Wenn Sie der Wahrheit gemäß unsere Fragen beantworten, so haben Sie nichts zu befürchten. Weigern Sie sich aber –« er brach ab und blickte Johann und den kochenden Kessel an.

      Der Priester, der ohnehin nichts weniger als ein entschlossener Mann war, war seit der Beichte in Toulouse überdies ganz außer Fassung, und so ließ er, ohne Widerstand zu leisten, die Brüder machen, was sie wollten.

      Sie führten ihn an den Kessel, in dem das siedende Öl zischte. Ludwig nahm ihm das Kreuz ab und hielt es ihm vor das Gesicht, Thomas nötigte ihn, die rechte Hand daraufzulegen, Johann stellte sich ihm gerade gegenüber und richtete folgende Fragen an ihn:

      »Unser Vater wurde uns ermordet ins Haus gebracht. Wissen Sie, wer ihn getötet hat?«

      Der Priester zögerte, Thomas und Ludwig Siadoux drängten ihn näher an den Kessel hinan.

      »Antworten Sie uns, wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist«, fuhr Johann fort. »Sagen Sie uns, mit Ihrer Hand auf dem heiligen Kruzifix, ob Sie den Menschen kennen, der unseren Vater getötet hat?«

      »Ich kenne ihn.«

      »Wann haben Sie ihn kennengelernt?«

      »Gestern.«

      »Wo?«

      »In Toulouse.«

      »Nennen Sie uns den Mörder.«

      Bei diesen Worten faßte der Priester das Kruzifix an und raffte seinen ganzen Mut zusammen.

      »Niemals!« antwortete er. »Das, was ich weiß, erfuhr ich im Beichtstuhl. Die Geheimnisse des Beichtstuhles sind heilig. Wenn ich sie verrate, so begehe ich ein Sakrilegium. Lieber will ich sterben.«

      »Überlegen Sie, was Sie sprechen«, entgegnete Johann. »Wenn Sie in Ihrem Schweigen verharren, so verheimlichen Sie den Mörder und werden sein Mitschuldiger. Wir haben bei dem Leichnam unseres Vaters geschworen, seinen Tod zu rächen. Wenn Sie uns das Geheimnis nicht entdecken, so werden wir den Mord an Ihnen rächen. Ich fordere Sie nochmals auf, den Namen des Menschen zu nennen, der unseren Vater getötet hat.«

      »Lieber will ich sterben«, wiederholte der Priester, fest wie zuvor.

      »Dann müssen Sie sterben!« rief Johann. »Werft ihn in den Kessel!«

      »Laß ihm Zeit«, baten Ludwig und Thomas.

      »Schön, wir wollen ihm Zeit lassen«, sagte der jüngere Bruder.

      »Dort an der Wand hängt eine Uhr; wir wollen fünf Minuten warten: in diesen fünf Minuten mag er seinen Frieden mit Gott schließen oder sich besinnen, ob er reden will.«

      Die Verschworenen saßen da, die Augen unverwandt auf die Uhr gerichtet. Der Priester kniete nieder und betete. Kein Laut unterbrach die unheimliche Stille, nur die Uhr tickte, und man hörte den Herzschlag des geängstigten Pfarrers.

      »Sprechen Sie! Um Ihretwillen, um unseretwillen, sprechen Sie!« flehte Thomas Siadoux, als der Zeiger den entscheidenden Punkt erreicht hatte.

      Der Priester blickte auf, er wollte sprechen, aber das Wort erstarb ihm auf den Lippen, kalter Todesschweiß bedeckte seine Stirn, der Kopf sank ihm auf die Brust herab.

      »Hebt ihn auf!« befahl Johann, indem er den Priester am Arm packte. »Hebt ihn auf und werft ihn hinein.«

      Die beiden anderen Brüder traten einen Schritt vor; unschlüssig zögerten sie noch einen Augenblick.

