Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida PfeifferЧитать онлайн книгу.
Reliefs in weißem Marmor auf das kunstvollste ausgearbeitet, zieren. Das eine stellt die Vertreibung der Pest vor, das andere die Auffindung der Gebeine der heil. Rosalia.
Am Hauptaltar steht eine schöne Säule von Lapis-Lazuli, die größte und schönste, die es aus diesem Steine geben soll. Die beiden Wasserbecken mit erhabenen Figuren — am Eingange der Kirche, verdienen ebenfalls Beachtung. Die linke Seite des Platzes bildet der bischöfliche Pallast, der sich durch nichts auszeichnet.
St. Theresia ist eine kleine Kirche, und enthält außer einem, über der Kirchenthüre angebrachten wunderschönen Basrelief von Marmor die h. Familie vorstellend, wofür ein Engländer eine große Summe bot, nichts Bemerkenswerthes. Dagegen kann die nahe gelegene Kirche St. Picta schön und groß genannt werden. Ihre Façade schmücken Marmor-Säulen, der Altar ist reich vergoldet, die Decke zieren hübsche Fresken. St. Domenigo, ebenfalls eine schöne Kirche, besitzt, nach der Versicherung meines Cicerone, die größte Orgel in der Welt. Hätte er gesagt, die größte, die er gesehen, so würde ich es ihm unfehlbar geglaubt haben.
In St. Ignazio oder Olivuzo befindet sich rechts an einem Seitenaltar ein Gemälde, das immer verdeckt ist und die heil. Maria mit dem Kinde vorstellt. Der Kirchendiener behauptete, es sei ein Raphael, mir schien das Colorit zwar nicht ganz raphaelisch, doch bin ich viel zu wenig Kennerin, um darüber mit Bestimmtheit urtheilen zu können. Auf jeden Fall ist es ein schönes Gemälde. Einige Stufen tiefer als die Kirche liegt das Oratorium, das beinahe eben so groß als die Kirche ist, und mit einem schönen Altarbild geziert ist. St. Augustin verdient wegen ihrer Größe und wegen ihres Reichthums an Marmor, Skulpturen, Vergoldungen und Fresken besichtiget zu werden; St. Joseph wegen ihres Reichthums an Marmorarten. — Mehrere große Säulen darin sind aus einem Stücke. In dieser Kirche befindet sich eine reine kalte Quelle.
Noch sind in Palermo die prächtigen öffentlichen Gärten bemerkenswerth, die ich nach einem, bei dem Herrn General-Consul H. v. Wallenburg eingenommenen Mittagsmahle besuchte. Bei dieser Gelegenheit kann ich nicht umhin, der freundlichen Theilnahme und Güte zu erwähnen, welche mir von Seite des Herrn und der Frau v. W. bezeigt wurde. — Um wieder auf die Gärten zu kommen, bezeichne ich den botanischen, der eine Menge der seltensten Pflanzen und Bäume umschließt, die in freier Natur herrlich zusammengestellt sind, als den interessantesten.
Ganz besonders merkwürdig sind die Katakomben bei den Augustinern, die sich gleich außerhalb der Stadt befinden. Aus der Kirche, die nichts Sehenswerthes bietet, führt eine breite, steinerne Treppe in lange, breite und hohe Gänge, welche, in den Felsen gehauen, von oben ihr Licht erhalten. In den Wänden sind in kleinen Nischen, eine knapp an der andern, die Gerippe der Verstorbenen aufgestellt. Sie haben eine Art Kapuzinerkutte an, und die Hände, an welchen eine Etikette mit dem Namen, dem Geburts- und Todestage des Verblichenen hängt, kreuzweise über der Brust zusammen gelegt. Man kann sich nicht leicht etwas Grausenerregenderes denken, als den Anblick dieser Todtenschädel, dieser bekleideten Gerippe.
Manche haben noch Haare auf dem Kopfe, ja, einige hatten sogar noch einen Backenbart. Oberhalb der Nischen sind Breter gelegt, auf welchen Todtenköpfe oder einzelne Gebeine liegen, und in den Gängen stehen ganze Reihen von Särgen mit vorräthigen Gerippen, die auf ein vakantes Plätzchen warten. Liefern die Verwandten oder Freunde eines der begünstigten aufgestellten Skelette zu Allerheiligen nicht eine gewisse Zahl Wachskerzen, so wird der Arme aus dieser Gesellschaft verbannt und einer der Vorgemerkten rückt ein.
Die Leichen der Frauen und Mädchen liegen in einer andern Abtheilung wie auf einem Paradebette, in gläsernen Särgen, sind mit schönen Seidenkleidern angethan, haben Putzhauben auf dem Kopf, Krausen und Spitzen um den Hals, und durchbrochene Strümpfe und Seidenschuhe an den Füßen. Um die Häupter der Mädchen schlingt sich ein Blumenkranz, und aus all dem Flitterstaat glotzt hohlen Auges, der Todtenschädel — eine Parodie auf Leben und Tod.
Will Jemand auf diese Art verewigt werden, so müssen seine Hinterlassenen am Begräbnißtage eine bestimmte Summe für den Platz erlegen, und alle Jahre Kerzen bringen. Der Todte kommt dann in eine Kalkkammer, welche durch acht Monate hermetisch verschlossen bleibt, bis das Fleisch des Leichnams gänzlich verzehrt ist; die Gebeine werden dann an einander befestigt, angekleidet und aufgestellt.
Am Allerseelentage wimmelt es in diesen Todtengängen von Besuchern; da kommen die Verwandten und Freunde der Verstorbenen, zünden Kerzen an und verrichten ihre Andacht. Es war mir sehr lieb, diese Parade-Säle der Todten gesehen zu haben, aber wie gern eilte ich wieder hinauf nach der Oberwelt, mich mit den Lebenden zu freuen.
Ich fuhr von hier nach dem Flecken Olivuzza, um das maurische Schloß Ziza zu besuchen, dessen Lage und Umgebung sich durch seltene Schönheit auszeichnen. Nicht weit von dem alten Schlosse steht ein neues, mit einem großen Garten, der außer vielen Schönheiten auch allerhand Alfanzereien enthält, z.B. kleine Grotten, Hüttchen, hohle Baumstämme, in denen plötzlich eine verborgene Thür aufspringt, hinter welcher sich eine Nonne, ein Geistlicher oder sonst eine Figur zeigt u.s.w. Hier wächst auch noch ein Dattelbaum im Freien, er trägt zwar Früchte, sie bleiben aber ganz klein und gelangen nie zur Reife; es war der letzte, den ich sah.
Das königliche Lustschloß Favorite, eine halbe Stunde von der Stadt entfernt, hat eine wunderschöne Lage. Es ist im chinesischen Styl erbaut, mit einer Menge von Spitzen, Zacken und Glöckchen; sein Inneres jedoch nach europäischer Art eingerichtet, niedlich, reich, kunst- und prachtvoll. Mit Vergnügen weilt man in den Zimmern, deren jedes etwas Anziehendes birgt. So enthält z. B. eines die herrlichsten Gemälde in Aquarell, ein anderes wieder lebensgroße Porträts der königlichen Familie in chinesischem Kostüme. In einem dritten sind die Feuchtigkeit, und die dadurch an Wänden und Plafond entstandenen Beschädigungen so täuschend nachgemacht, daß man Alles für Wirklichkeit hält, und recht sehr bedauert, ein so zugerichtetes Stück unter all der Pracht und Herrlichkeit zu finden. Ein Kabinet ist ganz ausgetäfelt mit kleinen viereckichten Stückchen Marmor, von allen Gattungen und Farben, wie er auf Sicilien gebrochen wird. Die großen Tischplatten sind von versteinertem und vollstem Holze u.s.w. Zu diesen kleinen Sehenswürdigkeiten gesellt sich noch eine größere: die zauberische Aussicht, welche man von den Terrassen und von der Spitze des chinesischen Thurms genießt. Von diesem Anblick konnte ich mich am schwersten trennen: einem Maler muß hier beinahe Angst werden vor Reichthum an Stoff. Alles, was ich vom Schiffe aus gesehen, stellte sich hier meinem Auge noch entzückender dar, weil ich es von einem höhern und näheren Standpunkte überschauen konnte.
Gleich am Schlosse breitet sich der Ziergarten aus. Er ist mit großen Steinplatten gepflastert und allenthalben ist nur ein kleiner Zwischenraum für das Erdreich gelassen. Diese Zwischenräume sind nach Zeichnungen angelegt und mit niederem (nur einen Schuh hohem) Bux bepflanzt, der die Steine einfaßt und auf solche Weise Arabesken und ungeheure Blätter und Blumenkelche bildet, in denen Vasen mit lebendigen Blumen stehen. Im Hintergrunde schließt sich der Park an, der aber nur aus einigen Alleen und Wiesen besteht, die sich bis an den Fuß des Rosalienberges erstrecken.
Ich bestieg auch diesen. Die schönste gemauerte Straße, so breit, daß drei Wagen neben einander fahren könnten, zieht sich schneckenförmig über das mächtige Felsgebirge in die Höhe, so daß man ohne die geringste Beschwerde hinauf gelangen kann.
Das Kloster ist klein und ganz einfach; desto imposanter dagegen der Hof hinter demselben. Er wird durch lauter hohe schroffe Felswände eingefaßt, an welchen sich wahrhaft malerisch Epheu in den schönsten Zeichnungen hinauf rankt. Links steht eine kleine Grotte, in ihr ein Altar. Rechts im Vordergrunde führt ein hohes, breites, von der Natur gebildetes, und durch die Kunst verschönertes Thor in die Kapelle, die aus einer wundervoll geformten Naturgrotte von Fels- und Tropfsteinen besteht. Ein wahrer Schauer der Überraschung und Bewunderung bemächtigte sich meiner, als ich eintrat. Wo der Hauptaltar steht, sind die Wände mit einem feinen, zarten, smaragdgrünen Moose überzogen, durch welches das Weiß des Felsens schimmert. In der Mitte hat die Natur eine Art Kuppel gebildet, die sich spitzig verläuft. Man sieht das Ende ihrer Wölbung nicht, indem sie sich in die Dunkelheit verliert. Hin und wieder sind dann noch natürliche Nischen, Vorsprünge, Stufen u.s.w., welche man sehr zweckmäßig zur Aufstellung von Heiligenstatuen benützt hat. Links neben dem Hochaltar befindet sich aus weißem Marmor prächtig ausgehauen, das Monument der h. Rosalia. Sie ist