      »Hebt ihn auf, bei eurem Eid auf unseres Vaters Leichnam.«

      Jetzt faßten Thomas und Ludwig das Opfer am anderen Arm. Der Unglückliche wurde emporgehoben, er schwebte über dem Kessel, die Glut schlug ihm entgegen. Die Todesangst entrang dem Pfarrer einen Schrei des Entsetzens. Die Brüder hielten ihn schwebend über dem Rande, alle drei mahnten:

      »Nennen Sie den Menschen! Wir beschwören Sie zum letztenmal.«

      Die Zähne des Priesters schlugen aufeinander, er konnte nicht sprechen, aber er machte ein Zeichen der Bejahung. Die Brüder setzten ihn auf einen Stuhl und warteten geduldig, bis er die Sprache wiedergefunden hatte.

      Das erste war, daß er Thomas Siadoux bat, ihm das Kruzifix zurückzugeben, Thomas gab es ihm, Chaubard küßte das Bild des Heilands und sagte mit matter Stimme:

      »Ich bitte Gott um Verzeihung für die Sünde, die ich jetzt begehen werde.«

      Dann hielt er inne und blickte zu dem jüngeren Bruder auf, der ihm noch immer gegenüberstand.

      »Ich bin bereit«, fuhr er fort. »Fragt mich, und ich will antworten.«

      Johann wiederholte seine Fragen:

      »Sie kennen den Mörder unseres Vaters?«

      »Ich kenne ihn.«

      »Seit wann?«

      »Seit er mir gestern in der Kathedrale von Toulouse gebeichtet hat.«

      »Nennen Sie ihn.«

      »Sein Name ist Contegrel.«

      »Der, der unsere Tante heiraten will?«

      »Derselbe.«

      »Was führte ihn in den Beichtstuhl?«

      »Seine Gewissensbisse.«

      »Welche Gründe trieben ihn zu diesem Verbrechen?«

      »Es waren nachteilige Gerüchte über ihn im Umlauf. Er hörte, daß euer Vater sich nach Narbonne begeben hatte, um jenen Gerüchten auf den Grund zu gehen.«

      »Erfuhr unser Vater in Narbonne, daß das Gerücht auf Wahrheit beruhte?«

      »Ja!«

      »Würde das, was er erfahren hat, unsere Tante von Contegrel für immer getrennt haben, wenn unser Vater am Leben geblieben wäre und es ihr mitgeteilt hätte?«

      »Gewiß. Wäre euer Vater am Leben geblieben, so hätte er eurer Tante gesagt, daß Contegrel bereits verheiratet ist, daß er seine Frau in Narbonne verlassen hat, daß diese Frau in Narbonne unter fremdem Namen mit einem anderen Manne lebt, und daß sie das alles in eures Vaters Gegenwart selbst bekannt hat.«

      »Wo wurde der Mord begangen?«

      »Zwischen Villefranche und unserem Dorfe. Contegrel war euerm Vater nach Narbonne gefolgt und auf dem Rückweg nach Villefranche fortwährend hinter ihm geblieben. Bis zu diesem Orte hatte sich Saturnin Siadoux selbst in der Gesellschaft von mehreren Leuten befunden, die dieselbe Straße gingen. Jenseits von Villefranche ritt er allein am Ufer des Flusses hin. Hier zog Contegrel das Messer, er wollte ihn töten, ehe er nach Hause käme und eurer Tante die Nachrichten bringen könnte, die er erhalten hatte.«

      »Wie wurde der Mord vollbracht?«

      »Er wurde vollbracht, während euer Vater sein Pferd am Ufer des Flusses trinken ließ. Contegrel schlich sich an ihn hinan, als er sich beim Halten über den Sattel herabbeugte, und erstach ihn.«

      »Ist das bei Ihrem Eide die Wahrheit?«

      »Bei meinem Eide, es ist die Wahrheit.«

      »Dann können Sie gehen.«

      Der Priester stand von dem Stuhle auf. Von dem Augenblick an, in dem die Todesangst ihm den Entschluß, den Namen des Mörders zu nennen, ausgepreßt hatte, war eine große Veränderung mit ihm vorgegangen. Er antwortete mit der unerschütterlichen Ruhe eines Mannes, für den alle menschlichen Dinge ihren Wert verloren haben.

      Als er sich anschickte, in seine Wohnung zurückzukehren, hatten seine Bewegungen die mechanische Regelmäßigkeit eines Schlafwandlers, der nichts von dem wahrnimmt, was um ihn her vor sich geht, er war so tief in sich selbst versunken,


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